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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 26.04.2005
Aktenzeichen: 16 U 187/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 433 aF
BGB § 675 aF
Ein zum Rücktritt berechtigender Aufklärungsmangel liegt auch vor, wenn der Käufer nicht über die Unüblichkeit des Mietpools und die damit verbundenen Nachteile aufgeklärt wird (ebenso OLG Karlsruhe, ZIP 2005, 698 sowie Hofmann, ZIP 2005, 688).
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

16 U 187/04

Verkündet am 26. April 2005

In dem Rechtsstreit

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 10. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter ... sowie die Richter ... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 2. August 2004 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover geändert und wie folgt gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen kostenneutrale Abgabe sämtlicher Erklärungen, die zur Übertragung des im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts E. von E., Blatt 12310 verzeichneten eingetragenen Miteigentumsanteils erforderlich sind, bestehend aus 3370/100.000stel Miteigentumsanteil nach WEG, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 21 bezeichneten Eigentumswohnung, gelegen in ... E., H.Straße ..., bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Bad, Keller, die Kläger von den Verbindlichkeiten aus dem Vorausdarlehensvertrag Nr. 4914274/9 01 und 4914274/9 02 mit der deutschen Bausparkasse Badenia AG und der BfGBank AG vom 12. Mai 1995/17. Mai 1995, Darlehensvaluta EUR 89.987,37 EUR, freizustellen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich in Annahmeverzug befindet.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern sämtliche Schäden zu ersetzen, die im Zusammenhang mit dem Kauf und der Finanzierung der Eigentumswohnung stehen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Kläger Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

6. Die Revision wird zugelassen.

7. Streitwert für beide Instanzen: Bis 95.000 EUR

Gründe:

I.

Die Kläger verlangen die Rückabwicklung eines im Jahre 1995 geschlossen Kaufvertrages über eine Eigentumswohnung in E. wegen behaupteter Falschberatung über die Finanzierung im Zusammenhang mit dem Erwerb.

Gemäß notariell beurkundetem Angebot und Annahme vom 4./9. Mai 1995 (Anlage K 1 und K 2) erwarben die Kläger eine 64 m² große Eigentumswohnung in E. zum Kaufpreis von 149.672 DM. Der Vertrieb der Wohnungen erfolgte durch die im Jahre 2000 in Konkurs gefallene H & B GmbH in Dortmund, die als Untervermittler die Firma A eingeschaltet hatte. Diese wiederum beschäftigte seinerzeit als freiberuflichen Mitarbeiter den Zeugen M. K., mit dem die Kläger zu tun hatten. Sowohl die Kläger als auch der Zeuge K. sind polnische Aussiedler.

Hinsichtlich der Finanzierung sowie der monatlichen Belastungen im Falle des Erwerbs wurden den Klägern ein Besuchsbericht sowie eine Beispielrechnung ausgehändigt (Anlage K 4 = Bl. 23 AnlB und K 6 = Bl. 25 AnlB). Ferner schlossen die Kläger mit der I GmbH sowie der Firmentochter Baufinanz GmbH in Dortmund einen Objekt und Finanzierungsvermittlungsauftrag (Bl. 24 AnlB). Aus diesem ergeben sich - unter Berücksichtigung der Grunderwerbssteuer, der Notar und Gerichtskosten, einer Finanzierungsvermittlungsgebühr von 2 %, einer Courtage von 3,45 % und einer Abschlussgebühr von 1,6 % - auch der errechnete Gesamtaufwand für den Erwerb der Wohnung in Höhe von 168.730 DM sowie unter Berücksichtigung eines Disagios von 4 % die Finanzierungssumme von 176.000 DM. Ferner traten die Kläger entsprechend der bei der Beratung gemachten Vorgabe zur Absicherung der Mieteinnahmen einem Mietpool bei (Anl. B 2; Bl. 77 f. d. A.).

Grundlage der Werbung der Beklagten war die Aussage, dass man auch ohne Eigenkapital mit Hilfe der ersparten Steuern sowie der Mieteinnahmen eine sichere Vermögensanlage realisieren könne (Bl. 41 f. d. A.). Es war deshalb eine Vollfinanzierung einschließlich der oben genannten Nebenkosten sowie eines Disagio von 4 % vorgesehen.

Die Finanzierung erfolgte, wie auch in zahlreichen anderen Fällen (vgl. Senatsurteil vom 7. Dezember 2004 - 16 U 127/04 ) durch die Badenia Bausparkasse in Karlsruhe, und zwar nach dem sog. "Dortmunder Modell", bei dem zunächst ein Vorausdarlehen über die gesamte Finanzierungssumme gewährt wird. Für dieses Vorausdarlehen war ein effektiver Zinssatz von 8,44 %, fest für 5 Jahre, vorgesehen. Die Darlehenstilgung sollte durch zwei ebenfalls bei der Badenia Bausparkasse in Karlsruhe anzusparende Bausparverträge erfolgen (vgl. Vertriebsinfo der H & B GmbH zum "Dortmunder Modell", Bl. 98 ff. d. A.; sowie Bausparurkunden und Darlehensvertrag, Bl. 29 ff. AnlB).

