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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 08.12.2004
Aktenzeichen: 3 U 163/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 287
Bei der Prüfung, für welche steuerliche Gestaltung sich der Mandant bei pflichtgemäßer Beratung durch seinen Steuerberater entschieden hätte, sind nur solche Gestaltungen zu berücksichtigen, die den steuerlichen Vorschriften entsprechen.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

3 U 163/04

Verkündet am 8. Dezember 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... sowie der Richter am Oberlandesgericht ... und ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das am 14. Mai 2004 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 10 % übersteigt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Kläger nehmen die beklagte Steuerberaterin auf Schadensersatz in Anspruch. Sie werfen der Beklagten vor, diese habe nicht erkannt, dass der mit der Klägerin zu 2 steuerlich gemeinsam veranlagte Kläger zu 1 (nachfolgend auch: Kläger), der Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Firma B. GmbH ist, seit 1993 einen wesentlichen Teil seiner Einkünfte als Angestellter der GmbH auf ausländischen Betriebsstätten verdient habe. Diese Einkünfte seien daher im Inland nicht zu versteuern gewesen. Nachdem das zuständige Finanzamt B. für die Jahre 1994 sowie 1997 bis 1999 die die Kläger betreffenden Einkommensteuerbescheide geändert und die ausländischen Einkünfte des Klägers in den Ländern, mit denen Doppelbesteuerungsabkommen bestehen, steuerfrei gestellt hat, beziffern die Kläger den Schaden, der ihnen durch die Pflichtverletzung der Beklagten entstanden sein soll, für 1994 auf (restliche) 672,35 EUR, für 1995 auf 17.763,83 EUR sowie für 1996 auf 36.731,91 EUR. Darüber hinaus begehren die Kläger Erstattung entgangener Anlagezinsen sowie den Ausgleich der Kosten in Höhe von 16.460,78 EUR, die ihnen ihre jetzigen Steuerberater für die Änderung der Einkommensteuerbescheide sowie weitere steuerberatende Leistungen in Rechnung gestellt haben.

Die Kläger, die zunächst Zahlung und Feststellung beantragt hatten, haben nach teilweiser Abänderung der Steuerbescheide durch das Finanzamt B. schließlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 105.791,82 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz auf 71.107,35 EUR seit Zustellung der Klage sowie auf weitere 34.684,47 EUR ab Zustellung des Schriftsatzes vom 28. Juli 2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat eine Pflichtverletzung mit der Begründung bestritten, sie habe weder von der Firma B. GmbH, deren steuerliche Angelegenheiten der Beklagten ebenfalls zur Bearbeitung übertragen waren, noch von den Klägern selbst Hinweise darauf erhalten, dass die Firma B. GmbH über ausländische Betriebsstätten, deren Bestehen die Beklagte weiterhin bestritten hat, verfügte. Unabhängig hiervon sei den Klägern auch kein Schaden entstanden, da - wären ihre Einkünfte nach deutschem Recht steuerfrei gestellt worden - der Kläger zu 1 seine auf ausländischen Betriebsstätten erzielten Einkünfte dann auch im Ausland hätte versteuern müssen. Unter Berücksichtigung der bei Anmeldung von Einkünften im Ausland zu entrichtenden Steuern sowie zu erwartender Steuerberaterkosten habe sich die Vermögenslage der Kläger durch die Versteuerung der Einkünfte des Klägers zu 1 im Inland nicht verschlechtert. Die Kosten für die jetzigen Steuerberater der Kläger seien nicht erstattungsfähig, da es sich teilweise um Sowieso-Kosten, im Übrigen um Kosten für Arbeiten handele, mit denen sie, die Beklagte, selbst gar nicht beauftragt gewesen sei. Schließlich hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mögliche Schadensersatzansprüche der Kläger für die Steuerjahre 1993 und 1994 seien verjährt; auch die Sekundärverjährung sei insoweit inzwischen abgelaufen. Für die Jahre 1995 und 1996 fehle es an einer schlüssigen Darstellung eines Schadensersatzanspruchs. Die Kläger hätten hinsichtlich der konkreten Tätigkeit, die der Kläger im Ausland ausgeübt hat, lediglich vorgetragen, dass es sich um Arbeiten auf den jeweiligen Bauvorhaben, die als Betriebsstätten anzusehen seien, gehandelt habe. Näheres über den Anlass der Reisen des Klägers zu den Baustellen und seine Tätigkeit vor Ort enthalte der bestrittene Vortrag der Kläger jedoch nicht, weshalb es dem Vorbringen an der für eine Beweisaufnahme notwendigen Substanz mangele. Die Kosten der jetzt von den Klägern beauftragten Steuerberater seien, da deren Rechnung auch Leistungen umfasse, für die die Beklagte nicht einzustehen habe, nicht erstattungsfähig. Zinsansprüche seien, da es schon dem Grunde nach an einem Schadensersatzanspruch fehle, ebenfalls nicht begründet.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Kläger, die ihren erstinstanzlichen Sachvortrag vertiefen und ihren Rechtsstandpunkt wiederholen. Sie halten die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede für unbegründet, da für den Beginn der (Primär)Verjährung auf die im Jahre 2000 geänderten Einkommensteuerbescheide abzustellen sei, deren Richtigkeit die Beklagte hätte überprüfen und die dabei hätte erkennen müssen, dass ihr Fehler unterlaufen seien. Aufgrund dieses Anlasses hätte für die Beklagte die Pflicht bestanden, auf mögliche Regressansprüche gegen sich selbst hinzuweisen. Ihr erstinstanzlicher Sachvortrag zu den Tätigkeiten des Klägers auf ausländischen Betriebsstätten sei ausreichend. Aus der Vielzahl der vorgelegten Unterlagen ergebe sich mit hinreichender Sicherheit, wo und zu welchen Zwecken sich der Kläger im Ausland aufgehalten habe. Seine Aufgabe sei es gewesen, bei den im Ausland durchgeführten Bauvorhaben die vor Ort tätigen Bauleiter zu beaufsichtigen. Soweit die Kläger Erstattung der Kosten ihrer jetzigen Steuerberater beanspruchen, weisen sie darauf hin, dass die Aufwendungen für Tätigkeiten, die die Besteuerung sowohl der B. GmbH als auch die der Kläger selbst beträfen, sie die Rechnung der Steuerberater lediglich hälftig bei der Schadensberechnung berücksichtigt hätten.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach den Schlussanträgen erster Instanz zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sach- und Rechtsvortrags.

