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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 31.05.2006
Aktenzeichen: 3 U 14/06
Rechtsgebiete: BGB, HGB
Vorschriften:
BGB § 31 | |
BGB § 675 | |
HGB § 128 |
Eine anwaltstypische Tätigkeit liegt dann nicht vor, wenn es dem Mandanten bei Abschluss des Treuhandvertrages ersichtlich nur auf die reine Vermögensbetreuung ankam und mit dem Treuhandvertrag keine rechtsberatenden Tätigkeiten verbunden sind bzw. diese derartig in den Hintergrund treten, dass ihnen keine eigenständige Bedeutung zukommt.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 31. Mai 2006
In dem Rechtsstreit
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Landgericht ... für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 30. November 2005 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger verlangt von der beklagten Rechtsanwältin Schadensersatz wegen der Verletzung von Pflichten aus einem Treuhandvertrag durch die Rechtsanwältin H., der der Streit verkündet worden ist. Rechtsanwältin H. war von September 2003 bis April 2004 in der Kanzlei der Beklagten tätig, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob die Tätigkeit im Rahmen einer Sozietät oder als Angestellte erfolgte. Auf dem Briefbogen der Kanzlei war die Streitverkündete ohne weitere Einschränkungen als Rechtsanwältin aufgeführt.
Der Kläger beabsichtigte im Jahr 2003 die Aufnahme eines Kredits in beträchtlicher Höhe. Über ein Zeitungsinserat kam er in Kontakt mit dem Unternehmen
"Exklusiv ... D. D. und O. B.", das ihm die Vermittlung des gewünschten Kredits in Aussicht stellte. Als Provision für einen Kredit in Höhe von 10 Mio. Euro sollte der Kläger an das Vermittlungsunternehmen 200.000,00 EUR zahlen. Es wurde vereinbart, dass die Provision auf ein Treuhandkonto eingezahlt wird und nur dann darüber verfügt werden dürfe, wenn der Kredit auch erfolgreich vermittelt würde. Durch den für das Vermittlungsunternehmen auftretenden O. B. wurde die Streitverkündete als Treuhänderin vorgeschlagen. Am 8. Oktober 2003 unterzeichnete der Kläger im Beisein von Herrn B. und der Streitverkündeten in den Kanzleiräumen der Beklagten einen Treuhandauftrag (Anlage K 1), der nicht auf einem Briefbogen der Kanzlei, sondern auf neutralem Briefpapier gedruckt wurde und in dem der Streitverkündeten die treuhänderische Verwaltung eines Betrages von 200.000,00 EUR übertragen wurde. Ebenfalls am 8. Oktober 2003 unterschrieb der Kläger eine auf die "Kanzlei H. J. & Koll., vertreten durch Frau Rechtsanwältin A. A. H." lautende Vollmacht (Anlage K 4), wobei die Einzelheiten hierzu zwischen den Parteien streitig sind. Schließlich unterzeichnete er bei gleicher Gelegenheit auch einen Darlehensvertrag nebst Anlage über 10 Mio. Euro. Wegen der Einzelheiten des Treuhandauftrages, der Vollmacht und des Darlehensvertrages wird auf die in Kopie vorliegenden Unterlagen (Bl. 6, 57, 41 - 43 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger zahlte die vereinbarten 200.000,00 EUR auf ein Konto der Streitverkündeten ein, das auf dem Briefbogen der Kanzlei nicht als Bankverbindung der Kanzlei genannt wird. In den nachfolgenden Monaten kam es weder zur Auszahlung des Darlehens noch zur Weiterleitung bzw. Rückzahlung der 200.000,00 EUR. Dies führte zu diversen Nachfragen des Klägers, der von Herrn B. immer wieder hingehalten wurde, wobei auch die Streitverkündete beschwichtigend mitwirkte. Schließlich kündigte der Kläger den Treuhandauftrag mit Schreiben vom 21. Juni 2004 gegenüber der Streitverkündeten, die inzwischen aus der Kanzlei der Beklagten ausgeschieden war und ein Büro in H. unterhielt. Die Kündigung widerrief er einige Tage später, nachdem er von dritter Seite erneut beschwichtigt worden war. Auch in der Folgezeit wurde das Darlehen jedoch nicht ausgezahlt, so dass er schließlich die Rückzahlung der hinterlegten 200.000,00 EUR verlangte. Diese waren jedoch nicht mehr verfügbar, weil die Streitverkündete bereits vier Tage nach Einzahlung des Betrages durch den Kläger mittels vier Schecks 95.000,00 EUR von dem Treuhandkonto abgehoben und bis zum 15. Oktober 2003 Barabhebungen in Höhe von weiteren 145.000,00 EUR getätigt hatte. Das Treuhandkonto, auf das das Geld des Klägers und auch Gelder aus weiteren Treuhandaufträgen geflossen war, wurde bereits am 29. Oktober 2003 aufgelöst.
