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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 25.07.2000
Aktenzeichen: 17 UF 88/00
Rechtsgebiete: BGB, VAÜG


Vorschriften:

BGB § 1567
BGB § 1587 Abs. 2
BGB § 1587 a Abs. 2
BGB § 1587 b Abs. 6
BGB § 1587 c Nr. 1
VAÜG § 1
VAÜG § 2
VAÜG § 3
Zur Beschränkung des Versorgungsausgleichs auf die von den Eheleuten innerhalb der Ehe bis zu ihrer Trennung erworbenen Versorgungsanwartschaften im Falle einer langjährigen Trennung vor Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags
Beschluss

17 UF 88/00 2 F 50/98 AG Dannenberg

In der Familiensache

##################### ############################,

Antragstellerin,

- Prozessbevollmächtigte I. Instanz: #######

#######

gegen

#######

Antragsgegner,

- Prozessbevollmächtigte I. Instanz: #######

weitere Verfahrensbeteiligte:

1. - 3. pp. #######

Beschwerdeführerin,

#######

wegen Versorgungsausgleichs

hat der 17. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle am 25. Juli 2000 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der ####### wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Dannenberg vom 13. April 2000 zu Ziffer 1 des Tenors geändert und wie folgt neu gefasst:

Von dem Versicherungskonto Nr. ####### der Antragstellerin bei der ####### werden auf das Versicherungskonto Nr. ####### des Antragsgegners bei der ####### ####### Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 190,94 DM, bezogen auf den 31. März 1998 und umzurechnen in Entgeltpunkte, und Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 2,03 DM, bezogen auf den 31. März 1998 und umzurechnen in Entgeltpunkte (Ost), übertragen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: 1.305,24 DM (192,97 DM ./. 84,20 DM = 108,77 DM x 12).

Gründe

I.

Die Parteien schlossen am 20. März 1969 die Ehe. Seit September 1984 lebten sie getrennt. Der Scheidungsantrag der Ehefrau wurde dem Ehemann am 9. April 1998 zugestellt. Das Amtsgericht hat die Ehe der Parteien (seit 11. April 2000 rechtskräftig) geschieden und den Versorgungsausgleich abgetrennt. Mit dem angefochtenen Beschluss hat es sodann den Versorgungsausgleich durchgeführt. Es hat vom Versicherungskonto der Ehefrau regeldynamische (d. h. nicht angleichungsdynamische) Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 82,92 DM sowie angleichungsdynamische Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 1,28 DM, jeweils bezogen auf das Ende der Ehezeit (31. März 1998), auf das Versicherungskonto des Ehemannes übertragen. Dabei hat es die von der Ehefrau in der Zeit von August 1982 bis März 1998 erworbenen Rentenanwartschaften gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB für den Versorgungsausgleich außer Betracht gelassen, weil es einen vollständigen Ausgleich für grob unbillig hielt.

Dagegen hat die ############## Beschwerde eingelegt. Sie bemängelt, dass das Amtsgericht lediglich auf Seiten der Ehefrau die auf die Trennungszeit entfallenden Anwartschaften ausgeklammert habe und dass außerdem nicht ersichtlich sei, warum der Ausschluss der Anwartschaften der Ehefrau aus dem Versorgungsausgleich bereits ab August 1982 vorgenommen worden sei, während die Trennungszeit erst im September 1984 begonnen habe.

Die Parteien haben sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert. Der Senat hat ergänzende Auskünfte der Versorgungsträger eingeholt.

II.

Die Beschwerde ist begründet. Zwar ist die vom Amtsgericht beabsichtigte Beschränkung des Versorgungsausgleichs auf den Zeitraum von der Eheschließung bis zur Trennung der Parteien gerechtfertigt; dem Amtsgericht sind jedoch bei der Durchführung des - beschränkten - Versorgungsausgleichs Fehler unterlaufen.

