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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 27.05.2009
Aktenzeichen: 15 UF 4/09
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 138
BGB § 242
BGB § 1585 c
Die in einem - kurz vor der Heirat - geschlossenen Ehevertrag getroffenen Regelungen zu den Scheidungsfolgen, die zu eine Globalverzicht führen, haben nicht notwendig die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge, wenn - subjektiv - die Unterlegenheit eines Ehegatten nicht bestand oder eine bestehende Zwangslage nicht ausgenutzt wurde.

Der Verzicht auf Krankheitsunterhalt ist im Rahmen der Ausübungskontrolle nicht gerichtlich zu korrigieren, wenn der angemessene Lebensbedarf durch eigene Einkünfte gesichert ist und die Einkommensdifferenz nicht zu einem Unterhaltsanspruch führt.


Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

15 UF 4/09

Verkündet am 27. Mai 2009

In der Familiensache

hat der 15. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 24. April 2009 durch die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### und den Richter am Amtsgericht ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 2. Dezember 2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Peine wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

I.

Der am 23. Juni 1947 geborene Antragsteller und die am 15. September 1948 geborene Antragsgegnerin haben am 10. März 1978 die Ehe geschlossen, aus der die Töchter A.#######, geboren am 31. Januar 1982, und B.#######, geboren am 26. Juli 1989, hervorgegangen sind. Beide Parteien waren damals und sind auch heute als Realschullehrer in ## tätig.

Am 9. März 1978 schlossen die Parteien vor dem Notar ## einen Ehevertrag - Urkundenrolle Nr. ##/ 1978 - . In § 1 heißt es:

"Wir beabsichtigen, die Ehe miteinander einzugehen. Für diesen Fall vereinbaren wir, dass, falls wir uns als Eheleute trennen oder scheiden lassen sollten, ein jeder von uns gegenüber dem anderen Ehegatten auf jeglichen Unterhalt, auch für den Fall der Berufs und Erwerbsunfähigkeit sowie den Fall der Not verzichtet."

In § 2 wurde der Versorgungsausgleich - nach eingehender Belehrung über dessen Wesen und Bedeutung - ausgeschlossen. Die damit verbundene Gütertrennung sollte im Güterrechtsregister eingetragen werden (§ 2 Abs. 2 und 4). Nach § 3 des Vertrages wurden die Parteien eingehend über die Bedeutung und Wirkung der Unterhaltsverzichtsvereinbarung und der Gütertrennung belehrt. Schließlich ist in § 4 geregelt, dass, sollte eine dieser Vereinbarungen unwirksam sein, die anderen Vereinbarungen in ihrem Bestand dadurch nicht berührt werden sollen. Die Parteien versichern, dass sie die Ehe auch eingegangen sein würden, sollte sich eine der getroffenen Vereinbarungen als nichtig herausstellen.

Während der Lebensgemeinschaft bewohnten die Parteien ein Hausgrundstück, das der Antragsteller zu alleinigem Eigentum erworben hat.

Auf den am 22. August 2008 zugestellten Scheidungsantrag hat das Amtsgericht im angefochtenen Urteil die Ehe der Parteien geschieden, festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet, sowie den Antrag der Antragsgegnerin auf nachehelichen Unterhalt und ihren auf Auskunft gerichteten Antrag zum Endvermögen des Antragstellers in der Folgesache Güterrecht zurück gewiesen, weil die Parteien im Ehevertrag wirksam auf ihre Rechte insoweit verzichtet hätten.

Mit ihrer Berufung beantragt die Antragsgegnerin, den Versorgungsausgleich durchzuführen sowie den Antragsgegner zur Zahlung nachehelichen Unterhalts von monatlich 676 EUR und zur Erteilung der Auskunft über sein Endvermögen zum 22. August 2008 durch Vorlage eines geordneten Bestandsverzeichnisses zu verurteilen.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird im Übrigen auf das angefochtene Urteil gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist nicht begründet.