Aufgrund der Angaben der Kläger zu ihren Einkünften wurde eine monatliche Steuerersparnis von 227,56 DM errechnet. Ferner wurden die monatlichen Mieteinnahmen mit 582,51 DM angegeben. Als Belastungen wurden die monatlichen Zinsen für das Vorausdarlehen in Höhe von 1.047,19 DM, eine Instandhaltungsrücklage von 28,32 DM sowie Verwaltergebühren von 25 DM in Ansatz gebracht. Hieraus errechnete sich ein Gesamtaufwand vor Steuern von 518 DM und nach Steuern, also nach Abzug der errechneten Steuerersparnis in Höhe von 227,56 DM, von 290,43 DM (Bl. 26 AnlB). Die entsprechende Berechnung enthält den Zusatz: "Der Wert basiert auf den ersten 12 Monaten nach Bezug".

Nicht berücksichtigt war dabei die monatliche Ansparleistung für die Bausparverträge in Höhe von 132 DM sowie von den Klägern zu beanspruchende vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 156 DM, die jedoch in dem Besuchsbericht enthalten sind (Bl. 23 AnlB).

Bei den Beratungsgesprächen wurde den Klägern zu der Finanzierung erklärt, die Ansparung erfolge durch zwei hintereinander geschaltete Bausparverträge, wobei das erhaltene Vorausdarlehen in zwei Teilbeträgen nach 12 sowie nach weiteren 8 Jahren durch die Bausparguthaben bzw. Bauspardarlehen abgelöst würden. Die Finanzierungsdauer betrage ca. 27 Jahre, wobei sich die Belastung nach 12 Jahren merklich reduziere. Dieser Betrag werde zum größten Teil, höchstwahrscheinlich sogar unter Berücksichtigung der weiteren Mietentwicklung, voll durch eingehende Miete abgedeckt sein. Es sei mit einer jährlichen Steigerung der Miete von 5 % zu rechnen (Bl. 344 d. A.).

Die Kläger meinen, die Beklagte müsse sich die von der Vermittlungsfirma AAB gemachten Angaben zurechnen lassen (wird im Einzelnen ausgeführt). Bei einer zutreffenden Aufklärung über die Finanzierungsrisiken, hätten sie die Wohnung nicht erworben.

Die Kläger haben folgende Beratungsfehler geltend gemacht:

- Steuerlich lohnend sei der Erwerb nicht bei Jahreseinkünften unter 150.000 DM, was nicht offen gelegt worden sei (Bl. 7 d. A.);

- Gesamtaufwand "aufgebläht" durch überhöhtes Disagio von 8 %, Makler-Courtage von 3,45 %, Abschlussgebühr von 1,6 % und Finanzierungsvermittlungsgebühr von 2 % (Bl. 8 d. A.);

- kein Hinweis auf Risiko von Zinserhöhungen nach Ablauf der Zinsbindungsfrist von 5 Jahren (Bl. 8 d. A.);

- steuerliche Problematik einer Tilgungsaussetzung über die Lebensversicherung nicht erläutert (Bl. 8 d. A.);

- falsche Aussage, die beschränkte finanzielle Leistungsfähigkeit der Kläger sei kein Problem, wenigstens 2/3 der Kosten würden durch Mieteinnahmen und Steuerersparnis abgedeckt sein, die Wohnung sich deshalb "mehr oder weniger" selbst tragen, die Bank würde kein Darlehen geben, wenn das Objekt nicht tatsächlich werthaltig sei, tatsächlich sei die Beleihungswertermittlung durch die Badenia aber ohne Verkehrswertermittlung erfolgt (Bl. 11 d. A.);

- die Kläger könnten sich darauf verlassen, dass sie, wie im Besuchsbericht festgehalten, monatliche Mieteinnahmen von 270,47 EUR kontinuierlich haben würden; es sei der Eindruck einer Mietgarantie vermittelt worden, die betrage tatsächlich aber nicht 270,47 EUR, sondern nur 0,05 EUR/m², hier also insgesamt nur 3,37 EUR (Leerstandsquote 21 %) (Bl. 13 d. A.);

- Falschbehauptung des Vermittlers, nach Ablauf der Zinsbindungsfrist von 5 Jahren könne das Objekt aufgrund der zu erwartenden Wertsteigerung Gewinn bringend weiterveräußert werden (Bl. 16 d. A.);

- kein Hinweis auf Steigerung der Ansparraten für die beiden Bausparverträge ab dem vierten Jahr (Bl. 17 d. A.);

- Berechnungsbeispiel nur als Liquiditätsberechnung, nicht aber als Rentabilitätsberechnung (Bl. 17 d. A.);

- Zinssubvention: Die Beklagte zahlte eine Subvention an die Badenia Bausparkasse, um die Darlehenszinsen niedrig zu halten. Der Kaufpreis der einzelnen ETW war hierdurch um 5.000 DM je 100.000 DM Finanzierungssumme "aufgebläht" (Bl. 120 d. A.);

- weitere Aufblähung durch "Zielerreichungsbonus" von 1.000 DM je verkaufte Wohnung (Bl. 121 d. A.).

