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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 13.07.2004
Aktenzeichen: 16 U 41/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 641 Abs. 3
Verweigert der Besteller einer Bauleistung (zu Unrecht) schon die Aufklärung der Frage, ob überhaupt Mängel vorliegen, so verwirkt er zwar seinen - eventuellen - Mängelbeseitigungsanspruch materiellrechtlich nicht, wohl aber im Prozess des Unternehmers auf Werklohnzahlung.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

16 U 41/04

Verkündet am 13. Juli 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 2004 durch den Vorsitzenden Richter ..., den Richter ... und den Richter ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 30. Januar 2004 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: (1/2 x 21.290,64 EUR =) 10.645,32 EUR.

Gründe:

I.

Der Kläger hat im Bauvorhaben des Beklagten eine Heizungsanlage eingebaut und macht Restwerklohn in Höhe von 21.290,64 EUR geltend, den das Landgericht antragsgemäß zugesprochen hat. Der Beklagte behauptet diverse Mängel und bekämpft das landgerichtliche Urteil insoweit, als keine Zug-um-Zug-Verurteilung (Zahlung Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung) erfolgt ist, weil, so die Auffassung des Landgerichts, der Beklagte aufgrund seines vorprozessualen Verhaltens seine Gewährleistungsrechte verwirkt habe.

Wegen der getroffenen Feststellungen im Einzelnen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Restwerklohnklage uneingeschränkt stattgegeben. Es sei von einer schlüssigen Abnahme des Werks auszugehen, weil der Beklagte die Heizungsanlage seit seinem Einzug in das Haus im Oktober 2002 bestimmungsgemäß nutze und die erste Rüge eines Mangels erst am 3. Dezember erfolgt ist. In der mehrwöchigen rügelosen Nutzung der Anlage liege die schlüssige Anerkennung der Arbeiten als im Wesentlichen vertragsgerecht.

Der Beklagte habe daher nur noch die Rechte aus § 634 BGB, insbesondere den Nacherfüllungsanspruch aus § 635 BGB. Diese Rechte habe er allerdings durch sein treuwidriges Verhalten unter Berücksichtigung von Treu und Glauben entsprechend den §§ 162, 242 BGB verwirkt, sodass er dem Verlangen des Klägers auf Zahlung des Werklohns nicht die Einrede der mangelnden Fälligkeit oder des nicht erfüllten Vertrages nach § 641 Abs. 3 BGB entgegensetzen könne. So habe der Beklagte im einstweiligen Verfügungsverfahren eine Besichtigung der Mängel und deren verbindliche Feststellung durch den Kläger und dessen Sachverständigen verhindert, indem er zahlreiche hierzu erbetene Termine für einen Ortstermin ablehnte. Er habe den Kläger schlicht hingehalten. Der Gewährung eines unverzüglichen Zutritts zum Bauobjekt und der Möglichkeit der sachgerechten Überprüfung hätte es jedoch nicht zuletzt aus Gründen der "Waffengleichheit" bedurft, weil der Beklagte ebenfalls mehrfach einen privaten Sachverständigen bemüht hatte. Unabhängig davon sei festzustellen, dass der Beklagte aufgrund des verweigerten Ortstermins mit der Nacherfüllung gemäß § 293 BGB in Annahmeverzug geraten sei. Denn der Kläger habe seine Bereitschaft zur Nacherfüllung zu Recht davon abhängig gemacht, die Berechtigung des Nacherfüllungsverlangens unter Hinzuziehung eines Sachverständigen zu überprüfen und zu bewerten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er statt einer unbedingten Verurteilung zur Restwerklohnzahlung eine solche nur Zug um Zug gegen die Beseitigung von 22 aufgelisteten Mängeln begehrt.

Der Beklagte rügt, die Annahme des Landgerichts, er habe Nacherfüllungsansprüche gemäß § 635 BGB durch treuwidriges Verhalten verwirkt, sei rechtsfehlerhaft. Der Werkunternehmer werde durch die Vorschriften über den Annahmeverzug, insbesondere § 300 BGB, ausreichend geschützt. Es bestehe kein Bedürfnis dafür, einen "einfachen" Annahmeverzug durch die materiellrechtliche Aberkennung der Gewährleistungsrechte zu sanktionieren. Dies entspreche nicht der gesetzlichen Wertung und könne daher nicht über § 242 BGB konstruiert werden.

