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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 15.12.2006
Aktenzeichen: 14 W 75/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 118
ZPO § 127
Zu den Voraussetzungen, unter denen im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren im Wege einer Beweisaufnahme bereits ein Sachverständigengutachten eingeholt werden darf.
14 W 75/06

Beschluss

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 22. August 2006 gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 18. August 2006 durch die Richterin am Oberlandesgericht ... als Einzelrichterin am 15. Dezember 2006 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird als derzeit unbegründet zurückgewiesen.

Gründe:

Das Rechtsmittel bleibt derzeit ohne Erfolg.

Nachdem das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 18. August 2006 den Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin vom 16. Mai 2006 wegen nicht fristgerechter Beantwortung von Fragen des Gerichts zurückgewiesen hatte, war die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde vom 22. August 2006, mit der die erforderten ergänzenden Angaben nachgeholt wurden, zulässig. Das Landgericht hat daraufhin das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren wieder aufgenommen und sodann - im Prozesskostenhilfeverfahren zur Vorbereitung der Abhilfeentscheidung - mit Beschluss vom 29. September 2006 die Einholung eines verkehrsanalytischen Sachverständigengutachtens angeordnet.

Dieser Beweisbeschluss ist als solcher unanfechtbar (Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 118 Rn. 23; Stein/Jonas-Bork, ZPO, 22. Aufl., § 118 Rn. 26 a. E. und Rn. 31). Soweit die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 11. Oktober 2006, mit dem sie die Vorlage der Akten an das Oberlandesgericht verlangt hat - mit Recht - darauf hinweist, dass die in dem außergerichtlich eingeholten Gutachten des Sachverständigen H. festgestellten Schäden an dem Verkaufswagen von der Antragsgegnerin zu 2 ausdrücklich nicht bestritten (vgl. S. 1 unten des Schriftsatzes vom 21. August 2006, Bl. 23 d. A.) und auch keine sonstigen Einwendungen zur Schadenshöhe erhoben worden sind, kommt eine Abänderung des Beweisbeschlusses durch den Senat daher nicht in Betracht.

Der Beweisbeschluss führt auch nicht deshalb zum Erfolg der Beschwerde, weil er den Rahmen der nach § 118 Abs. 2 ZPO zulässigen Erhebungen überschritte und damit zu einer Verzögerung der Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch führte, die einer Ablehnung gleichkäme (vgl. dazu Zöller-Philippi und Stein/Jonas-Bork, a. a. O., jeweils m. w. N.). Denn eine rechtswidrige Entscheidungsverzögerung lässt sich hier - ausnahmsweise - noch nicht feststellen.

Zwar dürfen gemäß § 118 Abs. 2 Satz 3 ZPO im Prozesskostenhilfeverfahren Sachverständige nur in - eng auszulegenden (Müko-ZPO-Wax, ZPO, 2. Aufl., § 118 Rn. 25) - Ausnahmefällen hinzugezogen werden, wobei die für die Gewährung von Prozesskostenhilfe genügende Erfolgsaussicht nicht mit dem für das Hauptsacheverfahren erforderlichen Nachweis von Tatsachen zur Überzeugung des Gerichts verwechselt werden und die Beweiserhebung grundsätzlich nicht dazu dienen darf, den Prozess selbst zur Entscheidungsreife zu bringen; außerdem kommt eine Beweisaufnahme von vornherein nur für solche Tatsachen in Betracht, für die der Antragsteller im Hauptsacheverfahren beweispflichtig ist (Zöller-Philippi, a. a. O., Rn. 21 m. w. N.). Diese Grenzen sind indessen im vorliegenden Fall hinsichtlich der Anordnung der Einholung eines verkehrsanalytischen Gutachtens noch nicht überschritten.

