Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 29.09.2008
Aktenzeichen: 2 W 199/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 935
Die Partei eines Mietvorvertrages kann nicht durch einstweilige Verfügung ihren künftigen Besitzüberlassungsanspruch aus dem (Haupt) Mietvertrag sichern.
2 W 199/08

Beschluss

In dem Verfahren der einstweiligen Verfügung

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht R. als Einzelrichter am 29. September 2008 beschlossen:

Tenor:

Die am 22. September 2008 eingegangene sofortige Beschwerde der Antragsteller vom 17. September 2008 gegen den am 9. September 2008 zugestellten Beschluss der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 4. September 2008 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

Beschwerdewert: 30.0000 EUR

Gründe:

Die gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragsteller hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht den Antrag der Antragsteller auf Erlass einer Unterlassungsverfügung zurückgewiesen, mit der dem Antragsgegner untersagt werden sollte, die Gebäude und Freifläche L. Straße in A. vollständig oder teilweise für die Dauer von 3 Jahren, endend am 31. Juli 2011, dritten Personen zur Nutzung zu überlassen.

Die Antrag ist schon nicht zulässig, weil die verlangte Maßnahme zur vollständigen Befriedigung der Antragsteller hinsichtlich ihres geltend gemachten Unterlassungsanspruchs führen würde. Im Verfahren der einstweiligen Verfügung können in der Regel aber nur solche Maßnahmen angeordnet werden, die den Anspruch des Gläubigers sichern, ohne die Entscheidung in der Hauptsache vorweg zu nehmen. Eine vorläufige Regelung, z. B. bis zur Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren, wird jedoch nicht verlangt. Es liegt auch keiner der Ausnahmefälle vor, in denen die Rechtsprechung Leistungsverfügungen mit dem Ziel der Befriedigung des Gläubigers zugelassen hat, wie z. B. für den Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes nach Besitzentziehung durch verbotene Eigenmacht (vgl. OLG Köln OLGR 1995, 310. KG OLGR 1999, 157). Außerdem geht der Antrag über die in der Vereinbarung der Parteien vom 20. März 2008 als Mietobjekt bezeichnete "A. M." hinaus, weil er die Gebäude und Freifläche L. Straße insgesamt umfasst, auf der sich ausweislich der Antragsschrift "unter anderem", also nicht nur die "A. M." befindet.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass nach der herrschenden Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, ein Mieter selbst im Falle der Doppelvermietung seinen Besitzüberlassungsanspruch als erster Mieter gegenüber dem Vermieter nicht durch eine einstweilige Verfügung sichern lassen kann (vgl. KG ZMR 2007, 614. OLG Koblenz ZMR 2008, 50. OLG Hamm NJW-RR 2004, 521. OLG Frankfurt MDR 1997, 137. aA OLG Düsseldorf NJW-RR 1991, 137 f). Der Vermieter darf vielmehr selbst entscheiden, welchen Vertrag er erfüllt und an welchen Mieter er ggf. Schadensersatz leistet. Dies entspricht dem Wesen der Privatautonomie, die auf dem Grundsatz der eigenverantwortlichen Selbstbestimmung über die eigenen Interessen einer Partei beruht (vgl. auch Münch-Komm/Thode, BGB , 4. Aufl. § 305 Rdnr. 3 e). Der Vermieter, der einen Mietvertrag abschließt, begibt sich insbesondere noch nicht seines durch die Vertragsfreiheit geschützten Rechts, an einen Dritten erneut zu vermieten (vgl. KG a. a. O.). Im vorliegenden Fall haben die Parteien jedoch noch nicht einmal einen Mietvertrag abgeschlossen, wie das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgeführt hat. In der schriftlichen Vereinbarung vom 20. März 2008 haben die Parteien sich in nicht zu überbietender Deutlichkeit dahin erklärt, dass ein Mietvertrag zu einem späteren Zeitpunkt erst noch abgeschlossen werden soll. Der Vertrag ist ausdrücklich als "Vorvertrag zu einem späteren Mietvertrag" bezeichnet, in dem Näheres festgelegt werden soll. Hinzu kommt, dass die Vereinbarung nicht alle für ein Mietverhältnis regelungsbedürftigen wesentlichen Punkte erfasst. Ob das auf einem 5.337 m² großen Grundstück befindliche Mietobjekt mit "A. M." hinreichend bezeichnet ist, erscheint bereits zweifelhaft, zumal sich, wie ausgeführt, auf dem streitbefangenen und auch in der Vereinbarung angegebenen Grundstück nicht allein dieses Objekt befinden soll.

Die Überwälzung der Verpflichtung zur Renovierung und Sanierung des Mietobjekts auf den Mieter ist lediglich stichwortartig ("Ren. + Sanierung durch Mieter") skizziert. Die Festlegung der Miethöhe für die ersten drei Jahre lässt nicht den zwingenden Schluss darauf zu, dass beide Parteien vor Ablauf von drei Jahren nicht zur ordentlichen Kündigung berechtigt sein sollen. Erst recht ist unklar, ob das Mietverhältnis nach drei Jahren enden oder auf unbefristete Zeit fortdauern soll. Im übrigen ist nicht einmal der Mietbeginn näher (z. B. mit der Festlegung auf die Übergabe der Mietsache) bezeichnet worden, sondern lediglich vereinbart worden, dass die Vermietung erfolgen soll, sobald die Genehmigung der Gemeinde A. für den Betrieb eines FKK SaunaClubs mit Schankkonzession vorliegt.

Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Vereinbarung der Parteien vom 20. März 2008 die Anforderungen an einen Mietvorvertrag erfüllt, was voraussetzt, dass die Parteien sich ausnahmsweise bereits vor der abschließenden Einigung über alle regelungsbedürftigen Punkte vertraglich binden wollten.

Auch die durch einen - unterstellten - Vorvertrag begründete Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrages führt lediglich dazu, dass jede Partei des Vorvertrages berechtigt ist, die Erfüllung der übernommenen Verpflichtung dadurch geltend zu machen, dass sie von der anderen Partei die Annahme einer von ihr formulierten Vertragserklärung verlangt, notfalls auf dem Klagewege (vgl. BGH NJW 2006, 2843). Sache der in Anspruch genommenen Partei ist es dann, einen möglichen Gestaltungsspielraum einwendungsweise durch konkrete Alternativvorschläge geltend zu machen. Wenn jedoch schon der Abschluss eines Mietvertrages den Vermieter nicht daran hindert, das Mietobjekt erneut an einen Dritten zu vermieten, steht der bloße Abschluss eines Vorvertrages der Vermietung an einen Dritten erst recht nicht entgegen. Da selbst bei einer Doppelvermietung nicht der Grundsatz der Priorität des Mietvertragsschlusses für die Frage gilt, an wen der Vermieter die Mietsache zu übergeben hat (vgl. KG a. a. O.), kann die Partei eines Mietvorvertrages erst recht nicht ihren erst künftig aus einem bisher noch gar nicht abgeschlossenen Mietvertrag resultierenden Besitzüberlassungsanspruch durch eine einstweilige Verfügung sichern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück