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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 29.11.2001
Aktenzeichen: 14 U 70/01
Rechtsgebiete: BGB, StVG
Vorschriften:
BGB § 823 | |
StVG § 7 |
2. Widerspruch zwischen Vorbringen des Streithelfers einer Unfallpartei und der Unfallpartei selbst.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 29. November 2001
In dem Rechtsstreit
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 6. November 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### und die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 22. Dezember 2000 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Verden wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin des Beklagten zu 1 trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Wert der Beschwer: 14.101,96 DM.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Das Landgericht hat die Klage, mit der der Kläger materiellen Schadensersatz in Höhe von 12.501,96 DM und ein angemessenes Schmerzensgeld von mindestens 1.600 DM begehrt, abgewiesen, weil es sich nach Vernehmung des Beklagten zu 1, der in beiden Instanzen nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten ist, als Partei sowie drei weitere Zeugen nicht die Überzeugung hat bilden können, dass die dem Klagebegehren zugrunde liegenden Schäden durch einen Unfall entstanden seien, der am 22. Dezember 1999 gegen 21:00 Uhr in ####### stattgefunden hat. Das Urteil des Landgerichts trifft zu. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.
I.
Die Verfahrensrügen des Klägers greifen nicht durch. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, dass der Vortrag der Beklagten zu 2, es habe sich um einen verabredeten Unfall gehandelt, im Streitfall unbeachtlich sei und vielmehr der Sachvortrag des Klägers als zugestanden gelte, vermag er hiermit nicht durchzudringen. Zunächst ist die Beklagte zu 2 selbst Prozesspartei, weil der Kläger sie mit dem Beklagten zu 1 gesamtschuldnerisch im Klagewege in Anspruch genommen hat. Die Beklagten sind insoweit einfache Streitgenossen (vgl. BGH r + s 1994, 212; VersR 1974, 1117) und können deshalb auch unterschiedlich vortragen. Soweit die Beklagte zu 2 aufgrund ihrer nach § 66 ZPO zulässigen Nebenintervention zugleich als Streithelferin des Beklagten zu 1 aufgetreten ist, war sie berechtigt, nicht nur für sich, sondern auch für den Beklagten zu 1 in der Sache vorzutragen und durch Stellung der Anträge auf Abweisung der Klage in beiden Instanzen ein Versäumnisurteil gegen die unterstützte Partei abzuwenden (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 67 Rn. 3). Das rechtliche Interesse der Beklagten zu 2, dem Beklagten zu 1 auch als Streithelferin beizutreten, ergibt sich dabei aus der Bindungswirkung des Haftpflichturteils für den Deckungsprozess (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1997, 156, 157).
Zutreffend hebt der Kläger in seiner Berufung hervor, dass sich der Streithelfer, soweit er für die Hauptpartei auftritt, nicht im Widerspruch zu deren Vortrag setzen darf. Gemäß § 67 ZPO dürfen Erklärungen und Handlungen des Streithelfers nicht mit denen der unterstützten Partei in Widerspruch stehen. Sie sind unbeachtlich, wenn sich aus dem Gesamtverhalten der unterstützten Partei ergibt, dass sie Erklärungen oder Prozesshandlungen nicht gegen sich gelten lassen will (BGH NJW 1994, 1557; OLG Hamm NJW-RR 1997, 156, 157). Solange sich jedoch ein gegenteiliger Wille der unterstützten Partei nicht feststellen lässt, kann der Streithelfer Prozesshandlungen vornehmen. So liegt es hier. Der Beklagte zu 1 ist im Prozess bisher nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten gewesen und hat selbst nicht zur Sache vorgetragen. Ein gegenteiliger Wille, der dem Klageabweisungsantrag der Beklagten zu 2 widerspräche, lässt sich deshalb nicht feststellen. Ein bloßes Unterlassen von Sachvortrag steht ebenso wie die bewusste Säumnis einem Verhandeln des Streithelfers nicht entgegen. Die Säumnis der unterstützten Partei ist nicht als Widerspruch im Sinne von § 67 ZPO zu werten (vgl. Zöller/Vollkommer, a. a. O, § 67 Rn. 9 m. w. N.).
Darüber hinaus hat der Beklagte zu 1 weder ausdrücklich noch stillschweigend zum Ausdruck gebracht, dass er mit der von der Beklagten zu 2 auch für ihn beantragten Klageabweisung nicht einverstanden ist. Aufgrund dieses passiven Verhaltens des Beklagten zu 1 war die Beklagte zu 2 nicht gehindert, durch Stellung des Klageabweisungsantrages ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten zu 1 abzuwenden und Tatsachen, die für eine Unfallmanipulation sprechen, vorzutragen.
Nichts anderes gilt im Streitfall für die Besonderheit, dass der Beklagte zu 1 in erster Instanz als Partei vernommen worden ist und durch seine Aussage den Sachvortrag des Klägers zum Unfallhergang weit gehend bestätigt hat. Ein Geständnis im Sinne von § 288 ZPO ist hierin nicht zu erblicken. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen Erklärungen einer Partei im Rahmen einer Parteivernehmung nach § 445 ZPO kein Geständnis im Sinne von § 288 ZPO dar (vgl. BGH NJW 1995, 1432, 1433 m. w. N.). Denn die persönliche Vernehmung einer Partei nach § 445 ZPO, für die die Wahrheitspflicht gilt, stellt ein Beweismittel dar, das gemäß § 453 ZPO vom Gericht nach § 286 ZPO frei zu würdigen ist. Beweisaufnahme und Geständnis schließen sich jedoch gemäß § 288 Abs. 1 ZPO gegenseitig aus. Ein Geständnis nach § 288 ZPO entfaltet anders als die Aussage anlässlich einer Parteivernehmung unabhängig von der Wahrheitspflicht bindende Wirkung. Dies hat zur Folge, dass auch ein unbewusst unwahres Geständnis grundsätzlich wirksam ist, es sei denn, es liegt ein betrügerisches Zusammenwirken der Parteien zum Nachteil eines Dritten vor (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BGH NJW 1995, 1432, 1433; VersR 1978, 862, 865; 1970, 826; Zöller/Greger a. a. O., § 288 Rn. 3 b und 7). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Die Vernehmung des Beklagten zu 1 als Partei ist deshalb nicht als Geständnis zu werten.
Keiner Entscheidung bedarf darüber hinaus die Frage, ob tatsächliche Erklärungen der Parteien bei ihrer Anhörung nach § 137 Abs. 4 ZPO oder § 141 ZPO als Geständnis angesehen werden können (ausdrücklich offen gelassen von BGH NJW 1995, 1432, 1433). Denn im Streitfall ist nach der Aktenlage nicht ersichtlich, dass das Landgericht vor der Vernehmung des Beklagten zu 1 diesen gemäß § 141 ZPO angehört hat oder dass dieser außerhalb seiner Vernehmung als Partei sonstige Erklärungen abgegeben hat, zu denen sich die Beklagte zu 2 in Widerspruch gesetzt haben könnte. Dies hat der Kläger auch nicht behauptet. Allein durch
seine Aussage hat der Beklagte zu 1 jedenfalls nicht prozessordnungsgemäß das Vorbringen des Klägers zum Unfallhergang unstreitig gestellt oder zugestanden.
II.
Dem Kläger stehen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die geltend gemachten Ansprüche auf Ersatz seines materiellen Schadens zu.
1. Der Kläger ist nicht aktivlegitimiert. Die Beklagte zu 2 hat bereits in erster Instanz in zulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten, dass der Kläger Eigentümer des Pkw Mercedes-Benz CLK 2000 gewesen ist. Der Kläger hat sich hierzu weder erklärt, noch für seine Behauptung Beweis angeboten.
2. Darüber hinaus hat der Kläger nicht hinreichend dargetan, dass durch das von ihm behauptete Unfallgeschehen vom 22. Dezember 1999 die von ihm geltend gemachten Schäden durch das Fahrzeug des Beklagten zu 1 verursacht worden sind. Soweit der Kläger Schäden an der rechten Seite des Mercedes geltend macht, rühren diese auch nach dem von der Beklagten zu 2 eingeholten Gutachten des Sachverständigen ####### möglicherweise von einer Kollision mit dem Fahrzeug des Beklagten zu 1 her. Soweit die Beklagte zu 2 unter Berufung auf das von ihr vorgelegte Privatgutachten behauptet, dass sich die Schäden an der linken Seite des Fahrzeugs des Klägers nicht mit dem Unfallgeschehen in Einklang bringen lassen, hat der Kläger, der für die anspruchsbegründenden Tatsachen die Darlegungs- und Beweislast trägt, dies nur bezüglich der Höhe des Schadens in Abrede genommen, aber nicht konkret vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass auch der Schaden an der linken Fahrzeugseite von der Kollision vom 22. Dezember 1999 herrührt.
3. Dies kann letztlich dahinstehen, da nach einer Gesamtwürdigung der unstreitigen Indizien des Streitfalls die Beklagte zu 2 eine rechtfertigenden Einwilligung bewiesen hat. Die Beweiswürdigung des Einzelrichters, insbesondere auch die im Protokoll und in den Entscheidungsgründen niedergelegten Angaben über den persönlichen Eindruck, den das Gericht vom Kläger, dem Beklagten zu 1 und von dem Zeugen ####### im Termin zur Beweisaufnahme vom 27. November 2000 gewonnen hat, rechtfertigen in ihrer Gesamtheit den Schluss, dass es sich nicht um ein zufälliges, sondern um ein verabredetes Schadensereignis gehandelt hat. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (UA 5 bis 8) Bezug. Zutreffend hat das Landgericht herausgestellt, dass es für den Beklagten zu 1 kein nachvollziehbares Motiv für seine Anwesenheit am Unfallort gegeben hat. Hinzu kommen die Auffälligkeiten im Verhalten des Beklagten zu 1 anlässlich seiner Vernehmung als Partei, auf die das angefochtene Urteil hinweist. Typisch für Unfallmanipulationen ist ferner, dass die weiteren Beteiligten, wie der Kläger und der angeblich weitere Geschädigte Cölü, ebenfalls keine nachprüfbaren Motive für ihre Fahrten zur Unfallstelle haben. Auch der Unfallhergang selbst ist manipulationstypisch. Das Herausfahren aus der Parkbucht in einen Bereich, in dem eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h besteht, erscheint, so wie es der Beklagte zu 1 geschildert hat, als wenig nachvollziehbar und leichtfertig. Er muss ohne Absicherung gegenüber dem rückwärtigen Verkehr und Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers in die Fahrbahn eingefahren sein und dabei den von hinten kommenden Kläger, der angesichts der Dunkelheit mit eingeschaltetem Fahrlicht gefahren sein dürfte, übersehen haben. Dass der Kläger angesichts der geringen Geschwindigkeiten sein Fahrzeug verrissen haben und in das Fahrzeug des Zeugen ####### gefahren sein will, erscheint ebenfalls wenig nachvollziehbar. Aufgrund der Tageszeit und der herrschenden Dunkelheit war mit unfallunabhängigen Zeugen, die offensichtlich nicht anwesend waren, nicht zu rechnen. Für einen gestellten Unfall sprechen ferner die beteiligten Fahrzeuge. Der Beklagte zu 1 fuhr einen 18 1/2 Jahre alten VW Passat Variant, den er erst zwei Monate vor dem streitigen Unfallereignis gekauft hatte und für den er keine Prämien an die Beklagte zu 2, die vom Versicherungsvertrag zurückgetreten ist, gezahlt hat. Dieses Fahrzeug hatte zum Zeitpunkt der angeblichen Kollision keinen nennenswerten Verkehrswert mehr. Demgegenüber stellt sich das Fahrzeug des Klägers als Mittelklassefahrzeug dar, das zum Unfallzeitpunkt gerade zwei Jahre alt war und einen Wiederbeschaffungswert von rund 45.000 DM hatte. Dieses Fahrzeug war zum maßgeblichen Zeitpunkt vollkaskoversichert. Bei Fahrzeugen dieser Qualität sind bereits geringe Schäden mit einem hohen Reparaturkostenaufwand verbunden. Insofern besteht ein Anreiz zu einer kostengünstigeren Eigenreparatur. Hinzu kommt, dass dieses Fahrzeug bereits 2 1/2 Monate zuvor einen Schaden erlitten hatte. Ausweislich des vom Kläger vorgelegten Gutachtens des Sachverständigen ####### (Beiheft Bl. 1 ff.) hatte der Vorschaden zu einer Beschädigung der rechten Seite (rechter Kotflügel, rechte Tür, rechtes Vorderrad und Seitenwand) mit einem Reparaturkostenaufwand von 8.500 DM geführt. Auffällig ist, dass im Streitfall wiederum der rechte Kotflügel, das rechte Vorderrad nebst Stoßfänger betroffen gewesen sind und Reparaturbelege für die Schadensbeseitigung dieses Vorschadens nicht vorgelegt worden sind. Auffällig ist ferner, dass das vom Kläger für die Schäden des Streitfalls vorgelegte Gutachten des Sachverständigen ####### keine Vorschäden aufweist. Der Kläger hat des Weiteren nicht in Abrede genommen, dass gegen den weiteren Beteiligten ####### Ermittlungen wegen gestellter Unfälle von der Polizei geführt worden sind und dass er als Fahrer des Fahrzeugs seines Vaters in einen Schadensfall verwickelt gewesen ist, wobei die entsprechende Schadensersatzklage durch Urteil vom 10. Februar 1997 des Amtsgerichts Achim (10 C 54/96) mit der Begründung abgewiesen worden ist, dass es sich um einen fingierten Unfall gehandelt habe. Die Verkehrsunfallanzeige des Klägers und des Beklagten zu 1 beim Polizeikommissariat ####### spricht demgegenüber nicht entscheidend gegen einen gestellten Unfall. Bereits der Anzeige lässt sich entnehmen, dass der Kläger und der Beklagte zu 1 der Polizei gegenüber übereinstimmend den vom Kläger behaupteten Unfallhergang geschildert haben, sodass die Polizei sich nicht veranlasst gesehen hat, selbst eine Unfallaufnahme und Ermittlungen aufzunehmen.
Aufgrund dieser Indizien ist der Senat ebenso wie das Landgericht davon überzeugt, dass es sich um einen gestellten Unfall handelt.
III.
Dem Kläger steht auch nicht gemäß §§ 823, 847 BGB in Verbindung mit § 3 Nr. 1 PflVersG ein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gegen die Beklagten zu. Der Kläger hat bereits nicht bewiesen, dass es am 22. Dezember 1999 zu dem behaupteten Unfall gekommen ist. Insofern kann der Senat nicht feststellen, dass die geltend gemachten Verletzungen des Klägers auf diesem Ereignis beruhen.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, 1. Halbsatz ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Den Wert der Beschwer hat der Senat gemäß § 546 Abs. 2 Satz 1 festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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