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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 29.07.2005
Aktenzeichen: 17 W 68/05
Rechtsgebiete: BGB, FGG
Vorschriften:
BGB § 1896 Abs. 2 S. 2 | |
FGG § 12 |
17 W 68/05
Beschluss
In der Betreuungssache
betr. M. F., geboren 1920, in P.,
hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, die Richterin am Oberlandesgericht ####### sowie den Richter am Oberlandesgericht ####### am 29. Juli 2005 beschlossen:
Tenor:
Auf die weitere Beschwerde der Schwester der Betroffenen wird der Beschluss des Landgerichts Hannover vom 15. Juni 2005 aufgehoben und die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Landgericht Hannover zurückverwiesen.
Gründe:
Die Schwester der Betroffenen hat am 9.9.2004 die Einrichtung einer Betreuung insbesondere für den Bereich der Vermögenssorge angeregt (Blatt 1).
Das Amtsgericht hat zur Vorbereitung seiner Entscheidung das Gutachten des Dr. M. vom 1.12.2004 eingeholt (Blatt 13 f). Dieser attestierte der Betroffenen einen altersentsprechend sehr guten körperlichen Zustand, volle Orientierung zur Person, zur Zeit und zum Ort. Die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung hat der Sachverständige nicht für erforderlich gehalten. Im Rahmen der Begutachtung hat die Betroffene dem Sachverständigen erklärt, dass es ihr Wille sei, ihre beiden Söhne so gut zu unterstützen, wie sie es könne. Ihr jüngerer Sohn A. lebe in ihrem Reihenhaus in P., dafür zahle er ihr die Miete für ihre eigene Wohnung. Ihr zweiter Sohn E. besuche sie fast täglich, kaufe für sie ein und helfe im Garten. Auch ihn unterstütze sie finanziell.
Danach hat das Amtsgericht in seinem Beschluss vom 10. Dezember 2004 von der Bestellung eines Betreuers abgesehen (Blatt 18). Auf die Beschwerde der Schwester der Betroffenen hat das Landgericht Hannover ein ergänzendes Gutachten des Dr. M. eingeholt, welches dieser unter dem 11. Mai 2005 erstattet hat (Blatt 36). Anlässlich dieser Begutachtung stellte der Sachverständige fest, dass die Betroffene zeitlich nicht sicher orientiert war. Es hätten sich Störungen im Bereich des Kurzzeit und des Langzeitgedächtnisses gefunden. Störungen der Willensbildung bzw. der Urteilsfähigkeit seien nicht deutlich geworden. Die Betroffene habe schlüssig und nachvollziehbar darstellen können, dass sie ihren Sohn E. beauftragt habe, ihr bei der Regelung ihrer Vermögensangelegenheiten und bei der Aufrechterhaltung der häuslichen Versorgung zu helfen. Die Betroffene hätte angegeben, alles zu haben, was sie zum Leben benötige. Mit dem überschüssigen Geld aus ihrer Rente unterstütze sie ihren Sohn E.
Am 27.9.2004 reichte der Rechtsanwalt Z. eine Räumungsklage der Betroffenen gegen die Familie ihres Sohnes A. betreffend das Reihenhaus in P. bei dem Amtsgericht Springe ein (Blatt 55). Diese Klage wurde am 14. Oktober 2004 zurückgenommen (Blatt 57). Die Schwester der Betroffenen berichtet hierzu, dass die Klage allein auf Veranlassung des Sohnes E. F. und ohne das Wissen und Einverständnis der Betroffenen erhoben worden sei (Blatt 62 f). In der Akte befindet sich weiter ein von der Betroffenen unterzeichnetes maschinenschriftliches Schreiben vom 18. Januar 2005 (Blatt 59). Darin verlangt sie von ihrem Sohn A. eine um 20 Prozent erhöhte Miete und fordert diesen auf, kein Geld mehr in das Reihenhaus zu stecken. Am 11. April 2005 unterzeichnete die Betroffene eine maschinenschriftliche Erklärung, in der es heißt, dass in diesem Reihenhaus weitere notwendige Reparaturen angefallen seien. Die Miete solle deshalb künftig auf einem ExtraKonto für die Betroffene angesammelt werden, damit Geld für notwendige Instandsetzungsarbeiten vorhanden sei (Blatt 51).
Im Rahmen der Anhörung durch das Landgericht konnte die Betroffene keine Angaben zu ihrer monatlichen Rente, der von ihr zu zahlenden Mieten und der von ihrem Sohn A. an sie zu zahlenden Miete machen (Blatt 71). Der ebenfalls zu der Anhörung geladene Sachverständige erklärte, dass die Betroffene sicher Hilfe benötige. Er sehe die Gefahr, dass die Betroffene für Suggestionen empfänglich sei und diagnostizierte bei ihr eine die Willensbildung beeinträchtigende beginnende Demenz, die sich sicher in den nächsten Monaten oder Jahren verschlimmern werde.
