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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 24.03.2004
Aktenzeichen: 3 U 210/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 319 | |
ZPO § 321 | |
BGB §§ 171 ff |
2. Eine norarielle Urkunde, die einen Geschäftsbesorger u. a. auch zur Einlegung und zum Verzicht auf Rechtsmittel bevollmächtigt, ist wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG unwirksam.
Der hierin liegende Verstoß ist so offenkundig, dass eine Bank auch schon 1995 nicht auf die Wirksamkeit dieser Vollmacht vertrauen durfte.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 24. März 2004
In dem Rechtsstreit
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 10. März 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ####### sowie der Richter am Oberlandesgericht ####### und #######
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Verfahren 3 U 210/03 und 3 U 272/03 werden zu 3 U 210/03 verbunden.
Auf die Berufungen der Beklagten wird das am 6. August 2003 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Hannover in der Fassung vom 29. August 2003 teilweise geändert. Unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel der Beklagten wird die Klägerin verurteilt, der Beklagten etwaige Rückgewähransprüche auf Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen gegen den Verkäufer B. aus der Rückabwicklung des Kaufvertrages vom 4. Juli 1995 - URNr. 206/1995 - des D. Notars A. abzutreten.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird gestattet, die Vollstreckung der Gegenseite jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe eines die zu vollstreckende Forderung 10 % übersteigenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
A.
Die Klägerin erwarb im Jahr 1995 eine Eigentumswohnung in D. Den Kaufpreis für die 23,92 qm große Wohnung, der sich auf 101.729 DM belief, sowie die weiteren durch den Vertragsabschluss entstehenden Kosten in Höhe von insgesamt (einschließlich Kaufpreis) 129.000 DM finanzierte die Beklagte in Form von drei Kreditverträgen.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 19. September 2001 die Darlehensverträge nach den Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes widerrufen und Ende 2001 ihre Zinszahlungen auf die Darlehensvaluta eingestellt. Sie fordert von der Beklagten die Rückzahlung der auf die Darlehen geleisteten Zinsen. Die Beklagte ihrerseits hat nach Kündigung der Darlehen im Wege der Widerklage erstinstanzlich Zahlung in Höhe von 67.854,24 EUR gefordert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat, nachdem die Beklagte den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der Unterwerfungserklärung, die in der notariellen Urkunde des Notars A. vom 4.7.1995 - Ur. Nr. 206/1995 - enthalten ist, anerkannt hatte und hierüber Teilanerkenntnisurteil ergangen war, die Beklagte zur Rückzahlung von 27.788,40 EUR zuzüglich Zinsen verurteilt und dieser die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Die zur Widerklage gestellten Anträge, mit denen die Beklagte Rückzahlung der Darlehensvaluta im Umfang von 67.854,24 EUR begehrt hat, sind im Tenor des angefochtenen Urteils übergangen; sie sind jedoch im Tatbestand des Urteils aufgenommen. In den Gründen heißt es hierzu, die Widerklage sei zulässig. Die Beklagte habe jedoch keinen Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta, da die Klägerin das Darlehen nicht empfangen habe, was im Einzelnen näher ausgeführt und begründet wird. Durch am 29. August 2003 verkündetes "Urteil" hat die Kammer das Urteil vom 6. August 2003 um den Zusatz "die Widerklage wird abgewiesen" ergänzt und zur Begründung auf das vorangegangene Urteil verwiesen.
Das Landgericht hat dem Zahlungsanspruch der Klägerin mit der Begründung stattgegeben, die Darlehensverträge seien wirksam nach § 1 Abs. 1 HWiG widerrufen. Die Beklagte müsse sich die nach der Auffassung des Landgerichts gegebene Haustürsituation zurechnen lassen. Die Parteien seien daher grundsätzlich zur Rückgewähr empfangener Leistungen gemäß § 3 HWiG verpflichtet. Zahlungsansprüche der Beklagten scheiterten allerdings im Ergebnis daran, dass die Klägerin das Darlehen, das entsprechend einer Abtretung im Kaufvertrag auf Weisung der Treuhänderin unmittelbar auf das im Kaufvertrag angegebene Notaranderkonto überwiesen worden ist, mangels wirksamer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Verkäufer nicht empfangen habe. Auf Rechtsscheinsgesichtspunkte könne die Beklagte sich nicht berufen, da ihr eine Ausfertigung der notariellen Vollmacht im Zeitpunkt des Abschlusses der Darlehensverträge nicht vorgelegen habe.
Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen der Beklagten, von denen diejenige, die sich gegen das Ergänzungsurteil des Landgerichts richtet, beim Berufungsgericht erst nach Ablauf der Berufungsfrist eingegangen ist. Die Beklagte erstrebt eine Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung und die Verurteilung der Klägerin zur Rückzahlung des Darlehens. Sie vertritt die Auffassung, die Klägerin sei zum Widerruf des Darlehensvertrages nicht berechtigt, da weder eine Haustürsituation vorgelegen habe noch die Beklagte sich das Verhalten des Vermittlers M. zurechnen lassen müsse. Im Übrigen habe sie sich bei Auszahlung des Darlehens auf die ihr in Ausfertigung der notariellen Urkunde vorliegende Vollmacht der Treuhänderin, der F. mbH verlassen dürfen.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung beantragt,
das Urteil des Landgerichts Hannover vom 6. August 2003 in der Fassung des Urteils des Landgerichts Hannover vom 29. August 2003 abzuändern und die Klage abzuweisen,
sowie
die Klägerin und Widerbeklagte zu verurteilen, an die Beklagte und Widerklägerin 27.854,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3. Mai 2002 zu zahlen,
weiterhin
hilfsweise die Klägerin auf die Widerklage zu verurteilen, der Beklagten ihre Rückgewähransprüche auf Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen gegen den Verkäufer B. aus der Rückabwicklung des Kaufvertrages vom 4. Juli 1995 - URNr. 206/1995 - des D. Notars A. abzutreten,
In verfahrensrechtlicher Hinsicht begehrt sie,
beide Berufungsverfahren miteinander zu verbinden.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Ergänzungsurteil des Landgerichts als unzulässig zu verwerfen,
sowie im Übrigen,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Hinsichtlich der mit der Widerklage geltend gemachten hilfsweisen Ansprüche auf Abtretung von Bereicherungsansprüchen, die der Klägerin gegen den Verkäufer B. zustehen könnten, hat die Klägerin erklärt, im Fall eines obsiegenden Urteils die erforderlichen Rechtshandlungen vornehmen zu wollen, damit die Beklagte ihren Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Verkäufer B. rechtlich geltend machen könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, wegen der Einzelheiten der gestellten Anträge auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10. März 2004 (Bl. 491 f. d. A.) verwiesen.
B.
Die Berufungen der Beklagten bleiben im Ergebnis ohne wesentlichen Erfolg.
I.
Die durch die Berufungen der Beklagten entstandenen Verfahren sind gemäß § 518 Abs. 2 ZPO zwingend zu verbinden (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., § 519 Anm. 1, 6).
II.
Die gegen das am 29. August 2003 verkündete Urteil des Landgerichts eingelegte Berufung der Beklagten ist gegenstandslos. Soweit es in der Entscheidung des Landgerichts heißt, das Urteil der Kammer vom 6. August 2003 werde gemäß § 321 ZPO ergänzt, die Widerklage werde abgewiesen, ist das Urteil als Ergänzungsurteil fehlerhaft, da im Urteil vom 6. August 2003 der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch der Beklagten nicht übergangen, sondern lediglich im Tenor nicht erfasst war. Inhaltlich hat die Kammer im Urteil vom 6. August 2003 bereits über die Widerklage entschieden. Die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche sind im Tatbestand des Urteils dargestellt, die Anträge sind wiedergegeben. In den Gründen wird die Widerklage zunächst ausdrücklich als zulässig bezeichnet. Inhaltlich heißt es in der Begründung, die Beklagte habe keinen Anspruch auf Rückzahlung gegenüber der Klägerin, da diese die Darlehensvaluta nicht i. S. v. § 3 Abs. 1 HWiG empfangen habe, was sodann im Einzelnen ausgeführt wird. Der Sache nach beinhaltet damit das am 25. August 2003 verkündete Urteil der Kammer keine ergänzende Entscheidung; vielmehr handelt es sich lediglich um die Berichtigung einer offensichtlichen Auslassung gemäß § 319 Abs. 1 ZPO. Das hiergegen eingelegte Rechtsmittel der Beklagten ist damit gegenstandslos, die Verfristung des Rechtsmittels unbeachtlich.
III.
Das sich gegen das am 6. August 2003 verkündete Urteil der Kammer richtende und zulässige Rechtsmittel der Beklagten bleibt im Wesentlichen erfolglos. Lediglich auf den Hilfsantrag der Beklagten war die Klägerin zur Abtretung etwaiger Ansprüche, die ihr gegen den Verkäufer der Wohnung zustehen könnten, zu verurteilen.
