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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 25.04.2002
Aktenzeichen: 22 U 99/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 2042
BGB § 752
Die unmittelbare Klage einer Miterbin auf Zahlung des auf sie entfallenden Anteils am Nachlass gegen nur einen von mehreren weiteren Miterben ist auch ohne Aufstellung eines zugrundeliegenden Teilungsplans ausnahmsweise dann zulässig, wenn die verklagte Miterbin allein im Besitz des verbliebenen und teilungsreifen Nachlasses ist, und die übrigen nicht verklagten Miterben zuvor im Wege der Absichtung aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden sind oder der begehrten Teilung zugestimmt bzw. in nicht erheblicher Form widersprochen haben.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

22 U 99/01 (6. ZS)

Verkündet am 25. April 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 9. April 2002 durch die Richter am Oberlandesgericht #######, ####### und ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18. April 2001 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim teilweise abgeändert. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 6.449,19 Euro (= 12.613,52 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 24. Oktober 2000 zu zahlen. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist im Wesentlichen begründet.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von weiteren 6.449,19 Euro (= 12.613,52 DM = 50 % von 25.227,04 DM) gem. § 2042 Abs. 1 und 2 BGB i. V. m. § 752 BGB gegen die Beklagte zu 2 sowie aus § 667 BGB gegen den Beklagten zu 1 zu. Bei diesem von der Klägerin mit ihrem Hauptantrag verfolgten Begehren handelt es sich entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung nicht um eine unzulässige gegenständliche oder persönliche Teilerbauseinandersetzung.

1. Der Anspruch des einzelnen Miterben auf Auseinandersetzung aus § 2042 BGB gegen den Willen anderer Miterben richtet sich auf den gesamten Nachlass, sodass i. d. R. keine gegenständliche Teilerbauseinandersetzung verlangt werden kann (Münchener Kommentar, BGB, 3. Aufl., § 2042 Rn. 18; Palandt, BGB, 60. Aufl., § 2042 Rn. 17). Vielmehr hat der klagende Miterbe grundsätzlich einen konkreten Teilungsplan zu erstellen und die übrigen Miterben auf Zustimmung zu verklagen (Palandt, a. a. O., Rn. 16).

Eine gegenständlich beschränkte Auseinandersetzung kann gegen den Willen einzelner Miterben ausnahmsweise aber dann verlangt werden, wenn besondere Gründe dies rechtfertigen, z. B. keine Nachlassverbindlichkeiten mehr bestehen, und dadurch berechtigte Belange der Miterbengemeinschaft oder einzelner Miterben nicht beeinträchtigt werden (BGH, FamRZ 1984, 688, 689; Palandt, a. a. O., Rn. 19).

Zulässig ist darüber hinaus eine unmittelbare Klage auf Zahlung, wenn ein Miterbe den gesamten Barüberschuss des Nachlasses in der Hand hat (BGH, FamRZ 1989, 273, 274; NJW-RR 1989, 1206; Münchener Kommentar, a. a. O., Rn. 66). In derart überschaubaren Fällen können die Miterben Zahlung der jeweils ihnen gebührenden Teilsummen vom Miterbenschuldner verlangen (BGH, a. a. O.; Münchener Kommentar, a. a. O.). Der Zahlungsantrag ist dann dahin auszulegen, dass er sowohl die vorzunehmende Aufteilung des Nachlasses unter die Miterben nach bestimmten Quoten als auch die Erfüllung der sich hieraus für den klagenden Miterben ergebenden Forderung darstellt (BGH, a. a. O.).

Auf dieser Grundlage kann die Klägerin hier unmittelbar Zahlung von den Beklagten verlangen. Zunächst ist überhaupt nicht ersichtlich, dass zum Nachlass außer dem Betrag in Höhe von 25.227, 04 DM, den der Beklagte zu 1 von den dabei aufgelösten Konten der Erblasserin auf ein gemeinsames Konto der Beklagten zu 1 und 2 bei der ####### überwiesen hat (Bl. 14, 34 - 36 d. A.), noch weiteres Vermögen zählt. Entsprechendes hat weder das Landgericht festgestellt noch ergibt sich dies aus dem Parteivorbringen. So hat die Klägerin in der Berufungsinstanz vorgetragen, es handele sich vorliegend nicht um eine Teilauseinandersetzung, sondern um eine Auseinandersetzung des gesamten verbliebenen Nachlasses, nachdem der Schmuck der Erblasserin unter den Miterben aufgeteilt worden sei (Bl. 171 d. A.). Die Beklagten haben dies nicht in Abrede gestellt, sondern lediglich behauptet, der Betrag von 25.227,04 DM stehe nicht mehr in voller Höhe zur Verfügung, weil er sich durch Nachlassverbindlichkeiten vermindert habe (Bl. 186 f d. A.). Dieses Vorbringen ist jedoch unerheblich.

