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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 13.06.2002
Aktenzeichen: 22 U 104/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 2325
1. Bei der Bewertung einer Grundstücksschenkung mit Wohnrechtsvorbehalt gemäß § 2325 II 2 BGB ist der Jahresnutzwert des Wohnrechts als künftig wiederkehrende Gegenleistung auf den Zeitpunkt der Übertragung mit dem sich aus Anlage 9 zu § 14 Bewertungsgesetz in der bei Vertragsschluss maßgeblichen Fassung zu kapitalisieren.

2. Wegen des einer Grundstücksübertragung gegen Einräumung eines Wohnrechts innewohnenden Risikos der künftigen Entwicklung bleibt der spätere tatsächliche Verkauf zwischen Vertragsschluss und Erbfall unberücksichtigt (abw. OLG Oldenburg NJW-RR 1999, 734). Ein angemessener Abschlag von dem sich aus Anlage 9 zu § 14 Bewertungsgesetz ergebenden Kapitalisierungsfaktor ist ausnahmsweise dann vorzunehmen, wenn bereits bei Vertragsschluss mit dem baldigen Ableben des Erblassers gerechnet werden musste, dieser Umstand beiden Vertragsschließenden bekannt war, und der Erblasser auch tatsächlich kurze Zeit nach Vertragsschluss verstorben ist.


22 U 104/01 (6. ZS)

Verkündet am 13. Juni 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 28. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### und den Richter am Oberlandesgericht ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23. April 2001 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Verden teilweise abgeändert. Die Klage wird weiter abgewiesen, soweit die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt worden sind, an die ####### mehr als 7.850,37 Euro (= 15.353,98 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 15. August 1998 zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Parteien je zur Hälfte. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 82 % und die Beklagten 18 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zum Teil begründet. Die Klage ist weiter abzuweisen, soweit die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt worden sind, an die ####### mehr als 15.353,98 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15. August 1998 zu zahlen. Über die Berufung der Klägerin war nicht mehr zu befinden, nachdem sie diese in der mündlichen Verhandlung vom 28. Mai 2002 zurückgenommen hat.

Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Pflichtteilsanspruch gem. § 2303 Abs. 1 BGB sowie ein Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 Abs. 1 BGB zu. Ihr Anteil beläuft sich jeweils auf 1/6 des tatsächlichen Nachlasses abzüglich der Nachlassverbindlichkeiten (Pflichtteil) sowie des fiktiven Nachlasses (Pflichtteilsergänzungsanspruch). Hierbei kann offen bleiben, ob der nicht am Rechtsstreit beteiligte ####### ebenfalls ein Sohn des am 4. Juli 1998 verstorbenen Erblassers ####### ist. Der Erblasser hatte in dem Testament vom 14. März 1994 zwar angegeben, es handele sich nicht um seinen leiblichen Sohn. Vielmehr habe er diesen nur anerkannt (Bl. 22 d. A.). Die Klägerin hat indessen selbst vorgetragen, ####### sei ein leiblicher Abkömmling des Erblassers (Bl. 166, 250 d. A.) und entsprechend ihren Pflichtteil mit 1/6 berechnet.

Hiervon ausgehend ergibt sich folgende Berechnung:

1. Pflichtteil

a) Aktivnachlass

Unstreitig fallen in den Nachlass folgende Beträge:

Kontoguthaben 6.526,13 DM (Bl. 23, 116, 216 d. A.)

Sterbegeld AOK 2.100,00 DM (Bl. 23, 216 d. A.)

Sterbeversicherung 8.000,00 DM (Bl. 172, 216 d. A.)

Gewinnsparen 126,00 DM (Bl. 24, 216 d. A.)

Gesamt 16.752,13 DM.

