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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 30.01.2008
Aktenzeichen: 3 U 264/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 129
ZPO § 130
ZPO §§ 233 ff
ZPO § 520 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 1
Ein elektronisches Dokument (E-Mail) wahrt nicht die für die Berufungsbegründung vorgesehene Schriftform.
3 U 264/07

Beschluss

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... am 30. Januar 2008 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu gewähren, wird zurückgewiesen.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 24. Oktober 2007 wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Gründe:

I.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage des Klägers in vollem Umfang abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger fristgerecht Berufung eingelegt. Auf seinen - am selben Tag eingegangenen - Antrag vom 19. Dezember 2007 hin ist die Frist zur Berufungsbegründung bis einschließlich 16. Januar 2008 verlängert worden. Am 16. Januar 2008, 23:50 Uhr, hat der Kläger vergeblich versucht, die Berufungsbegründung per Fax an das Fax-Gerät der Geschäftsstelle des Senats zu übersenden, was nicht gelang, weil die Leitung belegt war, was der Kläger mit E-MailSchreiben vom 16. Januar 2008, 23:55 Uhr, mitgeteilt und dem er die Berufungsbegründung in elektronischer Form beigefügt hat (Bl. 163 ff. GA).

Am 17. Januar 2008, 00:02 Uhr, ist - unter einer anderen FaxNummer des Gerichts - dann die - unterzeichnete - Berufungsbegründung des Klägers eingegangen.

Auf den verspäteten Eingang der Berufungsbegründung ist der Kläger mit FaxSchreiben des Vorsitzenden des 3. Zivilsenats vom selben Tag hingewiesen worden, woraufhin er seinerseits - noch am selben Tag - Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gestellt hat.

II.

Die Berufung des Klägers ist unzulässig, weil er es versäumt hat, sie rechtzeitig zu begründen (§§ 520, 522 Abs. 1 ZPO).

Ihm konnte insoweit auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zwar zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt (§ 234 ZPO), er ist in der Sache indes nicht begründet. Der - in eigener Sache tätige - Kläger war nicht ohne Verschulden daran gehindert, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten (§ 233 ZPO), sondern hat sie vielmehr schuldhaft versäumt.

Zwar ist nach ständiger Rechtsprechung die Begründung der Berufung per Telefax trotz fehlender Originalunterschrift fristwahrend, allerdings ist das Faxschreiben hier erst am 17. Januar, d. h. nach Fristablauf eingegangen. Ein fernschriftlich übermittelter Schriftsatz ist erst in dem Zeitpunkt eingegangen, in dem das Empfangsgerät des für den Empfang zuständigen Gerichts ihn ausdruckt (BGHZ 101, 276, 280. BGH, Beschluss vom 4. Mai 1994 - XII ZB 21/94, NJW 1994, 213 ff, hier zitiert nach Juris Rn. 10). Ausweislich des auf jeder Seite des Faxschreibens aufgedruckten Empfangsprotokolls des Fax-Gerätes des Oberlandesgerichts sind alle Seiten des Schriftsatzes nicht mehr am 16., sondern am erst 17. Januar 2008 (00:02 Uhr) eingegangen. Soweit der Kläger behauptet, ein Teil des Schriftsatzes müsse schon vor Mitternacht beim Oberlandesgericht eingegangen sein, lässt sich dies mit dem Empfangsprotokoll nicht vereinbaren (Bl. 180183 GA). Dies ist aber letztlich auch deswegen irrelevant, weil jedenfalls - auch nach dem Vortrag des Klägers - die Seite, die die (kopierte) Unterschrift des Klägers trug, erst am 17. Januar 2008 bei Gericht eingegangen ist. Auch wenn man annehmen würde, ein Teil des Schriftsatzes wäre bereits vor Mitternacht in den Speicher des Empfangsgeräts gelangt (was an sich jedoch nicht ausreichend ist, vgl. o.), und nimmt man weiter an, das Empfangsprotokoll gäbe nur den Zeitpunkt an, zu dem die Übertragung bzw. der Ausdruck vollständig abgeschlossen waren (0:02 Uhr), hätte bei einer Übertragungsdauer von zwei Minuten und vier Sekunden nur ein geringer Bruchteil der Daten - vermutlich nicht einmal die erste Seite - vor Mitternacht übertragen worden sein können. Als bestimmender Schriftsatz (§§ 129, 130 ZPO) musste die Berufungsbegründung eine Unterschrift tragen, ohne die die Prozesshandlung nicht wirksam vorgenommen ist (BGHZ 101, 134, 136 ff.). Denn der Nachweis, dass eine Berufungsbegründung von einem zugelassenen Rechtsanwalt stammt, kann nur durch die Unterschrift geführt werden (BGHZ 37, 156 ff.).

