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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 21.03.2002
Aktenzeichen: 14 U 196/01
Rechtsgebiete: BGB, StVG


Vorschriften:

BGB § 823
BGB § 254
StVG § 7
StVG § 17
Zur Haftungsverteilung zwischen Lkw (75 %), der vom Beschleunigungsstreifen kommend etwas auf Hauptfahrspur gerät und auffahrendem Pkw (25 %)
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

14 U 196/01

Verkündet am 21. März 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### und die Richter am Oberlandesgericht ############## und ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 31. Mai 2001 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Wert der Beschwer: 4.368,68 Euro.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 543 Abs. 1 ZPO a. F., 26 Nr. 5 EGZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung erweist sich als unbegründet. Das Landgericht hat aus zutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen, auf die der Senat verweist, die Klage abgewiesen, soweit sie über einen Betrag von 1.456,23 € hinaus gegangen ist.

Im Hinblick auf die Berufungsangriffe gilt folgendes:

Die Klägerin kann von den Beklagten wegen des Verkehrsunfalls vom 1. November 1999 in #######, ##################### kurz vor der Ausfahrt ####### , keinen weiteren Schadensersatz als den vom Landgericht bereits zuerkannten beanspruchen. Die Kammer hat nach Durchführung der Beweisaufnahme (hier Beiziehung der Ermittlungsakten, insbesondere der dort befindlichen von der Polizei angefertigten Fotografien von der Endposition des Lkw der Klägerin) zutreffend einen Sachverhalt als bewiesen angesehen, nach welchem der Klägerin hinsichtlich des Zustandekommens des Verkehrsunfalls ein Verursachungs- und Verschuldensbeitrag von 75 % anzulasten ist.

Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht dieses Beweisergebnis allein aus den Ermittlungsakten gewonnen hat, ohne die von den Parteien wechselseitig benannten Zeugen vernommen zu haben. Die ermittelnden Polizeibeamten haben aus verschiedenen Winkeln und verschiedenen Entfernungen jeweils von hinten Fotografien von der Endposition des verunfallten Lkw der Klägerin aufgenommen, aus denen sich unzweideutig entnehmen lässt, dass sich der Lkw der Klägerin auf der von der Beklagten zu 3 befahrenen Hauptfahrspur befunden hat, und zwar mit dem ganz überwiegenden Anteil seiner Fahrzeugbreite. Dies ergibt sich (angesichts der Qualität der Aufnahmen ohne die Möglichkeit einer von der Klägerin gerügten 'perspektivischen Verzeichnung') aus den Fotografien Nr. 4, 6 und 7 (Bl. 18, 19 und 20 der Beiakten). Ausweislich dieser Bilder stand das Heck des Lkw der Klägerin ganz überwiegend auf dem Hauptfahrstreifen. Lediglich die rechten hinteren Zwillingsreifen standen noch auf dem letzten Rest des auslaufenden Beschleunigungsstreifes bzw. auf der diesen Streifen nach rechts begrenzenden durchgezogenen Linie. Angesichts der Breite des Lkw der Klägerin, der ja zudem - dem Verlauf des Beschleunigungsstreifens folgend - schräg nach links ausgerichtet stand, mit seiner Fahrzeugfront mithin sogar noch mehr vom Hauptfahrstreifen in Anspruch nahm, verblieb vom Hauptfahrstreifen nicht genügend Breite, um einem Pkw das Passieren zu ermöglichen. Anhaltspunkte dafür, dass der Lkw, der ja unstreitig schon vor dem Aufprall im Wege einer Notbremsung bis zum Stand abgebremst worden war, nach der oder durch die Kollision noch weiter vorgesetzt worden sein könnte, bestehen nicht. Zum einen hätte für ein Vorfahren kein vernünftiger Anlass bestanden, da der Lkw auf dem Ende des Beschleunigungsstreifens weit weniger verkehrsbehindernd gestanden hätte, als auf dem Hauptfahrstreifen. Zum zweiten ist nicht ersichtlich, dass ein mittelgroßer Müllabfuhr-Lkw durch den Aufprall eines Pkw signifikant nach vorne verschoben werden könnte. Zum dritten sind auf den Fotografien Unfallspuren ersichtlich (insbesondere Glasscherben und eine bereits abgestreute Ölspur), die sich unmittelbar hinter dem Lkw befinden und darauf hindeuten, dass die fotografierte Position des Lkw derjenigen zum Zeitpunkt der Kollision entsprochen hat.

Den Verursachungsbeitrag der Klägerin hat das Landgericht angesichts dessen zutreffend mit 75 % gewichtet. Der Lkw der Klägerin hat den Hauptfahrstreifen des Schnellwegs nahezu vollständig blockiert, wobei er die dort eingenommene Position durch ein Vollbremsmanöver erreicht hat. Er stellte für den nachfolgenden Verkehr, speziell die Beklagte zu 3, ein abrupt auftauchendes und massives Hindernis von besonderer Gefahr dar. Dies rechtfertigt schon angesichts seiner erheblich gesteigerten Betriebsgefahr die vom Landgericht gefundene Schadensteilungsquote, weshalb es dahin stehen kann, ob der Fahrer des Lkw der Klägerin zuvor einem Missverständnis mit einem weiteren Verkehrsteilnehmer (nämlich dem unbekannt gebliebenen Fahrer des roten Pkw Audi) aufgesessen war. Auch wenn die Beklagte zu 3 mit einer versuchten Ausweichbewegung nach rechts nicht richtig reagiert hat, rechtfertigt dies keine andere Haftungsquote. Ihr mögliches Verschulden stellt sich jedenfalls als erheblich geringfügiger dar als die von dem Lkw der Klägerin ausgehende und speziell in dieser Situation wesentlich gesteigerte Betriebsgefahr. Dies würde auch dann gelten, wenn der Beklagten zu 3 ein Ausweichen möglich gewesen wäre (wogegen immerhin spricht, dass die Hauptfahrspur durch den Lkw der Klägerin versperrt war und der Überholfahrstreifen zum einen durch den Fahrer des roten Audi, zum anderen durch den Zeugen ####### bereits befahren wurde).

Für eine Vernehmung der Zeugen bestand für den Senat ebenso wenig wie für die Kammer Veranlassung. Die für die Bewertung der ausschlaggebenden gesteigerten Betriebsgefahr des nach Vollbremsung auf dem Hauptfahrstreifen zu Stehen gekommenen Lkw der Klägerin maßgeblichen Feststellungen lassen sich ohne Fehldeutungsmöglichkeit aus den von der Polizei angefertigten Fotografien der Unfallstelle erschließen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1; 708 Nr. 10, 713 ZPO; 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache gemäß § 543 ZPO n. F. keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern.

Ende der Entscheidung

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