Auch ein Annahmeverzug liege im Übrigen nicht vor. Das Landgericht habe die Voraussetzungen der §§ 293 ff. BGB rechtsfehlerhaft bejaht. Denn die Leistung sei tatsächlich nicht so angeboten worden, wie sie zu bewirken sei, sodass der Gläubiger nur noch hätte "zuzugreifen" brauchen. Demgegenüber reiche das bloß verbale Angebot, die Mängel zu besichtigen, nicht aus.

Die Annahme des Landgerichts, der Beklagte habe den Zugang der ersten Mangelrüge mit Schreiben vom 15. Januar 2003 mit Fristsetzung zum 25. Februar nicht bewiesen, beruhe auf einem Verfahrensfehler. Das Landgericht hätte den Zugang dieses Schreibens unterstellen müssen, weil dieser auf Seite 16 der Klageerwiderung vom 29. September 2003 unter Beweis gestellt gewesen sei. Hiervon ausgehend hätte der Kläger mehr tun müssen, als geraume Zeit nach Ablauf der gesetzten Frist zur Nacherfüllung lediglich eine Besichtigung anzubieten. Davon unabhängig seien die Gründe der Terminsverschiebung (Verhinderung des Prozessbevollmächtigten) und der Weigerung der Hinzuziehung eines Privatsachverständigen des Klägers sachgerecht gewesen.

Der Beklagte beantragt,

ihn unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Lüneburg zu verurteilen, an den Kläger 21.990,64 EUR zu zahlen, Zug um Zug gegen Beseitigung der aufgelisteten 22 Mängel (Seite 2 und 3 der Berufungsbegründung vom 20. April 2004; Bl. 237 f. d. A.).

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und legt nochmals im Einzelnen dar, inwiefern der Beklagte sich treuwidrig verhalten habe. Insbesondere hätte der Beklagte, so seine Auffassung, die Gewährung eines Besichtigungstermins nicht von der vorherigen Erklärung der Nacherfüllungsbereitschaft abhängig machen dürfen. Ihm, dem Kläger, müsse vielmehr die Gelegenheit eingeräumt werden, zu überprüfen, ob Mängel vorliegen und wer diese ggf. zu vertreten habe. Zumindest sei der Beklagte durch sein Verhalten hinsichtlich der Nacherfüllung in Annahmeverzug geraten.

II.

Die Berufung des Beklagten ist im Ergebnis nicht begründet. Zwar rechtfertigt sein treuwidriges Verhalten (Verweigerung der angemessen Überprüfung der Mängel) nicht die Annahme der Verwirkung seiner Gewährleistungsansprüche, wie das Landgericht gemeint hat. Jedoch ist der Beklagte nach Treu und Glauben gehindert, seine Gewährleistungsansprüche dem Werklohnanspruch des Klägers als Einrede des nichterfüllten Vertrages in diesem Rechtsstreit entgegen zu halten.

1. Die Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil, der Beklagte habe seine Obliegenheiten verletzt, indem er den Kläger hingehalten und die angemessene Überprüfung der Mängel und ihrer Ursachen verhindert habe, trifft zu.

Zunächst ist ein Verfahrensfehler des Landgerichts nicht erkennbar, soweit es den Zugang der schriftlichen Mängelrüge vom 25. Januar 2003 mit der Nacherfüllungsfrist bis zum 25. Februar nicht unterstellt habe. Der Einwand des Beklagten, er habe den Zugang dieses Schreibens (auf Seite 16 der Klageerwiderung) unter Beweis gestellt, ist unzutreffend. Denn die auf Seite 16 der Klageerwiderung angebotene Parteivernehmung des Klägers bezog sich nicht erkennbar auf den Zugang dieses Schreibens (Bl. 64 d. A.). Vielmehr wird diese Frage zwei Absätze weiter oben abgehandelt, während der dem Beweisantritt der Parteivernehmung vorhergehende Absatz nur die behauptete Motivation des Klägers betrifft, die Hinzuziehung eines eigenen Sachverständigen zu verlangen (Herbeiführung eines "non liquet" im einstweiligen Verfügungsverfahren).

