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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 23.12.2004
Aktenzeichen: 14 U 71/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 631
Verpflichtet sich ein Bauunternehmer, die Traggerüste für das Bauwerk und eine Behelfsbrücke einschließlich erforderlicher Gründung nach statischen, konstruktiven und sicherheits sowie verkehrstechnischen Erfordernissen herzustellen, hat er auch die Kosten der dafür erforderlichen Prüfung und Abnahme zu tragen und kann daher dafür keine gesonderte Vergütung verlangen.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

14 U 71/04

Verkündet am 23. Dezember 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 16. November 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... und der Richter am Oberlandesgericht ... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerinnen gegen das am 20. Februar 2004 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Die Klägerinnen haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung wegen der Kosten des Berufungsverfahrens durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 29.639,69 EUR.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten darüber, ob Prüfungs- und Abnahmekosten für Traggerüste und eine Behelfsbrücke gesondert von der Beklagten zu vergüten sind.

Bei den Klägerinnen handelt es sich um eine Arbeitsgemeinschaft, die von der Beklagten im Zuge der Westumgehung E. der A ... mit der Errichtung eines Brückenbauwerks beauftragt wurde. Bei der Erstellung der Traggerüste für die Brücke sowie einer Behelfsbrücke entstanden in der Zeit vom 20. Juni 2000 bis zum 12. April 2002 Prüfungs- und Abnahmekosten in Höhe von 29.639,69 EUR, deren Bezahlung die Beklagte verweigert.

Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass es keine vertragliche Vereinbarung gebe, wonach sie diese Kosten zu tragen hätten. Sie nehmen die Beklagte daher auf Erstattung des von ihnen verauslagten Betrages in der genannten Höhe gerichtlich in Anspruch. Die Beklagten sind demgegenüber der Ansicht, dass nach dem Bauvertrag behördlich geprüfte und abgenommene Baubehelfe (hier: Traggerüste und Behelfsbrücke) geschuldet seien, sodass deren Prüfung und Abnahme zur vertraglich geschuldeten Leistung gehöre. Im Übrigen seien die dadurch verursachten Kosten gemäß § 2 Nr. 1 VOB/B - der Bauvertrag ist unstreitig auf der Grundlage der VOB geschlossen worden - durch die laut Leistungsverzeichnis vereinbarte Vergütung abgegolten.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Prüfung und Abnahme der Baubehelfe Bestandteil der von den Klägerinnen zu erbringenden vertraglichen Leistung gewesen seien. Sie hätten eine geprüfte und abgenommene Leistung geschuldet.

Gegen dieses Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, wenden sich die Klägerinnen mit ihrer Berufung. Sie verfolgen ihr Klagebegehren im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Sachvortrags weiter.

Die Klägerinnen beantragen,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 29.639,69 EUR nebst 5 % Jahreszinsen über dem Basiszinssatz seit dem 5. Mai 2003 auf 25.537,52 EUR sowie weiterer Zinsen seit dem 15. November 2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerinnen hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit der zutreffenden Begründung abgewiesen, dass die von den Klägerinnen erbrachten streitgegenständlichen Aufwendungen Bestandteil der Leistungen waren, zu deren Erbringung sie aufgrund des zwischen den Parteien abgeschlossenen Bauvertrages verpflichtet waren.

1. Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerinnen ist bereits aus dem Leistungsverzeichnis unmittelbar zu entnehmen, dass diese die Prüfungs- und Abnahmekosten der sog. Baubehelfe (hier: Traggerüste und Behelfsbrücke) selbst zu tragen haben und sie folglich von der Beklagten nicht gesondert zu vergüten sind. Nach den Positionen 0.4.001 und 0.4.004 des Leistungsverzeichnisses (Bl. 121 f.) waren die Klägerinnen verpflichtet, die Traggerüste für das gesamte Bauwerk sowie eine Behelfsbrücke einschließlich der erforderlichen Gründung nach statischen, konstruktiven und sicherheitstechnischen (Traggerüste) bzw. verkehrstechnischen (Behelfsbrücke) Erfordernissen herzustellen. Die vertraglich so übernommene Herstellung der hier in Rede stehenden Baubehelfe umfasst auch, dass diese, wenn sie - wie hier - nicht genehmigungspflichtig sind, von einem Prüfingenieur geprüft und abgenommen werden. Denn erst dann können diese Baubehelfe ihren in baulicher (und vertraglicher) Hinsicht vorgesehenen Zweck erfüllen. Gehört aber zur Herstellung "nach statischen und konstruktiven Erfordernissen" die Prüfung und Abnahme durch einen Prüfingenieur, so folgt daraus gleichzeitig, dass die dadurch verursachten Kosten von den Klägerinnen zu tragen sind.

Zu diesem Ergebnis führt auch die Überlegung, dass die Aufwendungen, die Gegenstand des Rechtsstreits sind, durch ein Zwischengerüst und eine Behelfsbrücke entstanden sind, deren Errichtung allein im Interesse der Klägerinnen lag, um das eigentlich geschuldete Bauvorhaben, nämlich das Brückenbauwerk im Zuge der Westumgehung E. der A ... , zu erstellen. Für die Beklagte war nur das Ergebnis, d. h. die ordnungsgemäße Errichtung dieser Brücke, von Bedeutung.

Im Übrigen hätten die Klägerinnen bei der Beklagten vor dem Abschluss des Bauvertrages nachfragen können und ggf. müssen, wer die hier in Rede stehenden Kosten trägt, wenn dies für ihre Kalkulation wichtig war. Für eine derartige Erkundigung bestand für die Klägerinnen insbesondere deshalb Veranlassung, weil die Beklagte - wie ihnen bekannt war - die Bieter bei anderen gleichartigen Bauvorhaben (vgl. Bl. 125 bis 128) ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass die für Baubehelfe anfallenden Prüfungs- und Abnahmekosten in die Angebotspreise einzukalkulieren sind und nicht gesondert vergütet werden.

2. Schließlich ergibt sich die Verpflichtung der Klägerinnen, die streitgegenständlichen Prüfungs- und Abnahmekosten zu tragen, auch aus den Niedersächsischen Ausführungsbestimmungen (= EZVKNS; Bl. 65) zu 12.1.5 der Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen (ZTVK; Bl. 24), die Bestandteil des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages geworden sind und in denen es heißt, dass bei nicht genehmigungspflichtigen Baubehelfen ein Prüfingenieur (im Regelfall der Prüfingenieur, der auch die statische und konstruktive Prüfung für das Bauwerk durchführt) mit Prüfung, Abnahme und ggf. Überwachung zu beauftragen ist. Dabei ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang, dass dieser Auftrag - wie auch tatsächlich geschehen - von den Klägerinnen zu erteilen war. Wer einen Auftrag erteilt, muss ihn - worauf die Beklagte zutreffend hinweist (vgl. Bl. 153) - in der Regel aber auch (endgültig) bezahlen. Wäre dies anders, wäre die Beklagte verpflichtet, den Werklohn, den die Klägerinnen mit den von ihnen beauftragten Prüfingenieuren vereinbart haben, im Rahmen des Üblichen (§ 632 Abs. 2 BGB) zu erstatten, und zwar nach Auffassung der Klägerinnen sogar noch mit einem 10,5 %igen Aufschlag (vgl. Bl. 142).

Diese Ausführungsbestimmungen verstoßen im Gegensatz zur Auffassung der Klägerinnen auch nicht gegen § 9 AGB-Gesetz. Sie sind weder überraschend noch enthalten sie eine einseitige Bevorzugung der Auftraggeber/Beklagtenseite. Die Bedingungen beinhalten und bestätigen vielmehr das, was - wie oben unter 1. dargelegt - ohnehin Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Bauvertrages ist.

3. Da sich die Berufung der Klägerinnen gegen das klagabweisende erstinstanzliche Urteil nach alledem unter keinem tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt als begründet erweist, war sie zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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