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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 18.12.2003
Aktenzeichen: 17 UF 108/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 323
BGB § 1603 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

17 UF 108/03

Verkündet am 18. Dezember 2003

In der Familiensache

wegen: Kindes- und nachehelichem Unterhalt

hat der 17. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle durch die Richterin am Oberlandesgericht V, den Richter am Oberlandesgericht D und den Richter am Oberlandesgericht V auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2003 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Antragsgegners wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Lüneburg vom 3. Juni 2003 im Ausspruch zu III (Unterhalt) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels insoweit geändert, als Ziffer b) ersatzlos entfällt.

2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Antragstellerin 2/5 und der Antragsgegner 3/5.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Im Rahmen ihres Ehescheidungsverfahrens streiten die Parteien darüber, ob und in welcher Höhe der Antragsgegner zur Zahlung von Kindesunterhalt für die gemeinsame Tochter L und von nachehelichem Unterhalt an die Antragsgegnerin verpflichtet ist.

Die Parteien haben am 1. November 1998 miteinander die Ehe geschlossen. Sie leben seit Mitte 2000 voneinander getrennt. Aus der Beziehung der Parteien ist die am 29. Dezember 1995 geborene Tochter L hervorgegangen. Mit dem hier zum Unterhalt vom Antragsgegner angefochtenen Urteil vom 3. Juni 2003 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Lüneburg die Ehe der Parteien geschieden. Entsprechend seinem am 30. Juli 2002 im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen Anerkenntnis hat das Amtsgericht - Familiengericht - Lüneburg den Beklagten zur Zahlung von monatlichem Kindesunterhalt in Höhe von 231 € monatlich und zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt 339,82 € verurteilt. Hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts für die Antragstellerin hat das Amtsgericht - Familiengericht - Lüneburg den Antragsgegner über sein Anerkenntnis hinaus zur Zahlung weiterer 296,18 (insgesamt somit zu 636 € monatlich) verurteilt.

Mit seiner Berufung macht der Antragsgegner zum einen eine Reduzierung des Kindesunterhalts auf monatlich 151,44 € und zum anderen die Versagung jeglichen nachehelichen Unterhalts geltend.

II.

Die zulässige Berufung des Antragstellers ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Klägerin steht der Höhe nach der vom Antragsgegner im Jahr 2002 anerkannte Kindes- und nacheheliche Unterhalt zu. Anders als das Amtsgericht - Familiengericht - Lüneburg hält der Senat jedoch die Verurteilung zu höherem als dem anerkannten nachehelichen Unterhalt nicht für gerechtfertigt. Im einzelnen gilt folgendes:

1. nachehelicher Unterhalt

Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob und in welchem Umfang der Antragsgegner mit seinem Versuch, sich erneut selbständig zu machen, erfolgreich war. Seine diesbezüglichen Ausführungen lassen sich an Hand der vorgelegten Kontoauszüge nicht nachvollziehen. Weiterhin ist eher nicht nachvollziehbar, wovon der Antragsgegner tagtäglich lebt. Abhebungen, um z.B. Lebensmittel, Körper- und Wäschepflegeartikel, Kleidung pp. zu bezahlen, sind aus den vom Antragsgegner vorgelegten Auszügen nicht erkennbar. Nicht einmal die behauptete Einnahme im August von 400 € lässt sich an Hand der vorgelegten Kontoauszüge nachvollziehen. Dies gilt umso mehr angesichts der persönlichen Angaben des Antragsgegners im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11. Dezember 2003 durch Unterrichtstätigkeiten etwa 1.300 - 1.400 € monatlich zu verdienen.

Für den Senat ist entgegen dem Amtsgericht - Familiengericht - Lüneburg darüber hinaus nicht nachvollziehbar, warum eine über Jahre bestehende Einkommenssituation von regelmäßigen Einkünften von jährlich ca. 250.000 DM ausgerechnet im Jahr nach der Trennung völlig wegbricht. Sieht man sich den Steuerbescheid für 2001 (Bl.303 d.A.) und die Steuererklärung für 2002 (Bl.306 d.A.) an, haben sich die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit und/oder Gewerbebetrieb geradezu atomisiert, ohne dass es dafür- vom Senat - nachvollziehbare Gründe gibt. Veränderungen im Bereich Call-Center sind sicherlich zu verzeichnen. Dass Einkünfte von einem Jahr auf das andere nahezu völlig wegbrechen, ist damit aber eher nicht erklärlich.

Nachfolgend geht der Senat aber in Ermangelung des Nachweises eines anderweitigen Einkommens nur davon aus, dass der Antragsgegner im Rahmen der im zumutbaren Bemühungen eine Tätigkeit als unselbständig Beschäftigter ausfüllen muss. Ausweislich der vom Amtsgericht - Familiengericht - Lüneburg eingeholten berufskundigen Stellungnahme des Arbeitsberaters S vom Arbeitsamt H aus März 2003 (Bl. 124 ff. d.A.) müsste der gut qualifizierte Antragsgegner bei hinreichenden Bemühungen eine mit einem Anfangsgehalt von 3.000 € monatlich dotierte Stelle erhalten können. Bezeichnenderweise ist der Antragsgegner den in sich stimmigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Arbeitsberaters nicht substantiiert entgegengetreten. Rechnet man mit diesem Einkommen und berücksichtigt - für das dem Antragsgegner mögliche begrenzte Realsplitting - einen monatlichen Freibetrag in Höhe des von ihm anerkannten Unterhalts von 339,82 €, so ergibt sich bei Steuerklasse I/o,5 ein Nettoeinkommen in Höhe von 1.855,42 €.