Das Erfordernis der Unterschrift entfällt auch dann nicht, wenn der Schriftsatz in zulässiger Weise durch Telefax übermittelt wird. Denn in diesem Fall verzichtet die Rechtsprechung lediglich darauf, dass das bei Gericht eingehende Schriftstück eigenhändig unterschrieben sein muss, erforderlich ist in einem solchen Fall, dass die Kopiervorlage unterschrieben ist und diese Unterschrift auf der Fernkopie wiedergegeben wird (BGH, NJW 1990, 188. NJW 1994, 2097 f.).

Aus diesem Grund ist auch die als elektronisches Dokument per E-Mail übersandte und noch vor Mitternacht bei Gericht eingegangene Berufungsbegründung nicht ausreichend. Mangels (elektronischer) Signatur des Dokuments kommt es auch nicht darauf an, ob vorliegend überhaupt schon die technischen Voraussetzungen für einen derartigen elektronischen Rechtsverkehr geschaffen waren (vgl. § 130a Abs. 2 ZPO).

Die nicht rechtzeitige Übertragung der Berufungsbegründung beruhte vorliegend auch nicht auf einem Defekt der Empfangsanlage des Oberlandesgerichts, sondern darauf, dass die dem Kläger mitgeteilte FaxNummer der Geschäftsstelle des Senats um 23:50 Uhr besetzt war. Eine solche Belegung ist indessen kein einer technischen Störung gleichzuachtender Umstand, der dem Kläger nicht angelastet werden könnte, sondern ein gewöhnliches Ereignis, auf das sich ein Rechtssuchender einstellen muss. Gerade die Abend und Nachtstunden werden - etwa wegen günstiger Tarife oder wegen drohenden Fristablaufs - häufig genutzt, um Schriftstücke fristwahrend per Telefax zu übermitteln. Dies ist ein Umstand, der dem Kläger hätte bekannt sein und auf den er sich hätte einstellen müssen (vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 19. November 1999 - 2 BvR 565/98, NJW 2000, 574, hier zitiert nach Juris Rn. 4). Die dem Kläger vorliegend zur Fristwahrung verbleibende Zeit von zehn Minuten war vor diesem Hintergrund so knapp bemessen, dass ihm der Vorwurf mangelnder Sorgfalt nicht erspart werden kann. Auch wenn man berücksichtigt, dass vorliegend nur vier Seiten zu übertragen waren, konnte er sich nicht darauf verlassen, dass das Fax-Gerät der Geschäftsstelle rechtzeitig frei sein würde, zumal nach seinen eigenen Angaben - wie auch aus dem von ihm vorgelegten Sendeprotokoll seines eigenen (zeitverstellten) Fax-Gerätes (Bl. 173 GA) zu ersehen ist - die Übermittlung des Schriftstückes immerhin zwei Minuten und vier Sekunden in Anspruch genommen hat.

Darüber hinaus war dem Kläger eine weitere FaxNummer (der Wachtmeisterei) bekannt, über die ihm die Übermittlung des Schriftsatzes anschließend auch gelungen ist. Es hätte daher ohnehin nahe gelegen, sofort auf diese Ausweichnummer zurückzugreifen, an Stelle um 23:55 Uhr die Berufungsbegründung per E-Mail und damit ohne wirksame Unterschrift - zu übermitteln. Gründe dafür, weshalb er die Übermittlung des Schriftsatzes erst zehn Minuten vor Mitternacht versucht hat, nennt der Kläger nicht.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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