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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 26.08.2009
Aktenzeichen: 3 U 58/09
Rechtsgebiete: BNotO, BeurkG, BGB


Vorschriften:

BNotO § 19 Abs. 1
BeurkG § 17 Abs. 1
BGB § 1018
BGB § 1019
1. Der Notar verstößt gegen seine ihm im Rahmen der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages obliegende Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung, wenn er mit den Beteiligten nicht die Notwendigkeit der ihm, nach Einsicht in das Grundbuch, bekannten Wege und Leitungsrechte für das nicht an öffentliche Straßen angebundene, den Verkaufsgegenstand bildende Teilstück erörtert.

2. Der Schaden des Erwerbers liegt im Minderwert seines Grundstücks, der zu ermitteln ist anhand des geminderten Wertes des Vorderliegergrundstücks infolge der Belastung mit einem Notwegerecht, die mit den Kosten einer angemessenen Notwegerente gleichzusetzen ist.


Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

3 U 58/09

Verkündet am 26. August 2009

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 12. August 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... , den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die beiderseitigen Berufungen wird - unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel - das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 13. Februar 2009 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.323,27 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. November 2008 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jedweden weiteren Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aus der dinglich nicht gesicherten Zuwegung und Erschließung des Grundstücks S., ... W., entsteht.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte zu 75 % und der Kläger zu 25 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Ersatz seines dadurch entstandenen Schadens in Anspruch, dass dieser ihn als Notar bei der Beurkundung des Grundstückskaufvertrages vom 29. Juli 1995 (UR-Nr. 501/95, Bl. 9 ff. d. A.) nicht über die Notwendigkeit der dinglichen Sicherung seines schuldrechtlichen Wege und Leitungsrechtes durch Eintragung einer Grunddienstbarkeit auf dem zur Straße liegenden Grundstück der Verkäufer hingewiesen hat und auch einen Hinweis der Rechtspflegerin des Grundbuchamtes S. vom 10. Dezember 1995 (Bl. 77 d. A.), dass bestehende Wege und Leitungsrechte aufgrund beabsichtigter Verschmelzung und Neuaufteilung der Flurstücke den Gegebenheiten eventuell anzupassen seien, nicht zum Anlass genommen hat, die insoweit bestehenden Bedürfnisse der Kaufvertragsparteien zu klären und auf eine sachgerechte Regelung hinzuwirken.

Mit dem vom Beklagten beurkundeten Kaufvertrag erwarb der Kläger zum Kaufpreis von 263.000 DM eine noch zu vermessende Teilfläche aus den Flurstücken ... und ... der Flur ... Gemarkung K. zu einer Größe von ca. 300 m². Das Grundstück war bereits mit einer Doppelhaushälfte bebaut und wurde im späteren Verlauf als Flurstück ... (S. Straße ...) im Grundbuch eingetragen. Die Grundstückssituation ist in der Weise gestaltet, dass sich das Grundstück des Klägers nur über das Flurstück ... (S. Straße ...), das mit der anderen Hälfte des Doppelhauses bebaut ist, erreichen lässt (vgl. Flurkarten Bl. 24, 22 d. A.). Der Anschluss des Grundstücks S. Straße ... an Versorgungsleitungen erfolgte bereits damals über das Vorderhaus, in dem sich auch die Zähleranlagen der Gas und Wasserversorgung des Hinterhauses befanden. Die Kaufvertragsparteien waren sich über eine unentgeltliche Nutzung des an der Nordwestseite des Grundstücks gelegenen Weges für die Zu und Abfahrt zum Grundstück des Klägers ebenso wie über die Nutzung der vorhandenen Versorgungsleitungen durch den Kläger einig. Von den, im Grundbuch des an der Straße liegenden Flurstücks ... u. a. zu Gunsten des vom Kläger erworbenen Teilstücks eingetragenen Grunddienstbarkeiten (Wegerecht an der Südostgrenze des Grundstücks / Recht zur Verlegung und Unterhaltung von Ver- und Entsorgungsleitungen) hat der Beklagte durch Einsichtnahme Kenntnis genommen und diese in der Vertragsurkunde in § 1 niedergelegt. Die Möglichkeit, ein Wege und Leitungsrecht durch Eintragung von Grunddienstbarkeiten im Grundbuch des Flurstücks ... zugunsten des neu zu bildenden Grundstücks einzutragen, hat der Beklagte mit den Kaufvertragsparteien weder im Rahmen der Beurkundung erörtert, noch eine solche dingliche Sicherung thematisiert, nachdem das Amtsgericht Syke mit Schreiben vom 10. Dezember 1995 (Anlage K 7, Bl. 77 f. d. A.) u. a. im Hinblick auf das Leitungsrecht um Überprüfung gebeten hat, inwieweit nach Teilung des Grundstücks Teilstücke auf die Versorgungsleitungen angewiesen sind.

