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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 21.04.2004
Aktenzeichen: 15 UF 6/04
Rechtsgebiete: AUG, ZPO


Vorschriften:

AUG § 10
ZPO § 722
ZPO § 723
Der Vollstreckbarerklärung eines kanadischen Unterhaltsurteils kann eine - nach deutschem Sachrecht zu beurteilende - Vollstreckungsvereinbarung zwischen dem Unterhaltsschuldner und dem durch den Generalbundesanwalt vertretenen unterhaltsberechtigten Kind entgegenstehen.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

15 UF 6/04

Verkündet am 21. April 2004

In der Familiensache

hat der 15. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 26. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######sowie die Richter am Oberlandesgericht #######und #######für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten und unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels wird das am 4. Dezember 2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Holzminden geändert und wie folgt neu gefasst:

Das Urteil des The Queen`s Bench (Family Division) Brandon Centre in #######vom 11. September 1995 - File No. 94.02.63 FD - wird insoweit anerkannt und für vollstreckbar erklärt, als der Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin Kindesunterhalt für das Kind #######, geboren am #######, für die Zeit von September 1995 bis August 1996 von insgesamt 1.248,22 EUR (2.441,31 DM) zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Kläger 9/10 und der Beklagte 1/10.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Kläger begehrt die Vollstreckbarerklärung eines ####### Unterhaltstitels.

Der in #######lebende Kläger ist der Sohn des Beklagten aus dessen am 11. September 1995 geschiedener Ehe. Mit Urteil des The Queen`s Bench (Family Division) #######vom 11. September 1995 - File No. ####### (im folgenden Familiengericht #######) wurde der Mutter des Klägers die alleinige elterliche Sorge übertragen, dem Beklagten "ein angemessener Zugang" zu dem Kläger eingeräumt und weiter verfügt, dass der Beklagte der Mutter des Klägers "für den Unterhalt des besagten Kindes die Summe von $ 500,00 pro Monat zahlen soll (...)".

Mit Schreiben vom 7. August 1996 wurde der Beklagte durch den Generalbundesanwalt als "zentrale Behörde zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Verkehr mit ausländischen Staaten" aufgefordert, den monatlichen Unterhalt ab September 1996 sowie einen Rückstand von 6.000 can. $ für die Zeit von September 1995 bis August 1996 zu zahlen. Hierauf übersandte der Beklagte dem Generalbundesanwalt mit Schreiben vom 20. August 1996 eine an das Amtsgericht Holzminden gerichtete Abänderungsklage vom selben Tag, mit der er unter Hinweis auf weitere Unterhaltspflichten die Abänderung des #######Unterhaltstitels begehrte, in Kopie, verbunden mit dem Gesuch, von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen abzusehen. Nachdem der Generalbundesanwalt sowohl in dem Abänderungsverfahren (12 F 278/96) als auch gegenüber den Prozessbevollmächtigten des Beklagten mitgeteilt hatte, eine Abänderung sei außergerichtlich möglich, verfolgte der Beklagte seine Abänderungsklage nicht weiter.

Unter dem 5. November 1996 berechnete der Generalbundesanwalt im Rahmen einer zweistufigen Mangelfallberechnung den Anspruch des Klägers mit monatlich 255 DM. In dem Schreiben heißt es weiter: "Mit der Beurkundung einer Zahlungsverpflichtung in vollstreckbarer Form in Höhe eines monatlichen Unterhaltsbetrages von 255 DM ab 1. September 1996 bis zum Erreichen der wirtschaftlichen Selbständigkeit des Kindes und in Höhe eines Betrages von Can. $ 6.0000, Unterhaltsrückstand für die Zeit vom 1. September 1995 bis 31. August 1996 bin ich einverstanden".

Daraufhin verpflichtete sich der Beklagte in einer Urkunde des #######vom 12. November 1996 - Urk.Reg. ####### - unter Abänderung des Urteils des Queen`s Bench (Family Division) #######v. 11.09.95 für die Zeit ab 1. September 1996 zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrags von 255 DM. Er erklärte darin ferner, bezüglich des Rückstandes der 6.000 $ werde eine Vereinbarung getroffen. Die Beurkundung teilte der Beklagte dem Generalbundesanwalt unter dem 13. November 1996 mit und wies hinsichtlich des Unterhaltsrückstandes auf erbrachte Zahlungen von 3.300 $ hin, so dass ein Restbetrag von 2.700 $ verbleibe, den er überweisen werde.