Abgesehen davon kommt es auf den Zugang dieses Schreibens auch nicht entscheidend an. Zwar hätte der Kläger, hätte er dieses Schreiben tatsächlich bekommen, die zur Nacherfüllung bis zum 25. Februar gesetzte Frist versäumt gehabt, sodass der Beklagte zur Selbstvornahme nach § 637 BGB berechtigt gewesen wäre. Da der Beklagte stattdessen aber an seinem Nacherfüllungsverlangen festgehalten hat, muss er sich hinsichtlich des ihm vorgeworfenen Hinhaltens des Klägers (Geschehnisse ab März 2003) letztlich genauso behandeln lassen, als ob es die streitige Mängelanzeige und Fristsetzung vom Januar 2003 nicht gegeben hätte. Denn in § 637 BGB steht nur, dass der Besteller nach erfolglosem Ablauf der Nacherfüllungsfrist zur Selbstvornahme berechtigt ist, nicht aber, dass er, wenn er auf dieses Recht verzichtet und sein Nacherfüllungsverlangen trotz Fristablaufs aufrecht erhält, sich treuwidrig verhalten und eine sachgerechte Überprüfung von Mängeln verweigern darf.

Entscheidend ist damit die Korrespondenz im Zeitraum Ende März bis April 2003. Seinerzeit ist es zu wechselseitigen Schreiben zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien gekommen. Dabei hat der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers immer wieder vergeblich versucht, einen Besichtigungstermin zustande zu bringen. So hat der Klägeranwalt durch Schreiben vom 26. März 2003 um alternative Benennung von drei Besichtigungsterminen bis zum 9. April gebeten (BA Bl. 199). Als Antwort kam das Schreiben der Beklagtenanwälte vom 31. März 2003, die Mängel seien hinreichend bekannt, es werde um Erläuterung gebeten, ob der Kläger bereit sei, Nachbesserungen vorzunehmen. Im Übrigen dürfe er das Objekt nur allein betreten. Da er, der Beklagtenanwalt, bis zum 18. April 2003 in Urlaub sei, bitte er im Übrigen um Verständnis, dass ein etwaiger Besichtigungstermin erst nach Ostern stattfinden könne. Durch weiteres Schreiben vom 4. April 2003 wurde ergänzend erklärt, ein Ortstermin sei erst ab dem 22. April 2003 möglich, bis dahin müsse sich der Kläger gedulden. Dieser ließ daraufhin durch Anwaltsschreiben vom 9. April 2003 erwidern, es werde am 22. April 2003 eine Besichtigung in der Zeit zwischen 15:00 und 18:00 Uhr vorgeschlagen (BA 206). Nunmehr wurde seitens des Beklagtenanwalts geantwortet, dies sei der erste Tag nach Urlaubsrückkehr und deshalb unpassend, es solle nach Urlaubsrückkehr ein Termin vereinbart werden. Daraufhin hat der Klägeranwalt so lange gewartet und dann durch Schreiben vom 22. April 2003 "nunmehr höflichst kurzfristig um Benennung eines Ortstermins gebeten" (BA 210). Daraufhin hat der Beklagtenanwalt erwidert, das Schreiben des Klägeranwalts vom 22. April 2003 lasse leider eine inhaltliche Stellungnahme zum Inhalt seines Schreibens vom 31. März 2003 vermissen. Es werde noch einmal darauf hingewiesen, dass ein Zutrittsrecht nur dann gewährt werde, wenn der Kläger sich verbindlich verpflichte, Nachbesserung/Nacherfüllung zu leisten. Dies sei bislang nicht geschehen (BA 211). Daraufhin hat der Klägeranwalt erwidert, das Schreiben sei ihm unverständlich und lege den Eindruck nahe, dass der Beklagte eine Nachbesserung gar nicht wünsche. Es werde gleichwohl nochmals um Benennung eines Ortstermins bis zum 14. Mai 2003 gebeten (Bl. 141 d. A.). Hierauf wurde durch den Beklagtenanwalt unter dem 26. Mai 2003 geantwortet, der Kläger dürfe nicht mit einem Sachverständigen, wohl aber mit seinem Anwalt die Mängel besichtigen. Zunächst werde aber um Terminsvorschläge gebeten, die mit seinem Sekretariat vereinbart werden könnten. Hierauf hat der Klägeranwalt zunächst nicht mehr geantwortet. Unter dem 15. September 2003 hatte dann der Beklagte nochmals Mängel mitgeteilt und eine Nachfrist zur Beseitigung der Mängel gesetzt (Bl. 97 ff. d. A.).

