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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 21.07.2000
Aktenzeichen: 15 UF 1/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1361a Abs. 4
BGB § 1360a Abs. 4
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 620f
1. Um eine anderweitige Regelung im Sinne des § 620f ZPO zu erreichen, ist die Erhebung einer negativen Feststellungsklage zulässig.

2. Zum Anspruch auf Prozesskostenvorschuss bei getrennt lebenden Ehegatten.


15 UF 1/00

Verkündet am 21. Juli 2000

In der Familiensache

wegen Prozesskostenvorschusses

hat der 15. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2000 durch die Richter am Oberlandesgericht #######, ####### und ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung gegen das am 2. Dezember 1999 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Lehrte wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Allerdings trifft die Auffassung der Beklagten, die vom Kläger erhobene negative Feststellungsklage sei unzulässig, nicht zu. Sie ist vielmehr der richtige Weg, um eine anderweitige Regelung im Sinne von § 620 f ZPO, auf Grund derer die einstweilige Anordnung außer Kraft tritt, zu erreichen (BGH FamRZ 1983 355).

Das Amtsgericht hat den Kläger zu Recht im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, der Beklagten den begehrten Prozesskostenvorschuss in Höhe von 6.207,60 DM zu zahlen.

Gemäß § 1361 a Abs. 4 BGB i. V. m. § 1360 a Abs. 4 BGB ist ein Ehegatte verpflichtet, dem anderen Ehegatten einen Prozesskostenvorschuss zu leisten, wenn dieser nicht in der Lage ist, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen und die Leistung des Prozesskostenvorschusses der Billigkeit entspricht.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Die Einkommensverhältnisse des Klägers im Jahre 1999 stellten sich wesentlich günstiger dar als die der Beklagten.

Die Beklagte hat ausweislich der vorgelegten Lohnsteuerkarte im Jahre 1999 steuerbare Einkünfte von rund 164.147 DM erzielt und hierauf Lohnsteuer in Höhe von rund 54.920 DM, Kirchensteuer in Höhe von rund 3.625 DM sowie Solidaritätszuschlag von rund 2.215 DM gezahlt. Die Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung beliefen sich auf insgesamt 3.315 DM, die zur Kranken- und Pflegeversicherung auf rund 5.662 DM. Ferner hat die Beklagte nach der Eintragung auf ihrer Lohnsteuerkarte insgesamt 25.350 DM Kindergeld erhalten, wovon die Hälfte, mithin 12.675 DM ihrem Einkommen zuzurechnen ist. Das gibt Gesamteinkünfte von rund 107.085 DM oder monatlich rund 8.924 DM. Hiervon abzuziehen sind zunächst - zugestandene - berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von 260 DM. Die Beklagte hat ferner dargelegt, einen Hauskredit in Höhe von monatlich 2.221,83 DM zu bedienen, ferner einen weiteren Kredit zum Erwerb des Nachbargrundstücks mit monatlich rund 526 DM. Soweit der Kläger meint, diesen Kredit könne die Beklagte ihm nicht entgegenhalten, verkennt er, dass die ehelichen Lebensverhältnisse von dieser Kreditbelastung geprägt waren. Beiträge zur Lebensversicherung hat die Beklagte mit 528,75 DM, solche zur Bausparkasse mit 162 DM angegeben sowie ferner eine Lebensversicherungsprämie zur Absicherung eines Kredites mit monatlich 69,40 DM.

Auch die nachvollziehbar dargelegten Kosten für das von der Beklagten beschäftigte Aupairmädchen in Höhe von 1.060 DM sind unter unterhaltsrechtlichen Gesichtspunkten anzuerkennen. Die Beklagte hat insgesamt vier eheliche Kinder zu versorgen, wobei die jüngste Tochter im Jahre 1999 überhaupt erst das 10. Lebensjahr vollendete und die zweitjüngste Tochter elf Jahre alt war. Angesichts dieser Umstände wäre die Beklagte zu einer Erwerbstätigkeit unter unterhaltsrechtlichen Gesichtspunkten überhaupt nicht verpflichtet gewesen. Die Beschäftigung eines Aupairmädchens zur Kinderbetreuung ist deshalb sachgerecht und die kostengünstigste Lösung gewesen, die Kinderbetreuung sicherzustellen.