1. Die Beklagte schuldet der Klägerin Rückzahlung der Zinsen, die die Klägerin auf das zwischen den Parteien vereinbarte Darlehen geleistet hat. Die Beklagte ist insoweit deshalb nach § 812 Abs. 1, 1. Variante BGB ungerechtfertigt bereichert, weil die Klägerin die Darlehensvaluta nicht erlangt hat; sie schuldet daher auch keine Zinszahlungen auf das Darlehen.
a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag allerdings wirksam zustande gekommen. Die Klägerin, die die Vertragsurkunde persönlich unterzeichnet hat, ist nicht berechtigt, den Vertrag nach den Bestimmungen des Haustürwiderrufsgesetzes zu widerrufen. Nach dem zugrunde zu legenden, unstreitigen Sachverhalt hat sich der erste Kontakt zwischen der Klägerin und dem Vermittler M. auf einer privaten Feier einer Bekannten der Klägerin ergeben. Im Anschluss hieran hat sich die Klägerin auf Veranlassung des Vermittlers, jedoch nach Rücksprache mit ihrer Bekannten in die Wohnung des Vermittlers begeben, wo zunächst Vorgespräche geführt wurden. Bei der nachfolgenden, verabredeten Unterredung in der Privatwohnung der Klägerin sind weitere Gespräche geführt worden; die Darlehensverträge sind später auf dem Parkplatz der Arbeitsstelle der Klägerin abgeschlossen worden.
Bei dieser Sachlage liegt keine Bestimmung der Klägerin zum Abschluss der Darlehensverträge i. S. v. § 1 Abs. 1 HWiG vor. Zwar hat der 1. Kontakt zwischen der Klägerin und dem Vermittler M. bei einer Feier in der Wohnung einer Bekannten der Klägerin und damit im Bereich einer Privatwohnung stattgefunden. Bei der gebotenen wertenden Betrachtung beruht der Vertragsschluss, zu dem es etwa zwei Wochen später gekommen ist, jedoch nicht auf dieser Kontaktaufnahme. Maßgeblich ist, dass sich die Klägerin auf der Grundlage dieses ersten Kontakts zunächst, wie sie selbst bei ihrer Anhörung durch das Landgericht erklärt hat, bei ihrer Freundin erkundigt hat, ob sie den Vermittler aufsuchen könne. Deren Antwort, die Klägerin könne das machen, "auch ihr Mann hätte wohl was in Aussicht", lässt erkennen, dass die Nachfrage der Klägerin nicht den privaten Bereich berührte, sondern sich gerade darauf bezog, ob man mit dem Vermittler M. geschäftlich in Verbindung treten könne. Unter diesen Umständen lässt sich keine dem Vertragsschluss fördernde Überraschungswirkung, die einen Widerruf der Darlehensverträge nach den Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes rechtfertigen könne, feststellen.
Unabhängig hiervon wäre eine Haustürsituation der Beklagten auch nicht zuzurechnen. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestimmt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Haustürsituation dem Erklärungsempfänger zuzurechnen ist, nach den zu § 123 BGB entwickelten Grundsätzen (BGH WM 2003, 61 ff. sowie 483 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen), was sich inhaltlich aus der Erwägung heraus rechtfertigt, dass derjenige, der in einer Haustürsituation überrumpelt und zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst worden ist, nicht besser gestellt werden kann als derjenige, der hierzu durch arglistige Täuschung bestimmt wurde.
Da der Vermittler M. weder Angestellter, Mitarbeiter oder Beauftragter der Beklagten ist noch wegen seiner engen Beziehungen zu dieser als deren Vertrauensperson erscheint, ist er als Dritter i. S. v. § 123 Abs. 2 BGB anzusehen. Sein Handeln - und damit eine etwaige Haustürsituation - wäre der Beklagten nur zuzurechnen, wenn diese die entsprechenden Umstände kannte oder kennen musste. Dabei genügt es für eine fahrlässige Unkenntnis, dass die Umstände des einzelnen Falles den Erklärungsempfänger veranlassen müssen, sich danach zu erkundigen, auf welchen Umständen die ihm übermittelte Willenserklärung beruht (BGH WM 2003, 61 ff.). Bei der Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung durch eine Bank ist dies allerdings nicht bereits deshalb anzunehmen, weil die Bank ihrerseits Kenntnis davon hat, dass die Eigentumswohnung über einen gewerblich tätigen Vermittler veräußert wird. Hieraus ergibt sich keine Verpflichtung der kreditgebenden Bank, ohne weiteres über die Umstände der Vertragsanbahnung nachzufragen.