II.

Die Berufung der Kläger ist zulässig, sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

1. Richtig ist allerdings, dass die Beklagte die ihr aus dem mit den Klägern geschlossenen Steuerberatungsvertrag obliegenden Pflichten verletzt hat. Der Beklagten, der schon aufgrund ihrer Tätigkeit für die B. GmbH bekannt war, dass diese verschiedene Bauvorhaben in zahlreichen ausländischen Staaten realisierte, musste sich die Frage aufdrängen, ob die GmbH dort ausländische Betriebsstätten unterhielt und ob im Rahmen der Besteuerung der Einkünfte Doppelbesteuerungsabkommen zur Anwendung gelangen könnten. Diese Frage hätte die Beklagte mit den Klägern, insbesondere dem Kläger zu 1 erörtern und ihn unabhängig davon, ob der Kläger selbst einen ausdrücklichen Auftrag in diesem Sinne erteilte, aufklären müssen; denn Aufgabe des Steuerberaters ist es, den Auftraggeber auch ungefragt über die bei der Erledigung des Auftrags auftauchenden steuerlichen Fragen, die sich bei der Bearbeitung des Mandats aufdrängen, zu belehren (BGH Betriebsberater 1967, Seite 105; ständige Rechtsprechung, zuletzt BGH WM 2004, 47 ff, dort I.1.).

2. Der Senat vermag jedoch nicht festzustellen, dass den Klägern durch diese Pflichtverletzung der Beklagten ein Schaden entstanden ist: Weder die Kausalität der anzunehmenden Pflichtverletzung für die von den Klägern behaupteten Schäden noch der Eintritt eines Schadens überhaupt sind zur Überzeugung des Senats dargelegt.

a) Verstößt ein steuerlicher Berater gegen die ihm gegenüber dem Mandanten aus dem Beratungsvertrag sich ergebenden Pflichten, hat er für einen (behaupteten) steuerlichen Schaden nur dann einzustehen, wenn dieser Schaden auf die pflichtwidrige Beratung zurückzuführen ist. Grundsätzlich obliegt der Beweis für diesen Ursachenzusammenhang dem Mandanten. Dabei spricht allerdings ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Mandant bei sachgerechter Beratung die im Rechtsstreit von ihm behauptete Entscheidung getroffen hätte, wenn nach der Lebenserfahrung lediglich dieses Verhalten nahe gelegen hätte. Bei einem Sachverhalt jedoch, der vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters aus im damaligen Zeitpunkt mehrere Entscheidungen vertretbar erscheinen ließ, trifft den Mandanten dagegen die nur durch § 287 ZPO erleichterte Beweislast, dass er damals die von ihm nunmehr behauptete Entscheidung bei vertragsgerechter Belehrung durch den Berater getroffen hätte (BGH WM 2004, 472 ff. unter II.1. m. w. N.).

