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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 05.09.2002
Aktenzeichen: 14 U 313/01
Rechtsgebiete: StVG, StVG
Vorschriften:
StVO § 1 | |
StVO § 3 | |
StVO § 8 | |
StVG § 24a | |
StVG § 7 | |
StVG § 17 |
14 U 313/01
Verkündet am 5. September 2002
In dem Rechtsstreit
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 13.08.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### und die Richterin am Landgericht ####### für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15.10.2001 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Verden unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 8.345,72 € (16.322,81 DM) nebst 11,56 % Zinsen auf 14.454,- DM für die Zeit vom 01.04.2000 bis zum 30.09.2000, 4 % Zinsen auf 1.006,81 DM für die Zeit vom 01.04.2000 bis zum 30.09.2000, 4 % auf 862 DM für die Zeit vom 14.08. bis 30.09.2000, 9,25 % Zinsen auf 7.063,99 DM für die Zeit vom 01.10.2000 bis zum 31.12.2001, 4 % Zinsen auf 9.258,82 DM für die Zeit vom 01.10.2000 bis zum 31.12.2001, 9,25 % Zinsen auf 3.611,76 € ab dem 01.01.2002 und 4 % Zinsen auf 4.733,96 € seit dem 01.01.2002 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Wert der Beschwer wird auf 4.733,96 € (9.258,82 DM) festgesetzt.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a. F., § 26 Nr. 5 EGZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nur eingeschränkt Erfolg, soweit sie sich gegen die Zinsforderung des Klägers richtet. Im Übrigen ist sie unbegründet und war teilweise zurückzuweisen.
Die vom Landgericht Verden angenommene volle Haftung der Beklagten ist gerechtfertigt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in der ersten Instanz, insbesondere den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. ####### in seinem schriftlichen Gutachten vom 06.06.2001 und seiner Erläuterung in der mündlichen Verhandlung am 24.09.2001, ist dem Beklagten zu 1) ein grobes Verschulden vorzuwerfen. Er hat die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h vorsätzlich um mindestens 48 km/h überschritten und das Fahrzeug der Beklagten zu 2) grob fahrlässig unter Alkoholeinfluss mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,89 g Promille im Straßenverkehr gesteuert. Hierdurch hat er gegen §§ 1 Abs. 2, 3 Abs. 1 S. 1 und S. 2 sowie Abs. 3 Nr. 1 StVO, § 24 a Abs. 1 Nr. 1 StVG a. F. verstoßen, weshalb die Beklagten gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, §§ 1, 3 Nr. 1 PflVG, §§ 249 f., 421 f., 823 Abs. 1 BGB a. F. gesamtschuldnerisch haften.
Dieses Verschulden ist für das Unfallgeschehen auch kausal geworden, weil der Beklagte zu 1) die Kollision mit dem klägerischen Fahrzeug hätte vermeiden können, wenn er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h eingehalten hätte. Das Vorbringen der Beklagten zum genauen Kollisionsort hat den Senat nicht veranlasst, weiter Beweis zu erheben. Zum Einen hat der Beklagte zu 1) in erster Instanz selbst vorgetragen, dass sich der Verkehrsunfall etwa mittig in Höhe der Absenkung der Verkehrsinsel ereignet habe. Das hat die Zeugin ####### bestätigt. Die Verkehrsinsel senkt sich erst in ihrem hinteren Teil (von der Kreuzung aus gesehen) ab. Von diesem Kollisionsort ist deshalb das Landgericht zu Recht ausgegangen. Zum Anderen hat der Sachverständige Dipl.-Ing. ####### überzeugend ausgeführt, dass auch unter kritischer Berücksichtigung der Einwendungen der Beklagten gegen sein Gutachten vom 06.06.2001 die ermittelten Kollisionsgeschwindigkeiten, der Kollisionsablauf, die Weg-Zeit-Betrachtung, die Vermeidbarkeitsbetrachtung und die errechnete Bremsausgangsgeschwindigkeit für das Fahrzeug der Beklagten in vollem Umfange aufrecht erhalten bleiben müssen. Somit gibt es keine objektivierbaren Anknüpfungspunkte, die eine erneute oder ergänzende Beweisaufnahme veranlassen müssten, zumal die Feststellungen des Sachverständigen jeweils auf Werten zu Gunsten des Beklagten zu 1) beruhen.
Dagegen ist bereits fraglich, ob der Ehefrau des Klägers eine Vorfahrtsverletzung gemäß § 8 Abs. 2 S. 2 StVO anzulasten ist. Das ist zu verneinen, wenn der, der die Vorfahrt hat, weder gefährdet noch wesentlich behindert wird. Kurzes Gaswegnehmen oder leichtes Bremsen ist ihm zuzumuten [KG, VM 96, 5; Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Auflage, § 8 StVO Rn. 27 + 57]. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. ####### hätte der Beklagte zu 1) den Verkehrsunfall ohne Weiteres vermeiden können, wenn er vom Gas gegangen wäre oder das von ihm gesteuerte Fahrzeug leicht abgebremst hätte.
