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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 09.01.2007
Aktenzeichen: 23 W 35/06
Rechtsgebiete: NGebBefrG, NGO
Vorschriften:
NGebBefrG § 1 Abs. 1 Nr. 2 | |
NGO § 108 Abs. 3 | |
NGO § 108 Abs. 4 |
23 W 35/06
Beschluss
In dem Mahnverfahren
hier: weitere Beschwerde gegen Nichterhebung der Verfahrensgebühr von der Antragstellerin
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### und die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### auf die weitere Beschwerde des Landes N. gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts L. vom 25. Oktober 2006 am 9. Januar 2007 beschlossen:
Tenor:
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Die Kostenbeamtin des Amtsgerichts U. hatte im Rahmen des Kennzifferverteilungsverfahrens die Gebührenbefreiung der Antragstellerin festgestellt, deren alleinige Gesellschafterin die Stadt L. ist, und entsprechend im vorliegenden Mahnverfahren von der Erhebung der Verfahrensgebühr nach Nr. 1110 KV GKG in Höhe von 83 € abgesehen. Der dagegen gerichteten Erinnerung des Bezirksrevisors half das Amtsgericht ab und legte der Antragstellerin die Verfahrenskosten in Höhe von 83 € mit der Begründung auf, die Antragstellerin unterfalle nicht der einzig in Betracht kommenden Gebührenbefreiungsvorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Niedersächsischen Gesetzes über Gebührenbefreiung, Stundung und Erlass von Kosten in der Gerichtsbarkeit (NGebBefrG), weil die Antragstellerin eine selbstständige Kapitalgesellschaft sei und eben gerade nicht eine Gemeinde, ein Landkreis oder ein kommunaler Zusammenschluss öffentlichen Rechts, wie dies der Wortlaut der Norm verlange. Für eine analoge Anwendung der Vorschrift sei mangels erkennbarer Regelungslücke kein Raum.
Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht die Abhilfeentscheidung des Amtsgerichts aufgehoben, die Erinnerung des Bezirksrevisors gegen die Nichterhebung von Gerichtskosten zurückgewiesen und die weitere Beschwerde gemäß § 66 Abs. 6 GKG zugelassen. Das Landgericht ist der Auffassung, die Antragstellerin sei sehr wohl von der Zahlung von Gerichtsgebühren nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 NGebBefrG befreit. Entscheidender Gesichtspunkt sei nämlich, dass die Antragstellerin gemäß § 108 Abs. 3 NGO kein wirtschaftliches Unternehmen sei. Aus § 1 Abs. 1 Nr. 2 NGebBefrG ergebe sich aber schon dem Wortlaut nach, dass Gemeinden von der Gebührenpflicht befreit seien, soweit nicht ihre wirtschaftlichen Unternehmen betroffen sind. Da die Antragstellerin nach der NGO gerade kein wirtschaftliches Unternehmen ist, greife die Gebührenbefreiung. Die Rechtsform der Antragstellerin sei demgegenüber unerheblich. Gegen diese Entscheidung wendet sich nunmehr wiederum der Bezirksrevisor mit der weiteren Beschwerde, mit der er geltend macht, die Auslegung des Landgerichts sei mit dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 2 NGebBefrG nicht zu vereinbaren, weil dieser unmissverständlich voraussetze, dass die Gemeinde selbst Kostenschuldnerin sei, woran es hier gerade fehle, weil beteiligt allein die rechtlich selbstständige Kapitalgesellschaft sei.
II.
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung trifft zu. Sie geht zu Recht davon aus, dass die Antragstellerin gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 NGebBefrG von der Zahlung von Gerichtsgebühren in Zivilsachen vor den ordentlichen Gerichten befreit ist.
Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 NGebBefrG sind Gemeinden, Landkreise und kommunale Zusammenschlüsse öffentlichen Rechts, also auch die Stadt L., von der Zahlung von Gerichtsgebühren in Zivilsachen befreit, soweit die Angelegenheit nicht ihre wirtschaftlichen Unternehmen betrifft. Bei der Antragstellerin handelt es sich bereits nach der eindeutigen Regelung des § 108 Abs. 3 NGO nicht um ein wirtschaftliches Unternehmen, zu dem die Antragstellerin auch nicht dadurch geworden ist, dass sie gemäß § 108 Abs. 4 NGO als Kapitalgesellschaft geführt wird (Beckhof in KVR-NGO § 108 Rdnr. 11 und 21). Deshalb erfasst die Gebührenbefreiung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 NGebBefrG auch die Antragstellerin (ebenso LG Braunschweig, Beschluss vom 17.12.2004, 12 T 1156/04, juris; OLG Naumburg, Beschluss vom 22.10.2001, 13 W 235/01, juris, für die seinerzeit vergleichbare Rechtslage in Sachsen-Anhalt; vgl. dazu auch schon OLG Naumburg, Beschluss vom 01.08.2000, 1 U 77/99, juris).
Entgegen der Auffassung des Bezirksrevisors überschreitet die hier vertretene Auslegung die durch den Wortlaut der Norm gezogene Grenze nicht. Im Gegenteil spricht die einschränkungslose Verwendung des Begriffs "wirtschaftliche Unternehmen" vor dem Hintergrund der Regelung des § 108 NGO dafür, dass es im Zusammenhang mit der Gebührenbefreiung gerade nicht entscheidend auf die Rechtsform der Unternehmung ankommen soll, sondern allein auf die Frage der wirtschaftlichen Betätigung. Diese Auslegung wird im Übrigen auch dem hinter der Befreiungsregelung stehenden Zweck, das Hin- und Herschieben von Geldern zwischen öffentlichen Kassen zu vermeiden, besser gerecht, weil in vorliegender Konstellation die Stadt L. Alleingesellschafterin der Antragstellerin ist und deshalb jedenfalls bei wirtschaft-licher Betrachtung Identität zwischen Stadt und Kapitalgesellschaft besteht. Deshalb lässt sich die Antragstellerin trotz ihrer formalrechtlichen Eigenständigkeit auch ohne durchgreifende Bedenken unter dem Begriff der Gemeinde in § 1 Abs. 1 Nr. 2 NGebBefrG subsumieren. Ob dies auch dann der Fall wäre, wenn die Stadt nur einer von mehreren Gesellschaftern, möglicherweise gar Minderheitsgesellschafter wäre, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 66 Abs. 8 GKG.
Ende der Entscheidung
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