Im Rahmen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gelangte die Staatsanwaltschaft Stade zur Anklage gegen die Streitverkündete wegen Betruges und Untreue in 110 Fällen. Die Streitverkündete wurde zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt.
Mit der Klage hat der Kläger gegenüber der Beklagten Zahlung von 200.000,00 EUR begehrt und die Auffassung vertreten, dass die Beklagte neben der Streitverkündeten als Gesamtschuldnerin hafte, weil der Treuhandvertrag kein Einzelmandat gegenüber der Streitverkündeten gewesen sei, sondern als Anwaltsvertrag mit der Sozietät, die zwischen der Beklagten und der Streitverkündeten bestanden habe, geschlossen worden sei. Er hat behauptet, dass Inhalt des Vertrages nicht nur eine reine Treuhandtätigkeit, sondern auch rechtsberatende Tätigkeit durch die Streitverkündete gewesen sei. Diese habe auf seine Veranlassung hin sowohl den Treuhandauftrag als auch den Darlehensvertrag vor der Unterzeichnung rechtlich geprüft. Der Treuhandauftrag sei auf seine Veranlassung hin auch teilweise abgeändert worden. Er habe den Treuhandvertrag auch mit der Sozietät abschließen wollen, was sich bereits daraus ergebe, dass er eine auf diese lautende Vollmacht erteilt habe. Außerdem habe er sich zuvor über die Seriosität der Kanzlei und insbesondere deren Haftpflichtversicherung erkundigt. Die Gesamtsituation habe sich für ihn so dargestellt, dass auch die Beklagte, die ihn am 8. Oktober 2003 in den Kanzleiräumen empfangen und dann zu der Streitverkündeten geführt habe, eingebunden und über die Tätigkeit der Streitverkündeten informiert gewesen sei.
Die Beklagte hat jede Verantwortlichkeit in Abrede gestellt und behauptet, die Streitverkündete sei bei ihr im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses tätig gewesen. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, es sei kein Vertrag mit der (Schein)Sozietät zustande gekommen, sondern lediglich ein Einzelmandat gegenüber der ohne ihr Wissen handelnden Streitverkündeten erteilt worden. Dies folge zum einen aus dem Umstand, dass der Treuhandvertrag eine reine Vermögensverwaltung und keine anwaltstypischen Aufgaben vorsehe. Zum anderen ergäbe sich sowohl aus dem eindeutigen Wortlaut des Treuhandauftrages als auch aus dem eigenen Verhalten des Klägers, dass Vertragspartnerin nur die Streitverkündete werden sollte. Darüber hinaus hat die Beklagte die Echtheit der vom Kläger vorgelegten Vollmacht sowie die Behauptungen des Klägers zur rechtlichen Beratung durch die Streitverkündete bestritten. Außerdem hat sie behauptet, dass der Kläger etwaige Forderungen gegen die Streitverkündete aus dem Treuhandauftrag abgetreten habe und daher nicht mehr aktivlegitimiert sei.
