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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 11.02.2003
Aktenzeichen: 16 U 180/02
Rechtsgebiete: ZPO, ZVG
Vorschriften:
ZPO § 750 | |
ZPO § 788 | |
ZVG § 93 |
2. § 788 ZPO schließt die Anwendbarkeit der §§ 990, 286 BGB aus.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 11. Februar 2003
In dem Rechtsstreit
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2003 durch den Vorsitzenden Richter #######, den Richter ####### und die Richterin ####### für Recht erkannt:
Tenor:
I. Die Berufung des Klägers gegen das am 5. Juni 2002 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Verden - Einzelrichterin - wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 540 Abs. 2 i. V. m. § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO verzichtet.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, in der Sache aber ohne Erfolg.
Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden.
1. Zwar umfasst nach absolut herrschender Meinung ein Räumungstitel auch den Ehegatten, der allein aufgrund der ehelichen Lebensgemeinschaft Mitbesitzer ist. Dies gilt auch für den Zuschlagsbeschluss, der gemäß § 93 ZVG einem Räumungstitel gleichsteht (vgl. Zeller, ZVG, 17. Aufl., Rn. 2.1 mit weiteren Nachweisen).
Jedoch folgt daraus lediglich, dass der Vollstreckungsgläubiger darauf verzichten kann, auch gegen den nur mitbesitzenden Ehegatten einen Räumungstitel zu beschaffen. Er ist dagegen nicht von der Verpflichtung befreit, den im Titel nicht genannten Ehepartner in die Vollstreckungsklausel aufnehmen zu lassen (vgl. hierzu z. B. LG Lübeck, Beschluss vom 26. April 1989 und OLG Köln, Beschluss vom 7. Februar 1994, Az.: 2 W 117/93, jeweils zitiert nach Juris, WuM 1994, 285).
Anders wäre dies nur für den Fall des bloßen Besitzdieners zu beurteilen (vgl. OLG Köln, a. a. O.), der hier aber unzweifelhaft nicht vorliegt.
Der abweichenden Auffassung des Klägers, wonach die Vollstreckungsklausel grundsätzlich auch die Räumung der Familienangehörigen des Schuldners umfasse (so LG Krefeld, Beschluss vom 11. Juni 1976, Az.: 4 T 145/76, zitiert nach Juris), vermag sich der Senat dagegen nicht anzuschließen. Sonst erhielte nämlich der nicht im Räumungstitel genannte Ehegatte vor der Vollstreckung kein rechtliches Gehör; aus der Zustellung allein - soweit sie überhaupt auch an ihn erfolgen würde - wäre seine Vollstreckungsschuldnerschaft jedenfalls nicht hinreichend deutlich. Im Übrigen ist § 750 Abs. 1 ZPO insoweit eindeutig.
2. Aus der mithin hinsichtlich der Beklagten fehlenden Klauselerteilung folgt zum einen die Unzulässigkeit der Zwangsräumung gegen sie, zum anderen - unmittelbar damit verbunden - ihre fehlende Kostenschuldnerschaft im Sinne von § 788 ZPO. Es liegt nämlich auf der Hand, dass eine Person, gegen die nicht mit Aussicht auf Erfolg vollstreckt werden darf, auch nicht zur Zahlung der Vollstreckungskosten verpflichtet werden kann. Daher unterliegt der Kläger einem Irrtum, wenn er - wie zumindest in seinem Hilfsvorbringen dargelegt - die Räumungsschuld mit der Vollstreckungskostenschuld gleichsetzt. Letztere setzt eben nicht nur den Titel, sondern auch Klausel und Zustellung voraus.
3. Somit kommt eine vollstreckungsrechtliche Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers nicht in Betracht. Genauso wenig kann er seinen Anspruch aber auf das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis stützen. Das Landgericht hat zu Recht ausgeführt, dass § 788 ZPO insoweit abschließend ist. Die Anwendung des § 990 i. V. m. § 286 BGB würde hier zu einer Umgehung des § 788 ZPO führen und den nicht titel- oder klauselmäßig in die Zwangsvollstreckung einbezogenen Dritten trotz unzulässiger Zwangsräumung faktisch zum Vollstreckungsschuldner machen. Dass dies dem Sinn und Zweck des § 788 ZPO zuwider liefe, ist offensichtlich.
4. Der Senat sieht schließlich auch keinen Grund, die Revision zuzulassen (§ 543 ZPO).
a) Dies gilt trotz des vom Kläger zitierten Beschlusses des Landgerichts Krefeld aus dem Jahr 1976. Angesichts der Übereinstimmung der Senatsauffassung mit der späteren Rechtsprechung des LG Lübeck und des OLG Köln (a. a. O.) sowie der eindeutigen Gesetzeslage (vgl. § 750 Abs. 1 ZPO) ist die Revisionszulassung weder aufgrund grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache noch wegen der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
b) Auch hinsichtlich der Frage, ob § 788 ZPO eine abschließende Regelung darstellt oder die §§ 990, 286 BGB daneben Anwendung finden können, gilt im Ergebnis nichts anderes. Eine Verzugshaftung aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis würde Verschulden voraussetzen. Dieses ist hier aber auch nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht gegeben, da die Beklagte - selbst wenn sie von ihm unter Hinweis auf den Zuschlagsbeschluss zur Räumung aufgefordert worden ist - als juristisch nicht bewanderte Person nicht wissen konnte und auch nicht wissen musste, dass sie zum einen materiell-rechtlich tatsächlich Räumungsschuldnerin war und als solche zum anderen im Falle ihres Verbleibs sogar zur Schuldnerin der Vollstreckungskosten werden sollte. Und auch wenn die Beklagte tatsächlich umfassende juristische Kenntnisse gehabt hätte, hätte sie aus dem Fehlen von Klausel und Zustellung in nicht vorwerfbarer Weise den Schluss ziehen dürfen, gerade nicht Vollstreckungsschuldnerin zu sein und daher nicht ursächlich für das Entstehen von Vollstreckungskosten werden zu können.
Aufgrund dieser tatsächlichen Umstände ist die rechtliche Frage einer Anwendbarkeit der §§ 990, 286 BGB hier nicht entscheidungserheblich.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
Ende der Entscheidung
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