Die Parteien haben im notariellen Ehevertrag vom 9. März 1978 wirksam auf die von der Antragsgegnerin geltend gemachten Scheidungsfolgen verzichtet. Die Regelungen des notariellen Ehevertrags halten im Ergebnis einer gerichtlichen Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§ 138, 242 BGB stand (BGH FamRZ 2004, 601 ff.).

1.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen den Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen nicht beliebig unterlaufen, so dass die Vertragsfreiheit der Eheleute ihre Grenze bei einer evident einseitigen und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigten Lastenverteilung findet. Im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle ist zu prüfen, ob die Vereinbarung im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr - losgelöst von der weiteren Entwicklung der Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung ganz oder teilweise zu versagen ist. In diesem Zusammenhang ist auf die individuellen Verhältnisse bei Vertragsschuss, die Einkommens und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf eventuelle Kinder abzustellen (BGH FamRZ 2004, 601, 606. 2005, 1444, 1446 f.).

a)

Die Parteien haben im notariellen Ehevertrag auf die wesentlichen Scheidungsfolgen verzichtet, indem sie sämtliche Unterhaltsansprüche, die güterrechtlichen Folgen sowie den Ausgleich der in der Ehezeit erworbenen Pensionsansprüche ausgeschlossen haben. Der hierin liegende Globalverzicht kann grundsätzlich zu einer einseitigen und evidenten Lastenverteilung führen, insbesondere wenn der Verzicht kompensationslos erfolgt (vgl. BGH FamRZ 2005, 691 ff. [zum wirksamen Globalverzicht mit Kompensationsregelung]. 2005, 1444 [zum wirksamen Globalverzicht mit modifiziertem Betreuungsunterhalt], Bergschneider, Richterliche Inhaltskontrolle von Eheverträgen, S. 93. FAFamR/Bergschneider, 6. Aufl., Kap. 12 Rn. 31h). Denn nach der konkreten Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse kann der Verzicht auf Scheidungsfolgenrechte einen Ehegatten aufgrund der gelebten Aufgabenteilung in der Ehe in besonderer Weise und im Verhältnis zum anderen Ehegatten einseitig treffen und ihn quasi rechtlos stellen kann. Die einvernehmliche Aufgabe des bisher ausgeübten Berufs eines Ehegatten zum Zweck der Haushaltsführung oder Unterstützung des anderen Ehegatten in seinem Betrieb oder zur Versorgung und Erziehung gemeinsamer Kinder ist regelmäßig mit unterschiedlichen beruflich oder finanziellen Nachteilen bzw. mit einer Lücke in der eigenen Altersversorgung verbunden, die der andere Ehegatte nicht hinnehmen muss und dem zugleich die Möglichkeit einseitiger Vermögensbildung verbleibt, die einem Ausgleich nicht unterliegt. Dass eine evident einseitige Lastenverteilung durch den Ehevertrag grundsätzlich beide Eheleute beim Scheitern der Beziehung treffen kann, ändert hieran nichts. Gleichwohl verbleibt den Eheleuten für die vertragliche Gestaltung der Scheidungsfolgen ein nicht unerheblicher Spielraum, da ein unverzichtbarer Mindestgehalt der Scheidungsfolgen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht besteht (vgl. zum Betreuungsunterhalt BGH FamRZ 2007, 974. 2005, 1444). Für die rechtliche Beurteilung einer Vereinbarung ist aufgrund der gebotenen Ausrichtung am Kernbereich der Scheidungsfolgen für deren Disponibilität die Rangabstufung zu beachten, die sich vorrangig danach bemisst, welche Bedeutung die einzelnen Scheidungsfolgen für den Berechtigten in seiner jeweiligen Lebenssituation haben (BGH FamRZ 2008, 582).