Zur Abtretung hat der Kläger behauptet, dass durch den Wegfall des der Abtretung zugrunde liegenden Sicherungszwecks die Forderung wieder an den Kläger zurückgefallen sei und die Forderung im Übrigen auch ausdrücklich an den Kläger zurück abgetreten worden sei.
Hinsichtlich der erstinstanzlichen Anträge und der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 148 R - 149 R d. A.).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Vertragliche Ansprüche gegenüber der Beklagten bestünden nicht, weil lediglich ein Einzelmandat der Streitverkündeten begründet worden sei. Zwar sei im Zweifel davon auszugehen, dass ein Mandat allen Anwälten der Sozietät erteilt würde. Hier sei aber aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls das Gegenteil erwiesen. Dafür spreche bereits der äußere Anschein des Treuhandauftrages. Zudem sei Gegenstand der Beauftragung nur eine anwaltsuntypische Aufgabe in Form einer Treuhandtätigkeit gewesen, die nicht im Zusammenhang mit einer rechtsberatenden Tätigkeit gestanden habe. Die vom Kläger vorgetragene Vertragsprüfung habe vielmehr derart im Hintergrund gestanden, dass sie nicht als anwaltliche Rechtsberatung gewertet werden könne. Die Zurechnung deliktischer Ansprüche über § 31 BGB analog i. V. m. § 128 HGB analog komme ebenfalls nicht in Betracht, weil der Kläger keinen Beweis für seine Behauptung angetreten habe, dass die Beklagte und die Streitverkündete eine Sozietät im rechtlichen Sinne gebildet hätten. Zwar habe eine Scheinsozietät bestanden. Dies sei im Rahmen der Zurechnung deliktischer Ansprüche aber nicht ausreichend, weil eine Rechtsscheinshaftung hier nicht in Betracht komme. Für den Fall, dass die Streitverkündete Angestellte der Beklagten gewesen sein sollte, scheitere eine Haftung der Beklagten über § 278 BGB daran, dass wegen des Einzelmandates keine vertraglichen Beziehungen zwischen dem Kläger und der Beklagten entstanden seien.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der weiterhin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 200.000,00 EUR begehrt. Er greift insbesondere die Ausführungen des Landgerichts zur Erteilung eines Einzelmandates an. Die Streitverkündete sei rechtsberatend und damit anwaltstypisch tätig gewesen. Diese Tätigkeit habe auch nicht völlig im Hintergrund gestanden. Im Übrigen habe das Landgericht in seinem Urteil die Beweislastverteilung verkannt. Denn im Zweifel sei von einem Vertrag mit der Sozietät auszugehen. Auch der erkennbare Wille des Klägers habe für einen Vertragsschluss mit der Sozietät gesprochen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Lüneburg vom 30. November 2005 (Az. 3 O 185/05) zu verurteilen, an ihn 200.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Dem Kläger stehen gegenüber der Beklagten weder vertragliche noch gesetzliche Schadensersatzansprüche zu.
1. Dem Kläger stehen keine vertraglichen Schadensersatzansprüche gemäß §§ 675, 280 BGB i. V. m. einer analogen Anwendung der §§ 31 BGB und 128 HGB zu.
Zwar liegen die Voraussetzungen des § 280 BGB vor, weil die Streitverkündete die ihr aufgrund des Treuhandvertrages obliegenden Pflichten im Hinblick auf die vom Kläger eingezahlten 200.000,00 EUR in eklatanter Weise verletzt hat, indem sie absprachewidrig erhebliche Abhebungen von dem Treuhandkonto vornahm und dem Kläger infolge dessen das Geld nicht mehr zurückgezahlt werden konnte.