Unter den gegebenen Verhältnissen, insbesondere auch unter Berücksichtigung der gehobenen sozialen Stellung der Parteien ist auch die Beschäftigung einer Putzfrau für monatlich 200 DM nicht zu beanstanden.

Dass die Beklagte ihren erstehelichen Söhnen jeweils 630 DM monatlich Unterhalt zahlt, begegnet angesichts der Tatsache, dass diese lediglich eine Halbwaisenrente von 400 DM monatlich erhalten, ebenfalls keinen unterhaltsrechtlichen Bedenken, da diese Zuzahlung erforderlich ist, um den Bedarf eines auswärts wohnenden Studenten zu decken.

Schließlich hat die Beklagte auch nachgewiesen, dass sie für von den Parteien erworbene Teppiche ihrer Schwester monatlich 200 DM zahlt.

Unter Berücksichtigung all dieser Verbindlichkeiten verblieb der Beklagten im Jahre 1999 lediglich ein Einkommen von unter 2.450 DM.

Soweit der Kläger geltend macht, die Lebensversicherungsprämie sei geringer als 528,75 DM, wirkt sich dies im Ergebnis nicht aus, weil er andererseits die Kreditbelastung bei der Dresdner Bank für das eheliche Haus und die Beiträge zu Bausparkassen höher bewertet.

Der Kläger hat sein Einkommen unzutreffend dargestellt. Auswertbare Zahlen für das Jahr 1999 sind nicht vorgelegt worden, sodass der Senat auf die Einkünfte im Jahre 1998 zurückgreifen muss. Die Bruttoeinkünfte beliefen sich in jenem Jahr auf 385.813,52 DM. Der Senat geht davon aus, dass sich diese Einkünfte im Jahre 1999 nicht wesentlich verändert haben. Unter Berücksichtigung des im Jahre 1999 noch in Anspruch genommenen Jahressteuerfreibetrages von 8.284 DM ergeben sich bei Lohnsteuerklasse 1 und 2 Kinderfreibeträgen Zahlungen zur Lohnsteuer von 174.019 DM, zur Kirchensteuer von rund 15.002 DM und als Solidaritätszuschlag rund 9.168 DM. Berücksichtigt man zudem Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von 3.276 DM und zur Kranken- und Pflegeversicherung von 8.929 DM, lässt sich ein Jahresnettoeinkommen von 175.419 DM darstellen. Das sind monatlich rund 14.618 DM. Wie sich aus dem im einstweiligen Anordnungsverfahren geschlossenen Vergleich zum Kindesunterhalt ergibt, hat sich der Kläger verpflichtet, für seine Kinder insgesamt 3.900 DM Kindesunterhalt zu zahlen, war aber nicht bereit, außer dem Krankenversicherungsbeitrag weitere Kosten zu zahlen. Berücksichtigt man aus der vom Kläger eingereichten Aufstellung die geltend gemachten Zahlungen für Grundsteuer, Strom, Hausratversicherung, Feuerversicherung pp. in Höhe von rund 1.206 DM, wenngleich der Senat Zweifel daran hat, ob diese Beträge ab 1. Mai 1999 noch vollständig gezahlt worden sind, sowie die geltend gemachten Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt rund 3.285 DM, ferner die Beiträge zu den Lebensversicherungen über 50.000 DM und 60.000 DM, ergibt sich ein verbleibendes Einkommen, welches mit rund 5.500 DM mehr als doppelt so hoch liegt wie das der Beklagten.

Zur Einsetzung dieses Einkommens war der Kläger bei Erlass der einstweiligen Anordnung noch nicht einmal genötigt, weil er, wie aus dem Schreiben der Buchführungs- und Steuerstelle für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte vom 3. Mai 1999 hervorgeht, Anfang 1999 Steuererstattungen in Höhe von insgesamt rund 11.700 DM erhalten hat.

Nach alledem entspricht es auch der Billigkeit, dass der Kläger der Beklagten den angeordneten Prozesskostenvorschuss zahlt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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