Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 02.10.2001
Aktenzeichen: 2 U 271/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 607
ZPO § 391
1. Ein schriftlicher Darlehensvertrag, in dem der Darlehensnehmer erklärt, den Darlehensbetrag erhalten zu haben, erbringt sowohl den vollen Beweis dafür, dass ein Darlehensvertrag abgeschlossen worden ist, als auch den Beweis für die Auszahlung der Darlehensvaluta; es ist Sache des Darlehensnehmers oder seines Rechtsnachfolgers, diesen Beweis zu widerlegen.

2. Ein Ermessensfehler des Landgerichts bei der Ablehnung des Antrags auf Beeidigung eines Zeugen ist nicht festzustellen, wenn der Hauptbeweis bereits durch eine Urkunde erbracht ist und der Zeuge nur zu Indiztatsachen vernommen wird, die den mit der Urkunde geführten Beweis erschüttern sollen.


Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

2 U 271/00

Verkündet am 2. Oktober 2001

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### und die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das 31. Oktober 2000 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Kläger beträgt 40.000 DM.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Die Beklagten sind verpflichtet, als Rechtsnachfolger der am 14. März 1998 verstorbenen ####### an den Kläger 40.000 DM zuzüglich der in der Darlehensvereinbarung vom 4. Oktober 1996 vereinbarten Zinsen zu zahlen. Auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung, insbesondere die Beweiswürdigung der Einzelrichterin, wird Bezug genommen.

I.

Den Beklagten ist es nicht gelungen, die Beweiswirkung des schriftlichen Darlehensvertrages, der sowohl den Beweis des Abschlusses eines verzinslichen Darlehens über 40.000 DM als auch der Hingabe der Darlehensvaluta erbringt, zu erschüttern. Ihre Behauptung, die Unterschrift der Erblasserin unter dem Darlehensvertrag sei gefälscht, haben sie nicht bewiesen. Die im Übrigen von ihnen dargestellten Umstände, die gegen eine Darlehensvereinbarung und die Hingabe der Darlehensvaluta sprechen sollen, reichen in Anbetracht des nicht erbrachten Beweises der Fälschung der Unterschrift der Erblasserin nicht aus, um Zweifel an der Echtheit der Urkunde zu wecken, die eine Klageabweisung rechtfertigen könnten. Der Darlehensvertrag vom 4. Oktober 1996 erbringt - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch den Beweis dafür, dass der Darlehensbetrag von 40.000 DM tatsächlich ausgezahlt worden ist. Die Erblasserin hat in dem Vertrag nicht nur bekannt, dem Kläger einen Betrag von 40.000 DM zu schulden, sie hat vielmehr darüber hinaus auch erklärt, diesen Betrag erhalten zu haben. Auf Grund dieser Formulierung muss entsprechend den Ausführungen des Klägers davon ausgegangen werden, dass der schriftliche Vertrag vom 4. Oktober 1996 auch Quittungswirkung hat und mit ihm der volle Beweis der Hingabe des Darlehens geführt wird. Den ihnen obliegenden Gegenbeweis hierzu haben die Beklagten trotz ihrer vielfältigen Bemühungen, Indizien aufzuzeigen, die ausweisen sollen, dass der Inhalt der Erklärung vom 4. Oktober 1996 falsch ist und die Erklärung insgesamt eine Fälschung darstellen soll, nicht geführt.

Es ist in sich widersprüchlich und wird dem Ergebnis des vom Senat eingeholten Gutachtens nicht gerecht, dass die Beklagten in der Berufungsbegründung zunächst vehement behauptet haben, bei der Unterschrift der Erblasserin unter dem Darlehensvertrag vom 4. Oktober 1996 handele es sich um eine Fälschung, sie jedoch der Frage der Echtheit der Unterschrift gar keine Bedeutung mehr beimessen wollen, nachdem es ihnen nicht gelungen ist, ihre Behauptung einer Fälschung zu beweisen. Zwar hat der Senat im Hinblick darauf, dass das Landgericht die Frage der Echtheit der Unterschrift der Erblasserin nicht selbst beurteilen konnte, die Einholung eines Gutachtens zu der Behauptung, Unterschrift der Erblasserin sei gefälscht, für erforderlich gehalten. Nachdem dieses Gutachten eingeholt worden ist und auch die Beklagten keine Einwendungen gegen das Gutachten erhoben haben, in dem der Sachverständige ####### zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Unterschrift mit erhöhter Wahrscheinlichkeit von der Erblasserin stammt, gibt es keine Veranlassung mehr, weiter daran zu zweifeln, dass der Inhalt der schriftlichen Darlehensvereinbarung zutrifft. Die Urkunde erbringt den vollen Beweis der Vollständigkeit und Richtigkeit und ist in ihrer Beweiswirkung nicht erschüttert. Anhaltspunkte, trotz des vorliegenden Schriftstückes daran zu zweifeln, dass der Kläger der verstorbenen ####### ein verzinsliches Darlehen gegeben hat, hat der Senat keine.