Dem Grunde nach könnten hier zwar Nachlasserbenschulden für den Aufwendungsersatz des Beklagten zu 1 als Beauftragter bzw. Geschäftsführer ohne Auftrag gem. §§ 662, 670 BGB bzw. §§ 677, 683 S. 1, § 670 BGB in Betracht kommen. In der Berufungsinstanz fehlt es hierzu schon an jedem substantiierten Vorbringen. Erstinstanzlich hatte der Beklagte zu 1 zwar behauptet, er habe als Bevollmächtigter für die Erbengemeinschaft Aufwendungen in Höhe von 5.738,60 DM gehabt (Bl. 70 d. A.). Hinzu kämen weitere 724,62 DM für Steuerberaterkosten, Porto, Telefon etc. sowie eine angemessene Aufwandsentschädigung für seine Tätigkeit nach Entzug der Vollmacht (Bl. 70 d. A.).

Diese von der Klägerin bestrittenen Aufwendungen hat der Beklagte zu 1 jedoch nicht mit hinreichender Substanz dargelegt. Vorgelegt hat er lediglich Belege in Höhe von insgesamt 2.240 DM (Bl. 93 f., 98 - 100 d. A.). Die Anwaltsrechnung vom 4. Juli 2000 über 1.500 DM bezieht sich pauschal auf eine 'Beratung und Vertretung der Erbengemeinschaft ####### wegen Erbschaftsangelegenheit #######' (Bl. 98 d. A.). Von einer Tätigkeit auch für die Klägerin ist dort nicht die Rede. Ferner ist nicht ersichtlich, weshalb und mit welchem Ziel hier eine anwaltliche Beratung erforderlich gewesen sein soll. Soweit es um die Geltendmachung von Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen gegen die Miterbin ####### ging, handelt es sich ohnehin nicht um eine Nachlassverbindlichkeit, sondern um eigene Verbindlichkeiten der Erben im Hinblick auf ihre Auseinandersetzungen untereinander. Dasselbe gilt für die von der ####### geforderten weiteren 740 DM für die nachträgliche Erstellung von Buchungsbelegen (Bl. 99 f d. A.). Auch hier ging es nach dem Beklagtenvortrag darum, die Frage zu klären, welche Verfügungen die Erblasserin zu Lebzeiten zugunsten von der Miterbin ####### getroffen hatte (Bl. 94 d. A.). Bei dieser Streitigkeit zwischen den Erben handelt es sich indessen nicht um Nachlassverbindlichkeiten.

Weitere Verbindlichkeiten sind nicht ersichtlich bzw. von den Beklagten nicht substantiiert vorgetragen, sodass hier gegenständlich eine Auseinandersetzung des Nachlasses insgesamt verlangt werden kann. Da die Beklagten den gesamten Barnachlass in Händen haben, weitere Interessen der Miterbengemeinschaft nicht berührt werden und es sich bei der Auseinandersetzung um einen leicht überschaubaren Fall handelt, war es auch zulässig, gegen die Beklagten unmittelbar Zahlungsklage zu erheben und nicht erst auf Zustimmung zum Abschluss eines Teilungsplans zu klagen.

2. Die Klägerin ist ferner berechtigt, die Klage nur gegen die Beklagte zu 2 als eine Miterbin sowie den Beklagten zu 1 als Bevollmächtigten zu erheben. Grundsätzlich kann ein Miterbe zwar nicht verlangen, dass eine persönlich beschränkte Teilauseinandersetzung nur in Bezug auf ihn stattfindet, während die Erbengemeinschaft unter den übrigen Miterben fortbestehen soll (BGH, FamRZ 1984, 688, 689). Auf Zustimmung zum Teilungsplan sind vielmehr alle Miterben zu verklagen, die sich der vorgeschlagenen Auseinandersetzung widersetzen (Münchener Kommentar, § 2042 Rn. 61, 64; Palandt, § 2042 Rn. 18). Diese Voraussetzung ist hier indessen erfüllt.

a) Unerheblich ist zunächst, dass die Klage sich nicht auch gegen die (frühere) Miterbin ####### richtet. Diese ist nämlich durch die privatschriftlichen Vereinbarungen vom 18. und 25. Mai 2000, in denen sie auf ihren Anteil am Nachlass verzichtet hat, wirksam aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden. Eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft insgesamt ist durch die Vereinbarungen zwar nicht erfolgt, da diese sich nur auf das Ausscheiden von ####### bezogen. Es liegt hier auch keine - formunwirksame - Übertragung des Erbanteils der ####### an die übrigen Miterben im Sinne des § 2033 BGB vor.