Im vorliegenden Fall fehlt es bei Beachtung dieser Grundsätze schon an den für einen Anscheinsbeweis erforderlichen Anknüpfungstatsachen, aus denen sich die Annahme ergeben könnte, dass sich der Kläger bei sachgerechter Aufklärung durch die Beklagte für eine Anerkennung der ausländischen Betriebsstätten "seiner" GmbH und in der Folge für eine Besteuerung seiner eigenen Auslandseinkünfte nach dem Recht der Betriebsstättenländer und unter Berücksichtigung der jeweils einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen entschieden hätte. Hiervon wäre nur dann auszugehen, wenn sich bei dieser Gestaltung für den Kläger steuerliche Vorteile ergeben hätten, was sich nur durch einen Vergleich zwischen den jetzt gezahlten Steuerbeträgen und den Steuern und Kosten ermitteln ließe, die bei einer Auslandsbesteuerung tatsächlich aufzuwenden gewesen wären. Die Beklagte hat daher schon in erster Instanz ausdrücklich und in der Sache zutreffend darauf hingewiesen, dass hierfür sowohl die bei einer Auslandsbesteuerung anfallenden Steuern, darüber hinaus aber auch der Aufwand für eine getrennte und gesonderte Ermittlung der Einkünfte des Klägers auf den verschiedenen ausländischen Betriebsstätten seines Arbeitgebers und die dann notwendigen steuerlichen Anmeldungen, Erklärungen etc. hätte ermittelt werden müssen. An einer solchen Darstellung fehlt es bereits. Ein Anscheinsbeweis in dem Sinne, dass der Kläger, eine sachgerechte Beratung der Beklagten unterstellt, sich für eine Auslandsbesteuerung entschieden hätte, ist nicht gegeben.

An dieser Bewertung ändert der auch in der mündlichen Verhandlung von der Prozessbevollmächtigten der Kläger erhobene Einwand nichts, die Besteuerung ausländischer Einkünfte nach dem Doppelbesteuerungseinkommen unterliege keinem Wahlrecht der Steuerpflichtigen, die vielmehr bei Vorliegen ausländischer Betriebsstätten verbindlich zur Auslandsbesteuerung verpflichtet seien. Der Umstand, dass offensichtlich auch nach Beratung durch die jetzigen Steuerberater der Kläger in keinem einzigen Fall Einkünfte, die er auf ausländischen Betriebsstätten erzielt hat, auch im Ausland versteuert hat, zeigt, dass der Einwand der Kläger in tatsächlicher Hinsicht nicht zutrifft, was im konkreten Fall u. a. darauf beruht, dass der Kläger selbst als Geschäftsführer und Alleingesellschafter der ihn anstellenden GmbH durch eigene Gestaltung (hier: Aufbringung der durch die Auslandstätigkeit des Klägers entstandenen Kosten entweder durch die jeweilige ausländische Betriebsstätte oder die inländische GmbH) die steuerlichen Folgen seiner Tätigkeit selbst bestimmen konnte.

Der Kläger kann auch nicht einmal indiziell etwas aus der Tatsache herleiten, dass er nunmehr auf der Grundlage der Berechnung seiner jetzigen Steuerberater die Anerkennung der von der B. GmbH betriebenen ausländischen Projekte durch eigenständige Betriebstätten erreicht hat. Die Annahme, der Kläger hätte sich bei frühzeitiger Beratung durch die Beklagte für eine Besteuerung seiner Einkünfte im Ausland entschieden, wäre nur dann gerechtfertigt, wenn der Kläger nunmehr seine ausländischen Einkünfte in den Zeiträumen, für die er die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch nimmt, tatsächlich auch im Ausland versteuern würde. Hierfür jedoch ist nichts dargetan. Der Kläger hat keine einzige Anmeldung ausländischer Betriebsstätten zur Registrierung in den Betriebsstättenländern vorgelegt. Auch aufgrund der Erklärungen seiner Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung ist der Senat davon überzeugt, dass tatsächlich eine Besteuerung ausländischer Einkünfte weder stattgefunden hat noch stattfindet. Eine solche, den steuerlichen Vorschriften nicht entsprechende Handhabung kann der Senat jedoch bei der Beurteilung der Frage, wie sich der Kläger bei sachgerechter Aufklärung und Beratung durch die Beklagte entschieden hätte, nicht berücksichtigen.

b) Den Klägern ist auch, worauf diese bereits in der mündlichen Verhandlung bereits hingewiesen worden sind, aus gleichem Grund kein steuerlicher Schaden entstanden; jedenfalls lässt sich ein solcher Schaden auf der Grundlage des Sachvortrags der Kläger nicht feststellen.