Diese Pflichtverletzung der Streitverkündeten kann der Beklagten aber nicht zugerechnet werden. Die Haftung von Gesellschaftern einer BGBGesellschaft - und somit grundsätzlich auch die Haftung von Sozien einer Rechtsanwaltssozietät - wird nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Frage der Rechtsfähigkeit einer BGB-Gesellschaft nunmehr als akzessorisch zur Haftung der Gesellschaft angesehen (s. BGH, Urteil vom 29. Januar 2001, II ZR 331/00 - u. a. abgedruckt in WM 2001, 408). Eine Haftung der einzelnen Gesellschafter für vertragliche Ansprüche Dritter gegen die Gesellschaft kann daher zwar grundsätzlich über eine analoge Anwendung der §§ 31 BGB und 128 HGB begründet werden. Vorliegend kommt eine solche Haftung wegen etwaiger Ansprüche aus § 280 BGB aber schon deshalb nicht in Betracht, weil der Treuhandvertrag nicht mit der Sozietät, sondern vielmehr nur mit der Streitverkündeten im Rahmen eines Einzelmandats abgeschlossen wurde.
Zwar schließt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs derjenige, der einen einer Anwaltssozietät angehörenden Rechtsanwalt beauftragt, im Zweifel mit allen der Sozietät angehörenden Rechtsanwälten einen Anwaltsvertrag ab (BGH, Urteil vom 6. Juli 1971, VI ZR 94/69 - u. a. abgedruckt in NJW 1971, 1801; BGH, Urteil vom 8. Juli 1999, IX ZR 338/97 m. w. N. - u. a. abgedruckt in NJW 1999, 3040). Der Anwendung dieses Grundsatzes steht vorliegend auch nicht entgegen, dass streitig und damit unklar ist, ob zwischen der Beklagten und der Streitverkündeten eine Sozietät bestand oder die Streitverkündete bei der Beklagten lediglich angestellt war. Denn die Beklagte hat durch die Verwendung gemeinsamer Briefbögen, aus denen sich kein Hinweis auf ein Angestelltenverhältnis der Streitverkündeten ergab, zumindest nach außen hin den Anschein einer Sozietät erweckt und muss sich daher nach den Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht an dem von ihr gesetzten Rechtsschein einer Sozietät grundsätzlich festhalten lassen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1999, IX ZR 338/97, a. a. O., m. w. N.).
Der Grundsatz kommt hier aber deshalb nicht zum Tragen, weil es sich bei dem vom Kläger erteilten Treuhandauftrag nicht um eine anwaltstypische Tätigkeit handelte, sondern es dem Kläger in erster Linie auf eine bloße Vermögensbetreuung durch die Streitverkündete ankam, die letztlich auch über ein bei der Bank eingerichtetes Treuhandkonto hätte abgewickelt werden können. Zwar kann auch eine Treuhandtätigkeit zur typischen Berufstätigkeit eines Rechtsanwalts gehören. Dies gilt aber nur dann, wenn dem Anwalt die Treuhändertätigkeit mit einer Pflicht zur Rechtsbetreuung übertragen wird. Erhält der Anwalt daher lediglich den Treuhandauftrag, ohne gleichzeitig rechtsberatende oder - vertretende Tätigkeiten zu übernehmen, liegt dagegen keine typische Anwaltstätigkeit vor, weil es an der für die Anwaltstätigkeit typischen Rechtsbeistandspflicht fehlt (s. BGH, Urteil vom 8. Juli 1999, IX ZR 338/97, a. a. O.; vgl. hierzu auch § 1 Abs. 2 RVG, wonach Treuhänder ausdrücklich nicht nach RVG vergütet werden). Wird ein Anwalt einer Sozietät daher mit einer Tätigkeit betraut, die an sich außerhalb der eigentlichen Aufgaben des Anwalts liegt, so liegt die Annahme eines Einzelmandats nahe (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1988, III ZR 195/86 - u. a. abgedruckt in NJWRR 1988, 1299).
Zwar behauptet der Kläger, dass er von der Streitverkündeten sowohl im Hinblick auf den Darlehensvertrag als auch den Treuhandauftrag rechtlich beraten worden sei, was die Beklagte bestreitet. Letztlich ging es ihm aber ersichtlich und vorrangig nur darum, die Auszahlung der versprochenen Darlehensvaluta zu erreichen und bis dahin die von ihm im Voraus zu leistende Zahlung in Höhe von 200.000,00 EUR zurückzuhalten. Im Einzelnen hat er zu einer rechtlichen Beratung auch lediglich vorgetragen, dass die Streitverkündete die Verträge bereits vor dem 8. Oktober 2003 zur rechtlichen Prüfung in Besitz hatte und dass es auf seine Veranlassung hin zu einer Änderung des Treuhandauftrages gekommen sei. Unabhängig davon, dass der Kläger seine bestrittenen Behauptungen zur rechtlichen Prüfung der Verträge durch die Streitverkündete nicht unter Beweis gestellt hat, ist nicht ersichtlich, wie und wann der Kläger bereits vor dem 8. Oktober 2003 mit der Streitverkündeten in Kontakt getreten sein will. Ausweislich seiner eigenen Angaben in der zeugenschaftlichen Vernehmung durch den Polizeibeamten H. (Bl. 105 ff. d. A.) ist der Kläger auch nicht etwa von sich aus an die Streitverkündete herangetreten, sondern lediglich dem Vorschlag des Herrn B. gefolgt, mit diesem zusammen zur Streitverkündeten zu fahren, um dort sämtliche Vertragsunterlagen, d. h. den Darlehensvertrag nebst Anlage und den Treuhandauftrag, zu unterschreiben. Selbst wenn die Streitverkündete die Vertragsentwürfe vorher kannte - wovon aufgrund ihres strafrechtlich relevanten Zusammenwirkens mit Herrn B. wohl auszugehen ist - und mit dem Kläger im Rahmen der Unterzeichnung über einzelne Passagen der Verträge gesprochen hat, so führt dies nicht dazu, ihre Treuhändertätigkeit als anwaltstypische Tätigkeit anzusehen. Denn selbst wenn man hierin eine rechtliche Beratung sehen wollte, so tritt diese - insbesondere unter Berücksichtigung des eigentlichen Interesses des Klägers an der Auszahlung der Darlehenssumme - derartig in den Hintergrund, dass ihr keine eigenständige Bedeutung zukommt. Soweit der Kläger darüber hinaus einzelne Änderungen des Treuhandvertrages behauptet, so handelt es sich hierbei nicht etwa um eine rechtliche Beratung durch die Streitverkündete, sondern lediglich um die Absprache einzelner Modalitäten des zwischen ihm und der Streitverkündeten geschlossenen Treuhandvertrages.
Auch aus dem Treuhandvertrag selbst lässt sich keine anwaltstypische Tätigkeit der Streitverkündeten entnehmen. Allein der Umstand, dass die Streitverkündete natürlich die Auszahlungsvoraussetzungen zu prüfen hatte, bevor sie das eingezahlte Geld freigeben durfte, stellt keine Rechtsberatung, sondern die ureigenste Aufgabe eines jeden Treuhänders dar, zumal hierfür lediglich die Vorlage des Originals der Darlehensfinanzierungszusage notwendig gewesen wäre.
Da der oben dargestellte Grundsatz, wonach der Vertrag im Zweifel mit allen Rechtsanwälten einer (Schein)Sozietät zustande kommt, nicht zum Tragen kommt, ist auf die Umstände des Einzelfalls, hier insbesondere den Treuhandvertrag selbst sowie den erkennbaren Willen des Klägers, abzustellen. Aus einer Gesamtbetrachtung dieser Umstände ergibt sich dabei, dass der Treuhandvertrag nur mit der Streitverkündeten zustande gekommen ist.
Für ein Einzelmandat der Streitverkündeten spricht zunächst der Treuhandauftrag selbst, der nicht auf einem Briefbogen der Kanzlei, sondern auf neutralem Papier gefertigt wurde und in dem als Treuhänderin lediglich die Streitverkündete mehrfach ausdrücklich bezeichnet wird. Bei dem im Treuhandauftrag aufgeführten Anderkonto handelt es sich auch nicht etwa um ein Konto der Kanzlei, sondern offenbar um ein Sonderkonto der Streitverkündeten, was sich aus einem Vergleich mit den Bankverbindungen auf dem offiziellen Briefbogen der Kanzlei ergibt.