II.

Soweit die Beklagten versucht haben, den Inhalt der Urkunde durch den Aufbau von Indizienketten zu erschüttern, die letztlich zu dem Schluss führen sollen, dass es die verstorbene ####### gar nicht nötig hatte, ein Darlehen über 40.000 DM aufzunehmen, ist diese Beweisführung schon in erster Instanz misslungen. Anlass, insoweit in zweiter Instanz doch zusätzlich Beweis zu erheben, besteht nicht.

1. Das Landgericht hat die Beweisaufnahme vom 26. September 2000 zutreffend gewürdigt und ist - soweit es Beweis erhoben hat - in nicht zu beanstandender Art und Weise davon ausgegangen, dass die Zeugin ####### trotz der peinlichen Befragung durch den erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten den Zeitablauf um die Errichtung der Urkunde vom 4. Oktober 1996 herum einschließlich der verschiedenen finanziellen Transaktionen im Kern glaubwürdig und zutreffend wieder gegeben hat. Die Kleinigkeiten, an denen die Beklagten - auch in den ihnen nicht nachgelassenen Schriftsätzen in erster Instanz - Widersprüche innerhalb dieser Bekundungen festmachen wollen, geben auch dem Senat keine Veranlassung, die Zeugin ####### einer erneuten Beweisaufnahme zu unterziehen. Anlass für eine weitere Beweisaufnahme hätte allenfalls dann bestehen können, wenn sich bei der Begutachtung der Unterschrift herausgestellt hätte, dass Zweifel an der Echtheit der Unterschriften bestehen. Dies ist jedoch - wie bereits ausgeführt - nicht der Fall.

2. Das Landgericht hat es auch völlig zu Recht unterlassen, die Zeugin ####### zu beeiden. Ein Zeuge ist gemäß § 391 ZPO zu beeidigen, wenn das Gericht dies im Hinblick auf die Bedeutung der Aussage des Zeugen oder zwecks Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen Aussage für erforderlich hält und die Parteien nicht auf die Abnahme des Eides verzichten. Eine Beeidigung zum Zwecke der Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen Aussage kam hier von vornherein nicht in Betracht, da sich keine Zweifel an der Wahrheit der Bekundungen der Zeugin ####### ergaben. Im Hinblick auf die Bedeutung der Aussage brauchte das Landgericht die Zeugin schon deshalb nicht zu beeiden, weil es lediglich um Indizien ging, die die urkundlich bereits belegte und voll bewiesene Darlehensvereinbarung und -hingabe hätten in Zweifel ziehen können. Im Hinblick auf diese eingeschränkte Bedeutung der Aussage war eine Beeidigung der Zeugin eher fern liegend. Die Aussage der Zeugin stellte nicht das einzige Beweismittel für das Gericht dar, sondern diente vielmehr zur Überprüfung bereits urkundlich belegter Tatsachen. Auch im Hinblick auf die nach dem landgerichtlich Protokoll und Urteil sehr emotionsgeladenen Ablauf der Beweisaufnahme hatte das Landgericht keine Veranlassung, dem Antrag auf Abnahme des Eides nachzukommen.

III.