1. Im Hinblick darauf, dass der Versorgungsausgleich nach § 1587 c BGB nur gekürzt, aber nicht erhöht werden kann, ist zunächst in jedem Fall der Gesamtausgleichsbetrag zu errechnen, der sich nach den gesetzlichen Vorschriften (§§ 1587 a Abs. 1 und 2 BGB) ergäbe. Dabei sind regeldynamische und angleichungsdynamische Anwartschaften getrennt zu saldieren (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 VAÜG).

a) Der Ehemann hat in der gesetzlichen Ehezeit (1. März 1969 bis 31. März 1998; § 1587 Abs. 2 BGB) regeldynamische Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 211,04 DM (Auskunft der ####### vom 22. November 1999) sowie (ebenfalls regeldynamische) Anwartschaften aus der Alterssicherung der Landwirte in Höhe von monatlich 104,03 DM (Auskunft der ####### vom 16. Februar 1999) erworben, insgesamt also Anrechte von monatlich 315,07 DM.

b) Die Ehefrau hat während der Ehezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung regeldynamische Anwartschaften in Höhe von monatlich 1.254,43 DM sowie angleichungsdynamische Anwartschaften in Höhe von monatlich 28,06 DM erworben (Auskunft der ####### vom 14. März 2000 und 10. Juli 2000), jedoch keine Anrechte in der Alterssicherung der Landwirte (Auskunft der ####### vom 16. Februar 1999).

c) Da die Ehefrau sowohl höhere regeldynamische als auch höhere angleichungsdynamische Anwartschaften erworben hat, kann der Versorgungsausgleich bereits vor der Einkommensangleichung (d. h. der Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland; § 1 Abs. 1 VAÜG) durchgeführt werden (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b VAÜG).

Gemäß § 1587 a Abs. 1 BGB wären nach der gesetzlichen Regelung regeldynamische Anwartschaften in Höhe von monatlich 469,68 DM (1.254,43 DM ./. 315,07 DM = 939,36 DM : 2) sowie angleichungsdynamische Anwartschaften in Höhe von monatlich 14,03 DM (28,06 DM : 2) zugunsten des Ehemannes auszugleichen.

2.

a) Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass ein ungekürzter Versorgungsausgleich gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB grob unbillig sein kann, wenn die Eheleute vor der Scheidung bereits lange Zeit getrennt gelebt haben. Denn ausgehend von dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs, dass jede Ehe schon während der Phase der Erwerbstätigkeit im Keim auch eine Versorgungsgemeinschaft ist, fehlt für den Versorgungsausgleich die eigentlich rechtfertigende Grundlage, solange die eheliche Lebensgemeinschaft durch Trennung der Ehegatten aufgehoben ist (BGH FamRZ 1979, 477, 489; 1993, 302, 303). Die Anwendung des § 1587 c Nr. 1 BGB setzt allerdings eine ungewöhnlich lange Trennungszeit voraus, denn eine gewisse Zeit des Getrenntlebens geht schon im Hinblick auf § 1567 BGB jeder Scheidung voraus. Im vorliegenden Fall haben die Parteien bei Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags jedoch bereits 14 1/2 Jahre getrennt gelebt. Damit hatte sich ihr Versorgungsschicksal schon lange vor Einreichung des Scheidungsantrags endgültig voneinander getrennt. Auch unter Berücksichtigung der Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft von rund 15 Jahren und des Schutzbedürfnisses des ausgleichsberechtigten Ehemannes wäre ein sich auf die gesamte gesetzliche Ehezeit beziehender Versorgungsausgleich grob unbillig. Der Ehemann konnte schlechterdings nicht davon ausgehen, dass er auch nach jahrelanger Trennung weiter an den von der Ehefrau erworbenen Anwartschaften partizipieren würde, zumal er in keiner Weise gehindert war, sich eigene Versorgungsanwartschaften aufzubauen.