Die Klägerin hat ferner bestritten, den Firmenprospekt und die Vertriebsinformation der H & B GmbH in Dortmund die Darstellung der Finanzierung nach dem Dortmunder Modell (Bl. 81 ff. und Bl. 98 ff. d. A.) erhalten zu haben.

Die Beklagte hat die Angaben der Kläger zum Verlauf und dem Inhalt der mit dem Vermittler K. geführten Vermittlungsgespräche bestritten.

Sie hat darüber hinaus die Auffassung vertreten, eine etwaige Falschberatung durch die Firma H & B GmbH in Dortmund oder deren Subunternehmer seien ihr nicht zuzurechnen. Die Kläger seien durch die schriftlich überreichten Unterlagen (Verkaufsprospekt, Besuchsbericht und Risikohinweise) ausreichend und zutreffend beraten worden.

Schließlich hat sich die Beklagte auf § 10 des Kaufvertrages berufen. Dort heißt es, für die Wirtschaftlichkeit der Investition werde verkäuferseits keine Verantwortung übernommen (Bl. 9 AnlB).

Das Landgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil, auf das zur näheren Sachverhaltsdarstellung Bezug genommen wird, abgewiesen (Leseabschrift Bl. 281 ff. d. A.).

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger.

Sie tragen ergänzend vor, ihnen sei als Vertragsdauer ein Zeitraum von ca. 27 Jahren angegeben worden, nach 12 Jahren, so die weitere Angabe, habe sich die Belastung durch Zuteilung des ersten Bausparvertrages erheblich reduzieren sollen.

Weiter behaupten sie, ihnen seien Mietsteigerungen von jährlich 5 % prognostiziert worden. Außerdem habe der Vermittler K. versprochen, es handele sich bei dem Objekt um eine bankgeprüfte "Top-Immobilie", in dem Objekt seien die Wohnungen deshalb auch vollständig vermietet. Tatsächlich sei der Mietpool bereits damals Not leidend und die schlechte weitere Entwicklung bis 2007 absehbar gewesen. Insoweit beziehen sich die Kläger auf eine Kalkulation der Mietpoolverwalterin, nämlich der H GmbH, bei welcher es sich um eine Tochterfirma der H & B GmbH in Dortmund handelt (Anlage BK 4).

Die Kläger behaupten, der Zeuge K. habe vor dem Landgericht mit seiner Aussage, wonach er die Verhandlungen mit den Klägern nicht geführt habe, sondern lediglich "Handlanger" gewesen sei, wissentlich die Unwahrheit gesagt.

Die Kläger behaupten ferner, die Beklagte habe gewusst, dass, wie sich aus einem Sonderprüfungsbericht der Wirtschaftsprüfungsfirma D. & T. ergebe, erhebliche Weichkosten von 20 bis 30 % in die Kaufpreise einkalkuliert und diese somit überhöht gewesen seien, ferner die Badenia Bausparkasse die Rolle als Finanzierungsbank überschritten habe. Die überhöhten Kaufpreise sowie frisierte Beleihungswerte ohne bankübliche Prüfung und Verkehrswertermittlung seien zwischen dem Vorstand der Beklagten und der H & B GmbH abgesprochen gewesen (Bl. 352 d. A.).

Die Kläger beantragen,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, der Vorwurf der Kläger, der Zeuge K. habe wissentlich die Unwahrheit gesagt, ändere nichts daran, dass es den Klägern nicht gelungen sei, den Beweis für die von ihnen behaupteten Zusicherungen bei den Beratungsgesprächen zu führen. Die Beklagte bestreitet nach wie vor alle angeblichen Äußerungen des Zeugen K.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Angaben des Vermittlers bei der Beratung hätten keinen Vertrauenstatbestand der Kläger begründet. Die Gesamtumstände der Berechnung ließen nicht den Schluss zu, dass in der Musterberechnung alle vom Käufer insgesamt zu tragenden Kosten abschließend und vollständig aufgeführt gewesen seien. Die Kläger hätten vielmehr davon ausgehen müssen, dass durch Veränderungen oder zusätzliche Verwaltungskosten die erzielbaren Einnahmen sich verringern und die zu tragenden Kosten sich erhöhen könnten. Den Klägern könne nicht verborgen geblieben sein, dass sie als künftige Eigentümer Kosten und Nutzungen der Immobilie auch mitzutragen haben würden. Selbst bei einer unterstellten Geschäftsunerfahrenheit hätten sie davon ausgehen müssen, dass die Kosten und die Einnahmen auf dem Immobilienmarkt erheblichen Schwankungen unterliegen, sodass der monatliche Aufwand eben nicht auf Jahre hinaus im Voraus genau habe berechnet werden können. Hieran ändere auch die sog. Mietpoolvereinbarung nichts. Die Kläger hätten davon ausgehen müssen, dass die in der Musterberechnung angegebene Belastung von 290,43 DM nach Steuern nicht der endgültige Betrag habe sein können.

Soweit die Kläger ein unseriöses Vorgehen durch die finanzierende Bank sowie die H & B Gruppe aus Dortmund rügten, habe sie, die Beklagte, hiervon nichts gewusst und damit auch nichts zu tun. Die in dem Prüfungsbericht der Firma D. & T. angeführten Punkte beträfen sie nicht. Das ergebe sich auch schon daraus, dass die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren in Dortmund (Sitz der H & B Gruppe) und Karlsruhe (Sitz der Badenia Bausparkasse) und nicht in Hannover, dem Sitz der Beklagten geführt würden.

