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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 05.07.2006
Aktenzeichen: 3 U 57/06
Rechtsgebiete: BGB, HGB


Vorschriften:

BGB § 31
BGB § 675
HGB § 128
Das Mitglied einer Scheinsozietät haftet nicht für Vertragsverletzungen aus einem Treuhandvertrag, wenn der vom sachbearbeitenden Rechtsanwalt übernommene Treuhandauftrag keine anwaltstypische Tätigkeit darstellt.

Eine anwaltstypische Tätigkeit liegt dann nicht vor, wenn es dem Mandanten bei Abschluss des Treuhandvertrages ersichtlich nur auf die reine Vermögensbetreuung ankam und mit dem Treuhandvertrag keine rechtsberatenden Tätigkeiten verbunden sind bzw. diese derartig in den Hintergrund treten, dass ihnen keine eigenständige Bedeutung zukommt.


Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

3 U 57/06

Verkündet am 5. Juli 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Landgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 8. Dezember 2005 verkündete Teil und Schlussurteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger macht vertragliche und gesetzliche Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von Pflichten aus Darlehensverträgen und einem Treuhandvertrag geltend. Mit seiner Klage hat er insgesamt vier Beklagte als Gesamtschuldner auf Zahlung in Höhe von 19.000,00 EUR in Anspruch genommen. Das Berufungsverfahren richtet sich nur noch gegen die Beklagte zu 3.

Der Kläger beabsichtigte, einen Kredit von fast 5 Mio. EUR aufzunehmen. Das Unternehmen "E... GbR", dessen Gesellschafter D. D. und O. B. waren, stellte ihm die Vermittlung des gewünschten Kredits in Aussicht. Die Finanzierung sollte entsprechend dem als Anlage 1 vorgelegten Ablaufplan erfolgen. Hiernach sollte zunächst ein Darlehensvertrag zwischen der GbR und dem Kunden geschlossen werden, wobei der Kunde Darlehensgeber in Höhe des Eigenkapitals sein sollte und dieses Eigenkapital auf ein "Treuhandkonto der Rechtsanwälte J... und Kollegen, bei Rechtsanwältin A. H. (siehe Anlage Treuhandvertrag)" eingezahlt werden sollte. Nachfolgend sollte dann der eigentliche Darlehensvertrag mit einer - nicht näher bezeichneten - österreichischen Bank geschlossen werden. Eine Auszahlung aus dem Treuhandkonto an die GbR sollte erst erfolgen, wenn der Kunde den Darlehensbetrag erhalten hatte.

Am 20. Dezember 2003 überwies der Kläger 166.000,00 EUR auf ein Konto der Rechtsanwältin H. Am 27. Januar 2004 schloss er mit der GbR einen Darlehensvertrag über einen Gesamtbetrag (Eigenkapitalnachweis) von 210.000,00 EUR (Anlage 5). Mit Schreiben vom 23. Februar 2004 (Anlage 7) bestätigte die Rechtsanwältin H. "den Eingang des von Ihnen angewiesenen Eigenkapitalanteils" und übersandte einen Treuhandauftrag, den der Kläger annahm (Anlage 8). Am 2. April 2004 schloss der Kläger den eigentlichen Darlehensvertrag über 4.772.728,00 EUR mit der GbR (Anlage 6). Am 14. April 2004 übergab er der Rechtsanwältin H. im Beisein von O. B. und D. D. in bar weitere 44.000,00 EUR und erhielt gleichzeitig einen Verrechnungsscheck über 3.579.546,00 EUR, der jedoch nicht eingelöst werden konnte. Nachfolgend wurde der Kläger, der sich sowohl telefonisch als auch per Fax mehrfach zwecks Aufklärung des Sachverhalts an die Rechtsanwältin H. wandte, sowohl von B. und D. als auch von der Rechtsanwältin selbst immer wieder hingehalten. Weder eine Auszahlung des Darlehensbetrages noch eine Rückzahlung des vom Kläger geleisteten Eigenkapitals erfolgten.

Die Staatsanwaltschaft Stade leitete schließlich ein Ermittlungsverfahren u. a. gegen O. B., D. D. und Rechtsanwältin H. ein, was in dem folgenden Strafverfahren zu erheblichen Freiheitsstrafen für alle drei führte.

Rechtsanwältin H. war von September 2003 bis April 2004 als Angestellte in der Kanzlei der Beklagten zu 3 tätig. Sowohl im Internetauftritt der Kanzlei als auch auf dem offiziellen Briefbogen der Kanzlei war sie ohne weitere Einschränkungen als Rechtsanwältin aufgeführt.

Mit seiner gegen O. B., Rechtsanwältin H., die Beklagte zu 3 und die E... GbR gerichteten Klage hat der Kläger zunächst den von ihm geleisteten Eigenkapitalbetrag in Höhe von insgesamt 210.000,00 EUR als Schadensersatz geltend gemacht, seine Forderung jedoch später aus Kostengründen auf einen Betrag von 19.000,00 EUR beschränkt. Im Hinblick auf eine Haftung der Beklagten zu 3 hat er die Auffassung vertreten, dass diese sich aus Rechtsscheinsgesichtspunkten ergebe, weil der Treuhandauftrag nicht nur mit der Rechtsanwältin H., sondern mit der Scheinsozietät zustande gekommen sei.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, es sei kein Vertrag mit der (Schein)Sozietät zustande gekommen, sondern lediglich ein Einzelmandat gegenüber der ohne ihr Wissen handelnden Beklagten zu 2 erteilt worden. Dies folge aus dem Umstand, dass der Treuhandvertrag eine reine Vermögensverwaltung und keine anwaltstypischen Aufgaben vorsehe.

Die Haftpflichtversicherung der Beklagten zu 3, der der Streit verkündet worden ist, ist dem Rechtsstreit in erster Instanz auf Seiten der Beklagten zu 3 beigetreten.

Hinsichtlich der erstinstanzlichen Anträge und der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 215 R - 217 d. A.).

Das Landgericht hat der Klage gegen die Beklagte zu 2 (Rechtsanwältin H.) und die Beklagte zu 4 (E... GbR) jeweils durch Teilversäumnisurteil stattgegeben (Bl. 91 und 204 d. A.). Durch Teil und Schlussurteil vom 8. Dezember 2005 wurde der Beklagte zu 1 (O. B.) ebenfalls in voller Höhe verurteilt, wohingegen die Klage gegen die Beklagte zu 3 abgewiesen wurde. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass zwar eine Scheinsozietät zwischen der Beklagten zu 2 und der Beklagten zu 3 bestanden habe, die grundsätzlich zu der Annahme führe, das Mandat sei der Sozietät erteilt. Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls sei jedoch davon auszugehen, dass der Treuhandauftrag nur ein Einzelmandat der Beklagten zu 2 begründet habe, weil die durchgeführte Treuhandtätigkeit keine anwaltstypische Tätigkeit darstelle. Eine Zurechnung etwaigen deliktischen Handelns komme nicht in Betracht, weil die Rechtsscheinshaftung nur im Bereich vertraglichen Handelns möglich sei. Da die Beklagte zu 2 außerdem Angestellte der Beklagten zu 3 gewesen sei, komme auch eine Zurechnung über § 278 BGB nicht in Betracht, weil es hierfür eines Schuldverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 3 bedurft hätte.

Gegen die Abweisung der Klage im Hinblick auf die Beklagte zu 3 richtet sich die Berufung des Klägers. Er greift insbesondere die Ausführungen des Landgerichts zur Erteilung eines Einzelmandates an und vertritt die Auffassung, bereits die Treuhändertätigkeit als solche sei anwaltstypisch. Im Übrigen sei die Beklagte zu 2 aber auch umfassend beratend für ihn tätig gewesen. So habe sie den Treuhandvertrag konzipiert, ausgefertigt und an ihn übersandt, mit ihm intensive Gespräche über die Vertragsbedingungen geführt und sei von ihm wegen eigener Vertragsergänzungen konsultiert worden. Diese Tätigkeit habe auch nicht völlig im Hintergrund gestanden. Im Übrigen ergebe sich eine Haftung der Beklagten zu 3 unmittelbar aus eigenem deliktischen Handeln, weil diese durch die ihr bekannte und von ihr geduldete Nutzung der Büroinfrastruktur im erheblichen Umfang zur Mittäterin der Beklagten zu 2 geworden sei.

Der Kläger beantragt,

abändernd die Beklagte zur Zahlung von 19.000,00 EUR an den Kläger nebst 5 % Zinsen auf den Basiszinssatz zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Die auch im Berufungsverfahren auf Seiten der Beklagten zu 3 beigetretene Streithelferin beantragt ebenfalls,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Dem Kläger stehen gegenüber der Beklagten zu 3 weder vertragliche noch gesetzliche Schadensersatzansprüche zu.

1. Dem Kläger stehen keine vertraglichen Schadensersatzansprüche gemäß §§ 675, 280 BGB i. V. m. einer analogen Anwendung der §§ 31 BGB und 128 HGB zu.

a) Zwar liegen die Voraussetzungen des § 280 BGB vor, weil die Beklagte zu 2 die ihr aufgrund des Treuhandvertrages obliegenden Pflichten im Hinblick auf die vom Kläger eingezahlten 210.000,00 EUR in eklatanter Weise verletzt hat, indem sie absprachewidrig nicht sicher stellte, dass der vom Kläger an sie überwiesene bzw. an sie übergebene Betrag nicht auf dem dafür vorgesehenen Konto verblieb und an den Kläger zurück gezahlt werden konnte.

b) Diese Pflichtverletzung der Beklagten zu 2 kann der Beklagten zu 3 aber nicht zugerechnet werden. Die Haftung von Gesellschaftern einer BGB-Gesellschaft - und somit grundsätzlich auch die Haftung von Sozien einer Rechtsanwaltssozietät - wird nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Frage der Rechtsfähigkeit einer BGB-Gesellschaft nunmehr als akzessorisch zur Haftung der Gesellschaft angesehen (s. BGH, Urteil vom 29. Januar 2001, II ZR 331/00 - u. a. abgedruckt in WM 2001, 408). Eine Haftung der einzelnen Gesellschafter für vertragliche Ansprüche Dritter gegen die Gesellschaft kann daher zwar grundsätzlich über eine analoge Anwendung der §§ 31 BGB und 128 HGB begründet werden. Vorliegend kommt eine solche Haftung wegen etwaiger Ansprüche aus § 280 BGB aber schon deshalb nicht in Betracht, weil der Treuhandvertrag nicht mit der Sozietät, sondern vielmehr nur mit der Beklagten zu 2 im Rahmen eines Einzelmandats abgeschlossen wurde.

aa) Zwar schließt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs derjenige, der einen einer Anwaltssozietät angehörenden Rechtsanwalt beauftragt, im Zweifel mit allen der Sozietät angehörenden Rechtsanwälten einen Anwaltsvertrag ab (BGH, Urteil vom 6. Juli 1971, VI ZR 94/69 - u. a. abgedruckt in NJW 1971, 1801; BGH, Urteil vom 8. Juli 1999, IX ZR 338/97 m. w. N. - u. a. abgedruckt in NJW 1999, 3040). Der Anwendung dieses Grundsatzes steht vorliegend auch nicht entgegen, dass zwischen den Beklagten zu 2 und 3 tatsächlich kein Sozietätsverhältnis bestand, weil die Beklagte zu 2 bei der Beklagten zu 3 angestellt war. Denn die Beklagte zu 3 hat durch die Verwendung gemeinsamer Briefbögen und den Internetauftritt, woraus sich kein Hinweis auf ein Angestelltenverhältnis der Beklagten zu 2 ergab, zumindest nach außen hin den Anschein einer Sozietät erweckt und muss sich daher nach den Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht an dem von ihr gesetzten Rechtsschein einer Sozietät grundsätzlich festhalten lassen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1999, IX ZR 338/97, a. a. O., m. w. N.).

bb) Der Grundsatz kommt hier aber deshalb nicht zum Tragen, weil es sich bei dem vom Kläger erteilten Treuhandauftrag nicht um eine anwaltstypische Tätigkeit handelte, sondern es dem Kläger in erster Linie auf eine bloße Vermögensbetreuung durch die Beklagte zu 2 ankam, die letztlich auch über ein bei der Bank eingerichtetes Treuhandkonto hätte abgewickelt werden können. Zwar kann auch eine Treuhandtätigkeit zur typischen Berufstätigkeit eines Rechtsanwalts gehören. Dies gilt aber nur dann, wenn dem Anwalt die Treuhändertätigkeit mit einer Pflicht zur Rechtsbetreuung übertragen wird. Erhält der Anwalt daher lediglich den Treuhandauftrag, ohne gleichzeitig rechtsberatende oder - vertretende Tätigkeiten zu übernehmen, liegt dagegen keine typische Anwaltstätigkeit vor, weil es an der für die Anwaltstätigkeit typischen Rechtsbeistandspflicht fehlt (s. BGH, Urteil vom 8. Juli 1999, IX ZR 338/97, a. a. O.; vgl. hierzu auch § 1 Abs. 2 RVG, wonach Treuhänder ausdrücklich nicht nach RVG vergütet werden). Wird ein Anwalt einer Sozietät daher mit einer Tätigkeit betraut, die an sich außerhalb der eigentlichen Aufgaben des Anwalts liegt, so liegt die Annahme eines Einzelmandats nahe (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1988, III ZR 195/86 - u. a. abgedruckt in NJWRR 1988, 1299).

