Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 26.04.2005
Aktenzeichen: 16 U 207/04
Rechtsgebiete: BGB, VOB/B


Vorschriften:

BGB § 765
VOB/B § 17 Nr. 4
Unterscheiden die Parteien im Bauvertrag selbst zwischen Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaft, so hat die Vertragserfüllungsbürgschaft mit der Abnahme der Bauleistung ihre Wirksamkeit verloren (im Anschluss an OLG Karlsruhe NJWRR 1998, 533).
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

16 U 207/04

Verkündet am 26. April 2005

In dem Rechtsstreit

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 14. April 2005 durch den Vorsitzenden Richter ... und die Richter ... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 9. September 2004 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 6.481,05 €.

Gründe:

Die Klägerin verfolgt Ansprüche aus der "Bürgschaftsurkunde (Vertragserfüllungsbürgschaft)" vom 8. Mai 2001 (Bl. 5 d. A.).

Die beklagte Stadtsparkasse H. hatte die vorgenannte Vertragserfüllungsbürgschaft für ein Bauvorhaben in L. übernommen. Auftraggeberin war die Klägerin, Auftragnehmerin die L. K. GmbH KG in H., welche insolvent geworden ist. Aufgrund der Insolvenz der Auftragnehmerin hat die Klägerin, so jedenfalls ihre Behauptung, für Mängelbeseitigungsarbeiten durch Drittunternehmer 6.481,05 € verauslagt. Ihr Klagebegehren geht dahin, sich wegen dieses Betrages bei der Beklagten als Bürgin schadlos zu halten.

Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass der streitgegenständliche Betrag tatsächlich für Gewährleistungsarbeiten angefallen ist (Bl. 37, 56, 81 d. A.). Sie vertritt ferner die Auffassung, selbst wenn dies der Fall wäre, könne sie nicht in Anspruch genommen werden. Denn aus der Vertragserfüllungsbürgschaft, die sie übernommen hat, hafte sie nur für Ansprüche bis zur Abnahme des Werkes, nicht hingegen für Kosten durch Gewährleistungsarbeiten, die nach der Abnahme entstanden seien.

Das Landgericht ist der vorstehend dargelegten Rechtsauffassung der Beklagten gefolgt und hat die Klage bereits deshalb abgewiesen, weil die Beklagte nur eine Vertragserfüllungsbürgschaft, nicht jedoch eine Gewährleistungsbürgschaft übernommen habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren Anspruch weiterverfolgt. Sie stellt sich auf den Standpunkt, dass die Gewährleistung mit zur Vertragserfüllung gehöre und somit auch die Kosten für Mängelbeseitigungsarbeiten erfasst würden. Ferner rügt die Klägerin, das Landgericht habe sich nicht damit auseinander gesetzt, dass die Beklagte, wie in erster Instanz vorgetragen (Bl. 63 d. A.), vorprozessual zunächst anderweitige Mängelbeseitigungskosten im Rahmen der Vertragserfüllungsbürgschaft übernommen und auch hinsichtlich des streitgegenständlichen Betrages sich zunächst nicht darauf berufen hatte, schon dem Grunde nach nicht einstandspflichtig zu sein, weil es um Gewährleistungsarbeiten gehe, während demgegenüber die Bürgschaft nur eine Vertragserfüllungsbürgschaft sei.

II.

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Der Senat ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass die Beklagte aus der von ihr übernommenen Vertragserfüllungsbürgschaft nicht für solche Kosten in Anspruch genommen werden kann, die nach der Abnahme des Werkes für Mangelbeseitigungsarbeiten entstanden sind. Insoweit könnte die Beklagte nur dann in Anspruch genommen werden, wenn sie eine Gewährleistungsbürgschaft abgegeben hätte. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Vertragsparteien selbst, so wie hier unter Nr. 12 des Bauvertrages, ausdrücklich zwischen Vertragserfüllungsbürgschaft und Gewährleistungsbürgschaft unterschieden, nämlich sowohl die Zurverfügungstellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft, als auch einen Sicherheitseinbehalt vom Schlussrechnungsbetrag, der durch Vorlage einer Gewährleistungsbürgschaft abgelöst werden kann, vereinbart haben (Bl. 28 d. A.).

Zwar gehört die Gewährleistung rechtsdogmatisch zur Erfüllung des Werkvertrages. Wird jedoch entsprechend dem im Bauwesen üblichen Sprachgebrauch zwischen einer Vertragserfüllungsbürgschaft einerseits und einer Gewährleistungsbürgschaft andererseits ausdrücklich unterschieden, so haftet die Vertragserfüllungsbürgschaft nicht für Gewährleistungsrechte (OLGR Karlsruhe 1998, 117 = NJWRR 1998, 533).

Ein Anhaltspunkt dafür, dass die Parteien, unabhängig von dem Wortlaut, nämlich der Bezeichnung als Vertragserfüllungsbürgschaft, zugleich eine Gewährleistungsbürgschaft gemeint haben könnten, könnte sich allerdings daraus ergeben, dass die Beklagte vorprozessual anderweitige Gewährleistungsansprüche reguliert hat, ohne ihre Einstandspflicht schon dem Grunde nach zurückzuweisen. Jedoch lässt sich aus diesem Umstand allein nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, dass der tatsächliche und insoweit übereinstimmende Wille der Prozessparteien dahin ging, eine Bürgschaftsverpflichtung auch für Gewährleistungsansprüche zu begründen. Denn die vorprozessual erfolgte Regulierung könnte objektiv ohne Rechtsgrund erfolgt sein, sei es, weil die Beklagte, wie sie im Berufungsrechtszug selbst geltend macht, insoweit die Rechtslage falsch beurteilt gehabt hätte, sei es, dass die Regulierung kulanzweise erfolgt wäre.

Im Übrigen erfordert es die Haftungsstrenge des Bürgschaftsrechts, nur diejenige Forderung als durch die Bürgschaft abgesichert anzusehen, die sich hinreichend klar entweder aus der Bürgschaftsurkunde selbst oder unter Hinzuziehung außerhalb der Urkunde liegender Umstände ermitteln lässt. An einer derartigen Klarheit fehlt es hier aber, angesichts des Umstandes, dass die Vertragsparteien, wie eingangs dargelegt, zwischen der Vertragserfüllungsbürgschaft einerseits und dem durch Gewährleistungsbürgschaft gegebenenfalls abzuwendenden Sicherheitseinbehalt (5 %) von der Schlussrechnungssumme andererseits ausdrücklich unterschieden haben.

Ist nach alledem davon auszugehen, dass hier nur eine Vertragserfüllungsbürgschaft gemeint war, so hat diese mit der Abnahme der Bauleistung ihre Wirksamkeit verloren (vgl. OLG Karlsruhe, a. a. O., m. w. N.).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und § 713 ZPO. Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 3 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück