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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 09.12.2008
Aktenzeichen: 2 W 266/08
Rechtsgebiete: VV-RVG


Vorschriften:

VV-RVG Nr. 7002
Die Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV-RVG des in einer Beratungshilfesache tätigen Rechtsanwalts bemisst sich nach der für die Beratungshilfe anfallenden Festgebühr, nicht nach fiktiven Wahlanwaltsgebühren.
2 W 266/08

Beschluss

In der Beratungshilfesache

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht R., den Richter am Oberlandesgericht Dr. L. und den Richter am Oberlandesgericht Dr. L. am 9. Dezember 2008 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde der Antragsteller vom 12. November 2008 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 31. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die gemäß §§ 55, 56, 33 Abs. 6 RVG statthafte und vom Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zugelassene weitere Beschwerde ist zulässig, insbesondere form und fristgerecht eingelegt. Sie hat in der Sache allerdings keinen Erfolg.

1. Die Sache hat entgegen der Ansicht des Landgerichts keine grundsätzliche Bedeutung, insbesondere ist die Frage, nach welcher Gebühr sich die Pauschale gemäß Nr. 7002 VV-RVG bei einer Tätigkeit des Rechtsanwalts im Rahmen der Beratungshilfe richtet, bereits einhellig obergerichtlich entschieden. Sämtliche bisher mit dieser Rechtsfrage befassten Oberlandesgerichte vertreten übereinstimmend die Auffassung, dass sich die Pauschale nach Nr. 7002 VV-RVG bei einer Tätigkeit im Rahmen der Beratungshilfe nach den tatsächlich entstandenen Gebühren richtet und nicht nach den fiktiven Gebühren eines Wahlanwaltes (vgl. OLG Düsseldorf, RVG-Report 2007, 467. OLG Bamberg JurBüro 2007, 645. OLG Nürnberg MDR 2008, 1003. OLG Dresden AGS 2008, 559). Soweit der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg in einem Beschluss vom 7. November 2006 die Auffassung vertreten hatte, in einem Beratungshilfeverfahren bemesse sich die Gebühr der Nr. 7002 VV-RVG nach den hypothetischen Wahlanwaltsgebühren, hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg in seiner in Bezug genommenen Entscheidung vom 20. Juni 2008 darauf hingewiesen, dass der 5. Zivilsenat auf Anfrage mitgeteilt habe, dass er an der im Beschluss vom 7. November 2006 vertretenen Rechtsansicht nicht mehr festhalte. der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg habe mitgeteilt, dass er sich in einem weiteren dort anhängigen Beschwerdeverfahren ebenfalls der Auffassung anschließen möchte, die Auslagenpauschale sei aus der konkret angefallenen Gebühr zu berechnen. Mithin wird inzwischen obergerichtlich einhellig die Auffassung vertreten, dass die Gebühr nach der im Beratungshilfeverfahren angefallenen Gebühr der Nr. 2501 ff. VV-RVG zu berechnen ist. Da nach dem im Gesetz geregelten Beschwerdeverfahren die Oberlandesgerichte in letzter Instanz entscheiden und zu der hier streitigen Rechtsfrage, kann der Sache grundsätzliche Bedeutung nicht zukommen.

Allerdings ist der Senat aufgrund der Zulassung der weiteren Beschwerde verpflichtet, gleichwohl in der Sache zu entscheiden.

2. Mit Recht haben sowohl das Amtsgericht Sulingen, als auch das Landgericht Verden gemeint, dass sich die Pauschale für Entgelte für Post und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV-RVG in Höhe von 20 % der im Beratungshilfeverfahren tatsächlich verdienten anwaltlichen Gebühren berechnet. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungen der anderen Oberlandesgerichte Bezug genommen. Lediglich im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen der Antragsteller und teilweise ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

Entgegen der Ansicht der Antragsteller ist der Wortlaut der Nr. 7002 VV-RVG weder völlig offen, noch lässt er die Deutung zu, die Pauschale könne nach fiktiven Wahlanwaltsgebühren berechnet werden. Nach Nr. 7002 VV-RVG beträgt die Pauschale für Entgelte für Post und Telekommunikationsdienstleistungen "20 % der Gebühren - höchstens 20,00 EUR". Damit stellt der Gesetzestext auf eine Prozentzahl "der Gebühren" ab. Damit können lediglich die tatsächlich entstandenen Gebühren gemeint sein. Das folgt daraus, dass andernfalls geregelt sein müsste, nach welchen fiktiven anderen Gebühren die Pauschale zu berechnen wäre. Nachdem die Nr. 7002 VV-RVG eine solche Regelung aber nicht enthält, vielmehr für sämtliche anwaltlichen Gebührentatbestände einheitlich die Entgelte durch die Pauschale regelt und nicht zweifelhaft ist, dass bei diesen anwaltlichen Tätigkeiten stets nach den tatsächlich verdienten Gebühren abgerechnet wird, ist gemäß dem Wortlaut der Bestimmung auch in Beratungshilfesachen nach den tatsächlich entstandenen Gebühren abzurechnen.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei der Regelung des Nr. 7002 VV-RVG normieren wollte, dass die Entgeltpauschale in Beratungshilfesachen anders als in allen anderen Fallgruppen nach fiktiven Gebühren berechnet werden sollte. Wenn die Antragsteller in diesem Zusammenhang darauf verweisen, dass die Vorschrift des § 133 Satz 2 BRAGO nicht in das RVG übernommen worden ist, ergibt sich aus der Streichung dieser Vorschrift nichts für die Ansicht der Antragsteller Günstiges. Diese verkennen den Regelungsinhalt des § 133 Satz 2 BRAGO und dessen Sinn und Zweck.