Aus dem Besuchsbericht ergebe sich nicht, dass der Zeuge K. den Klägern erklärt habe, es würden 529 DM Mieteinnahmen kontinuierlich fließen. Der Besuchsbericht habe sich - naturgemäß - nur auf den Zeitpunkt beziehen können, in dem er angefertigt worden sei. Wie sich die Mietensituation des Pools nachträglich entwickeln würde, sei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses für niemanden erkennbar gewesen, ebenso die weitere Entwicklung auf dem Zinsmarkt. Die Kläger selbst behaupteten nicht, ihnen seien in der Anfangszeit die versprochenen Mieteinnahmen nicht zugeflossen. Von einer erheblichen "Schieflage" des Mietpools für die streitgegenständliche Liegenschaft "E." sei ihr, der Beklagten, nichts bekannt gewesen. Sie bestreite das auch.

II.

Die Berufung der Kläger ist begründet.

Die Kläger haben Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages über die Eigentumswohnung und Schadensersatz wegen Pflichtverletzungen aus einem Beratungsvertrag, die der Beklagten zuzurechnen sind.

Zwar haben die Kläger wegen der weitgehend unergiebigen Aussage des Zeugen K. nicht den Nachweis geführt, dass dieser ihnen bei der Beratung die behaupteten Zusicherungen gemacht hat. Es kann jedoch als Anknüpfungspunkt auf die schriftlichen Unterlagen abgestellt werden, wobei es dahinstehen kann, ob die den Klägern übergebene Beispielsrechnung von der Firma A, der Subunternehmerin der H & B GmbH, oder von dieser selbst erstellt worden ist, worauf allerdings das Rubrum hindeutet (Bl. 25 AnlB).

1. Die Beklagte muss sich die im Folgenden noch zu behandelnden Beratungsfehler der Vertriebsmitarbeiter trotz des Haftungsausschlusses in § 10 des Vertrages zurechnen lassen (vgl. BGH NJWRR 1995, 116, 117 unter II. 1.; BGHR 2004, 75 m. w. N.).

Zwischen den Parteien ist durch die von der Firma I GmbH in Dortmund als Subunternehmerin eingeschalteten Firma A, für die der Zeuge K. tätig war, ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Dies ergibt sich aus dem von der Beklagten verfolgten Vertriebskonzept für die Eigentumswohnungen.

Dieses Konzept war darauf angelegt, dass die Beklagte zu keinem Zeitpunkt einen direkten persönlichen Kontakt mit den Klägern aufzunehmen hatte. Sie hat vielmehr die Beratung und Vermittlung des Verkaufs allein ihren Vertriebspartnern überlassen, die nach der Vertriebsvereinbarung auch berechtigt waren, Untervermittler einzusetzen. Dies ist gerichtsbekannt, z. B. aus dem Parallelverfahren 16 U 127/04. Insoweit wird auf das dort verkündete Urteil vom 7. Dezember 2004 Bezug genommen (OLGR Celle 2005, 44 = Nds. Rpfl. 2005, 62 = ZIP 2005, 199). Ferner wird verwiesen auf das weitere Verfahren 16 U 193/04, in dem am 8. März 2005 ein Urteil verkündet worden ist und welches dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten bekannt ist, weil er an diesem Verfahren ebenfalls beteiligt war.

Es sind deshalb die vom BGH (a. a. O.) aufgestellten Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Beratungsvertrages und die Zurechnung des Verhaltens des vor Ort tätigen Vermittlers erfüllt. Stellt sich nämlich bei der Vermittlung des Kaufvertrages die Aufgabe der Beratung des Kaufinteressenten und ist die vom Verkäufer - wie hier - dem Makler überlassen, so kann sich dessen stillschweigende Bevollmächtigung zum Abschluss des Beratungsvertrages aus den Umständen ergeben (§ 167 BGB). Hat der Käufer seinerseits keinen Maklerauftrag erteilt, sind für die Annahme einer stillschweigenden Bevollmächtigung keine zu strengen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, dass die individuelle Beratung des Kaufinteressenten eine wesentliche Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss der Verkaufsbemühungen war.

Der Umstand, dass die Kläger hier einen formularmäßigen Objekt und Finanzierungsvermittlungsauftrag (Bl. 24 AnlB) geschlossen haben, steht nicht entgegen. Die Beklagte hat ihren Vertriebspartnern bei den Verhandlungen mit den Klägern freie Hand gelassen und sie mit der Führung der wesentlichen Vertragsverhandlungen betraut. Dies genügt, um den Untervertreter selbst dann als Erfüllungsgehilfen der Beklagten anzusehen, wenn er (auch) als Makler und zusätzlich als Finanzierungsvermittler für die Kläger tätig gewesen ist. In vorliegendem Fall war gerade die individuelle Beratung der Kläger anhand der Besuchsberichte wesentliche Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss des Geschäfts. Erst hierdurch und durch die Darstellung, die Belastungen aus dem Immobilienkauf seien tragbar, wurde für die Kläger der Anreiz geschaffen, mit vermeintlich geringem Aufwand Wohnungseigentum zu erwerben. Der Immobilienvermittlungsvertrag schließt deshalb unter den hier vorliegenden besonderen Umständen des von der Beklagten initiierten Verkaufskonzepts nicht aus, dass mit der Beklagten als Verkäuferin ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist.