Vorliegend führt der vereinbarte Globalverzicht nicht zur Nichtigkeit des Ehevertrages, weil beide Parteien als beamtete Lehrer im öffentlichen Dienst tätig waren und sind. Dies hat zur Folge, dass die Antragsgegnerin in ihrem individuellen beruflichen Werdegang trotz der Betreuung und Versorgung der gemeinsamen Kinder kaum berufliche Nachteile erlitten hat und ihre Pensionsansprüche durch die Kinderbetreuung ebenfalls nicht wesentlich berührt werden. Im Einzelnen gilt Folgendes:

b)

Der Ausschluss des Anspruchs auf Alters und Krankheitsunterhalt gemäß §§ 1571, 1572 BGB ist wirksam (zum Betreuungsunterhalt siehe unter e)). Zwar kommt beiden Tatbeständen als Ausdruck der nachehelichen Solidarität besondere Bedeutung zu. Allerdings können die Eheleute diese Ansprüche insbesondere dann ausschließen, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht absehbar war, ob, wann und unter welchen wirtschaftlichen Gegebenheiten ein Ehegatte unterhaltsbedürftig werden könnte (BGH FamRZ 2005, 691, 692. 2008, 582). Dass die Antragsgegnerin nach dem amtsärztlichen Gutachten vom 19. Mai 2006 unter rezidivierenden Lumbalgien, Migräne, Arthrose sowie einem Erschöpfungssyndrom, nach dem weiteren amtsärztlichen Gutachten vom 1. September 2006 auch unter psychosomatischen Belastungsstörungen sowie nach dem ärztlichen Schreiben vom 15. November 2008 unter rezidivierenden Lumbalgien, Zervikodorsalgien und Zephalgien leidet, die zu einer Reduzierung ihrer Arbeitszeit von Juni bis Dezember 2006 auf 11 Stunden, im Januar 2007 auf 15 Stunden und ab Februar 2008 auf 11,5 Stunden wöchentlich sowie schließlich zur Altersteilzeitregelung von Februar 2008 bis Januar 2014 geführt haben, war bei Abschluss des Ehevertrages auch unter Berücksichtigung der (psychischen) Belastungen durch die Lehrertätigkeit beider Ehegatten nicht absehbar. Vor diesem Hintergrund kann dahin stehen, ob die Antragsgegnerin krankheitsbedingt an der vollzeitigen Tätigkeit gehindert ist, was vom Antragsteller bestritten wird. Hinsichtlich des Altersunterhalts konnten die Parteien einen Ausschluss wirksam vereinbaren, weil sie bei ihrer Heirat bereits seit etwa 2 Jahren als Beamte auf Lebenszeit im öffentlichen Dienst beschäftigt waren und dadurch ihre Altersversorgung - zumindest im Rahmen einer Grundversorgung - gesichert war, auch wenn die Antragsgegnerin im Alter von 29 Jahren und der Antragsteller mit 30 Jahren den weitergehenden Teil ihrer Alterssicherung noch nicht erdient hatten.

Der (nachrangige) Unterhaltsanspruch wegen Erwerbslosigkeit (§ 1573 Abs. 1 BGB) hatte im Hinblick auf die Beschäftigung im öffentlichen Dienst für die Parteien nur geringe Bedeutung, weil sie über einen nachhaltig gesicherten Arbeitsplatz verfügten, der keinem (nennenswerten) Arbeitsplatzrisiko ausgesetzt ist. Den Ausschluss der Ansprüche auf Aufstockungs- und Billigkeitsunterhalt (§§ 1573 Abs.2, 1576 BGB) können die Parteien wegen der geringeren Bedeutung im System der Scheidungsfolgen ohne die Folge der Sittenwidrigkeit vereinbaren (BGH FamRZ 2005, 691, 692).

c)