Änderungen des prozessualen Anerkenntnisses des Antragsgegners sind nur bei Vorliegen eines Abänderungsgrundes i.S. des § 323 ZPO möglich (vgl. Vollkommer in Zöller, 23. Aufl., vor § 306 Rdnr. 6). Da Grundlage des Anerkenntnisses ein nahezu exakt gleich hohes Einkommen war (1.855,12 €, Seite 3 d. SS. vom 24. Juli 2002, Bl. 71 d.A.), dürften die Voraussetzungen für eine Abänderung hier nicht vorliegen. Als Abänderungsgrund kommt auch die Arbeitsaufnahme der Antragstellerin im Primatenzentrum in G nicht in Betracht. Wie die nachfolgende Berechnung ergeben wird, ist trotz des dort erzielten Einkommens der Antragstellerin noch von einem Unterhaltsanspruch der Antragstellerin in etwa dieser Höhe auszugehen.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kommt ein über dem anerkannten Ehegattenunterhalt von 339,82 € liegender, etwa in Höhe des vom Amtsgericht - Familiengericht - Lüneburg in Höhe von 636 € titulierter monatlicher Unterhalt allerdings auch nicht in Betracht. Legt man das vorstehend berechnete, dem Antragsgegner durch Aufnahme einer unselbständigen Tätigkeit mögliche Einkommen von netto 1.855,42 € zugrunde und bereinigt dieses um pauschalierte Werbungskosten von 92,77 € (5%), so verbleibt ein Betrag von 1.762,65. Setzt man davon den anerkannten Tabellenkindesunterhalt in Höhe von 292 € ab, verbleiben dem Beklagten 1.470,65 €, bzw. bereinigt um den Erwerbstätigenbonus (1/7) 1.260,56 €.

Die Antragsstellerin erzielt ein mit der Berufungserwiderung nachvollziehbar berechnetes, bereits um pauschalierte Werbungskosten bereinigtes Einkommen von 1.330 €. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sind die Kosten für das Internat der gemeinsamen Tochter in Höhe von monatlich 430 € als besondere Werbungskosten abzuziehen. Da der Internatsbesuch von L keine pädagogischen Gründe hat, sondern seine Ursache in der Berufstätigkeit der Mutter liegt, handelt es sich insoweit auch um Kosten, die in diesem Bereich zu berücksichtigen sind und nicht um Unterhaltsmehrbedarf (vgl. auch Celle Leitlinien, Ziffer 10.3, Stand 1.7.2003). Daraus folgt dass sich das Einkommen der Antragsstellerin entsprechend auf 900 € reduziert.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Berufstätigkeit der Antragstellerin trotz der Internatsunterbringung der Tochter - zumindest teilweise - als überobligatorisch anzusehen ist. Während des Zusammenlebens der Parteien war die Antragstellerin wegen der gemeinsamen Tochter nämlich gar nicht berufstätig. Angesichts des Alters der Tochter und der vollschichtigen Berufstätigkeit der Antragstellerin ist die weitergehende Berücksichtigung eines Bonus (vgl. BGH FamRZ 2001, 350, 352) in Höhe von 200 € angemessen.

Bereinigt man den sodann verbleibenden Betrag von 700 € um den Erwerbstätigenbonus (1/7), so ergibt sich ein anrechenbares Einkommen in Höhe von 600 €. Der der Antragstellerin zustehende Unterhalt errechnet sich in Höhe der hälftigen Differenz der vorstehend ermittelten Einkommen, somit in Höhe von 330 € (1.260,56 - 600 = 660,56 = 330,28). Der so errechnete Betrag liegt zwar um rund 9 € unter dem anerkannten Betrag. Angesichts der geringen Differenz ergibt sich aber kein Grund für eine Abänderung des einmal anerkannten Betrages.

2. Kindesunterhalt

Ergänzend ist zum Kindesunterhalt noch folgendes anzumerken: Der vom Amtsgericht - Familiengericht - Lüneburg tenorierte Kindesunterhalt in Höhe von 231 € liegt für die Zeit ab dem 1. Juli 2003 noch unter dem Regelunterhaltsbetrag mit 241 €. Der Antragsgegner ist daher in vollem Umfang dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass er - auch unter den verschärften Anstrengungen des § 1603 Abs. 2 BGB - nicht in der Lage ist, diesen Unterhaltsbetrag für sein minderjähriges Kind aufzubringen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Antragsgegner selbst angegeben, über ein Einkommen von ca. 1.300 bis 1.400 € zu verfügen. Es versteht sich von selbst, dass er damit zur Zahlung des anerkannten Kindesunterhalts verpflichtet und ohne weiteres in der Lage ist. Sein mit 840 € anzunehmender Selbstbehalt wird nicht im entferntesten tangiert.

3. Die Entscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 92 Abs.1, 708 Nr.10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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