Im Schreiben vom 6. Januar 1997 teilte der Generalbundesanwalt dem Beklagten einen Unterhaltsrückstand von 2.444,31 DM mit, wobei der Zahlungsübersicht für die Zeit von September bis Dezember 1996 ein geschuldeter Unterhalt von monatlich 255 DM zugrunde gelegt war. Während der Generalbundesanwalt in der Korrespondenz mit der kanadischen Behörde bis zum Schreiben vom 7. Mai 2001 von einer wirksamen Abänderung der kanadischen Unterhaltsentscheidung durch die Jugendamtsurkunde vom 12. November 1996 ausging, widersprach die kanadische Behörde dieser Rechtsauffassung. Im Schreiben vom 7. Mai 2001 wies der Generalbundesanwalt den Beklagten darauf hin, dass die kanadische Behörde an ihrer Rechtsauffassung festhalte und die Vollstreckbarerklärung des kanadischen Unterhaltstitels begehre. Es sei jedoch der Behörde überlassen worden, eine Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs lediglich in dem Umfang zu verfolgen, wie dies nach deutschem Recht möglich sei. Zugleich wurden wegen der für Kanada weiterhin gültigen Entscheidung und des darauf basierenden Unterhaltsrückstands von 15.318,28 can. $ Vergleichsverhandlungen mit der kanadischen Unterhaltsbehörde angeregt. Im Schreiben vom 10. Juli 2002 teilte der Generalbundesanwalt dem Beklagten mit, dass das Vollstreckbarerklärungsverfahren auf die Höhe des von ihm zu leistenden Betrages keinen Einfluss habe, da sich dieser Betrag nach seiner Leistungsfähigkeit bemesse.

II.

Die Berufung des Beklagten, mit der er sich dagegen wendet, dass das Amtsgericht das #######Urteil für die Zeit ab November 2002 und wegen eines Unterhaltsrückstandes von 25.126,94 can. $ anerkannt und für vollstreckbar erklärt hat, ist überwiegend begründet.

Das Urteil des Familiengerichts #######vom 11. September 1995 ist nur bezüglich eines Unterhaltsrückstandes von 1.248,22 EUR bzw. 2.441,31 DM für die Zeit von September 1995 bis August 1996, jedoch nicht für den Unterhalt von monatlich 500 can. $ ab September 1996 gemäß § 10 Abs. 1 AUG für vollstreckbar zu erklären. Nach dieser Vorschrift werden gerichtliche Unterhaltsentscheidungen aus Staaten, mit denen die Gegenseitigkeit gemäß § 1 AUG verbürgt ist, entsprechend § 722 Abs. 1 und 723 Abs. 1 ZPO für vollstreckbar erklärt.

Im Zusammenhang mit dem Ehescheidungsverfahren des Beklagten und der Mutter des Klägers wurde dieser durch das Urteil des Familiengerichts #######gemäß Art. 15 Abs. 2 und 8 des Gesetzes über die Ehescheidung und Folgesachen vom 23. Januar 1986 (abgedruckt bei Bergmann/Ferid: Kanada) zur Zahlung von Kindesunterhalt von monatlich 500 can. $ verurteilt. Auf die Rechtskraft dieses Titels kommt es im Gegensatz zu § 723 Abs. 2 ZPO - für das Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach § 10 AUG nicht an (vergl. Uhlig/Berard, NJW 1987, 1521, 1524 f.; MünchKommZPO/Gottwald, 2. Aufl., Bd. III, Anh., Rn. 1 zu § 10 AUG). Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Provinz #######, ist die Gegenseitigkeit im Sinne von § 1 Abs. 1 AUG verbürgt (Gegenseitigkeitsfeststellungsbekanntmachung BGBl. I 1992, 991; Göppinger/Linke, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., Rn. 3258 m. Fn. 132). In Übereinstimmung mit den Parteien geht der Senat davon aus, dass der Kläger auch bezüglich des im Zusammenhang mit dem Ehescheidungsverfahren seiner Eltern titulierten Kindesunterhalts für das Vollstreckbarerklärungsverfahren prozessführungsbefugt ist (vergl. Göppinger/Linke, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., Rn 3287; Luthin/Kamm, Handbuch des Unterhaltsrechts, 9. Aufl., Rn 8072; BGH FamRZ 1992, 1060, 1061; OLG Stuttgart, FamRZ 1999, 312).