Mit der Beratung anhand der Besuchsberichte wurde entgegen der Ansicht der meisten Kammern des Landgerichts Hannover schließlich auch eine Tätigkeit im Pflichtenkreis der Beklagten als Verkäuferin wahrgenommen. Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2003, 1811, 1813) kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen, Angaben zu den Belastungen aus dem Immobilienerwerb seien stets nur der Anbahnung der Finanzierungsverträge zuzuordnen. Dies gilt nämlich nicht, wenn - wie hier - Informationen über angeblich geringe Finanzierungsbelastungen während der Verhandlungen über den Kaufvertrag als Erwerbsanreiz genutzt werden. Die Ausführungen zu II. 1. entsprechen im Übrigen der Rechtsprechung der damit befassten Senate des OLG Oldenburg in Rechtsstreitigkeiten mit der Beklagten.

2. Liegt danach ein besonderer Beratungsvertrag mit der Beklagten vor und hat sie auch über § 278 BGB für Verletzungen der Beratungspflichten einzustehen, steht auch die Klausel in § 10 des Kaufvertrages einer Haftung nicht entgegen. Denn es widerspräche Treu und Glauben, wenn man zwar auf der einen Seite über einen Beratungsvertrag Pflichten der Beklagten begründet und ihr dann in einem weiteren Schreiben durch eine formularmäßige Freizeichnungsklausel die Möglichkeit eröffnen würde, sich von diesen Pflichten durch eine derartige Erklärung wieder zu befreien (§ 11 Nr. 7 AGBG a. F. - nach dem Wortlaut von § 10 des Vertrages bezieht sich der Haftungsausschluss auch auf grobes Verschulden, eine gesetzeserhaltende Reduktion ist unzulässig).

Im Übrigen entspricht es gerade dem hier vorliegenden Vertriebskonzept mit den Hinweisen auf Steuersparmöglichkeiten und eine letztlich tragbare Belastung, etwaige Interessenten für einen Immobilienerwerb zu werben, den sie an sich und ohne Eigenkapital gar nicht geplant hatten. Zum Zeitpunkt der Annahme des Kaufangebots waren die Kläger gerade aufgrund der fehlerhaften Beratung bereits zum Kauf der Wohnung entschlossen. Der im Kaufvertrag enthaltene Haftungsausschluss für außerhalb des Vertrags gegebene Zusagen und Erklärungen ist deshalb unwirksam (BGH Urteil v. 15. Oktober 2004, V ZR 223/03).

Ist ein Schadensersatzanspruch wegen unrichtiger Beratung gegeben, so ist dem Schädiger in aller Regel der Einwand verwehrt, der Geschädigte habe sich auf die Richtigkeit seiner Angaben nicht verlassen dürfen und ihn treffe deshalb ein mitwirkendes Verschulden (BGH NJW 2003, 1811, 1814; BGH NJW 1998, 302). Dieser Gesichtspunkt trifft in gleicher Weise zu, wenn der Verkäufer sich im Kaufvertrag durch eine Freizeichnungsklausel von zuvor übernommenen vertraglichen Beratungspflichten zu befreien versucht.

3. Zu den Beratungspflichten:

Der Beratungsvertrag verpflichtet den Verkäufer zu richtiger und vollständiger Information über die tatsächlichen Umstände, die für den Kaufentschluss des Interessenten von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können. Bei dem Erwerb einer Immobilie zu Anlagezwecken sind dies zunächst die Aufwendungen, die der Interessent aufbringen muss, um das Objekt mit seinen Mitteln erwerben und halten zu können (BGHZ 156, 371, 377). Der Verkäufer muss dabei insbesondere die mit einer von ihm vorgeschlagenen Finanzierung des Kaufs verbundenen finanziellen Auswirkungen, einschließlich in eine Aufwandsberechnung eingestellte Steuervorteile, zutreffend darstellen und im Zeitpunkt der Beratung bereits abzusehende ungünstige Veränderungen der Mieteinnahmen oder Unterhaltungskosten bei der Berechnung der Finanzierungslasten berücksichtigen. Wird als Kaufanreiz die wirtschaftliche Rentabilität des Erwerbs herausgestellt, muss der Verkäufer auch über die hierfür bedeutsamen Umstände richtig informieren. Er verletzt seine Beratungspflichten, wenn er ein in tatsächlicher Hinsicht unzutreffendes, zu positives Bild der Ertragserwartung der Immobilie oder ihres Wertsteigerungspotentials gibt und den Interessenten dadurch zum Vertragsschluss veranlasst. Haftungsbegründend sind dabei nicht sich nachträglich als unrichtig erweisende Prognosen zur Entwicklung des Immobilienmarktes, sondern unrichtige bzw. unterlassene Angaben zu spezifischen, aus den individuellen Gegebenheiten der Immobilie folgenden Risiken, welche die in Aussicht gestellte Rentabilität des Erwerbs erheblich zu mindern oder gar auszuschließen vermögen (BGH Urt. v. 15. Okt. 2003 - V ZR 223/03 - in WM 2005, 69 = NZM 2005, 118 = ZIP 2005, 306 = ZNotP 2005, 103 = BGH-Report 2005, 342 = MDR 2005, 326 = NJW 2005, 983 = ZfIR 2005, 245 - 249).