Unter diesen Voraussetzungen kommt eine Zurechnung des Verhaltens des Vermittlers M. nicht in Betracht. Für die Beklagte bestand unter den gegebenen Umständen schon deshalb keinerlei Anlass zur Nachfrage, weil nach dem Wortlaut des Verbraucherkreditgesetzes in der seinerzeit gültigen Fassung sowie der hierauf beruhenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (1995) die Anwendung des Haustürwiderrufsgesetzes auf Realkreditverträge wie die hier abgeschlossenen ohnehin nicht in Betracht zu ziehen war. Aus der Sicht der Beklagten hatte daher eine etwaige Haustürsituation keinerlei Relevanz, weshalb auch kein Anlass zur Nachfrage bestand.
b) Die Klägerin ist dennoch berechtigt, die auf die Darlehensverträge geleisteten Zinszahlungen von der Beklagten zurückzufordern, da die Klägerin die Darlehensvaluta nicht empfangen hat. Nach der schon im landgerichtlichen Urteil dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung setzt der Empfang des Darlehens voraus, dass die Darlehensvaluta aus dem Vermögen des Darlehensgebers ausscheidet und dem Vermögen des Darlehensnehmers zufließt. Wird der Darlehensbetrag auf Weisung des Darlehensnehmers an einem Dritten ausgezahlt, so hat der Darlehensnehmer den Darlehensbetrag empfangen, wenn der von ihm als Empfänger namhaft gemachte Dritte das Geld vom Darlehensnehmer erhalten hat. Empfangen ist das Darlehen damit auch dann, wenn es der Kreditgeber vereinbarungsgemäß an einen Dritten ausgezahlt hat.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Darlehensvaluta ist dem Vermögen der Klägerin nicht zugeflossen, denn die von ihr eingegangenen Zahlungsverpflichtungen waren von Beginn an deshalb unwirksam, weil der zwischen der F. mbH und der Klägerin geschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag gegen Art. 1 § 1 des RBerG verstößt und sich die Nichtigkeit des Treuhandvertrages auch auf die der Treuhänderin zur Ausführung der Geschäftsbesorgung erteilte Vollmacht erstreckt. Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. zuletzt BGH WM 2004, 417, 421). Danach wird auch die Vollmacht von der Nichtigkeit des Geschäftsversorgungsvertrages erfasst, da nur so das Ziel des Gesetzgebers, den Rechtssuchenden möglichst umfassend vor unsachgemäßer Beratung sowie den sich hieraus häufig ergebenden nachteiligen rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen zu schützen, erreicht werden kann. Unwirksam ist aufgrund der nichtigen Vollmacht damit insbesondere auch der zwischen der Klägerin und dem Verkäufer B. geschlossene notarielle Kaufvertrag mit der Folge, dass eine wirksame Zahlungsverpflichtung der Klägerin nicht begründet worden ist. Hieraus folgt, dass die Klägerin durch die Überweisung der Darlehensvaluta auf das Konto des abwickelnden Notars und die spätere Weiterleitung an den Verkäufer das Darlehen nicht empfangen hat. Diese Auszahlung des Darlehens ist im vorliegenden Fall auch nicht auf Weisung der Klägerin erfolgt. Sie beruht vielmehr entsprechend der in § 9 des Kaufvertrages enthaltenen Abtretung auf der Anzeige der F. mbH, deren Bevollmächtigung jedoch, wie ausgeführt, unwirksam war.
c) Der Beklagten ist es auch verwehrt, sich gegenüber der Klägerin auf Rechtsscheinsgesichtspunkte zu berufen, insbesondere finden die §§ 171, 172 BGB im vorliegenden Fall keine Anwendung zugunsten der Beklagten.