Der Vollstreckbarerklärung der kanadischen Unterhaltsentscheidung steht jedoch für die Zeit ab September 1996 eine Vollstreckungsvereinbarung der Parteien entgegen. Gemäß § 10 Abs. 1 AUG sind für das Vollstreckbarerklärungsverfahren die Regelungen der §§ 722 Abs. 1 und 723 Abs. 1 ZPO entsprechend anwendbar, ohne dass eine Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der ausländischen Entscheidung zu erfolgen hat (Zöller/Geimer, ZPO, 24. Aufl., Rn. 1 zu § 722 ZPO). Im Verfahren nach § 722 ZPO kann der Schuldner grundsätzlich Einwendungen im Sinne von § 767 Abs. 2 ZPO geltend machen, soweit dies nach der ausländischen Parallelnorm möglich ist (Zöller/Geimer, ZPO, 24. Aufl., Rn. 51 zu § 722 ZPO; Dose in: Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., Rn. 239 zu § 7). Es muss sich um rechtsvernichtende oder rechtshemmende Einwendungen handeln, so dass Abänderungsgründe im Sinne von § 323 ZPO grundsätzlich nicht genügen (Göppinger/Linke, Unterhaltsrecht, 8. Aufl, Rn. 3297; BGH FamRZ 1990, 504, OLG Köln, FamRZ 2001, 177), wobei § 10 Abs. 2 AUG hiervon ausdrücklich eine Ausnahme dahingehend vorsieht, dass das Gericht auf Antrag einer Partei in dem Vollstreckungsurteil den in der ausländischen Entscheidung festgesetzten Unterhaltsbetrag hinsichtlich der Höhe und der Dauer der zu leistenden Zahlungen ändern kann. Soweit der Beklagte mit seinen Einwendungen durchdringt, ist das Urteil nicht für vollstreckbar zu erklären (Zöller/Geimer, ZPO, 24. Aufl., Rn. 51 zu § 722 ZPO).

Inwieweit der Beklagte rechtsvernichtende oder rechtshemmende Einwendungen im Sinne von § 767 Abs. 2 ZPO bzw. der Parallelnorm nach dem kanadischen Verfahrensrecht geltend machen kann, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Insoweit ist das Amtsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass eine etwaige Verwirkung des Anspruchs durch Zeitablauf (§ 242 BGB; vergl. hierzu BGH FamRZ 2002, 1698, 1699; 2004, 531, 532) als Einwendung im Sinne von § 767 Abs. 2 ZPO (Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., Rn. 12 zu § 767 ZPO [Stichwort Verwirkung]) nach kanadischem Recht zu beurteilen wäre, denn diese Frage ist nach dem durch das Unterhaltsstatut des Art. 18 Abs. 1 EGBGB berufenen Recht zu beurteilen (Göppinger/Linke, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., Rn. 3086 ff., 3100 m.Fn. 263; MünchKomm/Siehr, 4. Aufl., Art. 18 EGBGB Anh. I Rn. 233), wonach primär das Recht des Staates am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Unterhaltsberechtigten anzuwenden ist. Unabhängig hiervon kann der Beklagte - nach deutschem Recht zu beurteilende - Einwendungen geltend machen, die ihre Grundlage in einer die Vollstreckung betreffenden Vereinbarung der Parteien selbst haben.

Insoweit handelt es sich nicht um eine Unterhaltsvereinbarung bzw. einen Teilerlassvertrag (§ 397 BGB; vergl. BGH FamRZ 1981, 763; Johannsen/Henrich/Graba, Eherecht, 4. Aufl., Rn. 2 zu § 1614 BGB), der den materiellrechtlichen Unterhaltsanspruch des Klägers betrifft und dessen Zulässigkeit ebenfalls nach dem durch das Unterhaltsstatut berufenen kanadischen Recht zu beurteilen wäre. Vielmehr bleibt die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten nach kanadischem Recht bestehen, denn der Beklagte hat einen Antrag auf Abänderung nach § 10 Abs. 2 AUG im vorliegenden Rechtsstreit in beiden Instanzen nicht gestellt und seinen dahingehenden Antrag vom 20. August 1996 im Verfahren 12 F 278/96 AG Holzminden nach dem Schriftsatz des Generalbundesanwalts vom 10. September 1996 im dortigen Verfahren nicht weiterverfolgt, weil eine Abänderung des Unterhaltsbetrages im außergerichtlichen Verfahren vorgeschlagen worden war.