Zu Recht nicht berücksichtigt hat das Landgericht die von der Klägerin weiterhin angesetzten 5.000 DM für Hausratgegenstände (LGU 4). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf den Beschluss des Senats vom 16. Mai 2002 zu Ziff. 2 a) verwiesen, mit dem der Antrag der Klägerin, ihr Prozesskostenhilfe auch für die von ihr eingelegte Berufung zu gewähren, zurückgewiesen worden ist.

b) Nachlassverbindlichkeiten

Das Landgericht hatte Nachlassverbindlichkeiten von 8.316,96 DM berücksichtigt (LGU 4). Diesen im Einzelnen nicht spezifizierten Betrag hatte die Klägerin erstinstanzlich vorgetragen (Bl. 23 d. A.). Dem waren die Beklagten nicht entgegengetreten.

Erstmals im Berufungsverfahren behaupten die Beklagten nunmehr, es seien tatsächlich Nachlassverbindlichkeiten von 13.300,74 DM angefallen (Bl. 219 d. A.). Belege haben die Beklagten für die einzelnen Positionen zwar nicht vorgelegt. Sie haben indessen vorgetragen, der Klägerin diese mit dem außergerichtlichen Schreiben vom 27. Dezember 1998 übersandt zu haben (Bl. 225 f d. A.). Dem ist die Klägerin nicht mit Substanz entgegengetreten. Sie hat vielmehr ausdrücklich eingeräumt, die entsprechenden Belege erhalten zu haben (Bl. 235 d. A.). Soweit sie ergänzend ausführt, die vom Landgericht angesetzten Kosten von 8.316,96 DM seien zutreffend, fehlt es diesem Vortrag an der hinreichenden Substanz. Die Klägerin hätte schon im Einzelnen darlegen müssen, wie sich die von ihr erstinstanzlich vorgetragenen Nachlassverbindlichkeiten von 8.316,96 DM zusammensetzen und weshalb die von den Beklagten aufgeführten Kosten nicht zutreffend sein sollen.

Die im Einzelnen aufgelisteten Kosten von 13.300,74 DM sind mithin als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen. Nicht anzusetzen sind demgegenüber die von den Beklagten zusätzlich geltend gemachten 6.000 DM für Grabpflege. Diese Kosten fallen nicht unter die Beerdigungskosten gem. § 1968 BGB, da sie keiner rechtlichen, sondern nur einer sittlichen Verpflichtung des Erben entspringen (BGHZ 61, 238; Palandt, § 1968 Rdnr. 5).

Es verbleibt somit unter Abzug der Verbindlichkeiten ein Nachlass in Höhe von 3.451,39 DM, von dem die Klägerin als Pflichtteil 1/6, d. h. 575,23 DM beanspruchen kann.

2. Pflichtteilsergänzung

Gem. § 2325 Abs. 1 BGB kann der Pflichtteilsberechtigte ferner, wenn der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht hat, als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.

a) Hausgrundstück

Zu berücksichtigen ist hierbei das Hausgrundstück, welches den Beklagten durch den Erblasser mit Vertrag vom 28. November 1995 im Wege vorweggenommener Erbfolge übertragen wurde. Bei diesem Vertrag handelt es sich um eine Schenkung unter Auflage der Einräumung des lebenslangen unentgeltlichen Wohnrechts zugunsten des Erblassers, die mit Hilfe des geschenkten Grundstücks zu erfüllen ist und den Wert des Geschenkes entsprechend mindert.