Etwas anderes folgt auch nicht aus der vom Kläger vorgelegten Vollmacht. Diese könnte zwar durchaus ein Indiz dafür sein, dass der Kläger entgegen den ausdrücklichen Formulierungen im Treuhandvertrag nicht nur der Streitverkündeten, sondern der (Schein)Sozietät den Treuhandauftrag erteilen wollte. Die Beklagte hat jedoch die Echtheit der Vollmacht bestritten und hierzu im Einzelnen Ausführungen gemacht. Aufgrund dieses Bestreitens wäre es Sache des Klägers gewesen, die Echtheit der Vollmacht unter Beweis zu stellen (vgl. §§ 439, 440 ZPO). Er hat jedoch weder das Original der Vollmacht vorgelegt noch sonstigen Beweis hinsichtlich der Echtheit der Vollmacht angetreten. Die von der Beklagten bestrittene Vollmacht kann daher nicht als Indiz für die Frage herangezogen werden, wem der Treuhandauftrag erteilt wurde.
Dafür, dass der Treuhandauftrag nur der Streitverkündeten erteilt wurde, sprechen im Übrigen folgende Umstände: Zum einen hat der Kläger selbst u. a. in seinem Schreiben vom 8. Oktober 2003 an Herrn Dr. H. nur die Streitverkündete als Treuhänderin bezeichnet. Auch hat er sich im weiteren Verlauf der Angelegenheit ausschließlich an die Streitverkündete gewandt und dieser weitere Modalitäten hinsichtlich des Treuhandvertrages mitgeteilt. So ergibt sich aus seinem Schreiben vom 3. November 2003 an die Streitverkündete, dass er Wert darauf legte, dass die Ergänzung zum Treuhandvertrag von der Streitverkündeten persönlich unterschrieben würde. Auch aus seinen Angaben in der polizeilichen Vernehmung folgt nicht etwa, dass der Treuhandvertrag mit der Kanzlei der Beklagten abgeschlossen wurde. Vielmehr hat der Kläger selbst dargelegt, dass ihm von Herrn B. vorgeschlagen worden sei, in das Büro "der als Treuhänderin in dieser Finanzierung mitwirkenden Rechtsanwältin Frau A. A. H." nach C. zu fahren. Auch hat der Kläger, nachdem es zu Unstimmigkeiten gekommen war, nicht etwa eine Kündigung des Treuhandvertrages gegenüber der Kanzlei der Beklagten erklärt, sondern diese direkt an die neue Adresse der Streitverkündeten gerichtet. Ebenso hat er nach einem Ausscheiden der Streitverkündeten aus der Kanzlei der Beklagten es nicht für notwendig erachtet, einen Wechsel des Mandats mitzuteilen, sondern ist ohne weiteres davon ausgegangen, dass der Treuhandauftrag weiterhin von der Streitverkündeten betreut würde.
Soweit der Kläger behauptet, vor Erteilung des Treuhandauftrages Erkundigungen bei der Haftpflichtversicherung der Kanzlei eingeholt zu haben, woraus sich sein Wille ergebe, den Treuhandvertrag nur mit der Sozietät abschließen zu wollen, kann ihm bereits deshalb nicht gefolgt werden, weil sich aus dem handschriftlichen Zusatz auf dem vorgelegten Nachtrag zum Versicherungsschein vom 23. August 2001 eindeutig ergibt, dass der Kläger etwaige Informationen zur Haftpflichtversicherung lediglich über Herrn B. erhielt. Im Übrigen würde allein die Erkundigung bei der Versicherung nicht dazu führen, entgegen den sonstigen - ganz überwiegend für ein Einzelmandat sprechenden Umständen - einen Vertrag mit der Sozietät anzunehmen.