Das Landgericht hat die Beschwerde daraufhin mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Betroffene zwar in Vermögensangelegenheiten der Unterstützung bedarf, diese Aufgabe jedoch wirksam auf ihren Sohn E. F. übertragen habe. Danach sei von einer wirksamen Bevollmächtigung auszugehen (Blatt 71 ff).
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Schwester der Betroffenen mit ihrer weiteren Beschwerde vom 12. Juli 2005 (Blatt 77).
Diese ist zulässig und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
Von der Einrichtung einer Betreuung ist abzusehen, wenn die Angelegenheiten der Betroffenen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können, § 1896 Absatz 2 Satz 2 BGB. Eine Betreuung würde sich insbesondere dann erübrigen, wenn die Betroffene noch in der Lage (gewesen) wäre, ihren Sohn E. mit der Wahrnehmung ihrer Angelegenheiten zu beauftragen. Ob die Betroffene zur Bevollmächtigung ihres Sohnes in Vermögensangelegenheiten ebenso wie zur Überwachung der Vermögensverwaltung durch ihren Sohn in der Lage ist, ist im Rahmen der Amtsermittlung (§ 12 FGG) festzustellen. Dabei sind die von Amts wegen einzuleitenden und durchzuführenden Ermittlungen so weit auszudehnen, als es die Sachlage erfordert: die Tatbestandsmerkmale der anzuwendenden materiellrechtlichen Vorschriftenrichtung bestimmen den Umfang der Ermittlungen. Die Ermittlungen sind erst dann abzuschließen, wenn der Sachverhalt so vollständig aufgeklärt ist, dass von einer weiteren Beweisaufnahme ein sachdienliches, die Entscheidung beeinflussendes Ergebnis nicht mehr erwartet werden kann (BGH FamRZ 1984, 1084, 1085).
Dem tragen die bislang durchgeführten Ermittlungen vorliegend nicht hinreichend Rechnung. Das Landgericht stützt sich zur Beurteilung der Frage der Bevollmächtigung auf den Inhalt des Gutachtens vom 11.5.2005, den nach eigener Anschauung guten körperlichen Zustand der Betroffenen und die Angaben des Sohnes E. F. . Es setzt sich in seiner Argumentation dabei jedoch nicht mit Auffälligkeiten auseinander, die der Annahme einer wirksamen Bevollmächtigung eindeutig entgegen stehen könnten und die deshalb weiterer Aufklärung bedurft hätten.
So durfte das Landgericht nicht allein auf den guten körperlichen Zustand der Betroffenen abstellen, wenn es noch anlässlich der Anhörung der Betroffenen festgestellt hat, dass diese auf Befragen keine Angaben zu ihrer monatlichen Rente, der von ihr zu zahlenden Miete und der von ihrem Sohn A. an sie zu zahlenden Miete machen konnte. Auch hat das Landgericht im Rahmen der Anhörung der Beteiligten nicht aufgeklärt, welche Bedeutung den Vorkommnissen um die Kündigung der Betroffenen gegenüber ihrem Sohn A. und den von ihr unterschriebenen maschinenschriftlichen Erklärungen zukommt. Mit diesen Umständen hätte es darüber hinaus den Sachverständigen konfrontieren müssen, insbesondere nachdem dieser im Rahmen der Anhörung offensichtlich in seiner Diagnose von den Feststellungen abweicht, die er zuvor in seinem schriftlichen Gutachten getroffen hatte. Erstmals äußert der Sachverständige, dass er die Gefahr sehe, dass die Betroffene für Suggestionen empfänglich sei, erstmals diagnostiziert er bei der Betroffenen eine beginnende Demenz, die deren Willensbildung beeinträchtige. Dies hätte Anlass sein müssen, die Feststellungen des schriftlichen Gutachtens in Zweifel zu ziehen, jedenfalls hätten sie ohne erneute ausführliche Erörterung mit dem Sachverständigen nicht uneingeschränkt der Entscheidung des Landgerichts zugrundegelegt werden dürfen.
Das Landgericht wird die Beteiligten und den Sachverständigen zu diesen Fragen erneut anzuhören haben und im Hinblick auf die Begründung der weiteren Beschwerde in seine Prüfung auch die Frage einzubeziehen haben, in welchem Umfang der Betroffenen seitens ihres Sohnes E. finanzielle Mittel unter dem laufenden Monat zur Verfügung gestellt werden. Gleichfalls dürfte der Verbleib der nicht unerheblichen finanziellen Reserven der Betroffenen einen Umstand darstellen, der noch weiterer Aufklärung bedarf.
Ende der Entscheidung
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