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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 24.04.2001
Aktenzeichen: 15 UF 96/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1617 a Abs. 2
BGB § 1617 b Abs. 1
BGB § 1618 Satz 3
BGB § 1618 Satz 4
Der ledige Vater kann nach dem Tod der Mutter den deren Namen als Geburtsnamen tragenden Kindern (§ 1617 a Abs. 1 BGB) trotz erhaltenen Sorgerechts (§ 1680 Abs. 2 Satz 2 BGB) nicht (mehr) seinen eigenen Namen erteilen. Die nicht mögliche Mitwirkung der Mutter an der Namens(neu)bestimmung kann nicht familiengerichtlich ersetzt werden.
Beschluss

15 UF 96/00 37 F 37231/00 AG Hildesheim

In der Familiensache

pp.

hat der 15. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts ####### auf die Beschwerde des Antragstellers vom 14. Juni 2000 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - ####### vom 23. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### sowie die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### am 24. April 2001 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat den vom Standesbeamten der Stadt ####### über die Standesamtsaufsicht vorgelegten Antrag auf Ersetzung der Einwilligung der am 30. Juni 1999 verstorbenen Kindesmutter #####################, mit der der Antragsteller, der die Vaterschaft zu den Kindern anerkannt hat, nicht verheiratet war, in die Erteilung des Vaternamens als vom Kindesvater gestellten Antrag angesehen, der darauf gerichtet ist, die zum Wirksamwerden der analogen 'Einbenennung' und zur Beischreibung des den Kindern vom Vater erteilten neuen Familiennamens durch den Standesbeamten erforderliche familiengerichtliche Ersetzungsentscheidung beizubringen.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Antrag durch den Rechtspfleger mit der Begründung zurückgewiesen, die Einwilligung der Mutter könne nicht ersetzt werden, weil die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf den Vater nach dem Tod der Mutter nicht zur privatrechtlichen Änderung des den Kindern zugewiesenen, im Familiennamen ihrer Mutter bestehenden Geburtsnamens durch Erteilung des Vaternamens berechtige. Insoweit habe sich der Gesetzgeber im KindRG für den Vorrang der Namenskontinuität entschieden.

In seiner Beschwerde führt der Kindesvater aus, die Namenserteilung sei - auch nach Einschätzung des Jugendamts - wegen 'massiver Schwierigkeiten', die sich im Alltag infolge der unterschiedlichen Familiennamen ergäben, erforderlich; Verwandte der Kinder in gerader Linie, die noch den Namen der Mutter trügen, seien nicht mehr am Leben, die Geschwister der Mutter stimmten der Erteilung des Vaternamens zu.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 621 Abs. 1 Nr. 1, 621 e Abs. 2 Satz 1 ZPO; vgl. BGH NJW-RR 2000, 665 = FamRZ 1999, 1648 = StAZ 2000, 45), jedoch sieht auch der Senat sich nicht in der Lage, die beantragte familiengerichtliche Ersetzungsentscheidung zu treffen.

Allerdings käme es hierauf nicht an, wenn die Namenserteilung, die - unbeeinträchtigt durch die am 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen (Art. 224 § 3 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) - der beschwerdeführende Kindesvater noch bis zum 30. Juni 1998 mit Einwilligung der Mutter und der Kinder nach § 1618 Abs. 1 BGB a. F. hätte bewirken (und auch als Zuweisungsfolge einer Ehelicherklärung nach §§ 1723, 1726 Abs. 1, 1737 BGB a. F. hätte herbeiführen) können, nach den seit dem 1. Juli 1998 geltenden §§ 1617 a Abs. 2, 1617 b bis 1618 BGB (Art. 224 § 3 Abs. 1 Satz 2 EGBGB) ohne Einwilligung der Mutter möglich wäre. Dies ist indessen nicht der Fall; die nicht einholbare Einwilligung der Mutter ist auch nicht familiengerichtlich ersetzbar.

1. Unmittelbar einschlägig ist keine der genannten - unberührt bleibenden und daher auch auf den Namenswechsel von vor dem 1. Juli 1998 geborenen Kindern anwendbaren - Vorschriften. Ihre analoge Anwendung kann nur in Betracht kommen, soweit ihre Regelung hinsichtlich rechtsähnlicher Tatbestände ungewollt lückenhaft, d. h. planwidrig unvollständig ist.

2. Die Regelung des § 1617 a Abs. 2 BGB, wonach dann, wenn die Eltern - etwa weil sie nicht miteinander verheiratet sind - keinen gemeinsamen Ehenamen führen und die elterliche Sorge - etwa weil sie für das nicht ehegeborene Kinde keine Sorgeerklärung (§ 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB) abgegeben haben - einem Elternteil allein zusteht, der sorgeberechtigte Elternteil dem Kind den Namen des anderen Eheteils mit dessen Einwilligung erteilen kann, wird für entsprechend anwendbar gehalten dann, wenn das Sorgerecht auf den anderen Elternteil wechselt und dieser nunmehr seinen eigenen Namen dem Kind mit Zustimmung des früher sorgeberechtigt gewesenen Elternteils erteilt (BayObLG FamRZ 2000, 1435). Hieran anzuknüpfen entspräche der Sachnähe zur vorliegend zur Entscheidung stehenden Sachverhaltsgestaltung am ehesten; ein einseitiges Namensneubestimmungsrecht aber lässt sich von diesem Ausgangspunkt aus nicht erschließen.