Vorliegend erweist sich auch der Ausschluss des Versorgungsausgleichs nicht als sittenwidrig. Zwar unterliegen Vereinbarungen hierüber wegen der Bedeutung des Versorgungsausgleichs als vorweggenommenem Altersunterhalt den Kriterien für dessen Verzicht. Im Hinblick darauf, dass beide Parteien durch ihre Tätigkeit im öffentlichen Dienst über einen gesicherten Arbeitsplatz und eine damit einhergehende gesicherte Altersversorgung verfügten, konnten sie den Ausgleich individuell höherer Pensionsansprüche wirksam wechselseitig ausschließen, zumal hiermit auch nicht die Ausnutzung einer Unterlegenheit der Antragsgegnerin verbunden war (hierzu unter e. vgl. BGH FamRZ 2008, 582 einerseits sowie Urteil vom 18. März 2009 - XII ZB 94/06 - und FamRZ 2008, 2011 andererseits).

d)

Auch die zwischen den Parteien geltende Gütertrennung (§ 1414 Satz 2 BGB) unterliegt keinen Wirksamkeitsbedenken, weil die vermögensrechtlichen Folgen in weitgehendem Umfang einer vertraglichen Regelung zugänglich sind. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Parteien ein Haus bewohnten, das der Antragsteller während der Lebensgemeinschaft zu alleinigem Eigentum erworben hat. Die ehevertragliche Regelung und der spätere - nicht näher vorgetragene Hauserwerb - stehen rechtlich für die Beurteilung der Wirksamkeit des Ehevertrages in keinem Zusammenhang. Eine konkrete Benachteiligung durch den Erwerb der Immobilie hat die Antragsgegnerin nicht dargetan, weil sie allein vorträgt, dass der Antragsteller Eigentümer "des aus der Wirtschaftskraft beider Parteien bezahlten Hauses" geworden sei.

e)

Vorliegend führt auch der kompensationslose Ausschluss des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB, der auch keiner modifizierten Regelung zu Anspruchshöhe oder dauer zugeführt wurde (BGH FamRZ 2007, 974, 976), nicht zur Nichtigkeit der Unterhaltsvereinbarung. Insoweit kommt es entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht darauf an, dass sich der Ausschluss des Betreuungsunterhalts für die Antragsgegnerin nicht mehr realisiert, weil im Rahmen des § 138 BGB auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im März 1978 abzustellen ist. Auch wenn nach den unwidersprochenen Angaben der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zwischen den Parteien über einen Kinderwunsch Einigkeit bestand und beide von der Versorgung und Betreuung der Kinder durch die Antragsgegnerin ausgegangen waren, kann es vorliegend dahin stehen, ob die auch auf den Betreuungsunterhalt bezogene Regelung in § 1 des Ehevertrages objektiv zu einer einseitigen Lastenverteilung führt, weil jedenfalls subjektiv die im Rahmen des § 138 BGB erforderliche (vgl. OLG München FamRZ 2007, 1244. Palandt/Brudermüller, BGB, 68. Aufl., § 1585 c Rz. 16. Pauling in: Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., Rn. 609a zu § 6. Prütting/Wegen/ Weinreich/Kleffmann, BGB, 3. Aufl., § 1585c Rz. 7 f, /Rehme § 1408 Rz. 27. FAKommFamR/Weinreich, 3. Aufl., § 1408 Rz. 27. Rauscher, Familienrecht, 2. Aufl. Rz. 366 m) Ausnutzung einer Zwangslage oder der Unterlegenheit des anderen Ehegatten bzw. dessen sehr viel schwächere Verhandlungsposition (vgl. BGH FamRZ 2006, 1097, 1098. OLG Saarbrücken NJW-RR 2007, 654) oder eine einseitige Dominanz, die faktisch zu einer einseitigen Bestimmung des gesamten Vertrages oder einzelner Regelungen geführt haben, nicht erkennbar sind. Weder eine intellektuelle Unterlegenheit noch eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Antragsgegnerin zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses kann der Senat feststellen.