Aber selbst für den Fall, dass der Ehefrau des Klägers eine schuldhafte Vorfahrtsverletzung angelastet würde, träte dieser Verkehrsverstoß - ebenso wie eine Haftung aus Betriebsgefahr - im Rahmen eines gemäß § 17 Abs. 1 StVG vorzunehmenden Haftungsausgleichs vollends hinter dem weit überwiegenden Verschulden des Beklagten zu 1) am Zustandekommen des Verkehrsunfalles zurück. Der grobe Verkehrsverstoß des Beklagten zu 1) muss erheblich ins Gewicht fallen [vgl. OLG Schleswig, VRS 80, 5 (9)]. Dagegen träfe die Ehefrau des Klägers allenfalls ein geringfügiges Verschulden. Es ist von einem erheblichen Ungleichgewicht der Verantwortungsbeiträge der Unfallbeteiligten auszugehen, die nur ein vollständiges Zurücktreten der klägerischen Haftung angemessen erscheinen lassen: Der Beklagte zu 1) hätte den Unfall vermeiden können, wenn er auf den Abbiegevorgang der Ehefrau des Klägers rechtzeitig mit dem Wegnehmen von Gas oder einem leichten Abbremsen reagiert hätte, was ihm möglich und auch geboten war. Wenn er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h eingehalten hätte, wäre der Unfall erst recht unterblieben. Damit hat in erster Linie das (Fehl-)Verhalten des Beklagten zu 1) den Verkehrsunfall verursacht. Unter diesen besonderen Umständen ist es gerechtfertigt, dass die Beklagten die alleinige Haftung für die Unfallfolgen übernehmen müssen.
Mit ihren Einwendungen zur Schadenshöhe haben die Beklagten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keinen Erfolg. Der Sachverständige Dipl.-Ing. ####### hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 22.07.2002 dargelegt, dass die Deformierungen im linken heckseitigen Bereich des klägerischen Fahrzeugs von dem streitgegenständlichen Unfallgeschehen herrühren, weil die Anhängerkupplung am klägerischen Fahrzeug den Anstoß auf die links- und die rechtsseitige Heckpartie übertragen hat. Hinweise auf Alt- oder Vorschäden waren aus sachverständiger Sicht nicht feststellbar. Einwendungen gegen das Gutachten haben die Parteien nicht erhoben. Solche drängen sich auch nicht auf. Im Gegenteil sind die Ausführungen des Sachverständigen überzeugend und nachvollziehbar. Demzufolge kann der Kläger seine Reparaturkosten in Höhe von 12.858,59 DM in voller Höhe erstattet verlangen. Die übrigen Schadenspositionen sind in der Berufungsinstanz unstreitig, sodass von einem Schaden des Klägers in Höhe von insgesamt 16.322,81 DM auszugehen ist.
Die Zinsforderung des Klägers war auf die Berufung der Beklagten teilweise zu reduzieren. Keinen Erfolg haben die Beklagten insoweit, als sie meinen, der geltend gemachte Zinssatz von 11,56 % sei grundsätzlich angreifbar. Ausweislich des vom Kläger vorgelegten Kreditvertrages setzt sich dieser Zinssatz zusammen aus dem vertraglich vereinbarten Zins von 9,25 % sowie dem Disagio und der auf die Vertragslaufzeit berechneten Bearbeitungsprovision. Das Disagio hat sich in der Bankpraxis zu einem Rechenfaktor für die Zinsbemessung entwickelt und gehört grundsätzlich zu den Zinsen im Rechtssinn [BGH, NJW 98, 1062; Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 61. Auflage, Bearbeiter Heinrichs zu § 246 Rn. 3]. Die Bearbeitungsprovision stellt eine Kreditgebühr dar; Kreditgebühren sind gleichfalls Zinsen im Rechtssinne [BGHZ 80, 446; Palandt-Heinrichs, § 246 Rn. 2].
Da der von dem Kläger vorgelegte Kreditvertrag jedoch befristet war bis zum 30.09.2000 und der Kläger trotz Bestreitens der Beklagten nicht dargelegt hat, dass er den Vertrag verlängert hat, kann er Zinsen in Höhe von 11,65 % gemäß § 286 Abs. 1 BGB a. F. nur bis zum 30.09.2000 ersetzt verlangen, und zwar lediglich bezogen auf die Kreditsumme von 14.454,- DM. Hinsichtlich der überschießenden Beträge von 1.006,81 DM (15.460,81 DM minus 14.454,- DM und 862,- DM) sind die Beklagten gemäß §§ 284 Abs. 1, 285, 288 Abs. 1 BGB a. F. zur Verzinsung mit 4 % als dem damals geltenden gesetzlichen Zinssatz verpflichtet, weil der Kläger die Beklagten mit Schreiben vom 15.03.2000 lediglich in Höhe von 15.460,81 DM ab dem 01.04.2000 in Verzug gesetzt hat. Weiter ist unstreitig eine Zinsforderung von 9,25 % auf 7.063,99 DM ab dem 01.04.2000. Seit dem 01.10.2000 kann der Kläger gemäß §§ 288 Abs. 1, 291 BGB a. F. 4 % Zinsen auf 9.258,82 DM (16.322,81 DM minus 7.063,99 DM) von den Beklagten ersetzt verlangen, weil die Klageforderung ab diesem Zeitpunkt bereits rechtshängig war (Klagzustellung am 29.09.2000). Höhere Zinsen als 4 % kann der Kläger insoweit nicht verlangen, weil seine Forderung vor dem 01.05.2000 fällig geworden ist, sodass gemäß Art. 229 Abs. 1 S. 3 EGBGB die bis zum 30.04.2000 geltenden gesetzlichen Zinssätze anzuwenden sind. Schließlich ist die Währungsumstellung ab dem 01.01.2002 berücksichtigt worden.
Da die Berufung der Beklagten wegen der Zinsforderung teilweise Erfolg hat, war das angefochtene Urteil unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abzuändern und wie geschehen insgesamt neu zu fassen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2, 100 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Die Festsetzung des Wertes der Beschwer ergibt sich aus § 3 ZPO, § 14 Abs. 1 GKG.
Ende der Entscheidung
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