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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 17.03.2005
Aktenzeichen: 14 U 192/04
Rechtsgebiete: StVG
Vorschriften:
StVG § 17 Abs. 3 |
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 17. März 2005
In dem Rechtsstreit
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 1. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und die Richter am Oberlandesgericht ... und ... für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 26. Juli 2004 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 12.720,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Oktober 2003 zu zahlen.
Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
(abgekürzt gemäß §§ 540, 313 a Abs. 1 ZPO)
Die Berufung erweist sich als begründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagten anlässlich des Verkehrsunfalles vom 14. September 2003 auf der BAB 2 ein Schadensersatzanspruch in der geltend gemachten (unstreitigen) Höhe zu, §§ 7, 17 Abs. 2 und 3 StVG, 3 PflVG. Danach haften die Beklagten für den der Klägerin entstandenen Schaden, auch wenn (was noch einmal festzuhalten ist) die Beklagte zu 2 am Zustandekommen des Verkehrsunfalles kein Verschulden trifft, aus dem Gesichtspunkt der sog. Betriebsgefahr.
Der Auffassung der Einzelrichterin, angesichts des nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme festzustellenden Sachverhaltes sei der Verkehrsunfall für die Beklagte zu 2 als ein (die Haftung ausschließendes) unabwendbares Ereignis anzusehen, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die von den Beklagten zu beweisenden Voraussetzungen der Unabwendbarkeit im Sinne der Ausnahmevorschrift des § 17 Abs. 3 StVG stehen im vorliegenden Fall nicht fest. Unabwendbar ist ein Unfall, wenn er durch äußerste mögliche Sorgfalt nicht abgewendet werden kann, wozu ein sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln über den gewöhnlichen und persönlichen Maßstab hinaus gehört (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., Rdnr. 22 zu § 17 StVG mit ausführl. Rechtsprechungsnachweisen). Unabwendbarkeit bedeutet zwar nicht absolute Unvermeidbarkeit. Unabwendbar ist ein Unfall aber nur dann, wenn sicher anzunehmen ist, dass er auch einem besonders besonnenen und erfahrenen Fahrzeugführer bei sachgerechter Reaktion unterlaufen wäre. Das Landgericht hat nach der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme (nachvollziehbarerweise) nur feststellen können, dass das Fahrzeug des unbekannt gebliebenen Dritten der Beklagten zu 2 auf der von ihr befahrenen ganz linken Fahrspur der Autobahn infolge eines nicht angekündigten Spurwechsels bedrohlich nahe gekommen ist, bevor es wieder nach rechts ausgewichen ist, nicht aber, dass es bereits zwischen diesen beiden Fahrzeugen zu einer Berührung gekommen ist. Angesichts dessen ist nicht mit einer vernünftige Zweifel ausschließenden Gewissheit davon auszugehen, dass der Unfall, der sich infolge des anschließenden Schleudervorganges der Beklagten zu 2 ereignet hat, auch jedem anderen Fahrzeugführer bei sachgerechter Reaktion unterlaufen wäre. Dagegen spricht (ohne dass, wie bereits erwähnt, der Beklagten zu 2 damit ein Verschuldensvorwurf gemacht werden kann oder soll), dass es auf einer gut ausgebauten, gerade verlaufenden und trockenen Autobahnstrecke möglich ist, einen Pkw auch bei einer stärkeren Ausweichbewegung durch gleichzeitiges dosiertes Bremsen und Gegenlenken soweit stabil zu halten, dass dieser nicht in einen unkontrollierbaren Schleudervorgang übergeht. Dass das von der Beklagten zu 2 durchgeführte Ausweichmanöver ohne jegliche Alternative (Bremsung oder Ähnliches) nur in einer derart starken Form möglich gewesen sei, dass es zwingend zu einer Instabilität des Fahrzeuges kommen musste, obwohl eine Berührung zwischen den beiden sich ausweichenden Fahrzeugen nicht nachweisbar ist, vermag der Senat zumindest nicht als sicher anzunehmen. Zutreffend verweist die Klägerin auf eine Entscheidung des BGH (VersR 1971, 440), nach der (sogar) bei einem Unfall infolge Schleuderns nach einer Kollision nicht ohne weiteres von einer Unabwendbarkeit ausgegangen werden kann, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein besonders gewandter und gewissenhafter Fahrer infolge aufmerksamer Beobachtung des zu Überholenden und Beherrschung des eigenen Fahrzeugs den Eintritt des Schleudervorganges im Ergebnis hätte vermeiden können. Entsprechendes gilt (erst recht), wenn es, wie hier, nicht nachweislich zuvor zu einer Berührung zwischen den beiden Fahrzeugen (des unbekannten Dritten und der Beklagten zu 2) gekommen ist.
Auch wenn angesichts des zu beurteilenden Unfallgeschehens den Beklagten zuzugestehen ist, dass das alleinige Verschulden und die Hauptursache für das Zustandekommen des Unfalles in dem Fahrverhalten des unbekannt gebliebenen Dritten zu sehen ist (in einer rechtlichen Auseinandersetzung mit diesem hätte die Betriebsgefahr des Fahrzeugs der Beklagten zu 2 sicher gegenüber dessen groben Verschulden zurückzutreten), berührt dies die Haftung der Beklagten gegenüber der (ansonsten gänzlich an der Unfallentstehung unbeteiligten) Klägerin nicht.
Angesichts dessen kann die Klägerin von den Beklagten Ersatz des ihr der Höhe nach unstreitig entstandenen Schadens ebenso wie dessen Verzinsung aus dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzuges (dessen Voraussetzungen ebenfalls nicht streitig sind) beanspruchen.
Die Kostenentscheidung folgt § 91 ZPO bzw. (für den ersten Rechtszug) § 92 Abs. 2 ZPO, weil die zwischenzeitlich zurückgenommene Zuvielforderung der Klägerin verhältnismäßig geringfügig war und allenfalls verhältnismäßig geringfügige Mehrkosten verursacht hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 ZPO.
Ende der Entscheidung
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