Nach dem Niederstwertprinzip des § 2325 Abs. 2 S. 2 BGB kommt eine nicht verbrauchbare Sache - wie hier das Hausgrundstück - mit dem Wert in Ansatz, den sie zur Zeit des Erbfalls hatte. Hatte der Gegenstand zur Zeit der Schenkung dagegen einen geringeren Wert, so wird nur dieser in Ansatz gebracht. Zur Feststellung des danach maßgeblichen Wertes ist der Wert des Grundstücks im Zeitpunkt des Schenkungsvollzuges (zunächst ohne Berücksichtigung des Wohnrechts) nach den Grundsätzen über die Berechnung des Kaufkraftschwundes auf den Tag des Erbfalls umzurechnen und in dieser Höhe dem Wert des Grundstücks im Zeitpunkt des Erbfalls gegenüberzustellen (BGH, NJW 1996, 705, 707). Liegt als Ergebnis dieser Vergleichsberechnung der Wert des Grundstücks im Zeitpunkt des Schenkungsvollzuges unter dem Wert im Zeitpunkt des Erbfalls und kommt es daher auf den Zeitpunkt der Schenkung an, so ist der hierfür festgestellte Betrag aufzuteilen in den Wert des Wohnrechts, das der Erblasser sich hat einräumen lassen, einerseits und den Wert des verbleibenden Grundstückseigentums andererseits (BGH, a. a. O. zum Wohnrecht sowie BGHZ 125, 395, 397; 118, 49, 51 zum Nießbrauch). Nur den so ermittelten Restwert des Grundeigentums hat der Erblasser nämlich im Zeitpunkt der Schenkung aus seinem Vermögen ausgegliedert. Dieser ist sodann unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes auf den Todestag des Erblassers umzurechnen (BGH, NJW-RR 1996, 705, 707).

(1) Bewertung des Hausgrundstücks

Hier haben die Beklagten das Hausgrundstück Ende 1998/Anfang 1999 für 120.000 DM veräußert. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass dieser erzielte Verkaufserlös dem Wert des Grundstücks im Zeitpunkt des Erbfalls am 4. Juli 1998 entsprach. Davon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus. Demgegenüber steht der vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte für den Bereich des Landkreises ####### zum Wertermittlungsstichtag 1. Dezember 1995 festgestellte Wert des Hausgrundstücks (ohne Wohnrecht) von 110.000 DM. Unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes (Index 1995: 100,0 sowie Index 1998: 104,3; vgl. Palandt, BGB, 61. Aufl., § 1376 Rdnr. 29) ergibt sich ein Betrag von 114.730 DM. Da dieser niedriger liegt als der Wert im Zeitpunkt des Erbfalls, ist mithin der Wert im Zeitpunkt des Schenkungsvollzugs zugrundezulegen.

Soweit das Landgericht demgegenüber davon ausgegangen ist, der Wert von 120.000 DM im Zeitpunkt des Erbfalls sei der niedrigere gewesen, kann dem nicht gefolgt werden. Das Landgericht hatte zur Begründung darauf abgestellt, unstreitig seien nach der Übertragung des Grundstücks auf die Beklagten keine wertsteigernden Maßnahmen an dem Grundstück mehr durchgeführt worden. Es könne deshalb ausgeschlossen werden, dass zum Zeitpunkt der Übergabe der Grundstückswert unter dem im Zeitpunkt des Erbfalls gelegen habe (LGU 4 f.). Diese Begründung vermag indessen nicht zu überzeugen. Zum einen setzt sich das Landgericht nicht konkret mit dem Verkehrswertgutachten des Gutachterausschusses auseinander und legt nicht dar, weshalb der von diesem ermittelte Wert von 110.000 DM unzutreffend sein soll. Zum anderen kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass alleine der Umstand nicht durchgeführter Reparaturen zwischen Ende 1995 und dem Erbfall im Juli 1998 einen Wertverlust des Grundstücks herbeigeführt hat. Abgesehen davon, dass die Beklagten jedenfalls im Berufungsrechtszug behauptet haben, zwischen Grundstücksübertragung und Erbfall werterhöhende Maßnahmen durchgeführt zu haben (Bl. 238 f d. A.), ist es gerichtsbekannt, dass in den neunziger Jahren die Preise für Hausgrundstücke infolge der allgemeinen Marktentwicklung in der Regel stärker gestiegen sind als die allgemeinen Lebenshaltungskosten. Schließlich ist auch noch ein etwaiges Verhandlungsgeschick der Beklagten bei der Veräußerung des Hauses in Rechnung zu stellen. Ein Rückschluss von dem Verkaufserlös Ende 1998/Anfang 1999 auf den Wert im Zeitpunkt der Übertragung ist hier deshalb nicht möglich.

(2) Bewertung des Wohnrechts

Abzuziehen von dem somit maßgeblichen Wert des Hausgrundstücks von 110.000 DM im Zeitpunkt der Schenkung ist das dem Erblasser eingeräumte Wohnrecht. Dessen Jahreswert hat der Gutachterausschuss mit 5.909 DM ermittelt (Bl. 61 f d. A.). Hiervon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus. Der Jahresnutzwert des Wohnrechts ist als künftig wiederkehrende Gegenleistung auf den Zeitpunkt der Übertragung (1995) mit dem Faktor 4,228 für Männer mit vollendetem 82. Lebensjahr auf 24.983,25 DM zu kapitalisieren. Dieser Faktor ergibt sich aus Anlage 9 zu § 14 Bewertungsgesetz in der zum Zeitpunkt der Übertragung gültigen Fassung vom 26. Juni 1993 (BGBl. 1993 I 971).

Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann hier demgegenüber nicht nur von der tatsächlichen Dauer der Nutzung des Wohnrechts zwischen Übergabevertrag und Erbfall von 2 Jahren und 7 Monaten ausgegangen werden. Die Zugrundelegung der tatsächlich abgelaufenen Zeit hat bei der Bemessung des Wertes der Gegenleistung generell außer Betracht zu bleiben, da der Wert der Gegenleistung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zugrundezulegen ist, in dem die spätere Entwicklung noch gar nicht absehbar ist. Der Grundstücksübertragung gegen Einräumung eines Wohnrechts oder Nießbrauchs wohnt insoweit ein Risikofaktor für beide Vertragsteile inne. Dieser darf nicht dadurch umgangen werden, dass nachträglich auf die tatsächliche Entwicklung abgestellt wird.

Soweit darüber noch hinausgehend die Ansicht vertreten wird, bei einem kurzen Zeitraum zwischen Vertragsschluss und Erbfall sei überhaupt kein Abzug vorzunehmen, vermag der Senat dem aus den genannten Gründen ebenfalls nicht zu folgen (so etwa OLG Oldenburg NJW-RR 1999, 734, 735, wonach ein Zeitraum von nur 14 Monaten zwischen Schenkung und Erbfall nach dem Grundsatz eines billigen Interessenausgleichs keine Wertminderung rechtfertigen soll). Zuzugeben ist dieser Auffassung zwar, dass kein sachlicher Grund besteht, warum ein Wohnrecht nur in Fällen berücksichtigt werden soll, in denen auf den Wert des Grundstücks im Zeitpunkt der Schenkung abzustellen ist, da Wertsteigerungen bis zum Zeitpunkt des Erbfalls regelmäßig nicht in einem inneren Zusammenhang mit dem Wohnrecht stehen und insoweit zufälliger Natur sind (vgl. OLG Oldenburg, a. a. O.). Dem hat der Senat indessen dadurch Rechnung getragen, dass zur Vermeidung willkürlicher und zufälliger Ergebnisse bei der Bewertung des Grundstücks der Nießbrauch unabhängig davon abzuziehen ist, ob der Wert des Geschenks beim Erwerb durch den Beschenkten oder beim Erbfall maßgebend ist (OLGR 2002, 110, 111 unter Abweichung von BGHZ 118, 49, 50). Nichts anderes hat zu gelten, wenn - wie hier - statt eines Nießbrauchs ein Wohnrecht zugunsten des Erblassers eingeräumt wurde.