Zwar behauptet der Kläger, dass die Beklagte zu 2 ihm gegenüber eine umfassende Beratungstätigkeit erbracht habe, was die Beklagte zu 3 bestreitet. Letztlich ging es ihm aber ersichtlich und vorrangig nur darum, die Auszahlung der versprochenen Darlehensvaluta zu erreichen und bis dahin die von ihm im Voraus zu leistende Zahlung in Höhe von 210.000,00 EUR zurückzuhalten. Im Einzelnen hat er zu einer rechtlichen Beratung - erstmals in der Berufungsinstanz - auch lediglich vorgetragen, dass die Beklagte zu 2 den Treuhandvertrag gefertigt, er sie wegen eigener Vertragsergänzungen konsultiert und sie mit ihm intensive Gespräche über die Vertragsbedingungen geführt habe. Unabhängig davon, dass der Kläger seine - allesamt bestrittenen und letztlich auch ohne Substanz vorgetragenen - Behauptungen nicht unter Beweis gestellt hat, ergibt sich auch aus den vorliegenden Unterlagen in keiner Weise, dass seitens der Beklagten zu 2 eine Rechtsberatung durchgeführt wurde. Vielmehr heißt es in ihrem eigenen Schreiben vom 23. Februar 2004 (Anlage 7, Bl. 21 d. A.): "Die von Ihnen weiterhin gewünschten Verträge nebst den Informationen werden Sie von Herrn D. und/oder Herrn B. persönlich erhalten." In einem Schreiben der Ehefrau des Klägers vom 15. März 2004 (Anlage K 17, Bl. 111 d. A.), die offenbar ebenso wie der Kläger selbst über alle Vorgänge informiert war, heißt es außerdem: " ... dass auch Sie sich in Ihrer Position als Sachwalterin des Treuhandkontos, das im Zusammenhang mit dem im Betreff näher bezeichneten Darlehensvertrag steht, unwohl fühlen." Anhaltspunkte für eine rechtsberatende Tätigkeit der Beklagten zu 2 ergeben sich auch nicht aus den diversen Schreiben des Klägers an die Beklagte zu 2. Aus dem Schreiben des Klägers vom 3. März 2004 (Anlage K 15, Bl. 109 d. A.), in dem dieser die Beklagte zu 2 um Sachstandsbericht und um Übersendung der zugesagten Kreditunterlagen bittet, "damit wir diese mit unserem Justitiar durchgehen können", folgt sogar ausdrücklich, dass der Kläger rechtliche Beratung durch andere Personen anstrebte.

Selbst wenn aber die Beklagte zu 2 den Treuhandauftrag selbst konzipiert hätte - was aufgrund ihres strafrechtlich relevanten Zusammenwirkens mit O. B. und D. D. nicht unwahrscheinlich ist - und darüber hinaus mit dem Kläger auch über den Darlehensvertrag gesprochen hat, so führt dies nicht dazu, ihre Tätigkeit als anwaltstypische Tätigkeit anzusehen. Denn selbst wenn man hierin eine rechtliche Beratung sehen wollte, so tritt diese - insbesondere unter Berücksichtigung des eigentlichen Interesses des Klägers an der Auszahlung der Darlehenssumme - derartig in den Hintergrund, dass ihr neben der Treuhändertätigkeit keine eigenständige Bedeutung zukommt.

Auch aus dem Treuhandauftrag selbst lässt sich keine anwaltstypische Tätigkeit der Beklagten zu 2 entnehmen. Allein der Umstand, dass sie natürlich die Auszahlungsvoraussetzungen zu prüfen hatte, bevor sie das eingezahlte Geld freigeben durfte, stellt keine Rechtsberatung, sondern die ureigenste Aufgabe eines jeden Treuhänders dar, zumal hierfür lediglich die Vorlage des Originals der Darlehensfinanzierungszusage notwendig gewesen wäre.