Nach diesen Grundsätzen sind die nachstehenden Beratungsfehler festzustellen:

a) Die Pflichten aus dem Beratungsvertrag sind zunächst deshalb verletzt worden, weil die Kläger nicht über das Risiko der Zinserhöhungen nach Ablauf der 5jährigen Zinsfestschreibungsfrist informiert worden sind, insbesondere im Zusammenhang mit dem Disagio. Wie bereits ausgeführt, war eines der Schlüsselargumente der Werbung die angeblich verkraftbare monatliche Belastung.

Der Nominalzins beträgt bei den Klägern 7,15 % im Verhältnis zum anfänglichen effektiven Jahreszins von 8,44 %. Die Differenz beruht im Wesentlichen auf dem Disagio von 4 %, also darauf, dass von dem Gesamtkredit nur 96 % der Kreditsumme ausgezahlt wurden und das bei einer Zinsfestschreibung von fünf Jahren. Nach Ablauf dieser fünf Jahre entstand für die Kläger, unterstellt die Zinssätze auf dem Kapitalmarkt hätten sich nicht geändert, eine erheblich höhere Belastung. Entweder hätten sie nämlich, um den Zins von 7,15 % und damit ihre monatliche Belastung zu halten, nunmehr statt des bisherigen Kredits über 176.000 DM einen solchen von ca. 183.500 DM aufnehmen müssen, damit bei einer Auszahlung von 96 % die ursprüngliche und durch die Bausparverträge abgesicherte Kreditsumme von 176.000 DM erhalten blieb oder sie hätten alternativ jetzt für 176.000 DM die Kapitalmarktzinsen zahlen müssen (siehe 16 U 127/04).

Das beschriebene Dilemma wäre nach zehn Jahren, weil der erste Bausparvertrag frühestens nach zwölf Jahren zugeteilt worden wäre, wiederum entstanden, d. h. man hätte die Hälfte der ursprünglichen Kreditsumme von 88.000 DM erneut mit einer Zinsbindung von zwei bis drei Jahren neu finanzieren müssen in der Erwartung, der erste Bausparvertrag werde im dreizehnten Jahr zugeteilt, die restlichen 88.000 DM aber wieder mit fünfjähriger Zinsfestschreibung und im fünfzehnten Jahr nochmals mit fünfjähriger Zinsfestschreibung, weil eine Zuteilung des zweiten Bausparvertrages erst im 20. Jahr vorgesehen war.

Die nicht erfolgte Aufklärung über diese Gefahr und das bestehende Risiko der kurzzeitigen Zinsfestschreibung im Vergleich mit der Gewissheit, frühestens nach zwölf Jahren den ersten und frühestens nach zwanzig Jahren den zweiten Bausparvertrag zu bekommen, ist das eigentliche Beratungsverschulden.

Zwar hat sich dieses Risiko, weil die Kapitalmarktzinsen seit 1995 kontinuierlich gefallen sind, bisher nicht realisiert, es besteht aber mindestens bis zum Jahre 2015 fort, dem Jahr der frühestmöglichen Zuteilung für den 2. Bausparvertrag.

b) Ein weiterer Beratungsfehler liegt in der fehlenden Aufklärung des Klägers über das Risiko des mit der Aufnahme des Vorausdarlehens verbundenen Beitritts zu dem Mietpool. Nach dem Inhalt der Beispielrechnung konnten die Kläger davon ausgehen, dass die Einnahme aus der vermieteten Wohnung mit monatlich 529 DM als gesichert anzunehmen sei. Zwar ist den Klägern durch den Risikohinweis der Beklagten natürlich bekannt gewesen, dass man immer mit dem Leerstand einer Wohnung als Vermieter zu rechnen hat. Indessen war hier das Risiko des Mietpools ein anderes, weil hier durch die Mitglieder des Pools das Risiko der angeschlossenen Wohnungen gleichsam auf alle verteilt wurde. Dem Vorteil der Sozialisierung des Leerstandes der eigenen Wohnung stand mithin gegenüber der Nachteil des Leerstandes möglicherweise zahlreicher anderer Wohnungen aus dem Mietpool, die dann auch auf alle entsprechend umgelegt werden.

Es kommt hinzu, dass der Erwerber den Beitritt zum Mietpool nur mit Zustimmung der Badenia kündigen durfte, er sich mithin während der Vertragsdauer jeglicher Einflussnahme auf die Vermietung und Verwaltung seiner Wohnung begab. Auf den Leerstand seiner eigenen und der übrigen Wohnungen konnte er keinen Einfluss ausüben.