Die Parteien haben konkludent eine Vereinbarung über die Begrenzung der in Deutschland vom Kläger zulässigen Unterhaltsvollstreckung auf einen Betrag von 255 DM geschlossen. Die Zentrale Behörde, deren Aufgaben von dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof wahrgenommen werden (§ 2 Abs. 2 AUG), gilt gemäß § 8 Abs. 2 AUG als bevollmächtigt, im Namen des Berechtigten außergerichtlich oder gerichtlich tätig zu werden und dabei insbesondere eine Regelung des Anspruchs im Wege des Vergleichs oder der Anerkennung herbeizuführen. Nachdem der Beklagte bereits mit Schriftsatz vom 20. August 1996 vor dem AG Holzminden einen Abänderungsantrag anhängig gemacht hatte, errechnete der Generalbundesanwalt für den Kläger im Schreiben vom 5. November 1996 auf der Grundlage der damaligen Einkünfte des Beklagten und unter Berücksichtigung seiner Unterhaltspflichten gegenüber seiner Ehefrau sowie seinen beiden am 31. Januar 1996 geborenen Töchtern im Rahmen einer zweistufigen Mangelfallberechnung einen anteiligen Anspruch von monatlich 255 DM. Zugleich war der Generalbundesanwalt mit der Beurkundung einer Zahlungsverpflichtung in vollstreckbarer Form in Höhe eines monatlichen Unterhaltsbetrages von 255 DM ab 1. September 1996 bis zum Erreichen der wirtschaftlichen Selbständigkeit des Kindes und in Höhe eines Betrages von can. $ 6.0000, Unterhaltsrückstand für die Zeit vom 1. September 1995 bis 31. August 1996 einverstanden.

Im Gegensatz zu der damaligen Auffassung des Generalbundesanwalts, der die kanadische Behörde u.a. in den Schreiben vom 7. Februar und 11. April 2002 mit Hinweis auf das dortige Bundesrecht entgegengetreten war, kann ein ausländisches Urteil allein durch eine Entscheidung eines deutschen Gerichts abgeändert werden kann, wenn es nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen anzuerkennen ist (BGH FamRZ 1983, 806, 807; Göppinger/Linke, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., Rn 3302; Zöller/Vollkommer, 24. Aufl., ZPO, Rn 12 zu § 323 ZPO; Musielak/Musielak, ZPO, 3. Aufl., Rn. 4 zu § 323 ZPO). Daher konnte der Beklagte seine durch das Urteil des Familiengerichts #######titulierte Unterhaltsverpflichtung nicht einseitig durch die Urkunde des Kreisjugendamts Holzminden vom 12. November 1996 abändern.

In dem Hinweis des Generalbundesanwalts auf eine außergerichtliche Abänderungsmöglichkeit im Schreiben vom 10. September 1996 sowie im Schriftsatz vom gleichen Tag im Verfahren 12 F 278/96 AG Holzminden und dem Vorschlag im Schreiben vom 5. November 1996, eine monatliche Unterhaltsverpflichtung von 255 DM beurkunden zu lassen, liegt konkludent das Angebot des Klägers, die Zwangsvollstreckung auf den nach deutschem Unterhaltsrecht geschuldeten Betrag zu beschränken. Willenserklärungen sind nach dem objektiven Empfängerhorizont so auszulegen, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (Palandt/Heinrichs, 62. Aufl., Rn. 9 ff. zu § 133 BGB). Aus den vorgenannten Schreiben ergab sich nach den Verständnismöglichkeiten des Beklagten, dass ein Unterhalt über 255 DM monatlich hinaus ab September 1996 nicht geltend gemacht werden sollte. Dabei hatte der Generalbundesanwalt nicht nur den nach den §§ 850 ff ZPO pfändbaren Betrag des Arbeitseinkommens des Beklagten bestimmt, sondern den Unterhaltsanspruch des Klägers nach der Leistungsfähigkeit des Beklagten bestimmt, auf den zukünftig die Vollstreckung durch Errichtung eines entsprechenden Vollstreckungstitels beschränkt sein sollte.

Der Beklagte hat das in den Schreiben vom 10. September und 5. November 1996 liegende Angebot auf Abschluss einer Vollstreckungsvereinbarung angenommen. Er ließ mit Urkunde des Kreisjugendamtes #######vom 12. November 1996 in Abänderung des kanadischen Unterhaltstitels für die Zeit vom 1. September 1996 einen Unterhaltsbetrag von 255 DM monatlich titulieren und teilte dies dem Generalbundesanwalt mit Schreiben vom 13 November 1996 mit. Die Parteien waren sich darüber einig, dass ab September 1996 eine über 255 DM monatlich hinausgehende Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs des Klägers nach dem kanadischen Unterhaltsurteil nicht erfolgen solle, so dass der Beklagte seinen Abänderungsantrag vom 20. August 1996 vor dem AG Holzminden nicht weiter verfolgte und durch den Erwerb eines Hausgrundstücks in der Folgezeit finanzielle Dispositionen getroffen hat.