Nach alledem hat der Beklagte es immer wieder verstanden, die Angelegenheit zu verzögern, anstatt die vorgeschlagenen Besichtigungstermine zu akzeptieren oder seinerseits konkrete Gegenvorschläge zu machen. Im Übrigen sind weder das Verlangen, vorher verbindlich eine Nachbesserungsbereitschaft zu erklären, noch das Verbot, einen eigenen Sachverständigen mitzubringen, in der Sache berechtigt und daher nach Treu und Glauben zu rechtfertigen.

2. Hieraus folgt jedoch nicht, dass der Beklagte seine Gewährleistungsrechte, würden tatsächlich Mängel vorliegen, verwirkt und damit verloren hätte. Vielmehr ist er nach Treu und Glauben nur gehindert, diese im vorliegenden Rechtsstreit im Wege der Einrede des nichterfüllten Vertrages dem Werklohnanspruch entgegen zu setzen.

a) Rechtsprechung und Literatur haben sich, soweit ersichtlich, kaum mit Konstellationen - wie der vorliegenden - befasst, bei denen noch kein Sachverständigengutachten vorliegt und das Gericht überhaupt nicht beurteilen kann, ob und in welchem Ausmaß Mängel vorliegen, weil der Besteller den Unternehmer zur Prüfung dieser Mängel überhaupt oder unter fadenscheinigen Vorwänden am Betreten des Hauses hindert. Im Ausgangspunkt sollte wenigstens Konsens darüber erzielt werden, dass man seinem Vertragspartner durch eine - unter Umständen sogar vorsätzliche - Vertragsverletzung keinen Schaden zufügen und auch selbst keinen Vorteil aus einer Vertragsverletzung ziehen darf.

Darüber hinaus sollte Einigkeit darüber erzielt werden können, dass die Regeln über den Annahmeverzug auf die Verweigerung der Mängelbeseitigung nicht zugeschnitten sind und den berechtigten Interessen des vertragstreuen Teils nicht Rechnung tragen.

Gläubigerverzug ist grundsätzlich nur eine Obliegenheitsverletzung, die keine Schadensersatzpflicht auslöst (Palandt/Heinrichs, Rdn. 1 zu § 293 BGB), wobei der Gläubiger durch die Nichtannahme der Leistung gleichzeitig in Schuldnerverzug kommen kann, wenn die Annahme zugleich als Rechtspflicht geschuldet wird. In § 640 Abs. 1 BGB ist für den Werkvertrag eine Mitwirkungspflicht, die Verzug auslösen kann, geregelt, nämlich die Verpflichtung zur Abnahme, eine korrespondierende Regelung der Mitwirkung für die Mängelbeseitigung fehlt. Gerade das ist aber eine offensichtliche Regelungslücke, weil es eben sehr häufig im Interesse des Unternehmers liegt, die Folgen des dreifachen Zurückbehaltungsrechtes der mutmaßlichen Mängelbeseitigungskosten (§ 641 Abs. 3 BGB) beenden zu können. Wenn der Gläubiger zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung eines Darlehens nicht auffindbar ist, entsteht dem Schuldner kein Nachteil, denn die Verzinsungspflicht entfällt (§ 301 BGB) und er braucht nicht einmal fünf Minuten zu investieren, um das Darlehen als Festgeld verzinslich anzulegen (§ 302 BGB). Sieht sich ein Schuldner nicht in der Lage, nach Ablauf der Pachtzeit ein Hausgrundstück nebst landwirtschaftlicher Fläche zurückzugeben, braucht er ebenfalls keine Nutzungen herauszugeben (§ 102 BGB) und hat im Übrigen nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten (§ 300 Abs. 1 BGB). Der gesetzlichen Regelung des Gläubigerverzuges liegt offensichtlich die - für fast alle Konstellationen zutreffende - Überlegung zugrunde, dass der Schuldner, wenn er seine Verpflichtungen nicht erfüllen kann, in der Regel damit keinen Nachteil erleidet. Ein Unternehmer, der einen Mangel beseitigen muss, für den eine Drittfirma 1.000 EUR verlangen würde, muss aber auf Werklohn in Höhe von 3.000 EUR verzichten, obwohl es ihm nicht selten möglich wäre, diesen Mangel für 100 EUR, nämlich die Nettomaterialkosten, zu beseitigen, wenn er seine Mitarbeiter zur Mängelbeseitigung an einem Tage losschickt, an dem die Auftragslage ein anderweitiges Arbeiten ohnehin nicht ermöglicht.