Eine Einschränkung vom Grundsatz einer schematisierten Bewertung des Wohnrechts nach Anlage 9 zu § 14 Bewertungsgesetz ist allenfalls dann zuzulassen, wenn der Erblasser im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits schwer erkrankt war, mit seinem baldigen Ableben jederzeit gerechnet werden musste, diese Umstände auch beiden Vertragsparteien bewusst waren, und der Erblasser tatsächlich kurze Zeit nach Vertragsschluss verstorben ist. Auch in derartigen Fällen ist indessen nicht auf die tatsächliche Entwicklung zwischen Vertragsschluss und Erbfall abzustellen, da diese auch hier wegen des bestehenden Risikos der weiteren Entwicklung bei Vertragsschluss nicht genau vorhersehbar war. Vielmehr ist diesem Umstand eines voraussehbaren baldigen Ablebens durch einen angemessenen Abschlag des Kapitalisierungfaktors Rechnung zu tragen.

Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier indessen nicht vor. Zwar hatten die Beklagten selbst vorgetragen, der Erblasser sei seit Mitte 1993 schwerpflegebedürftig gewesen (Bl. 115 d. A.). Er habe unter einer Oberschenkelamputation, einem primären Parkinsonsyndrom, Altersdemenz, Schlafstörungen und Unruhezuständen, Herz- und Coronarinsuffizienz, einem hirnorganischen Psychosyndrom, cerebrovaskulärer Insuffizienz und Hypertonie gelitten (Bl. 127 d. A.). Auch habe er in nicht unerheblichem Umfang dem Alkohol zugesprochen. Hieraus folgt jedoch nicht, dass der Erblasser im Zeitpunkt des Vertragsschlusses lebensbedrohlich erkrankt war, sodass mit seinem baldigen Ableben zu rechnen gewesen wäre. Tatsächlich hat er auch noch mehr als 2 1/2 Jahre nach Vertragsschluss gelebt. Die Differenz zwischen dem Kapitalisierungsfaktor von 4,228 nach Anlage 9 zu § 14 Bewertungsgesetz und der tatsächlichen Lebensdauer von 2 Jahren und 7 Monaten ist nicht so gravierend, dass ein Abstellen auf den Kapitalisierungsfaktor zu schlechthin unbilligen Ergebnissen führen würde.

Es ergibt sich mithin ein Restwert des Grundeigentums im Zeitpunkt der Schenkung (1995) von 85.016,75 DM (110.000 DM abzüglich 24.983,25 DM). Unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes errechnet sich hieraus ein Wert im Zeitpunkt des Erbfalls (1998) von 88.672,47 DM und damit ein Pflichtteilergänzungsanspruch der Klägerin von 14.778,75 DM.

bb) Schenkungen des Erblassers an die Beklagten

Ein höherer Pflichtteilsergänzungsanspruch kommt nicht in Betracht. Soweit die Klägerin insoweit einen Barbetrag von 42.973,93 DM berücksichtigt wissen will, hat sie nicht mit hinreichender Substanz vorgetragen, dass der Erblasser in diesem Umfang Schenkungen an die Beklagten vorgenommen hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auch insoweit auf den Beschluss des Senats vom 16. Mai 2002 zu Ziff. 2 b) verwiesen, mit dem der Antrag der Klägerin, ihr Prozesskostenhilfe auch für die von ihr eingelegte Berufung zu gewähren, zurückgewiesen worden ist.

Der Klägerin steht mithin insgesamt ein Betrag von 15.353,98 DM zu (575,23 DM Pflichtteil zuzüglich 14.778,75 DM Pflichtteilsergänzung).

4 % Zinsen hierauf kann die Klägerin gem. § 284 Abs. 1, § 288 Abs. 1 BGB a. F. bereits ab 15. August 1998 verlangen. Zwar hat die Klägerin mit dem Aufforderungsschreiben der Klägerin vom 4. August 1998 zunächst nur Auskunft und keine Zahlung verlangt (Bl. 64 - 67 d. A.). Diese begehrte Auskunftserteilung diente allerdings in der ersten Stufe zur Vorbereitung der späteren Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs. In diesen Fällen kommt der Schuldner bereits durch eine Mahnung in Verzug, die einem Antrag in einer Stufenklage entspricht (Palandt, § 284 Rdnr. 18).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO n. F. nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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