Allerdings folgt der Senat insoweit nicht der Begründung im angefochtenen Urteil, in dem das Landgericht ausgeführt hat, die Beklagte habe auch unter Rechtsscheinsgesichtspunkten deshalb nicht auf den Bestand der Vollmacht vertrauen dürfen, weil der Darlehensvertrag bereits am 26. Juni 1995 zustande gekommen ist, das Angebot auf Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrages hingegen von der Firma F. mbH erst am 4. Juli 1995 angenommen wurde, also zu einem Zeitpunkt, zu dem der Darlehensvertrag schon geschlossen war. Das Landgericht verkennt insoweit, dass es für die Frage, ob sich die Klägerin so behandeln lassen muss, als wenn ihr die Darlehensvaluta zugeflossen wäre, nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages, sondern vielmehr auf den Zeitpunkt der Anweisung der Darlehenssumme auf das Notaranderkonto ankommt. Diese ist, wie sich aus den vorgelegten Kontounterlagen schließen lässt, jedoch erst im Oktober und damit nach Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrages erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt hat nach der Behauptung der Beklagten ihr eine Ausfertigung der notariellen Vollmachtsurkunde vorgelegen.
Ob dies tatsächlich, was die Klägerin bestreitet, der Fall war, braucht der Senat jedoch nicht aufzuklären. Inhalt und konkrete Ausgestaltung der Vollmachtsurkunde schließen das Entstehen eines Rechtsscheins, auf den die Beklagte hätte vertrauen dürfen, aus. Aus der Vollmachtsurkunde wird offenkundig und für die Beklagte unschwer erkennbar, dass die der F. mbH erteilte Vollmacht wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 des RBerG unwirksam war. In A. III Nr. 4 des Treuhandvertrages wird der Treuhänder - über die umfassenden Vollmachten zur Abgabe von rechtsgeschäftlichen Erklärungen hinaus - ausdrücklich bevollmächtigt, Rechtsmittel einzulegen und auf solche zu verzichten; diese Befugnis steht neben der in Nr. 6 des Vertrages erteilten Vollmacht, Untervollmachten und Prozessvollmachten zu erteilen. Mit der Bevollmächtigung zur Einlegung von Rechtsmitteln und dem Verzicht auf solche ist damit eine Tätigkeit erfasst, die über die ebenfalls nicht erlaubnisfreie Rechtsberatung nochmals deutlich hinausgeht und den Kernbereich rechtsanwaltlicher Tätigkeit erfasst. Dies war auch für die Beklagte offenkundig und erkennbar. Nichts anderes ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. September 2000 (BGHZ 145, 265). Soweit der Bundesgerichtshof in jener Entscheidung ausgeführt hat, einem Notar, der im Jahr 1993 einen Vertrag in der hier vorliegenden Art beurkundet habe, könne die Unkenntnis des Erfordernisses der Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz nicht als schuldhaft vorgeworfen werden, lässt sich hieraus für die Beklagte nichts herleiten. Insbesondere ist es der Beklagten verwehrt, sich darauf zu berufen, sie habe keine weitergehenden Kenntnisse als der Notar haben müssen und sich daher auf den durch die notarielle Urkunde gesetzten Rechtsschein verlassen dürfen. Dies trifft schon aus tatsächlichen Gründen nicht zu. Die Beklagte hat allein in der Wohnungsanlage, in der die von der Klägerin gekaufte Wohnung liegt, nahezu 50 Wohnungen finanziert und gleichartige Verträge geschlossen. Gerade der Umstand, dass sie sich, wie von ihr behauptet, in jedem Einzelfall eine Ausfertigung der notariellen Urkunde hat zukommen lassen - was angesichts der Gleichartigkeit der Verträge nicht erforderlich gewesen wäre - lässt erkennen, dass sich die Beklagte - wie eine Vielzahl anderer deutscher Banken in einer Fülle ähnlich gelagerter Finanzierungen - intensiv mit der rechtlichen Konstruktion und den Befugnissen des Treuhänders befasst und schon zum damaligen Zeitpunkt wenn nicht erkannt, so doch in Erwägung gezogen hat, dass der Vorlage der Vollmachtsurkunde, wie sie § 172 BGB für den guten Glauben fordert, Bedeutung zukommen könnte. Bei dieser Sachlage hätte sie den Schluss ziehen können und müssen, dass die dem Treuhänder erteilte Vollmacht - was in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs heute als offenkundig angesehen wird - gegen das Gebot, Rechtsberatung nur aufgrund einer entsprechenden Erlaubnis zu erteilen, verstieß. Ob die Beklagte die entsprechenden Folgerungen tatsächlich gezogen hat, ist unerheblich. Angesichts der Eindeutigkeit, mit der die Vollmacht gegen Art. 1 § 1 des RBerG verstößt, bestand kein Rechtsschein, auf den sich die Beklagte hätte verlassen dürfen.
d) Für ein Eingreifen eines Ausnahmetatbestandes des Art. 1 § 5 RBerG fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten. Soweit danach kaufmännische oder sonstige gewerbliche Unternehmer ohne Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG für ihre Kunden rechtliche Angelegenheiten erledigen dürfen, die mit einem Geschäft ihres Gewerbebetriebs in unmittelbarem rechtlichen Zusammenhang stehen, handelt es sich um eine Vorschrift, die ersichtlich Ausnahmecharakter hat und eng auszulegen ist. Vorausgesetzt wird in jedem Fall, dass der Unternehmer vorrangig ein zu seiner eigentlichen Tätigkeit gehörendes Hauptgeschäft besorgt, welches keine Rechtsbesorgung darstellt und die an sich erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung lediglich ein dazugehöriges Hilfsgeschäft ist. Diese Voraussetzungen waren hier nicht gegeben, da die Tätigkeit der Treuhänderin im Zusammenhang mit dem Erwerb der Immobilie und den dazu gehörenden zahlreichen Rechtsgeschäften das Hauptgeschäft der Treuhänderin ausmachte (vgl. BGH NJW 1987, 3003, 3004; BGHZ 145, 265, 272 ff.; Nittel, (Nichtigkeit von Geschäftsbesorgungsvollmachten und ihre Auswirkungen auf Kreditverträge, NJW 2002, 2599, 2600).
Eine Genehmigung der "wirkungslosen" Anweisung zur Auszahlung der Darlehensvaluta ist durch die Klägerin nicht erfolgt. Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 2002, 2325, 2327), dass sich aus der Erfüllung der vermeintlichen Darlehensverpflichtung keine konkludente Genehmigung ergibt, solange dem vermeintlichen Darlehensnehmer die Nichtigkeit der abgegebenen Erklärungen nicht erkennbar war.
e) Die Höhe des Zahlungsanspruchs der Klägerin ist im Berufungsverfahren unstreitig geblieben; er beläuft sich auf den mit der Klage geltend gemachten Betrag von 27.788,40 EUR.
2. Der mit der Widerklage auch in II. Instanz verfolgte Zahlungsanspruch der Beklagten, der sich auf eine Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von 67.854,24 EUR richtet, ist, wie sich aus den vorausgegangenen Darlegungen unmittelbar ergibt, unbegründet. Da die Klägerin die Darlehensvaluta nicht empfangen hat, ist sie auch zu deren Rückzahlung nicht verpflichtet.
3. Begründet ist lediglich der im Wege der Widerklage geltend gemachte Hilfsantrag der Beklagten, mit dem diese eine Verurteilung der Klägerin zur Abtretung der Rückgewährsansprüche erstrebt, die der Klägerin gegenüber dem Verkäufer B. aus der Rückabwicklung des notariellen Kaufvertrages zustehen sollen. Ob solche Ansprüche im Hinblick darauf, dass auch der Grundstückskaufvertrag infolge der aus der Unwirksamkeit der Vollmacht resultierenden Unwirksamkeit der Auflassung unwirksam sein dürfte, tatsächlich bestehen, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Zur Abtretung etwaiger Ansprüche ist die Klägerin, die die Darlehensvaluta nicht empfangen und die daher gegenüber der Beklagten nicht zur Zahlung verurteilt werden kann, jedenfalls verpflichtet. Die Klägerin kann im Verhältnis zur Beklagten die Darlehenssumme nicht behalten. Dementsprechend hat sie bereits im Rahmen der Berufungserwiderung erklärt, sie sei, sollte sie im Rahmen dieses Prozesses endgültig obsiegen, bereit, die ihr zustehenden erforderlichen Rechtshandlungen vorzunehmen, damit die Beklagte ihren Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Verkäufer B. rechtlich geltend machen kann. Ein Titulierungsinteresse der Beklagten kann dieser allerdings im Hinblick auf die umfassende Auseinandersetzung der Parteien in diesem Rechtsstreit nicht aberkannt werden.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO. Ein Teilunterliegen der Klägerin, die sich zur Abtretung etwaiger Ansprüche gegenüber dem Verkäufer der Wohnung an die Beklagte ausdrücklich bereit erklärt hat, ist nicht gegeben. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen, unter denen die Revision zuzulassen ist, sind wegen der hier zu treffenden Einzelfallentscheidung nicht gegeben.
Ende der Entscheidung
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