2. Dem Kläger stehen auch keine vertraglichen Schadensersatzansprüche aus §§ 675, 280, 278 BGB zu. Zwar hat sich der Kläger die Behauptung der Beklagten, die Streitverkündete sei ihre Angestellte gewesen, hilfsweise zu Eigen gemacht. Eine Haftungszurechnung über § 278 BGB scheitert aber bereits daran, dass die Streitverkündete nicht etwa im Rahmen eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beklagten als Erfüllungsgehilfin der Beklagten tätig wurde. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich vielmehr, dass ein Vertrag gerade nicht mit der Beklagten zustande kam, sondern lediglich ein Einzelmandat gegenüber der Streitverkündeten begründet wurde.
3. Auch gesetzliche Schadensersatzansprüche gemäß § 823 BGB i. V. m. einer analogen Anwendung der §§ 31 BGB und 128 HGB stehen dem Kläger nicht zu.
Zwar ist davon auszugehen, dass sich die Streitverkündete nicht nur gemäß § 280 BGB einer Verletzung der sich aus dem Treuhandvertrag ergebenden Pflichten, sondern darüber hinaus auch einer unerlaubten Handlung im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 263, 266 StGB schuldig gemacht hat.
Auch eine unerlaubte Handlung der Streitverkündeten muss sich die Beklagte aber nicht zurechnen lassen. Zwar kommt eine Haftung der Sozietät gemäß § 31 BGB analog grundsätzlich auch für deliktisches, d. h. außervertragliches Handeln eines Sozius in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2003, II ZR 385/99 - u. a. abgedruckt in NJW 2003, 1445; Borgmann/Jungk/Grams, Anwaltshaftung, 4. Auflage, VII., Rn. 28). Infolge dessen kann auch eine - zur Haftung der Sozietät akzessorische - Haftung des einzelnen Sozius nach § 128 HGB analog eintreten (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2001, II ZR 331/00, a. a. O.).
Vorliegend ist eine Zurechnung der unerlaubten Handlung aber bereits deshalb abzulehnen, weil der Kläger keinen Beweis für seine Behauptung angetreten hat, dass die Beklagte und die Streitverkündete tatsächlich in einer Sozietät verbunden waren. Zwar bestand aus den bereits genannten Gründen zwischen der Beklagten und der Streitverkündeten jedenfalls eine Scheinsozietät (s. o. 1.). Diese wäre für die Zurechnung vertraglicher Haftungstatbestände auch grundsätzlich ausreichend. Eine Zurechnung deliktischen Handelns aufgrund des sich aus der Scheinsozietät ergebenden Rechtsscheins kommt aber nicht in Betracht, worauf auch das Landgericht bereits hingewiesen hat. Denn die sich aus der Scheinsozietät ergebende Rechtsscheinshaftung setzt begriffsnotwendig eine (vertragliche oder vorvertragliche) Rechtsbeziehung zwischen den Beteiligten voraus, aus der sich überhaupt erst ein Rechtsschein ergeben kann. Eine solche Rechtsbeziehung besteht aber im Rahmen der Haftung aus unerlaubter Handlung gerade nicht. Anknüpfungspunkte für eine - sich aus der Rechtsscheinshaftung ergebende - Anwendung der Grundsätze über die Anscheins oder Duldungsvollmacht sind daher im Falle einer Haftung aus unerlaubter Handlung nicht ersichtlich.
Selbst wenn man im vorliegenden Fall für die analoge Anwendbarkeit des § 31 BGB die bestehende Scheinsozietät ausreichen lassen würde, kommt eine Haftung der Beklagten nicht in Betracht, weil auch die weiteren Voraussetzungen des § 31 BGB nicht vorliegen. In analoger Anwendung des § 31 BGB haftet die Sozietät einem Dritten für diejenigen Schäden, die ihm ein Sozius durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene Handlung zugefügt hat.