Beide Parteien hatten bis 1973 (Antragsteller) bzw. 1972 (Antragsgegnerin) ihr Lehramtsstudium für Realschule in den Fächern Englisch und Französisch bzw. in Englisch und Geschichte abgeschlossen. Nach dem Referendariat hatten sie gemeinsam Anstellungen an der G.Realschule in P#######. erhalten. Beide Parteien waren volltags mit 26 Stunden wöchentlich nach der Besoldungsstufe A 13 beschäftigt und verfügten über keine nennenswerten Vermögenswerte.

Allein der Umstand, dass die Beurkundung einen Tag vor der Heirat erfolgte, lässt unter Berücksichtigung der weiteren Umstände ebenfalls keinen Schluss auf eine besondere Zwangslage der Antragsgegnerin oder eine dadurch herbeigeführte Unterlegenheit zu. Trotz der bevorstehenden Hochzeit hätte die Antragsgegnerin wegen der weitreichenden Folgen des Ehevertrages auf eine spätere Beurkundung bestehen können. Dabei konnten die genauen Umstände, unter denen der Vertrag geschlossen wurde, auch in der Anhörung der Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht aufgeklärt werden. Die Antragsgegnerin erklärte hierzu, dass sie den Ehevertrag vor der Beurkundung nicht gesehen habe, vielmehr sei der Termin bei dem Notar, der ein Freund ihres (geschiedenen) Mannes sei, kurzfristig abgesprochen worden, als sie selbst gedanklich mit den Hochzeitsvorbereitungen beschäftigt war. Über die Formulierung "auch für den Fall der Not" habe sie zwar gestutzt. Der Notar habe jedoch zu dem Vertrag gesagt, dass dieser für die Eheleute nicht in Betracht komme bzw. relevant werde und nur eine Formalie darstelle. Ihr sei damals nicht bewusst gewesen, auf welche Rechte sie verzichte. sie sei zum damaligen Zeitpunkt naiv und gutgläubig gewesen und habe ihrem Mann vertraut. Der Antragsteller bestätigte die Angaben der Antragsgegnerin zu der beabsichtigen Gestaltung ihrer Lebensverhältnisse. Allerdings hätten die Eheleute selbst untereinander längere Zeit vorher über einen Ehevertrag und sodann vor der Beurkundung auch mit dem Notar M. gesprochen. Hieran konnte sich indes die Antragsgegnerin nicht erinnern.

Unstreitig ist nach der Anhörung der Partien die Initiative zum Abschluss des Vertrages vom Antragsteller ausgegangen. Hierfür sei die Motivation der Parteien u.a. gewesen, dass den Eltern der Antragsgegnerin ein Haus in Osterode am Harz sowie ein Geschäftshaus in Helmstedt gehörte und die Gütertrennung den Verbleib einer späteren Erbschaft der Antragsgegnerin in ihrem Vermögen gewährleisten sollte. Zugleich hätten sie die Beibehaltung der klaren Vermögenslinien, die auch vor der Heirat bestanden hatte, gewollt.

Zweifel über den Inhalt der Regelungen sowie dessen Bedeutung konnten bei der studierten Antragsgegnerin, die sich in keiner Zwangslage befand, im Hinblick auf die eindeutige Formulierung in § 1 des Ehevertrages, wonach "einjeder von uns ... auf jeglichen Unterhalt, auch für den Fall ... der Not verzichtet", nicht entstehen. Die Wortwahl der Regelung ist allgemein verständlich und setzt keine besonderen Fähigkeiten oder Vorbildung voraus. Anhaltspunkte für ein Verhandlungsungleichgewicht bestehen im Hinblick auf das Alter der Parteien bei Vertragsschluss sowie ihre berufliche Biografie nicht und werden von der Antragsgegnerin auch nicht konkret geltend gemacht (vgl. OLG München Urteil vom 24. April 2007 - 4 UF 330/06 - bei juris). In den vom Bundesgerichtshof bisher entschiedenen Fällen führte bei einer evident einseitigen Lastenverteilung eine individuelle Unterlegenheit zur Sittenwidrigkeit der Verträge. etwa durch eine andere Staatsbürgerschaft und Sprachschwierigkeiten (BGH FamRZ 2006, 1097), die drohende Ausweisung einer Ausländerin (BGH FamRZ 2007, 450, 1157) oder die Schwangerschaft der Ehefrau (BGH FamRZ 2006, 1359. Urteil vom 18. März 2009 - XII ZB 94/06). Derartige Umstände sind vorliegend nicht gegeben.

f)

Zur Gesamtnichtigkeit des Ehevertrages führt auch nicht die Unterhaltsregelung, die in § 1 den Trennungsunterhalt umfasst. Dieser Teil der Vereinbarung ist gemäß §§ 1361 Abs. 4 Satz 4, 1360a Abs. 3, 1614, 134 BGB nichtig. Die Teilnichtigkeit der vertraglichen Regelung führt vorliegend indes nicht zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (FamRZ 2005, 1444, 1447) erfasst die Nichtigkeit einzelner Regelungen gemäß § 139 BGB in der Regel den gesamten Ehevertrag, es sei denn, dass er auch ohne die nichtige Klausel geschlossen sein würde, was sich insbesondere aus einer salvatorischen Klausel ergeben kann. Allerdings kann auch eine solche Regelung den Bestand der verbleibenden Regelungen nicht begründen, wenn der Vertrag bei einer Gesamtwürdigung für eine Partei ausnahmslos nachteilig ist (BGH FamRZ 2006, 1097, 1098. Brambring FPR 2005, 130, 133). So liegen die Dinge vorliegend indes nicht. Ein wesentlicher Teil der vertraglichen Regelungen erweist sich im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle trotz eines Globalverzichts als wirksam. Eine einseitige Lastenverteilung besteht durch die wirtschaftlich gesicherte Position der Antragsgegnerin nicht. Es sind - auch nach der Anhörung beider Parteien - keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sie den Ehevertrag nicht abgeschlossen hätten, wenn der nichtige Ausschluss des Trennungsunterhalts nicht Vertragsbestandteil geworden wäre. Darüber hinaus versicherten die Parteien in § 4 des Ehevertrages ausdrücklich, dass sie auch bei Nichtigkeit eines Teils der Vereinbarung geheiratet hätten.

Schließlich führt auch die unzureichende rechtliche Belehrung durch den beurkundenden Notar nicht zur Unwirksamkeit des Ehevertrages. Insoweit macht die Antragsgegnerin geltend, dass die nach § 4 des Ehevertrages bestätigte eingehende Belehrung des Notars über die Bedeutung und die Wirkung der Unterhaltsverzichtsvereinbarung und der Gütertrennung nicht in dieser Form und Deutlichkeit in zutreffender Form erfolgt sein kann, weil der - ersichtlich unwirksame - Verzicht auf Trennungsunterhalt nicht hätte beurkundet werden können. Es kann dahin stehen, in welchem Umfang der Notar seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Belehrung über den zu beurkundenden Ehevertrag nachgekommen ist. Denn unabhängig davon konnte - wie dargestellt - die Antragsgegnerin die Bedeutung des Unterhaltsverzichts für die Zeit nach der Ehescheidung ohne weiteres erkennen. Dass ihr bei der Beurkundung die rechtlichen und tatsächlichen Konsequenzen nicht deutlich gewesen seien, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat, berührt die Wirksamkeit der Regelung nicht.

2.