Da der oben dargestellte Grundsatz, wonach der Vertrag im Zweifel mit allen Rechtsanwälten einer (Schein)Sozietät zustande kommt, nicht zum Tragen kommt, ist auf die Umstände des Einzelfalls, hier insbesondere den Treuhandvertrag selbst sowie den erkennbaren Willen des Klägers, abzustellen. Aus einer Gesamtbetrachtung dieser Umstände ergibt sich dabei, dass der Treuhandvertrag nur mit der Beklagten zu 2 zustande gekommen ist.

Für ein Einzelmandat der Beklagten zu 2 spricht zunächst der Treuhandauftrag selbst, der nicht auf einem Briefbogen der Kanzlei, sondern auf neutralem Papier gefertigt wurde und in dem als Treuhänderin lediglich die Beklagte zu 2 mehrfach ausdrücklich bezeichnet wird. Bei dem im Treuhandauftrag aufgeführten Anwaltsanderkonto handelt es sich auch nicht etwa um ein Konto der Kanzlei, sondern offenbar um ein Sonderkonto der Beklagten zu 2, was sich aus einem Vergleich mit den Bankverbindungen auf dem offiziellen Briefbogen der Kanzlei ergibt.

Dafür, dass der Treuhandauftrag nur der Beklagten zu 2 erteilt wurde, sprechen im Übrigen die vom Kläger vorgelegten eigenen Schreiben (s. Anlagen K 14 bis 21, Bl. 108 ff. d. A.), die alle unmittelbar an die Beklagte zu 2 gerichtet waren. Hierbei spielt es auch keine Rolle, dass die Adresse "H... Straße 50" mit der Kanzleianschrift übereinstimmt. Aus den Schreiben ergibt sich auch, dass der Kontakt hinsichtlich des Treuhandauftrages immer nur mit der Beklagten zu 2, nicht aber mit der Beklagten zu 3, die in den Schreiben keinerlei Erwähnung findet, stattfand.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem "Ablaufplan für diese Finanzierung", in dem zwar die "Rechtsanwälte J... und Kollegen" Erwähnung finden. Auch aus diesem Ablaufplan, dem im Übrigen der Treuhandauftrag als Anlage anlag, folgt, dass der Treuhandauftrag mit der Beklagten zu 2 zustande kommen sollte, denn auch er enthält ausdrücklich ihren Namen. Da ihm zudem der Treuhandauftrag als Anlage beilag, konnte auch der Kläger nur davon ausgehen, dass er den Treuhandauftrag allein mit der Beklagten zu 2 schließen würde.

Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger die Kanzleiräume im Dezember 2003 und im Januar 2004 persönlich besucht haben will. Zum einen hat die Beklagte zu 3 diese Besuche bestritten. Zum anderen hatte die Beklagte zu 2 ihre Büroräume unstreitig in den Kanzleiräumen, so dass sich aus einem persönlichen Besuch nichts dafür herleiten lässt, mit wem der Kläger den Treuhandauftrag abschloss.

2. Dem Kläger stehen auch keine vertraglichen Schadensersatzansprüche aus §§ 675, 280, 278 BGB zu. Zwar war die Beklagte zu 2 unstreitig als Angestellte für die Beklagte zu 3 tätig. Wie das Landgericht bereits ausgeführt hat, scheitert eine Haftungszurechnung über § 278 BGB aber bereits daran, dass die Beklagte zu 2 nicht etwa im Rahmen eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 3 als Erfüllungsgehilfin der Beklagten zu 3 tätig wurde. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich vielmehr, dass ein Vertrag gerade nicht mit der Beklagten zu 3 zustande kam, sondern lediglich ein Einzelmandat gegenüber der Beklagten zu 2 begründet wurde.