Gemäß § 249 BGB ist im Fall einer Schadensverursachung der Schädiger verpflichtet, beim Geschädigten den gleichen wirtschaftlichen Zustand herzustellen, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde (BGH NJW 1985, 793). Die Darstellung der Kläger, die - wie schon erstinstanzlich - bei ihrer Schadensberechnung lediglich auf die von ihnen in den Jahren 1994, 1996 und 1997 gezahlten Steuern abstellen, verkürzt den für eine Schadensberechnung maßgeblichen Sachverhalt in entscheidender Weise. Der den Klägern in der Bundesrepublik entstandene Steueraufwand für im Ausland erzielte Einkünfte des Klägers ist als solcher nicht der von der Beklagten möglicherweise zu ersetzende Schaden, sondern stellt lediglich eine Position der im Wege der Differenzhypothese vorzunehmenden Schadensberechnung dar.

Der Senat unterstellt für die weitere Beurteilung hier im Sinne des klägerischen Vorbringens, dass der Kläger in den Jahren 1994 sowie 1996 und 1997 als Angestellter der B. GmbH für diese auf ausländischen Betriebsstätten gearbeitet hat und der durch die Beschäftigung des Klägers entstandene Aufwand auch von den jeweiligen Betriebsstätten getragen worden ist, der Kläger mithin zu einer Versteuerung seiner Einkünfte in der Bundesrepublik insoweit nicht verpflichtet war. Hieraus ergibt sich dann aber unmittelbar die Pflicht, die jeweiligen Einkünfte in der Höhe, wie sie in den Betriebsstätten im Ausland erzielt worden sind, dort jeweils zur Einkommensteuer anzumelden und die festgesetzten Steuern zu entrichten. Die den Kläger anstellende GmbH hätte hierfür zuvor im jeweiligen Ausland die Betriebsstätte registrieren lassen, der Kläger seinen Arbeitslohn im Betriebsstättenland besteuern lassen müssen. Schadensrechtlich hat der Kläger nur einen Anspruch darauf so gestellt zu werden, wie er bei vollständiger und zutreffender Aufklärung durch die Beklagte gestanden hätte. Diese Aufklärung hätte den Hinweis der Beklagten auf die Besteuerungspflicht im Ausland eingeschlossen. Das Begehren der Kläger geht letztlich dahin, dass die Beklagte die von den Klägern im Inland (möglicherweise zu Unrecht) gezahlten Steuerbeträge erstatten soll, der Kläger seinerseits jedoch (zu Unrecht) im Ausland keine Steuererklärungen abgibt und dort auch nicht zur Besteuerung der Auslandseinkünfte herangezogen wird. Damit würde ein wirtschaftlicher Zustand geschaffen, den der Kläger nur bei Nichtangabe seiner Auslandsbezüge im jeweiligen Betriebsstättenland hätte erlangen können. Ein solcher Anspruch besteht gegenüber der Beklagten nicht. Ein rechtlich erstattungsfähiger Schaden könnte dem Kläger lediglich in dem Umfang entstanden sein, in dem die im Ausland zu entrichtenden Steuern sowie die damit verbundenen Kosten hinter den Steueraufwendungen zurückgeblieben wären, zu denen der Kläger in der Bundesrepublik herangezogen worden ist. Dies wäre vom Kläger im Einzelnen, und zwar unter Berücksichtigung der jeweiligen Steuergesetze in den Betriebsstättenländern, möglicher Rückfallklauseln, des Progressionsvorbehalts und unter Einbeziehung der Kosten, die für gesonderte Erklärungen seiner Steuerberater für die im Ausland erzielten Einkünfte entstanden wären, darzulegen gewesen. Hierzu fehlt, worauf auch die Beklagte schon in erster Instanz hingewiesen hat, jeglicher Vortrag des Klägers.

c) Die in diesem Zusammenhang von den Klägern in ihrem nach der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom 29. November 2004 vertretene Auffassung, insoweit handele es sich um Fragen des Vorteilsausgleichs, für dessen Vorliegen die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig sei, trifft nicht zu. Die hier erforderlichen Darlegungen betreffen die Darstellung des Schadenseintritts, der nur dann gegeben ist, wenn die Kläger, ein eigenes rechtmäßiges Verhalten unterstellt, bei sachgerechter Beratung durch die Beklagte wirtschaftlich besser gestanden hätten. Hierzu gehört der Vergleich beider Vermögenslagen, da sich erst aus diesem Vergleich die Frage eines "beratungsrichtigen" Verhaltens und die des Schadenseintritts beurteilen lässt.