Früher waren die Beratungshilfegebühren nicht in der BRAGO geregelt, sondern im BerHG. Die Vorschrift des § 133 BRAGO war eingeführt worden, weil es sich bei den Beratungshilfegebühren nicht um eine gesetzliche Vergütung nach der BRAGO handelt, weshalb eine Bezugnahme für die Postentgeltpauschale notwendig erschien. Der Sinn und Zweck des § 133 Satz 2 BRAGO bestand allein darin, klarstellend zu regeln, dass die Postentgeltpauschale nach § 26 Satz 2 BRAGO sich auch in Beratungshilfesachen nach der tatsächlich verdienten Beratungshilfegebühr zu richten hatte. Nachdem § 26 Satz 2 BRAGO für die Berechnung der Auslagen ganz allgemein auf die "gesetzlichen Gebühren" abstellte und damit eben auch Bezug auf die gesetzlich geregelte Beratungshilfegebühr nahm, war die Regelung in § 133 Satz 2 BRAGO eigentlich obsolet geworden und diente allein der Klarstellung. Der Gesetzgeber des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, der die BRAGO aufhob und das RVG geschaffen hat, hat lediglich hierauf regiert und eine dem § 133 Satz 2 BRAGO entsprechende Vorschrift erst gar nicht mehr in das RVG übernommen, weil sie überflüssig war. Nachdem der Gebührentatbestand der Nr. 7002 VV-RVG allgemein auf "Gebühren" abstellt und nicht zweifelhaft ist, dass auch die Beratungshilfegebühren Gebühren in diesem Sinne sind, bedurfte es einer klarstellenden Regelung nicht (vgl. Norbert Schneider, Anm. zu OLG Dresden AGS 2008, 60).

Hätte der Gesetzgeber tatsächlich beabsichtigt, abweichend von der bisherigen gesetzlichen Regelung die Entgeltpauschale nicht mehr nach den gesetzlichen Gebühren zu berechnen, sondern vielmehr nach fiktiven Wahlanwaltsgebühren, wäre im Übrigen zu erwarten, dass dieses in den Gesetzgebungsmaterialien an irgendeiner Stelle Erwähnung gefunden hätte. An keiner Stelle im Gesetzgebungsverfahren findet sich jedoch ein Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber eine sachliche Änderung der bisherigen Rechtslage herbeiführen wollte. Hinzu kommt, dass es erklärtes Ziel des Gesetzgebers war, das Kostenrecht "transparenter und einfacher" zu gestalten (BTDrucks. 15/1971, Seite 1). Die Berechnung der Entgeltpauschale nach fiktiven Anwaltskosten wäre jedoch erheblich aufwändiger und komplizierter als die Berechnung in Höhe von 20 % der gesetzlich geregelten Beratungshilfegebühren. Hätte der Gesetzgeber tatsächlich für die Berechnung der Entgeltpauschale in Abkehr von der allgemeinen Zielsetzung des Gesetzes ein kompliziertes Berechnungsverfahren vorsehen wollen, nur um im Einzelfall eine um maximal 6 EUR höhere Gebühr zu schaffen, hätte dies im Gesetzgebungsverfahren an irgendeiner Stelle Erwähnung finden müssen, was nicht der Fall ist.

Das Argument der Antragsteller, dem in der Beratungshilfe tätigen Rechtsanwalt würde der Ersatz seiner Auslagen im Vergleich zum so genannten Wahlanwalt wesentlich erschwert werden, trifft nicht zu. Der Hinweis der Antragsteller hierzu, die Vergütung der Tätigkeit des Rechtsanwalts im Bereich der Beratungshilfe sei in der Regel nicht kostendeckend, mag zwar richtig sein. Das kann und darf aber kein Anlass sein, die Entgeltpauschale für Post und Telekommunikation, die allein die tatsächlichen Aufwendungen des Rechtsanwaltes hinsichtlich dieser Unkosten abdecken soll, zur Erhöhung der als unangemessen niedrig empfundenen Beratungshilfegebühr heranzuziehen. Mit einer Pauschale in Höhe von 14 EUR netto sind in Beratungshilfesachen die tatsächlichen Ausgaben des Rechtsanwaltes für Post und Telekommunikation im Regelfall mehr als angemessen abgegolten. Dies belegt auch der Streitfall. Die Antragsteller haben in ihrem Vergütungsantrag ausgeführt, ihre Tätigkeit habe in der Erstellung eines Schreibens vom 27. Februar 3008 (gemeint ist offensichtlich 2008) bestanden. Selbst wenn noch das eine oder andere Mal telefoniert worden sein sollte, werden tatsächliche Unkosten in Höhe von 14 EUR offenkundig nicht ansatzweise erreicht. Sollte tatsächlich in der einen oder anderen Angelegenheit ein höherer Aufwand erforderlich sein, bleibt es dem Anwalt im Übrigen unbenommen, wie in jeder anderen Angelegenheit die Ausgaben konkret zu berechnen und geltend zu machen. Falls die gesetzliche Regelung über die Vergütung in Beratungshilfesachen tatsächlich unangemessen sein sollte, könnte allein der Gesetzgeber diese Unbilligkeit beseitigen. Dagegen ist es nicht Aufgabe der Instanzgerichte, die von den Antragstellern als unbillig empfundene Gesetzgebung zu korrigieren.

Die Kostenentscheidung rechtfertigt sich aus § 56 Abs. 2 Sätze 2, 3 RVG.

Ende der Entscheidung

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