Dem Antragsteller ist es nicht versagt, sich auf den Ausschluss der Scheidungsfolgen zu berufen, weil der Ehevertrag auch einer Ausübungskontrolle standhält. Insoweit ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (FamRZ 2004, 601, 606) zu prüfen, ob und inwieweit ein Ehegatte die ihm durch den Vertrag eingeräumte Rechtsmacht missbraucht, wenn er sich im Scheidungsfall gegenüber einer vom anderen Ehegatten begehrten gesetzlichen Scheidungsfolge auf den vertraglichen Ausschluss beruft. Insoweit ist maßgeblich, ob sich im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten auch bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede unzumutbar ist (BGH FamRZ 2007, 974, 976). Dies kann insbesondere bei einer Abweichung der tatsächlich einvernehmlichen Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der dem Vertrag zugrunde gelegten Lebensplanung der Fall sein.

a)

Bereits eine danach erforderliche Abweichung der Vorstellungen der Parteien über den Verlauf ihrer Ehe bei Vertragsschluss einerseits und der später tatsächlich gelebten ehelichen Lebensgemeinschaft andererseits ist von der Antragsgegnerin nicht hinreichend vorgetragen und darüber hinaus nicht ersichtlich. Die Parteien waren als Realschullehrer tätig. Aus ihrer Ehe gingen - dem beiderseitigen Wunsch entsprechend - zwei Töchter hervor. Für deren Betreuung und Erziehung reduzierte die Antragsgegnerin ihre wöchentliche Stundenzahl etwa auf die Hälfte, ohne dass ihr hierdurch nachhaltige berufliche Nachteile entstanden sind und war von August 1995 bis Mai 2006 wieder mit mehr als 20 Stunden wöchentlich tätig.

b)

Darüber hinaus führen die vertraglichen Regelungen beim Scheitern der Lebensgemeinschaft der Parteien zu keiner für die Antragsgegnerin unzumutbaren Lastenverteilung. Dies gilt sowohl für die Regelung zum Unterhalt als auch für den Ausschluss des Versorgungsausgleichs, während die güterrechtlichen Folgen in diesem Zusammenhang vernachlässigt werden können. Dabei sollen durch die richterliche Anpassung von Eheverträgen ehebedingte Nachteile, die sich aus der Übernahme von Risiken für das berufliche Fortkommen ergeben, ausgeglichen werden (vgl. BGH FamRZ 2007, 974, 977. 2008, 582, 586). Derartige unzumutbare Nachteile kann der Senat vorliegend nicht feststellen.

aa) Unterhalt

Für die Zeit ab Rechtskraft der Ehescheidung bestimmt sich der Anspruch der Antragsgegnerin auf Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB) oder auf - dem Grunde nach bestrittenen - Krankheitsunterhalt (§ 1572 BGB) nach der Differenz der beiderseitigen eheprägenden Einkünfte. Nach der Gehaltsmitteilung für Dezember 2008 erzielte der Antragsteller ein Bruttoeinkommen von 49.281,59 EUR, aus dem sich nach Abzug der hierauf entfallenden Steuern ein Nettobetrag von 36.877,16 EUR bzw. von monatlich rund 3.073 EUR errechnet. Hiervon sind berufsbedingte Aufwendungen mit rund 182 EUR, abgabenbereinigte vermögenswirksame Arbeitgeberleistungen mit rund 5 EUR, Beiträge zur Krankenversicherung von 567 EUR sowie für die zusätzliche Altersversorgung weitere 205 EUR (102 + 103) abzusetzen. Unter Berücksichtigung einer Einkommensteuererstattung von monatlich 81 EUR und der weiteren Einkünfte als Kassenwart beim Haus, Wohn und Grundeigentümerverein P. von 400 EUR sowie als Ratsherr von 178 EUR lässt sich ein Betrag von rund 2.772 EUR darstellen.

Die Antragsgegnerin, die seit Februar 2008 - nach ihrem Vorbringen krankheitsbedingt - mit 11,5 Stunden wöchentlich tätig ist, erzielte nach der Gehaltsmitteilung für Dezember 2008 ein Bruttoeinkommen von 24.817 EUR, aus dem sich ein monatlicher Nettobetrag von rund 2.317 EUR ergibt, von dem die Beiträge zur Krankenversicherung mit 309 EUR sowie für die zusätzlichen Altersversorgung mit 130 EUR abzusetzen sind, so dass rund 1.878 EUR verbleiben.