Denn ohne gutachterliche Äußerung zu der Frage, ob die von der Antragstellerin geltend gemachten Schäden an dem Verkaufswagen aus Anlass des behaupteten Unfallgeschehens entstanden sind, lässt sich hier die Erfolgsaussicht der von der Antragstellerin beabsichtigten Rechtsverfolgung nicht beurteilen. Die Antragsgegnerin zu 2 hat nicht nur das Vorliegen eines gestellten Unfalls - d. h. das Einverständnis der Antragstellerin mit der Sachbeschädigung - behauptet (wofür sie die Beweislast trägt und die Antragstellerin erst einen auf von der Antragsgegnerin bewiesene Indiztatsachen gegründeten Anscheinsbeweis zu erschüttern hätte), sondern außerdem bestritten, dass die (als solche unstreitig gestellten) Schäden überhaupt aus Anlass des behaupteten Unfallereignisses entstanden sind (vgl. S. 2 oben des Schriftsatzes vom 21. August 2006, Bl. 24 d. A.). Für das Zustandekommen einer Kollision und die Kompatibilität der Schäden an den daran nach dem Vortrag der Antragstellerin beteiligten Fahrzeugen trägt indessen die Antragstellerin die Darlegungs- und Beweislast. Ihr Vortrag dazu, wie die Schäden an und in dem Verkaufswagen entstanden sein sollen, ist jedoch aus sich heraus nicht nachvollziehbar. Die Antragstellerin hat im Schriftsatz vom 17. Juli 2006 unter 2. (Bl. 35 oben d. A.) auf entsprechende Nachfrage des Landgerichts vorgetragen, zum eigentlichen Schadensereignis nicht mehr als in der Antragsschrift ausführen zu können. Dort (S. 3 unten und S. 4 oben, Bl. 3 f. d. A.) ist die Kollision in der Weise beschrieben, dass der Antragsgegner zu 1 mit seinem BMW zuerst den hinter dem Verkaufswagen abgestellten VW Passat des Ehemannes der Antragstellerin hinten rechts touchiert habe, wobei durch diesen Anstoß der Passat so nach rechts gedrückt worden sei, dass dessen rechter Reifen beschädigt worden sei. Durch das seitliche Versetzen des Passat sei alsdann der Antragsgegner zu 1 mit seinem BMW zunächst an der linken - also der der ursprünglichen Anstoßstelle gegenüberliegenden - Seite des VW Passat entlanggeschrammt und anschließend dann gegen den linken hinteren Bereich des (aus Fahrtrichtung des BMW) davorstehenden Döner-Wagens gestoßen. Wie der BMW (der ja wohl im Prinzip nach links versetzt zu den parkenden Fahrzeugen gefahren sein muss, da sonst ein Frontalzusammenstoß erfolgt wäre, der vermutlich den Passat - und nicht den BMW - in den Döner-Wagen gedrückt hätte) zunächst auf die rechte hintere Seite eines am Straßenrand parkenden Fahrzeugs aufgefahren sein, dann aber am selben (sowie einem davorstehenden weiteren) Fahrzeug Schäden im Links-Vorbeifahren verursacht haben kann, ist aus sich heraus nicht schlüssig.

Da andererseits die Antragstellerin einen von den beteiligten Fahrzeughaltern offenbar unabhängigen "Knallzeugen" aufgeboten hat, der den BMW "hinter dem Döner-Wagen verkeilt" gesehen (und sodann den Abschleppdienst und die Polizei gerufen) haben soll, der also eine Berührung der Fahrzeuge bekunden können soll (ohne allerdings zu dem unmittelbar vorangegangenen Fahrmanöver des BMW etwas sagen zu können), lässt sich die Erfolgsaussicht des Klagebegehrens hier letztlich nur aufgrund eines verkehrsanalytischen Gutachtens zum Zustandekommen der Kollision und zur Kompatibilität der an dem Kollisionsgeschehen beteiligten Fahrzeuge beurteilen.

Die Entscheidung zur Hauptsache wird hierdurch (sofern sich nicht die Inkompatibilität der Schäden an den verschiedenen beteiligten Fahrzeugen oder - bei zueinander passenden Schäden - deren Unvereinbarkeit mit dem behaupteten Unfallgeschehen herausstellt und die Klage deshalb unschlüssig ist) nicht vorweggenommen. Denn der Ausgang des Rechtsstreits hängt darüber hinaus noch von der Klärung der streitigen Frage eines gestellten Unfalls ab.

Ende der Entscheidung

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