3. Auch gesetzliche Schadensersatzansprüche gemäß § 823 BGB i. V. m. einer analogen Anwendung der §§ 31 BGB und 128 HGB stehen dem Kläger nicht zu.

a) Zwar ist davon auszugehen, dass sich die Beklagte zu 2 nicht nur gemäß § 280 BGB einer Verletzung der sich aus dem Treuhandvertrag ergebenden Pflichten, sondern darüber hinaus auch einer unerlaubten Handlung im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 263, 266 StGB schuldig gemacht hat.

b) Auch eine unerlaubte Handlung der Beklagten zu 2 muss sich die Beklagte zu 3 aber nicht zurechnen lassen. Zwar kommt eine Haftung der Sozietät gemäß § 31 BGB analog grundsätzlich auch für deliktisches, d. h. außervertragliches Handeln eines Sozius in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2003, II ZR 385/99 - u. a. abgedruckt in NJW 2003, 1445; Borgmann/Jungk/Grams, Anwaltshaftung, 4. Auflage, VII., Rn. 28). Infolge dessen kann auch eine - zur Haftung der Sozietät akzessorische - Haftung des einzelnen Sozius nach § 128 HGB analog eintreten (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2001, II ZR 331/00, a. a. O.).

aa) Vorliegend ist eine Zurechnung der unerlaubten Handlung aber bereits deshalb abzulehnen, weil die Beklagten zu 2 und 3 tatsächlich nicht in einer Sozietät verbunden waren. Zwar bestand zwischen ihnen aus den bereits genannten Gründen jedenfalls eine Scheinsozietät (s. o. 1.). Diese wäre für die Zurechnung vertraglicher Haftungstatbestände auch grundsätzlich ausreichend. Eine Zurechnung deliktischen Handelns aufgrund des sich aus der Scheinsozietät ergebenden Rechtsscheins kommt aber nicht in Betracht, worauf auch das Landgericht bereits hingewiesen hat. Denn die sich aus der Scheinsozietät ergebende Rechtsscheinshaftung setzt begriffsnotwendig eine (vertragliche oder vorvertragliche) Rechtsbeziehung zwischen den Beteiligten voraus, aus der sich überhaupt erst ein Rechtsschein ergeben kann. Eine solche Rechtsbeziehung besteht aber im Rahmen der Haftung aus unerlaubter Handlung gerade nicht. Anknüpfungspunkte für eine - sich aus der Rechtsscheinshaftung ergebende - Anwendung der Grundsätze über die Anscheins oder Duldungsvollmacht sind daher im Falle einer Haftung aus unerlaubter Handlung nicht ersichtlich.

bb) Selbst wenn man im vorliegenden Fall für die analoge Anwendbarkeit des § 31 BGB die bestehende Scheinsozietät ausreichen lassen würde, kommt eine Haftung der Beklagten nicht in Betracht, weil auch die weiteren Voraussetzungen des § 31 BGB nicht vorliegen. In analoger Anwendung des § 31 BGB haftet die Sozietät einem Dritten für diejenigen Schäden, die ihm ein Sozius durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene Handlung zugefügt hat.

Hier hat die Beklagte zu 2 durch die Übernahme des Treuhandauftrages zwar eine Tätigkeit übernommen, die - auch wenn sie nicht als anwaltstypisch angesehen werden kann (s. o. 1.) - grundsätzlich in sachlichem Zusammenhang mit ihrem Aufgabenkreis als (Schein)Sozia einer Rechtsanwaltskanzlei stand (vgl. BGHZ 49, 19; 98, 148). Allerdings hat sich die Beklagte zu 2 bei der Durchführung der Treuhandtätigkeit im konkreten Fall so weit von ihrem eigentlichen Aufgabenkreis entfernt, dass sie für den Kläger erkennbar außerhalb des allgemeinen Rahmens der ihr übertragenen Aufgaben handelte und eine Haftung der Sozietät über § 31 BGB daher nicht mehr in Betracht kommt (vgl. BGH, a. a. O.). Hierbei war zunächst der Treuhandvertrag selbst zu beachten, der nicht etwa einen Bezug zur Kanzlei der Beklagten zu 3 aufweist, sondern ausdrücklich nur die Beklagte zu 2 persönlich als Treuhänderin bezeichnet. Des Weiteren sprechen die vorgelegten Unterlagen dafür, dass etwaige Verhandlungen nur über die Beklagte zu 2 erfolgt sind. Persönliche Kontakte zur Beklagten zu 3 behauptet der Kläger selbst nicht. Zwar behauptet er telefonische Kontakte zur Kanzlei der Beklagten. Seine bestrittenen Behauptungen hat der Kläger aber nicht unter Beweis gestellt, so dass davon auszugehen ist, dass es ausschließlich zu persönlichen Kontakten zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2, nicht aber zwischen dem Kläger und den Mitarbeitern der Beklagten zu 3 kam. Hieran ändert sich auch nicht deshalb etwas, weil der Kläger einzelne Telefaxe während der üblichen Bürozeiten an die Kanzlei der Beklagten schickte. Denn sämtliche Schreiben des Klägers enthielten den Namen der Beklagten zu 2, nicht aber eine Vorgangsnummer o. ä., so dass davon auszugehen ist, dass auch die Telefaxe die Beklagte zu 2 unmittelbar erreichten.