Da außer der langen Trennungszeit keine weiteren Härtegründe ersichtlich sind, kommt ein vollständiger Ausschluss des Versorgungsausgleichs hier nicht in Betracht. Angemessen ist vielmehr eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs auf die von den Eheleuten innerhalb der Ehe bis zu ihrer Trennung erworbenen Versorgungsanwartschaften (vgl. OLG Celle, OLG-Report 1994, 91, 92). Daraus folgt allerdings - was die Beschwerde zu Recht an der angefochtenen Entscheidung bemängelt -, dass nicht nur auf Seiten der Ehefrau, sondern auch auf Seiten des Ehemannes die auf die Ehezeit entfallenden Anwartschaften auszuklammern sind. Die Kürzungsbeträge sind jeweils nach der gleichen Berechnungsmethode zu ermitteln, die nach § 1587 a Abs. 2 BGB für die Berechnung des Ehezeitanteils der betreffenden Versorgungsanwartschaft maßgebend ist, und auf das Ende der Ehezeit i. S. d. § 1587 Abs. 2 BGB zu beziehen (BGH FamRZ 1991, 177, 180).

b) Die Parteien leben erst seit September 1984 getrennt. Davon ist auch das Amtsgericht bei seiner Entscheidung ausgegangen. Es hat seiner Entscheidung jedoch eine Auskunft der ####### vom 14. März 2000 zugrunde gelegt, in der - der Vorgabe des Amtsgerichts in dessen Schreiben vom 21. Januar 2000 entsprechend - der auszuklammernde Zeitraum bereits im August 1982 begann. Innerhalb der tatsächlichen Trennungszeit vom 1. September 1984 bis 31. März 1998 haben die Parteien nach den vom Senat eingeholten ergänzenden Auskünften der Versorgungsträger folgende Versorgungsanwartschaften erworben:

Ehemann: regeldynamische Anwartschaften: ####### (Auskunft vom 7. Juli 2000) 33,25 DM ####### #######(Auskunft vom 16. Februar 1999 und 27. Juni 2000) 104,03 DM 137,28 DM

Ehefrau: regeldynamische Anwartschaften: ####### (Auskunft vom 10. Juli 2000) 694,77 DM angleichungsdynamische Anwartschaften: ####### (Auskunft vom 10. Juli 2000) 24,00 DM

c) Zieht man die vorstehend genannten Anwartschaften von den in der gesamten Ehezeit erworbenen Anwartschaften ab, so erhält man die jeweils auf die Zeit des Zusammenlebens der Parteien (1. März 1969 bis 31. August 1984) entfallenden Anwartschaften:

Ehemann: regeldynamische Anwartschaften: ####### (211,04 DM ./. 33,25 DM =) 177,79 DM #######- ####### (104,03 DM ./. 104,03 DM =) 0,00 DM 177,79 DM

Ehefrau: regeldynamische Anwartschaften: #######(1.254,43 DM ./. 694,77 DM =) 559,66 DM angleichungsdynamische Anwartschaften: #######(28,06 DM ./. 24,00 DM =) 4,06 DM d) Auch bei der Durchführung des gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB gekürzten Versorgungsausgleichs ist § 3 Abs. 1 Nr. 4 VAÜG zu berücksichtigen, wonach angleichungs- und regeldynamische Anrechte unabhängig voneinander auszugleichen sind. Damit ergeben sich folgende gekürzte Ausgleichsbeträge:

regeldynamische Anwartschaften: Ehefrau 559,66 DM Ehemann 177,79 DM Differenz 381,87 DM Ausgleich (: 2 =) 190,94 DM

angleichungsdynamische Anwartschaften: Ehefrau 4,06 DM Ehemann 0,00 DM Differenz 4,06 DM Ausgleich (: 2 =) 2,03 DM

Diese auf die Zeit des Zusammenlebens der Parteien beschränkten Ausgleichsbeträge sind jeweils geringer als die sich bei einem unbeschränkten Versorgungsausgleich ergebenden Beträge (siehe oben 1 c).

3. Der Ausgleich ist in der Weise durchzuführen, dass - jeweils gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB - regeldynamische Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 190,94 DM und angleichungsdynamische Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 2,03 DM vom Versicherungskonto der Ehefrau auf das Versicherungskonto des Ehemannes übertragen werden. Dabei ist zu bestimmen, dass die übertragenen regeldynamischen Anwartschaften in Entgeltpunkte (§ 1587 b Abs. 6 BGB) und die übertragenen angleichungsdynamischen Anwartschaften in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen sind (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 VAÜG). III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Festsetzung des Beschwerdewerts auf § 17 a Nr. 1 GKG.



Ende der Entscheidung

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