Unabhängig von der fehlenden Aufklärung über diese mit dem Mietpool verbundenen Risiken hat sich auch im vorliegenden Fall das finanzielle Risiko schon eineinhalb Jahre nach dem Erwerb der Wohnung realisiert.

Nach dem insoweit unwidersprochenen gebliebenen Angabe der Klägerin zu 2 erfolgte eine Ausschüttung in versprochener Höhe nämlich nur über ca. eineinhalb Jahre. Im Juni 2004, so die Klägerin zu 2, wurden 160 EUR ausgezahlt, demgegenüber waren 522 EUR an Zinsen für das Vorausdarlehen und 90 EUR für die Ansparung des Bausparvertrages aufzubringen (Bl. 255 d. A.). Die tatsächliche monatliche Belastung betrug also 452 EUR, umgerechnet 884,04 DM vor Steuern. Demgegenüber war im Besuchsbericht eine monatliche Belastung vor Steuern nur in Höhe von 524 DM angegeben worden.

Zu den aufklärungsbedürftigen Nachteilen des Mietpools ausführlich OLG Karlsruhe, ZIP 2005, 698 und Hofmann, ZIP 2005, 688, 691 ff.; die im Urteil des OLG Karlsruhe getroffenen Feststellungen zu den Nachteilen dürften inzwischen als gerichtsbekannt anzusehen sein.

Da die Beklagte wusste, dass das Finanzierungsinstitut, die Badenia, die Gewährung des Kredits von dem Beitritt zum Mietpool abhängig machte und ihr als Profi auch die damit verbundenen Nachteile und Risiken bekannt waren, war es nicht nur eine Pflicht der Badenia, sondern auch der Beklagten, über die typischen Risiken aufzuklären. Die zwischen der Beklagten, der Badenia und der H & B nebst Tochtergesellschaften vereinbarte Arbeitsteilung darf nicht dazu führen, dass die Käufer auf Immobilien sitzen bleiben, die ihnen mit Versprechungen "aufgeschwatzt" wurden (lohnende Steuervorteile, tragbare Belastung, geeignet zur Altersvorsorge), die nicht ernstlich realisierbar waren.

c) Eine schwer wiegende Verletzung von Beratungspflichten liegt schließlich auch im Hinblick auf die in Aussicht gestellte Wertsteigerung der Immobilie vor. Die Kläger sind über die vermeintliche Rentabilität des Geschäfts getäuscht worden. Denn im Hinblick auf die von den Antragstellern dargelegten, in den Kaufpreis mit einkalkulierten "Weichkosten" von 20 (bis 30) % zuzüglich der offen gelegten Gebühren und Provisionen war die Wohnung erheblich überteuert und damit als Wertanlage, etwa zur Schließung von Lücken bei der Alterversorgung gemäß Werbeprospekt der Beklagten (Bl. 41 f. d. A.), von vornherein ungeeignet (vgl. Versäumnisurteil d. BGH v. 15. Okt. 2004 - AZ.: V ZR 223/03 , a. a. O.).

Die Einkalkulierung entsprechender "Weichkosten" hat die Beklagte nicht substantiiert und damit nicht rechtserheblich bestritten, sondern nur den Rechtsstandpunkt vertreten, dass diese nicht hätten offengelegt werden müssen. Zudem ist dem Senat aus der bereits zitierten Parallelsache 16 U 127/04 (s. Senatsurt. a. a. O.) die dortige Vertriebsvereinbarung bekannt, wonach allein die H & B GmbH eine Provision von 17,5 % bei Verkauf an Mieter und 18,75 % bei für Anleger bestimmten Wohnungen erhalten hat. Weiter erhielt die H GmbH, eine weitere Tochterfirma der H & B GmbH, die für die Hausverwaltung zuständig war, ein Handgeld von 50 DM pro m² verkaufte Wohnfläche.

Hier betrug der Kaufpreis 149.672 DM und der Gesamtfinanzierungsbetrag 176.000 DM. Dem hätte, geht man von "Weichkosten" in Höhe von 20 % aus, ein tatsächlicher Immobilienwert von ca. 120.000 DM gegenüber gestanden. Eine Wertsteigerung von ca. 50 % des tatsächlichen Wertes, die somit erforderlich gewesen wäre, um zumindest den Betrag des Gesamtaufwandes i. H. v. 176.000 DM zu erreichen, ist jedoch sehr unwahrscheinlich, die Rentabilität des Wohnungserwerbs als Vermögensanlage also - entgegen der Darstellung - jedenfalls in überschaubarer Zeit nicht gegeben.

Zwar ist die Behauptung der Kläger, der Vermittler K. habe eine Gewinn bringende Wiederveräußerungsmöglichkeit bereits nach 5 Jahren hervorgehoben, weil die Wohnungen von der Beklagten unter ihrem tatsächlichen Wert verkauft würden, nicht bewiesen, sodass nur an den Verkaufsprospekt der Beklagten angeknüpft werden kann (Bl. 41 f. d. A.), der den Klägern jedenfalls ausgehändigt worden ist. Jedoch ist bei einer längerfristig angelegten Kapitalanlage auch ohne ausdrückliche Zusicherung zu fordern, dass bei gewöhnlichem Verlauf der Dinge nach Ablauf eines überschaubaren Zeitraums von etwa 10 Jahren zumindest eine Veräußerung zum Anschaffungswert als denkbar erscheint. Daran fehlt es hier. Selbst wenn man entsprechend der Zusicherung in dem bereits erwähnten Parallelverfahren 16 U 193/05 eine durchschnittliche Wertsteigerung von jährlich 3 % unterstellen könnte, würde der Wert der Wohnung nach 10 Jahren erst (120.000 DM x 130 % =) 156.000 DM betragen haben, also noch eine Unterdeckung von 20.000 DM im Verhältnis zum Gesamtaufwand von 176.000 DM vorliegen.