Auch wenn für die Auslegung von Willenserklärungen auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Abgabe oder des Zugangs der Erklärung abzustellen ist und spätere Änderungen des Willens oder der für die Auslegung maßgeblichen Umstände nicht zu berücksichtigen sind (Palandt/Heinrichs, 62. Aufl., Rn. 6a zu § 133 BGB), spricht auch die weitere Korrespondenz zwischen den Parteien für eine derartige Vollstreckungsvereinbarung.

Der Generalbundesanwalt ging bis zum Schreiben vom 7. Mai 2001 über einen Zeitraum von etwa 4 1/2 Jahren davon aus, dass der kanadische Unterhaltstitel durch eine Jugendamtsurkunde geändert werden könne. Diese Auffassung hat er nicht nur in den vorgenannten Schreiben gegenüber dem Beklagten vertreten, sondern auch im Verhältnis zu der kanadischen Behörde geltend gemacht, ohne dass der Beklagte von dieser Korrespondenz unmittelbar Kenntnis erhielt. Im Schreiben vom 15. Januar 1997 an die Justizbehörde ####### wies der Generalbundesanwalt darauf hin, dass die deutsche Jugendamtsurkunde den kanadischen Titel für die Zeit ab September 1996 geändert habe. Auch nachdem die kanadische Behörde in den Schreiben vom 11. Dezember 1996, 29. September 1997 und 7. Februar 2001 daran festgehalten hatte, dass eine Änderungsmöglichkeit bezüglich des gerichtlichen Titels nicht bestehe, und zuletzt einen Rückstand von 17.480,90 can. $ geltend gemacht hatte, widersprach der Generalbundesanwalt dieser Ansicht im Schreiben vom 21. Februar 2001 unter Hinweis darauf, dass auch rechtskräftige deutsche Unterhaltstitel in Kanada ohne Beteiligung des Unterhaltsschuldners durch sogenannte "provisional order" geändert bzw. erheblich reduziert worden seien und dementsprechend der kanadische Titel an die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltsschuldners angepasst worden sei. Erst nachdem die kanadische Behörde im Schreiben vom 11. April 2001 ausgeführt hatte, dass es sich bei dem angeführten Verfahren lediglich um einen vorläufigen Abänderungsbeschluss handele und im übrigen eine Abänderung allein durch ein kanadisches Gericht zulässig sei, teilte der Generalbundesanwalt diese Rechtsauffassung und die zugrunde liegende Korrespondenz dem Beklagten im Schreiben vom 7. Mai 2001 mit und erhob mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2002 das vorliegende Vollstreckbarerklärungsverfahren.

Schließlich ergibt sich aus den Schreiben des Generalbundesanwalts vom 7. Mai 2001 und vom 10. Juli 2002 eine entsprechende Begrenzung der Vollstreckung. Nach dem ersten Schreiben werde eine Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs in Deutschland in dem Umfang erfolgen, wie dies nach deutschem Recht - bei damals titulierten 255 DM - möglich sei. Im Schreiben vom 10. Juli 2002 führte der Generalbundesanwalt aus, dass das Vollstreckbarerklärungsverfahren auf die Höhe des vom Beklagten monatlich zu leistenden Betrages keinen Einfluss habe, da sich dieser Betrag nach seiner Leistungsfähigkeit bemesse.

Für eine Vollstreckungsvereinbarung spricht nicht allein die Rechtsansicht des Generalbundesanwalts bis Mai 2001, sondern darüber hinaus die Abrechnung der jährlichen Unterhaltszahlungen durch den Generalbundesanwalt gegenüber dem Beklagten. Mit Schreiben vom 6. Januar 1997 wurde dem Beklagten ein Zahlungsrückstand zum 31. Dezember 1996 von 2.444,31 DM mitgeteilt. In der entsprechenden Zahlungsübersicht wurden der Zahlungsverpflichtung des Beklagten insgesamt 7.794 DM (6.000 can. $ bzw. 6.774 DM von September 1995 bis August 1996 sowie 4 x 255 DM für September bis Dezember 1996) Zahlungen von insgesamt 5.349,69 DM gegenübergestellt. Mit weiterem Schreiben vom 18. Januar 1999 wurden dem Beklagten Unterhaltszahlungen in 1998 von 3.060 DM (12 x 255 DM) bzw. 2.571,12 can. $ bestätigt, ohne einen Zahlungsrückstand geltend zu machen, und im Schreiben vom 24. Januar 2001 an die kanadische Behörde wurden die Unterhaltszahlungen für das Jahr 2000 mit 3.060 DM (12 x 255 DM) bzw. 2.146,44 can. $ abgerechnet.