Zulässig ist jedoch nach überwiegender Auffassung, der sich der Senat anschließt, noch ein dritter formfreier Weg, der zu einer persönlichen Teilerbauseinandersetzung führt (BGH, NJW 1998, 1557; Palandt, a. a. O.). Hiernach können Miterben im Wege der Abschichtung vertraglich gegen Abfindung ihre Mitgliedschaftsrechte an der Erbengemeinschaft aufgeben und dadurch einvernehmlich aus dieser ausscheiden. Als Folge des Ausscheidens wächst der Erbteil des Ausgeschiedenen den verbleibenden Miterben kraft Gesetzes an (a. a. O.). Eine solche Fallgestaltung liegt auch hier vor. Zwar hat die Miterbin ####### auf ihren Erbanteil nicht gegen Zahlung einer Abfindung verzichtet, sondern sich zusätzlich noch zu einer Zahlung verpflichtet, um Pflichtteilsergänzungsansprüche der übrigen Miterben zu erfüllen. Es macht aber in der Sache keinen Unterschied, ob die Miterbin ####### zunächst gegen Zahlung einer Abfindung aus der Erbengemeinschaft ausscheidet und sich dann in einer weiteren Vereinbarung zur Zahlung auf Pflichtteilsergänzungsansprüche der übrigen Miterben verpflichtet, oder ob diese beide Vereinbarungen zusammengefasst werden und sich als Saldo wegen der überschießenden Pflichtteilsergänzungsansprüche noch eine Zahlungsverpflichtung der Miterbin ####### ergibt.

Da ####### mithin im Wege der Abschichtung durch die Vereinbarungen vom 18. und 25. Mai 2000 aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden ist, ist ihr Anteil den übrigen Miterben im Verhältnis ihrer Erbanteile zugeflossen. Dies bedeutet, dass auf die Klägerin ein Anteil von 1/3 + 1/6 = 1/2 sowie auf die Beklagte zu 2, ####### und ####### ein Anteil von je 1/9 + 1/18 = 1/6 entfällt.

b) Dem Anspruch der Klägerin steht ferner nicht entgegen, dass sie die Klage nicht auch gegen die beiden noch verbleibenden und an dem Rechtsstreit nicht beteiligten Miterben ####### und ####### gerichtet hat. Zunächst müssen nur solche Miterben verklagt werden, die sich der begehrten Auseinandersetzung widersetzen (Münchener Kommentar, § 2042 Rn. 61, 64). Dies ist bei der Miterbin ####### unstreitig aber nicht der Fall. Diese hat in ihrem Schreiben vom 15. März 2001 vielmehr ausdrücklich erklärt, mit der von der Klägerin vorgeschlagenen Erbauseinandersetzung zu den oben angegebenen Quoten einverstanden zu sein (Bl. 126 d. A.).

Der Miterbe ####### hat zwar der von der Klägerin beabsichtigten Art der Auseinandersetzung in seinem Schreiben vom 19. August 2001 widersprochen (Bl. 179 d. A.). Das steht indessen der von der Klägerin begehrten Art der Erbauseinandersetzung nicht entgegen. Ist vorliegend - wie oben ausgeführt - eine unmittelbare Klage auf Zahlung ohne vorherigen Teilungsplan möglich, so kann diese sich ohnehin nur gegen die Beklagten und nicht auch gegen den Miterben ####### richten, da der verbliebene Nachlass auf ein gemeinsames Konto der Beklagten zu 1 und 2 überwiesen wurde.

Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, welche schutzwürdigen Interessen des Miterben ####### hier berührt sein sollten. Dieser hat, wie er in seiner Erklärung vom 19. August 2001 selbst noch einmal betont hat, dem Beklagten zu 1 am 12. September 1999 eine Vollmacht für alle irgendwie mit der Nachlasssache zusammenhängenden Rechtsgeschäfte und geschäftsähnlichen Handlungen erteilt, die von ihm oder gegenüber ihm vorgenommen werden können (Bl. 95 d. A.). Die Beklagten haben sich indessen in der Berufungserwiderung der von der Klägerin vorgenommenen Aufteilung des Nachlasses inhaltlich überhaupt nicht widersetzt. Sie haben sich zum einen lediglich auf das formale Argument einer unzulässigen Teilerbauseinandersetzung und zum anderen auf die von ihnen geltend gemachte Berücksichtigung von Nachlassverbindlichkeiten berufen. Letztere sind hier aber - wie oben dargelegt - nicht substantiiert vorgetragen worden. Andere Quoten bei der Erbauseinandersetzung, die die Interessen des Miterben ####### beeinträchtigen könnten, kommen hier nicht in Betracht. Es wäre deshalb überflüssiger Formalismus, wenn die Klägerin zusätzlich noch Klage gegen den Miterben ####### auf Zustimmung zu einem Teilungsplan erheben müsste.

Auf die berechtigte Hauptforderung von weiteren 6.449,19 Euro (=12.613, 52 DM) kann die Klägerin 4 % Zinsen erst ab dem 24. Oktober 2000 verlangen, da die Beklagten erst zu diesem Zeitpunkt durch das anwaltliche Schreiben der Klägerin vom 13. Oktober 2000 (Bl. 29 - 32 d. A.) in Verzug geraten sind (§ 284 Abs. 1 S. 1, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 S. 1 BGB a. F.). Da für einen früheren Verzugseintritt nichts ersichtlich ist, war die Berufung zurückzuweisen, soweit die Klägerin Zinsen bereits ab dem 1. Januar 2000 begehrt.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 92 Abs. 2 Alt. 1, § 708 Nr. 10 und § 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO n. F. für eine Zulassung nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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