Wie im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 1617 a Abs. 2 BGB machen auch im vorgenannten Ausgangsfall die Eltern von ihrem Recht Gebrauch, den gesetzlich zugewiesenen anfänglichen Geburtsnamen des Kindes nach dem Namen des Elternteils, dessen Name nicht Geburtsname geworden ist, neu zu bestimmen und deshalb dem nicht ehegeborenen Kind anstelle des Mutternamens den Vaternamen zu erteilen. Grundlage dafür ist der gemeinsame Wille der Eltern und dessen korrespondierende Erklärung. Das Sorgerecht ist dabei nur der gesetzestechnische Anknüpfungspunkt, in dem das Erklärungsrecht seine Grundlage findet (Wagenitz FamRZ 1998, 1545, 1548), sodass das Erklärungsrecht mit dem Sorgerecht den Träger wechselt. Hier ist nicht der Sorgerechtswechsel Anlass und Rechtfertigung für eine Namensangleichung, sondern wird die Umsetzbarkeit des von vornherein bestehenden Rechts zur Bestimmung des anderen Geburtsnamens spiegelbildlich dem Wandel des Sorgerechts angepasst (BayObLG a. a. O, 1436; LG Bremen NJW-RR 2000, 669 = StAZ 1999, 337; DIJuF DAVorm 2000, 480, 481). Tatbestandliche Voraussetzung auch für den rechtsähnlichen Sachverhalt ist daher die vom gemeinsamen Namensneubestimmungswillen getragene und vom anderen Elternteil konsentierte Neubestimmungserklärung. Die Einwilligungserklärung des anderen Elternteils zur Namensneubestimmung ist hier nicht ein bloßes höchstpersönliches Beteiligungsrecht, das mit dem Tod des Erklärungsbefugten entbehrlich werden könnte, sondern Wirksamkeitsvoraussetzung der familienrechtlichen Namensänderungserklärung. Ihre Ersetzung durch familiengerichtliche Entscheidung ist in § 1617 a Abs. 2 BGB nicht vorgesehen. Die einseitige Erklärung durch den nach dem Tod des anderen Elternteils mit der elterlichen Sorge betrauten überlebenden Elternteil (§ 1680 Abs. 2 Satz 2 BGB) soll nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers - mag man dessen Wertung auch für übertrieben restriktiv halten können - nicht genügen; das ursprüngliche Vorhaben der Bundesregierung, sie genügen zu lassen, ist im Gesetzgebungsverfahren verworfen worden.

3. Dies folgt aus der Entstehungsgeschichte des § 1617 b BGB, die zugleich auch hindert, die nachträgliche Begründung der alleinigen Sorge entsprechend wie diejenige der nachträglichen Begründung der gemeinsamen Sorge (§ 1617 b Abs. 1 BGB) zu behandeln. Eine solche Entsprechung war in § 1617 b Abs. 2 des RegE des KindRG vorgesehen (BT-Drs. 13/4899 S. 8); sie sollte insbesondere dann möglich sein, wenn der Elternteil, dessen Name dem Kind als Geburtsname zugewiesen worden war, verstirbt (BT-Drs. 13/4899 S. 91); in diesem Falle genüge es, zur Wahrung des Interesses des Kindes an der Kontinuität der bisherigen Namensführung die Wirksamkeit der Neubestimmung von seiner Anschließung abhängig zu machen, wenn es zurzeit der Neubestimmung das 5. Lebensjahr bereits vollendet hatte. Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages hat die ersatzlose Streichung des im RegE vorgesehenen § 1617 b Abs. 2 BGB-E empfohlen (BT-Drs. 13/8511 S. 10), weil - insbesondere dann, wenn der Elternteil, dessen Namen das Kind bislang geführt hat, verstorben ist - es nicht geboten sei, die vorgesehene Ausnahme vom Grundsatz der Namenskontinuität zuzulassen, die Stärkung des Kontinuitätsprinzips sich vielmehr mit der Linie der rechtspolitischen Zielrichtung decke (BT-Drs. 13/8511 S. 73). Aus diesem Grunde ist die im RegE vorgeschlagene Möglichkeit, durch familienrechtliche Erklärung in den Fällen - u. a. - des § 1680 Abs. 2 Satz 2 BGB den Geburtsnamen des Kindes nach dem Namen des überlebenden und zum Alleinsorgeberechtigten gewordenen Elternteils neu zu bestimmen, nicht Gesetz geworden.

4. Eine mit § 1617 c BGB (Erstreckung einer Änderung des Elternnamens auf den Kindesnamen) vergleichbare Sach- und Interessenlage ist nicht gegeben.