Zudem ist es, auch wenn grundsätzlich von einem Verkäufer oder Vermittler nicht verlangt werden kann, von sich aus auf eine objektive Überteuerung hinzuweisen, mit den Pflichten eines Anlageberaters mehr vereinbar, wenn er eine Vermögensanlage für 176.000 DM empfiehlt, durch deren Erwerb man sein Vermögen unmittelbar um 56.000 DM vermindert, weil die Anlage nur einen tatsächlichen Wert von 120.000 DM verkörpert. Denn dann hat der Verkäufer falsche Vorstellungen über die Werthaltigkeit der Immobilie geweckt und damit seine Verpflichtung verletzt, im Rahmen des Beratungsvertrages über alle Umstände aufzuklären, die für eine von ihm als Kaufanreiz herausgestellte Rentabilität des Erwerbs von Bedeutung sind oder sein können (vgl. Versäumnisurteil des BGH v. 15. Okt. 2004, a. a. O.). Dies gilt umso mehr, als hier durch den überreichten Prospekt der Klägerin gerade mit dem Argument der Sachwertsicherheit geworben wurde (Bl. 42 d. A.).

Schließlich durften die Kläger auch deshalb auf die Werthaltigkeit der Wohnung vertrauen, weil ihnen die Vollfinanzierung durch die Badenia Bausparkasse (Bl. 29 ff. AnlB) angetragen worden ist. Auch hier ist die Aussage des Vermittlers K., es handele sich um eine bankgeprüfte "Top-Immobilie", die von der Beklagten unter Wert angeboten würde, zwar nicht bewiesen. Indes durften die Kläger auch ohne eine solche ausdrückliche Zusicherung erwarten, dass die Finanzierung jedenfalls unter Einhaltung banküblicher Sorgfalt unter Beachtung üblicher Beleihungsgrundsätze erfolgen würde. Bei Ausreichung eines grundpfandrechtlich abgesicherten Darlehens legt eine Bank aber nur einen Beleihungswert von 70 % bis 80 % des geschätzten Verkehrswertes zugrunde, insbesondere wenn der Erwerber, so wie hier die Kläger, sonstige Sicherheiten nicht zu bieten hat. Keinesfalls wird der Verkehrswert überschritten. Aufgrund dieser allgemein bekannten Gepflogenheiten bei der Kreditvergabe durften die Kläger ohne eigene Verkehrswertermittlung davon ausgehen, jedenfalls kein wesentlich überteuertes Objekt zu erwerben, wie dies jedoch tatsächlich der Fall war.

4. Angesichts der dargestellten Beratungsfehler, die die Beklagte gemäß §§ 276, 278 BGB zu vertreten hat, hätte der Kläger die Eigentumswohnung nicht erworben.

5. Die Beklagte ist deshalb zum Schadensersatz verpflichtet und hat die Kläger so zu stellen, als hätten sie von dem Vertragsabschluss abgesehen (BGHZ 140, 111).

Der Freistellungsanspruch von den Verpflichtungen aus den Darlehensverträgen (Vorausdarlehen der Badenia und der BfG-Bank) ist begründet, ebenso auch der Feststellungsantrag (Antrag zu 3) hinsichtlich ihres Schadens, den sie mangels eigener ordnungsgemäßer Buchführung nicht beziffern konnten.

Es gilt hinsichtlich beider Anträge die vom Kläger beantragte Verurteilung Zug um Zug gegen Übertragung des Eigentums an der erworbenen Wohnung.

Der Antrag zu 2 ist begründet, weil die Beklagte die Rückabwicklung des Kaufvertrages abgelehnt und sich daher mit der Rücknahme der Wohnung selbst in Annahmeverzug gesetzt hat.

III.

1. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Hinsichtlich der Kosten erster Instanz war zu berücksichtigen, dass eine teilweise Klagerücknahme nicht vorgelegen hat. Denn die Kläger hatten ausreichend deutlich gemacht, ihre Klage von der vorherigen Prozesskostenhilfegewährung abhängig machen zu wollen. Die Teilgewährung der Prozesskostenhilfe durch das Landgericht mit anschließender förmlicher Klagezustellung und Terminsladung war daher dahin aufzufassen, dass die Klage nur im umfang der PKH-Gewährung erhoben sein sollte. Dementsprechend wurde seitens der Kläger schließlich auch ein eingeschränkter Antrag gestellt (Bl. 206 d. A.).

2. Der Senat hat die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zugelassen wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, in erster Linie wegen Ziffer II. 1. - 3. der Urteilsgründe.

Ende der Entscheidung

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