Hier hat die Streitverkündete durch die Übernahme des Treuhandauftrages zwar eine Tätigkeit übernommen, die - auch wenn sie nicht als anwaltstypisch angesehen werden kann (s. o. 1.) - grundsätzlich in sachlichem Zusammenhang mit ihrem Aufgabenkreis als (Schein)Sozia einer Rechtsanwaltskanzlei stand (vgl. BGHZ 49, 19; 98, 148). Allerdings hat sich die Streitverkündete bei der Durchführung der Treuhandtätigkeit im konkreten Fall so weit von ihrem eigentlichen Aufgabenkreis entfernt, dass sie für den Kläger erkennbar außerhalb des allgemeinen Rahmens der ihr übertragenen Aufgaben handelte und eine Haftung der Sozietät über § 31 BGB daher nicht mehr in Betracht kommt (vgl. BGH, a. a. O.). Hierbei war zunächst der Treuhandvertrag selbst zu beachten, der nicht etwa einen Bezug zur Kanzlei der Beklagten aufweist, sondern ausdrücklich nur die Streitverkündete persönlich als Treuhänderin bezeichnet. Des Weiteren spricht der weitere unstreitige Verfahrensablauf, der sich aus den vorgelegten Unterlagen ergibt, dafür, dass etwaige Verhandlungen nur über die Streitverkündete erfolgt sind. Zwar behauptet der Kläger darüber hinaus auch persönliche Kontakte zur Beklagten bzw. telefonische Kontakte zur Kanzlei der Beklagten. Seine - allesamt bestrittenen - Behauptungen hat der Kläger aber nicht unter Beweis gestellt, so dass davon auszugehen ist, dass es ausschließlich zu persönlichen Kontakten zwischen dem Kläger und der Streitverkündeten, nicht aber zwischen dem Kläger und der Beklagten bzw. deren Mitarbeitern kam.
Betrachtet man diese außerhalb des üblichen Kanzleibetriebes laufende Bearbeitung des Treuhandauftrages durch die Streitverkündete im Zusammenhang mit dem - ersichtlich ungewöhnlichen - Darlehensangebot über 10 Mio. EUR, für das der Kläger mit Ausnahme der Provisionszahlung in Höhe von 200.000,00 EUR keinerlei Sicherheiten beibringen musste, und dem Umstand, dass der Kläger ausweislich des polizeilichen Vernehmungsprotokolls wusste, dass die Streitverkündete bei dieser Finanzierung mit Herrn B. zusammenarbeitete und regelmäßig als Treuhänderin fungierte, so ergibt sich ohne weiteres, dass der Kläger nicht davon ausgehen konnte, die Streitverkündete werde im Rahmen ihrer üblichen Sozietätsbefugnisse tätig. Vielmehr hätten bei dem Kläger aufgrund der geschilderten, äußerst ungewöhnlichen Umstände sämtliche "Alarmlampen" angehen müssen, aufgrund derer er hätte erkennen können, dass die Streitverkündete sich weit von ihrem eigentlichen Aufgabenkreis entfernt hatte.
4. Schließlich kommen auch Ansprüche des Klägers gemäß §§ 823, 831 BGB nicht in Betracht. Selbst wenn die Streitverkündete Angestellte der Beklagten wäre, so wurde sie bei Ausführung der Treuhandtätigkeit nicht etwa als Verrichtungsgehilfin im Sinne von § 831 BGB für die Beklagte tätig. Denn in Ausführung der Verrichtung handelt nur derjenige, dessen Verhalten nicht aus dem Kreis oder allgemeinen Rahmen der ihm anvertrauten Aufgaben herausfällt (vgl. BGH WM 77, 1169). Aus den Ausführungen unter Ziffer 3 ergibt sich aber, dass gerade dies vorliegend der Fall ist.
5. Da Ansprüche des Klägers unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehen, kam es auf die von der Beklagten behauptete Abtretung der Forderungen gegen die Streitverkündete und die vom Kläger mit Schriftsatz vom 16. Mai 2006 nunmehr in der Berufungsinstanz vorgelegte Rückabtretungserklärung (Anlage BK 1, Bl. 280 d. A.) nicht mehr an.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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