Betrachtet man diese im Wesentlichen außerhalb des üblichen Kanzleibetriebes laufende Bearbeitung des Treuhandauftrages durch die Beklagte zu 2 im Zusammenhang mit dem - ersichtlich ungewöhnlichen - Darlehensangebot über fast 5 Mio. EUR, für das der Kläger mit Ausnahme der Provisionszahlung in Höhe von 210.000,00 EUR keinerlei Sicherheiten beibringen musste und bei dem ihm nicht einmal mitgeteilt wurde, welches österreichische Kreditinstitut das Darlehen bewilligen sollte, sowie dem Umstand, dass der Kläger aus dem Ablaufplan, der ersichtlich für eine Vielzahl von Fällen erstellt worden war, wusste, dass die Beklagte zu 2 regelmäßig als Treuhänderin fungierte, so ergibt sich ohne weiteres, dass der Kläger nicht davon ausgehen konnte, die Beklagte zu 2 werde im Rahmen ihrer üblichen Sozietätsbefugnisse tätig. Vielmehr hätten bei dem Kläger aufgrund der geschilderten, äußerst ungewöhnlichen Umstände sämtliche "Alarmlampen" angehen müssen, aufgrund derer er hätte erkennen können, dass die Beklagte zu 2 sich weit von ihrem eigentlichen Aufgabenkreis entfernt hatte.

4. Auch Ansprüche des Klägers gemäß §§ 823, 831 BGB kommen nicht in Betracht. Die Beklagte zu 2 wurde bei Ausführung der Treuhandtätigkeit nicht als Verrichtungsgehilfin im Sinne von § 831 BGB für die Beklagte zu 3 tätig. Denn in Ausführung der Verrichtung handelt nur derjenige, dessen Verhalten nicht aus dem Kreis oder allgemeinen Rahmen der ihm anvertrauten Aufgaben herausfällt (vgl. BGH WM 77, 1169). Aus den Ausführungen unter Ziffer 3 ergibt sich aber, dass gerade dies vorliegend der Fall ist.

5. Schließlich kann sich der Kläger auch nicht auf eine Haftung der Beklagten zu 3 aus §§ 823, 830 BGB stützen. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte zu 3 Mittäterin oder Gehilfin der Beklagten zu 2 im Sinne von § 830 BGB war. Selbst wenn der Vortrag des Klägers zuträfe, dass es nicht nur zu Kontakten mit der Beklagten zu 2, sondern darüber hinaus zu Telefonaten mit dem Büro der Beklagten zu 3 sowie zu Telefaxen an das Büro gekommen sei, so ist dies nicht ausreichend. Denn allein hieraus ließe sich keine Kenntnis der Beklagten zu 3 von dem strafrechtlich relevanten Verhalten der Beklagten zu 2 folgern. Auch aus den vom Kläger vorgelegten Telefonmitschnitten ergibt sich nichts anderes. Denn zum einen sind die Mitschnitte am 21. bzw. 22. April 2004 erfolgt, also erst nach Abschluss der Verträge bzw. der Überweisung der 166.000,00 EUR im Dezember 2003 und der Übergabe weiterer 44.000,00 EUR am 14. April 2004. Für eine Haftung der Beklagten zu 3 wäre aber allein ihre Kenntnis im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bzw. der Zahlungen durch den Kläger entscheidend gewesen. Aus den Mitschnitten ergibt sich im Übrigen auch nicht, dass die Beklagte zu 3 tatsächlich Kenntnis vom Vorgehen der Beklagten zu 2 hatte. Vielmehr drängte sie - offenbar wegen eines Gespräches mit einem weiteren Geschädigten - auf Aufklärung, woraus sich lediglich schließen lässt, dass ihr das Verhalten der Beklagten zu 2 spätestens am 21. bzw. 22. April 2004 als auffällig erschien. Eine Mitwirkung an den Straftaten der Beklagten zu 2 kann hieraus jedoch nicht entnommen werden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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