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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 15.10.2007
Aktenzeichen: 2 W 93/07
Rechtsgebiete: VV RVG, BGB
Vorschriften:
VV RVG Nr. 1000 | |
BGB § 779 |
2 W 93/07
Beschluss
In der Beschwerdesache
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Richter am Amtsgericht Dr. L. als Einzelrichter am 15. Oktober 2007 beschlossen:
Tenor:
Die am 1. August 2007 beim Landgericht Hannover eingegangene sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den am 26. Juli 2007 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hannover vom 20. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
Der Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 673,54 EUR.
Gründe:
I.
Die Verfügungsklägerin beantragte beim Landgericht Hannover den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Verfügungsbeklagten, wonach es der Verfügungsbeklagte unter Androhung eines Ordnungsgeldes zu unterlassen hatte, öffentlich oder privat gegenüber Dritten direkt oder indirekt zu behaupten, dass die Verfügungsklägerin unseriös oder aufgrund von Wirtschaftsdelikten rechtskräftig verurteilt worden sei. Im daraufhin anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung schlossen die Parteien einen Vergleich mit u. a. folgendem Inhalt:
I. Der Beklagte verpflichtet sich, es künftig zu unterlassen, öffentlich oder Dritten gegenüber direkt oder indirekt zu behaupten, das der Antragsteller oder andere Anbieter von "V. GmbH" unseriös sind oder aufgrund von Wirtschaftsdelikten rechtskräftig verurteilt worden sind.
Ihm bleibt allerdings vorbehalten, sofern er andere Anbieter nennen kann, die tatsächlich rechtskräftig verurteilt worden sind, über diese entsprechende - zutreffende - Tatsachenbehauptungen aufzustellen.
II. Der Antragsgegner wird seinen InternetAuftritt in einer Woche entsprechend Ziffer I des Vergleichs ändern.
III. Der Beklagte verpflichtet sich, für jeden Fall der Zuwiderhandlung an den Kläger eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.000, EUR zu zahlen.
Auf Antrag der Verfügungsklägerin setzte das Landgericht Hannover - Rechtspflegerin - mit Beschluss vom 20. Juli 2007 die zu erstattenden Kosten fest, wobei auch eine Einigungsgebühr zuzüglich Umsatzsteuer in Ansatz gebracht wurde. Gegen diesen Beschluss, der dem Verfügungsbeklagten am 26. Juli 2007 zugestellt worden ist, hat der Verfügungsbeklagte sofortige Beschwerde eingelegt.
II.
Die gemäß den §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 568 ZPO zulässige, insbesondere form und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde, ist nicht begründet.
Die Rechtspflegerin hat im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. Juli 2007 zu Recht eine Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 VVRVG zuzüglich hierauf entfallende Umsatzsteuer in Ansatz gebracht. Das Vorbringen im Rahmen der sofortigen Beschwerde rechtfertigt keine andere Bewertung.
Gem. Nr. 1000 Abs. 1 VVRVG entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, Die Einigungsgebühr entsteht mithin grundsätzlich bei jeder Absprache über ein Verfahren, wobei es im Gegensatz zum alten Recht nicht mehr eines Vergleichs i. S. von § 779 BGB bedarf, d. h. ein gegenseitiges Nachgeben ist - worauf die Rechtspflegerin des Landgerichts zutreffend hingewiesen hat - nicht mehr erforderlich (vgl. BGH AGS 2007, 57 f., zitiert nach JURIS Rdz. 5; BGH AGS 2007, 366 f., zitiert nach JURIS Rdz. 6). Das Entstehen einer Einigungsgebühr ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil sich der zwischen den Parteien geschlossene Vergleichsvertrag ausschließlich auf ein Anerkenntnis beschränkt (Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VVRVG).
Wie schon der Vergleichstext zeigt, erschöpft sich der Vergleich nicht in einem uneingeschränkten Anerkenntnis. Der Verfügungsbeklagte behält sich vielmehr vor, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (rechtskräftige Verurteilung anderer Anbieter von "V. GmbH") die von der Verfügungsklägerin beanstandeten Behauptungen aufzustellen. Diesen Vorbehalt hat die Verfügungsklägerin mit dem Abschluss des Vergleichs akzeptiert, so dass bereits angesichts dieser Regelung von einem (wenn auch) geringfügigen Entgegenkommen des Klägers auszugehen ist.
Die Anwendung von Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VVRVG scheidet im Übrigen auch deshalb aus, weil sich der Vergleich nicht in einem bloßen Anerkenntnis des mit der Klage geltend gemachten (prozessual) Anspruchs erschöpft. Den Gesetzgebungsmotiven lässt sich entnehmen, dass die Ausnahmeregel von Nr. 1000 Abs. 1 Satz Halbsatz 2 VVRVG zumindest dann nicht eingreift, wenn der Vergleich weitergehende Verpflichtungen des Beklagten erfasst, die mit dem in der Klage geltend gemachten (prozessualen) Anspruch nicht identisch sind. So wird in den Motiven zum Kostenrechtsmodernisierungsgesetz zu Nr. 1000 VVRVG ausgeführt, dass die vorgenannte Einschränkung deshalb notwendig sei, damit nicht schon die Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs die Gebühr auslösen könne. Da sich der Verfügungsbeklagte im Vergleich auch zur Änderung seiner Internetpräsentation verpflichtet und ein Vertragsstrafeversprechen abgegeben und somit Ansprüche anerkannt hat, die nicht Gegenstand des ursprünglichen Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung waren, scheidet wegen dieses qualitativen "Mehr" die Anwendung von Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VVRVG aus. Allein diese Auslegung wird auch dem Gesetzeszweck der Nr. 1000 VVRVG gerecht. Durch die zusätzliche Gebühr des Nr. 1000 VVRVG soll die mit einer Einigung verbundene Mehrbelastung und erhöhte Verantwortung der beteiligten Rechtsanwälte vergütet werden (vgl. BGH a. a. O.). Von einer entsprechenden Mehrbelastung bzw. erhöhten Verantwortung der Rechtsanwälte ist jedenfalls dann auszugehen, wenn die vertragliche Einigung weitere Punkte betrifft, die nicht Gegenstand des ursprünglichen Klageantrags waren und deren Regelung weitergehende Prüfungen bzw. weitere Beratungstätigkeit des Rechtsanwalts erforderlich macht.
Ende der Entscheidung
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