5. Auch ein mit § 1618 BGB rechtsähnlicher Tatbestand liegt nicht vor. § 1618 BGB ermöglicht die Einbenennung von Kindern bei Verheiratung des sorgeberechtigten Elternteils durch Erteilung des zum Ehenamen gewordenen Familiennamens des Stiefelternteils. Voraussetzung ist also sowohl eine Eheschließung des sorgeberechtigten Elternteils, mithin die Gründung einer anderen Familie, als auch ein Namenswechsel des sorgeberechtigten Elternteils, der die neue Familiengemeinschaft widerspiegelt. Allein der Namenswechsel des sorgeberechtigten Elternteils ohne neue Familiengründung, etwa durch Wiederannahme eines früher geführten Namens des unverheiratet bleibenden sorgeberechtigten Elternteils, genügt nicht, wenn das Kind den Namen des anderen Elternteils trägt (BayObLG FamRZ 2001, 49).

Allerdings wird eine Einbenennung auf den Namen des Stiefelternteils im Falle des Todes des namengebenden Elternteils wegen ersatzloser Entbehrlichkeit seiner Einwilligung (OLG Stuttgart StAZ 2001, 68; OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 696; AG Limburg StAZ 2000, 81; AG Kiel StAZ 2000, 21 und AG Lübeck StAZ 2000, 22 je mit Anm. Sachse; AG Bremen StAZ 1999, 242) oder vermittels familiengerichtlicher Ersetzung seiner von § 1618 Satz 3 geforderten Einwilligung nach § 1618 Satz 4 BGB (OLG Zweibrücken FamRZ 1999, 1372 = StAZ 1999, 241) für möglich gehalten (vgl. auch BayObLG StAZ 1999, 236). Zur analogen Heranziehung des § 1618 Satz 4 BGB mit dem Ziel, den ledigen Vater eines in freier Beziehung mit der Mutter geborenen Kindes nach deren Tod und Erhalt der Personensorge zur Neubestimmung des Kindesnamens zu berechtigen, reicht indessen die Schützbarkeit namensmäßiger Interessen oder eines insoweit über den Tod hinaus fortbestehenden Residualrechts des verstorbenen Elternteils durch familiengerichtliche Prüfung der Erforderlichkeit der Einbenennung zur Wahrung des Kindeswohls und deren Bindung an eine gegebenenfalls zu erlassende familiengerichtliche Ersetzung der nicht einholbaren Einwilligung nicht aus; diese Lösung hätte der Gesetzgeber als Mittelweg zwischen der im RegE in § 1617 b Abs. 2 BGB-E vorgesehenen Berechtigung zur Namensneubestimmung und der ersatzlosen Streichung dieser Berechtigung wählen können. Entschieden hat sich der Gesetzgeber aber für ersatzlose Beseitigung und damit gegen die modifizierte Einräumung eines Namensneubestimmungsrechts, das sich mit familiengerichtlich prüfbarer Fürsorge am Kindeswohl orientiert, und erst recht gegen einen Verzicht auf jegliche Berücksichtigung des verstorbenen Elternteils. Hieran sind die Gerichte - auch bei wertender Mitbetrachtung des § 1747 Abs. 4 BGB - gebunden; denn anders als bei einer Adoption erlischt beim Tod des Elternteils das personenrechtliche Band zum Kind nicht. Dieses Band kann er nur nicht mehr selbst einfordern oder gegenüber dem Integrationswunsch zugunsten des Kindes zurückstellen, es bleibt aber als Residualrecht bestehen (a. A. OLG Stuttgart StAZ 2001, 68) und umfasst, wenn sich der Name des Kindes vom verstorbenen Elternteil ableitet, auch die namensmäßige Verbindung; zur Disposition der nächsten Angehörigen ist es nicht gestellt. Hiervon ausgehend hält der Senat die Auffassung, durch das Absehen von der in § 1617 b Abs. 2 BGB-E nach dem RegE vorgesehenen Einräumung eines Namensneubestimmungsrechts sei ungewollt eine Gesetzeslücke entstanden, jedenfalls in den Fällen, in denen der verstorbene Elternteil personensorgeberechtigt war und der Kindesname sich von ihm ableitet, nicht für vertretbar. Der Gesetzgeber hat vielmehr eine von der Adoption (vgl. §§ 1747 Abs. 4 BGB, 56 e Satz 1 Halbs. 2, Satz 2 FGG) abweichende normative Wertung getroffen.

III.

Darüber, ob der Name der Kinder im verwaltungsbehördlichen Verfahren nach dem NÄG geändert werden kann und welche Anforderungen dort zu stellen wären (vgl. OVG Lüneburg DAVorm 2000, 513 = NdsRpfl. 2000, 321), hat der Senat nicht zu befinden.

IV.

Die Entscheidung ergeht im Hinblick darauf, dass die Beschwerde im Interesse der Kinder eingelegt worden ist, gerichtsgebührenfrei (§ 131 Abs. 3 KostO). Über außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden, besteht keine Veranlassung. Infolgedessen bedarf es auch nicht der Festsetzung eines Beschwerdewerts.

V.

Im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache war die befristete weitere Beschwerde zum Bundesgerichtshof zuzulassen (§ 621 e Abs. 2 Satz 1 i. V. m. §§ 621 Abs. 1 Nr. 1, 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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