Soweit die Beklagten in ihren Schriftsätzen nach Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz weitere Indizien gesammelt haben, die gegen die Richtigkeit der Urkunde sprechen sollen, sieht der Senat diese Indizien nicht als geeignet an, den Darlehensvertrag in Frage zu stellen. Die Kernbehauptung, die Erblasserin habe es auf Grund ihres großen Geldvermögens gar nicht nötig gehabt, ein Darlehen aufzunehmen, um frei verfügbares Geld zu haben, ist schon deshalb nicht durchschlagend, weil sich der Senat durchaus vorstellen kann, dass die Erblasserin, deren finanzielle Angelegenheiten der Vertreter der Beklagten ####### der Beklagten geregelt hat, bemüht war über Geld zu verfügen, über das sie keine Rechenschaft abgeben musste. Insoweit ist in der mündlichen Verhandlung ein Konflikt deutlich geworden, der offenkundig darin bestand, dass den Verwandten in den ####### nichts zukommen sollte. Dies passt zu der Aussage der Zeugin ####### , die Erblasserin habe frei verfügbares Geld haben wollen, um es für eine Verwandte in den ####### zu verwenden. Insoweit bestätigen die Ausführungen des Bevollmächtigten ####### in der mündlichen Verhandlung zu einem unterstellten Komplott zwischen der Erblasserin und dem Kläger, dessen Ziel es sein sollte, 'heimliches' Vermögen in der ####### den Verwandten in den ####### an den Beklagten vorbei zukommen zu lassen, dass es für die Erblasserin durchaus einen vernünftigen Anlass gab, sich Geld zu beschaffen, von dem der Bevollmächtigte der Beklagten keine Kenntnisse hatte. Soweit die Beklagten sich an einzelnen Details reiben, die die Zeugin ####### nicht zutreffend bekundet haben soll, handelt es sich um Details, die zum einen auf Grund des Zeitablaufs in der Erinnerung verwischt sein können - dies gilt etwa für die kontrovers diskutierten Datumsangaben -, zum anderen geht der Senat auch nicht davon aus, dass die Zeugin ####### die Erblasserin auf Schritt und Tritt begleitet hat. Soweit hier Widersprüche aufgetreten sind, hat sich das Landgericht mit diesen Widersprüchen sachgerecht auseinander gesetzt. Eine in sich vollkommen widerspruchsfreie Aussage, die vier Jahre nach dem tatsächlichen Geschehen gemacht wird, würde ehe zu Zweifeln Anlass geben, als eine differenzierte Aussage, bei der auch Einzelheiten bekundet werden, die auf Nachfrage anders eingeordnet werden müssen.

Insgesamt gibt es für die Behauptung der Beklagten, der Darlehensvertrag sei gefälscht oder die Darlehensvereinbarung nur konstruiert, um eine Einsetzung als Vermächtnisnehmer zu umgehen, keine greifbaren tatsächlichen Anhaltspunkte. Der Senat glaubt insbesondere nicht, dass der Kläger sämtliche in den zeitlichen Auflauf passenden Fakten, die die Beklagten letztlich nicht mehr bestreiten können, schon im Blick darauf konstruiert hat, später in einem Prozess belegen zu können, dass die Darlehenshingabe tatsächlich stattgefunden habe. Dies gilt in besonderem Maße für die Abhebung seines Guthabens bei der #######, die mit der Darlehensvereinbarung und dem Bekenntnis, die Darlehensvaluta erhalten zu haben, zeitlich korrespondiert. Dass der Kläger insoweit vorausschauend schon 1996 einen Betrag von knapp 40.000 DM abgehoben hat, um später nachweisen zu können, woher er das Geld hatte, um der Erblasserin diesen Betrag auszuzahlen, hält der Senat für ausgeschlossen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Beklagten bestreiten, der Kläger habe die Mittel gehabt, um den abgehobenen Betrag auf 40.000 DM aufzustocken. Hier handelt es sich um Vortrag ins Blaue, dem der Senat nicht nachgehen muss. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen sein soll, einen vergleichsweise geringen Betrag von etwa 3.000 DM spontan aufzubringen, haben die Beklagten nicht einmal ansatzweise vorgetragen.

IV.

Ebenfalls ohne jede Substanz geblieben ist der von den Beklagten auch in zweiter Instanz gehaltene Vortrag, die Erblasserin sei bei Abschluss des Darlehensvertrages geschäftsunfähig gewesen. Nach dem es den Beklagten schon in erster Instanz nicht gelungen ist, hierzu das angekündigte Attest des Hausarztes der Erblasserin vorzulegen, haben sie in zweiter Instanz jeglichen Tatsachenvortrag zu dieser Behauptung unterlassen. Anlass, den von den Beklagten benannten Zeugen #######, der ein erhebliches Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits hat, zu dieser nicht näher konkretisierten Behauptung zu vernehmen, bestand nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre gesetzliche Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Festsetzung der Beschwer ist im Hinblick auf § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO erfolgt.

Ende der Entscheidung

Zurück