Ob und in welchem Umfang die Partien für den Unterhalt ihrer beiden Töchter tatsächlich aufkommen, ist nicht konkret vorgetragen. Aufgrund der vorgenannten Einkünfte der Parteien lässt sich eine anteilige Haftung des Antragstellers von etwa 344 EUR für B., die die 13. Klasse besucht, und von 310 EUR für A., die in H. studiert, darstellen, während auf die Antragsgegnerin 184 EUR für B. und 166 EUR für A. entfallen.

Nach Abzug der jeweiligen Kindesunterhaltsbeträge, des Erwerbstätigenbonus sowie unter Einbeziehung eines Wohnvorteils auf Seiten des Antragstellers von 450 EUR und von Miteinnahmen der Antragsgegnerin von 356 EUR kann von einer Einkommensdifferenz von rund 598 EUR (2.264 - 1.666) ausgegangen werden, aus der sich ein Bedarf der Antragsgegnerin von rund 299 EUR errechnet. Bezieht man im Rahmen der Ausübungskontrolle die Zusatzeinkünfte des Antragstellers, die er aus überobligatorischer Tätigkeit erzielt und jederzeit einstellen kann, in die Beurteilung nicht mit ein, so reduziert sich der Unterhaltsanspruch auf rund 125 EUR.

Im Hinblick darauf, dass der angemessene Lebensbedarf der Antragsgegnerin durch ihre eigenen Einkünfte gesichert ist, tatsächliche Unterhaltszahlungen nicht geklärt sind und sie über Mieteinnahmen verfügt, hält der Senat den Verzicht auf einen Unterhaltsanspruch, der sich zum Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe zwischen 125 EUR und 300 EUR bewegt, nicht für unzumutbar. Dies gilt auch in Ansehung der mehr als 30jährigen Ehe für einen evtl. Anspruch auf Krankheitsunterhalt. Die Ausübungskontrolle führt nicht für eine Übergangszeit bis zur Pensionierung der Antragsgegnerin zum Februar 2014, die der Senat in der mündlichen Verhandlung im Rahmen von Vergleichsüberlegungen erwogen hatte, zu einem Unterhaltsanspruch, weil die Folgen des Unterhaltsverzichts unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation nicht unzumutbar sind.

bb) Versorgungsausgleich

Nach den vom Niedersächsischen Landesamt für Bezüge und Versorgung erstinstanzlich eingeholten Auskünften hat der Antragsteller eine auf die Ehezeit bezogene Versorgung von 2.085,15 EUR erzielt, während auf Seiten der Antragsgegnerin unter Berücksichtigung der Teilzeit wegen Kindererziehung sowie der Teilzeit aus familiären Gründen sich eine Anwartschaft von 1.738,65 EUR errechnet. Aus der Differenz der beiden Beträge von 346,50 EUR folgt ein Ausgleichsbetrag von 173,25 EUR. Im Hinblick darauf, dass sich aus der Auskunft ein Wert der vollen Versorgung von 2.785,55 EUR ergibt, während für den Antragsteller ein Betrag von 2.897,41 EUR errechnet wurde, stellt der Verzicht auf den vorgenannten Ausgleichsbetrag ebenfalls keine unzumutbare Belastung und einseitige Lastenverteilung dar.

III.

Anlass, - wie von der Antragstellerin angeregt - die Revision zuzulassen, besteht nicht, weil der Senat die Inhaltskontrolle des Ehevertrags der Parteien auf der Grundlage der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich auch mit einem Globalverzicht befasst hat, vorgenommen hat. Die auf den vorliegenden Einzelfall bezogene tatrichterliche Würdigung ist weder auf eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung bezogen, noch ist die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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