3. Der Senat weist ergänzend darauf hin, dass das Landgericht für die Steuer-Jahre 1993 und 1994 die Klage zu Recht auch wegen Verjährung möglicher Ersatzansprüche abgewiesen hat. Der Steuerbescheid für 1993 ist dem Kläger am 11. September 1995, der für 1994 am 19. September 1996 zugegangen. Primäre Schadensersatzansprüche der Kläger, die diese darauf stützen, dass die Beklagte bei der Erstellung der Einkommensteuererklärungen die Steuerfreiheit ausländischer Einkünfte nicht geltend gemacht hat, waren damit bei Erhebung der Klage beim Landgericht Hannover am 23. Dezember 2002 ebenso verjährt wie mögliche Sekundäransprüche, wobei dahinstehen kann, ob und zu welchem Zeitpunkt für die Beklagte Anlass bestanden haben könnte, auf ein mögliches eigenes Fehlverhalten hinzuweisen: Über einen Zeitraum von sechs Jahren geht die Verjährungsfrist wegen steuerlicher Fehlberatung auch bei Berücksichtigung einer Sekundärpflichtverletzung in keinem Fall hinaus.

Der Hinweis der Kläger, die geltend gemachten Schadensersatzansprüche seien nicht verjährt, weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei wiederholten pflichtwidrigen und schuldhaften Handlungen des Steuerberaters jede Einzelhandlung eine besondere Verjährungsfrist für den betreffenden Schadensersatzanspruch auslöse (so unter Hinweis auf BGH NJW 1981, 573), mag als solcher richtig sein und zutreffen, ist jedoch für die Entscheidung des vorliegenden Falles ohne Bedeutung, da es selbst nach dem eigenen Vorbringen der Kläger an einer erneuten Pflichtverletzung der Beklagten bei Bekanntgabe der geänderten Steuerbescheide für 1993 und 1994, die Ende des Jahres 2000 zugestellt worden sind, fehlt. Der insoweit gegenüber der Beklagten erhobene Vorwurf ist vielmehr identisch mit dem, die Steuererklärungen nicht ordnungsgemäß erstellt zu haben. Eine neue Verjährungsfrist würde eine neue, eigenständige Pflichtverletzung der Beklagten voraussetzen. Hieran fehlt es schon deshalb, weil die ergangenen Steuerbescheide insoweit von den Anträgen, die die Beklagte gestellt hatte, nicht abgewichen sind. Eine Sekundärverjährung kommt insoweit nicht in Betracht, da bei Zustellung der geänderten Steuerbescheide im Jahr 2000 die Primärverjährung wegen der ursprünglichen Pflichtverletzung bereits abgelaufen war.

4. Soweit die Kläger darüber hinaus die Kosten, die ihnen durch ihre jetzigen Steuerberater in Rechnung gestellt worden sind, als Schaden erstattet verlangen, ist ihr Vorbringen nicht ausreichend, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Rechtlich scheitern Ersatzansprüche der Kläger zunächst daran, dass diese der Beklagten keine Gelegenheit zur Nachbesserung ihrer Leistungen gegeben haben. Im Übrigen wird aus den vorgelegten Rechnungen der jetzigen Steuerberater deutlich, dass diese in erheblichem Umfang Arbeiten durchgeführt haben, zu denen entweder die Beklagte ihrerseits gar nicht beauftragt war, oder die sie, wäre ein entsprechender Auftrag erteilt worden, nur unter In-Rechnung-Stellung eigener weiterer Gebühren verpflichtet gewesen wäre. Insbesondere der erhebliche Mehraufwand, der für die Ermittlung ausländischer Einkünfte des Klägers notwendig gewesen wäre, wäre auch gesondert, zumindest im Rahmen eines höheren Gebührensatzes bei Erstellung der Einkommensteuererklärung abzurechnen gewesen.

5. Mangels Anspruchs der Kläger auf Erstattung eines Steuerschadens kommt auch ein Anspruch der Kläger auf den geltend gemachten Zinsschaden nicht in Betracht.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Revision zuzulassen sind, § 543 Abs. 2 ZPO, liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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