Einer Vollstreckungsvereinbarung steht nicht entgegen, dass der Beklagte den geforderten Unterhaltsrückstand für September 1995 bis August 1996 von 6.000 can. $ nicht in der Jugendamtsurkunde vom 12. November 1996 anerkannt hatte. Zwar gilt nach § 150 Abs. 2 BGB eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen als Ablehnung des Antrags verbunden mit einem neuen Antrag. Dass der Beklagte einen Unterhaltsrückstand von 6.000 can. $ nicht titulieren ließ, stellt jedoch keine Einschränkung oder sonstige Änderung des Angebots des Klägers dar, denn der Beklagte hat unzweideutig seine Bereitschaft erklärt, den bis August 1996 bestehenden Unterhaltsrückstand an den Kläger zu zahlen. Die zu verrechnende Zahlungen an die Mutter des Klägers hat der Beklagte mit Schreiben vom 13. November 1996 dem Generalbundesanwalt mitgeteilt. Aus der vorgenannten Zahlungsaufstellung des Generalbundesanwalts für 1996 gehen Zahlungen des Beklagten vom 5. September, 8. Oktober, 6. November und 9. Dezember 1996 hervor. Dem Schreiben der kanadische Behörde vom 29. September 1997 ist zu entnehmen, dass die Mutter des Klägers am 11. Juni 1996 vom Beklagten 1.500 DM erhalten hatte. Zu einer Titulierung des mit 12 x 500 = 6.000 can. $ geltend gemachten Rückstands war der Beklagte daher nicht verpflichtet, so dass die mit dem Hinweis bezüglich einer weiteren Vereinbarung für den Unterhaltsrückstand versehene Jugendamtsurkunde keine Änderung des Angebots des Klägers auf Abschluss einer Vollstreckungsvereinbarung darstellt.

Einer Vollstreckungsvereinbarung steht schließlich nicht entgegen, dass dem Beklagten am 10. Oktober 1997 das Schreiben der kanadischen Justizbehörde vom 29. September 1997 übersandt worden war, in dem diese einer Abänderungsmöglichkeit des kanadischen Urteils durch die deutsche Jugendamtsurkunde widersprochen hatte. Zum einen sind für den Abschluss der Vollstreckungsvereinbarung der Parteien die Umstände im November 1996 maßgeblich, zum anderen hat der Generalbundesanwalt im Verhältnis zum Beklagten an seiner Rechtsauffassung wie dargestellt - festgehalten.

In Höhe des vom Beklagten für die Zeit von September 1995 bis August 1996 nicht bestrittenen Unterhaltsrückstandes, wie er sich aus der Zahlungsaufstellung des Generalbundesanwalts im Schreiben vom 6. Januar 1997 mit 1.248,22 EUR bzw. von 2.441,31 DM (7.794 - 5.349,69) ergibt, besteht zwischen den Parteien keine Vollstreckungsvereinbarung. Eine vom Beklagten in der Jugendamtsurkunde vom 12. November 1996 bezüglich des Unterhaltsrückstandes bis August 1996 in Aussicht gestellte weitere Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Der Beklagte konnte jedoch, nachdem er im Schreiben vom 13. November 1996 die Zahlung von weiteren 2.700 can. $ angekündigt hatte, nicht darauf vertrauen, die offenen Unterhaltsansprüche des Klägers bis August 1996 nicht erfüllen zu müssen, so dass die kanadische Unterhaltsentscheidung insoweit anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären ist.

Da über den Betrag von 255 DM (bzw. 130,38 EUR), den der Beklagte seit September 1996 unstreitig fortlaufend gezahlt hat, mit der Jugendamtsurkunde vom 12. November 1996 ein vollstreckungsfähiger Titel besteht, ist ein Rechtsschutzbedürfnis für die Vollstreckbarerklärung der kanadischen Unterhaltsentscheidung in dieser Höhe nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung ergibt sich auf § 92 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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