aa) Verweigert der Besteller dem Unternehmer noch zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung das Betreten des Hauses und damit die Überprüfung der Frage, ob und bejahendenfalls welche Mängel überhaupt vorliegen, dann ist dem Gesetz, nämlich den §§ 293 ff. BGB grundsätzlich zu entnehmen, dass die aus dem Werkvertrag folgenden Rechte des Bauherrn materiell zwar nicht entfallen, jedoch suspendiert werden. Eine Verwirkung wird nur ausnahmsweise in Betracht kommen, weil abgesehen von dem Zeitmoment in der Regel das Umstandsmoment nicht vorliegen wird und sich nicht sagen lässt, dass der Unternehmer im Vertrauen darauf, keine Mängel beseitigen zu müssen, finanzielle Dispositionen getroffen hätte. Deshalb rechtfertigt sich eine Lösung dahingehend, dass das Recht des Bestellers auf Nachbesserung wegen seines Annahmeverzuges zur Zeit nicht fällig und der Werklohnanspruch begründet ist. Der Besteller ist allerdings nicht gehindert, in einem weiteren Aktivprozess seine Gewährleistungsansprüche durchzusetzen, sofern er es sich anders überlegt und andere Gründe für deren Untergang (beispielsweise die Verjährung) nicht eingreifen.

bb) Entschließt sich der Besteller erstmals in der Berufungsinstanz, dem Unternehmer das Betreten des Hauses zu gestatten, erscheint es sachgerecht, die prozessuale Lösung über § 531 Abs. 3 Nr. 2 ZPO zu wählen und den Tatsachenvortrag, nunmehr werde dem Unternehmer das Betreten des Hauses gestattet, als neu und nicht berücksichtigungsfähig zu werten.

cc) Entschließt sich der Besteller im Laufe der ersten Instanz, sein vertragswidriges Verhalten aufzugeben und dem Unternehmer nunmehr das Betreten des Hauses zu ermöglichen, rechtfertigt sich ebenfalls eine prozessuale Lösung, und zwar je nach den Umständen des Einzelfalls entweder nach § 296 Abs. 1 oder nach § 296 Abs. 2 ZPO. Die Weigerung, dem Unternehmer die Untersuchung der vom Besteller gerügten Mängel zu ermöglichen, lässt sich ohne große Probleme als grob nachlässiger Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht ansehen.

dd) Ein ungelöstes Problem, zu dessen Erörterung der vorliegende Fall allerdings deshalb keinen Anlass gibt, weil die Variante aa) vorliegt, ist die Frage, wie zu verfahren ist, wenn der beklagte Bauherr, von seinem Anwalt beraten, seinen Widerstand gegen die Untersuchung der Mängel bereits mit der Klageerwiderung aufgibt. Die Verspätungsvorschriften sind auf diesen Fall nicht zugeschnitten, weil sie vom Gesetzgeber für den Fall konzipiert sind, dass eine Partei innerhalb eines bereits anhängigen Rechtsverhältnisses ihre prozessuale Förderungspflicht verletzt (§ 282 BGB) oder gerichtlich gesetzte Fristen missachtet, aber ersichtlich nicht für den Fall, dass die Verzögerung nur in die Zeit vor Beginn des Rechtsstreits fällt.

b) Für den vorliegenden Fall sowie für vergleichbare Fälle bedeutet dies, dass eine unbedingte Verurteilung auszusprechen ist, nicht dagegen eine solche Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung bei gleichzeitiger Feststellung des Annahmeverzugs des Beklagten (Bestellers). Insoweit ist die bisherige, vom Beklagten unter Bezug genommene Rechtsprechung des Senats (16 U 141/03) dahin zu ergänzen, dass diese dann nicht gilt, wenn die Mängel streitig sind und der Beklagte (Besteller) Feststellungen des Klägers (Auftragnehmers) zur Berechtigung der Mängelrügen, so wie hier, treuwidrig verhindert.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und § 713 ZPO. Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 3 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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