Im Jahr 2000 erwarb das Eigentum am vorderen Grundstück (S. Straße ...) Frau D. U., die dem Kläger ein Recht zum notwegerentenfreien Begehen/Befahren ihres Grundstücks auf dem an der Nordwestseite - unter Beteiligung des Klägers - geschaffenen Zufahrtsweg auf sein Grundstück, auf dem er zwischenzeitlich auch einen Carport errichtet hatte, nicht zugestand. Bemühungen, sich auf die Eintragung einer Grunddienstbarkeit für ein Wegerecht des Klägers gegen Zahlung eines Entgelts zu einigen, sind bisher gescheitert (vgl. Schriftwechsel Bl. 31 - 38 d. A.). Der Kläger hat im Zeitraum in 2004 - 2008 an Frau U. eine Notwegerente in Höhe von 200 EUR pro Jahr (insgesamt 1.000 EUR) gezahlt. Darüber hinaus hat er - auf das Verlangen der Eigentümerin des Vorderhauses - die Hausanschlüsse für Gas und Wasser auf sein Grundstück verlegen lassen, was Kosten in Höhe von 3.024,98 EUR verursacht hat (gemäß Rechnungen Bl. 25 - 30 d. A.).

In einem vom Kläger gegen den Beklagten geführten Beweissicherungsverfahren (7 OH 13/05), zur Frage des Verkehrswertes des Grundstücks S. Straße ... , jeweils mit und ohne ein dinglich gesichertes Wegerecht (das Überleitungsrecht ist nicht Thema des Beweissicherungsverfahrens gewesen), hat der Sachverständige, Dipl.-Volkswirt O. J., am 12. Juni 2007 ein Gutachten erstattet. Darin hat er den Verkehrswert des Grundstücks unter Einschluss eines - hypothetisch - dinglich gesicherten Wegerechtes am Stichtag 29. Juni 1995 mit 263.000 DM bemessen. Den Verkehrswert des Grundstücks des Klägers - ohne das dinglich gesicherte Wegerecht - hat er dagegen mit 243.000 DM angegeben. Den Minderwert hat der Gutachter nach der Höhe des wirtschaftlichen Gesamtnachteils des Vorderliegergrundstücks aufgrund der Ausübung des Notwegerechts, der gleichzeitig den Nachteil des Hinterliegergrundstücks darstelle, mit 20.000 DM bemessen, und zwar durch Reduzierung des Bodenwerts der für die Ausübung des Wegerechts genutzten Fläche (Wertminderung = 14.020 DM) und unter Einbeziehung eines weiteren Abschlags auf den Bodenwert des Gesamtgrundstücks (5.980 DM).

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass der Beklagte pflichtwidrig gehandelt habe, weil er ihn auf die Notwendigkeit einer dinglichen Sicherung des Wege und Leitungsrechts im Rahmen der Beurkundung nicht hingewiesen habe. Erst recht Anlass für eine Aufklärung des Sachverhalts habe der Beklagte aufgrund des Beanstandungsschreibens des Grundbuchamtes vom 10. Dezember 1995 gehabt. Er hat Zahlung wie folgt begehrt:

 Minderwert seines Grundstücks 10.225,84 EUR
Gezahlte Notwegerente 2004 - 2008 (5 x 200 EUR) 1.000,00 EUR
Kosten der Umlegung der Hausanschlüsse für Gas und Wasser 3.024,98 EUR
Gesamt 14.250,82 EUR

Zur Absicherung denkbarer künftiger Schäden, insbesondere im Umfang zu zahlender Notwegerente, stehe ihm der darüber hinaus geltend gemachte Feststellungsanspruch zu.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 14.250,82 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jedweden weiteren Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aus der dinglich nicht gesichterten Zuwegung und Erschließung des Grundstücks S. Straße ..., ... W. entsteht.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat eine Pflichtverletzung in Abrede genommen. Zudem sei dem Kläger ein Schaden nicht entstanden, weil die neue Eigentümerin die Überwegung zu dulden und gegebenenfalls ein dinglich gesichertes Wegerecht zu bestellen habe, was sich bereits aus der im Baulastverzeichnis eingetragenen Baulast ergebe. Überdies hafte er nur subsidiär, weshalb vorrangig die neue Eigentümerin in Anspruch zu nehmen sei.

Das Landgericht hat der Zahlungsklage - unter Abzug ersparter Aufwendungen in Höhe von 50 EUR für die Eintragung der Grunddienstbarkeit - stattgegeben, die Feststellungsklage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die unterbliebene Belehrung über die Möglichkeit, Wege und Leitungsrecht dinglich über eine Grunddienstbarkeit am Grundstück der Verkäufer abzusichern, eine Pflichtverletzung des Beklagten darstelle. Diese habe zu dem geltend gemachten Schaden - nach Abzug der Sowiesokosten - geführt. Die begehrte Feststellung stehe dem Kläger hingegen nicht zu, weil ihm ein weiterer Schaden nicht entstehen könne. Weitere Schäden seien mit der Wertminderung des Grundstückes abgegolten. Die Wertminderung spiegele nämlich den in der Zukunft durch die Verpflichtung zur Zahlung einer Notwegerente entstehenden Schaden wieder.

Dagegen wenden sich beide Parteien mit wechselseitigen Berufungen.

Der Kläger verfolgt sein erstinstanzliches auf Feststellung gerichtetes Begehren weiter und vertieft seinen Vortrag in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht. Den vom Landgericht ausgesprochenen Ersatz der gezahlten Notwegerente unter gleichzeitiger Abweisung seines darauf gerichteten Begehrens, auch künftig zu zahlende Notwegerente erstattet zu erhalten, hält er für einen Widerspruch. Im Übrigen verteidigt der Kläger das landgerichtliche Urteil.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, soweit damit die Klage abgewiesen wurde. Er verfolgt mit seiner Berufung sein Begehren auf Abweisung der Klage insgesamt weiter. Auch er vertieft sein Vorbringen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht. Er hält eine Duldungspflicht der Grundstücksnachbarin des Klägers für gegeben, weshalb dem Kläger ein Schaden nicht entstanden sei.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Akten 7 OH 13/05 Landgericht Verden waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die Berufungen des Klägers und des Beklagten sind zulässig. sie haben in der Sache nur teilweise Erfolg.

Der Beklagte schuldet dem Kläger Schadensersatz gemäß § 19 Abs. 1 BNotO in Höhe des vom Sachverständigen in dem Beweissicherungsverfahren ermittelten Minderwertes des Grundstücks infolge fehlender dinglicher Absicherung des Wegerechts. dies sind - unter Abzug der Sowiesokosten - 10.175,84 EUR. Daneben kann der Kläger die Feststellung verlangen, dass der Beklagte alle weiteren, auf der unterbliebenen dinglichen Sicherung des Wege und Leitungsrechts beruhenden Schäden zu erstatten hat.

1. Der Beklagte hat gegen die ihm als Notar obliegenden Pflichten, wie sie sich aus § 17 Abs. 1 BeurkG ergeben, verstoßen.

a) Nach § 17 Abs. 1 BeurkG soll der Notar den Willen der Beteiligten erforschen, den Sachverhalt klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiedergeben. Die Vorschrift soll gewährleisten, dass der Notar eine rechtswirksame Urkunde über den wahren Willen der Beteiligten errichtet. Aus diesem Zweck folgt die inhaltliche Begrenzung der Pflicht zur Rechtsbelehrung. Sie geht nur so weit, wie eine Belehrung für das Zustandekommen einer formgültigen Urkunde erforderlich ist, die den wahren Willen der Beteiligten vollständig und unzweideutig in der für das beabsichtigte Rechtsgeschäft richtigen Form rechtswirksam wiedergibt. Dabei soll der Notar darauf achten, dass unerfahrene und ungewandte Beteiligte nicht benachteiligt werden (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, BGH, Urteil vom 11. Februar 1988 - IX ZR 77/87, Juris Rn. 17).

b) Gegen diese sich aus § 17 Abs. 1 BeurkG ergebenden Pflichten hat der Beklagte Notar verstoßen.

aa) Einen Verstoß gegen die dem Notar obliegenden Pflichten ist in dem unterbliebenen Hinweis auf die Notwendigkeit der Absicherung des Wegerechts durch eine Grunddienstbarkeit zu sehen. Schon bei der Fertigung des Entwurfs des Grundstückskaufvertrages bestand Anlass für den Notar, mit den Beteiligten die in der zukünftigen Grundstückssituation gewünschte Regelung zum Wegerecht zu klären und auf eine für beide Parteien ausgewogene und gleichermaßen sichere Regelung hinzuwirken bzw. diese darüber aufzuklären. Aus der der Vertragsurkunde des Notars beigefügten Flurkarte ist ohne weiteres ersichtlich, dass die an den Kläger verkaufte, neu zu bildende Fläche über einen eigenen Zugang zu einer öffentlichen Straße nicht verfügt. Es lag deshalb nahe, den Zugang durch Vereinbarung eines über das Flurstück ... laufenden dinglichen Wegerechts auch gegenüber künftigen Grundstückseigentümern zu sichern. Mit den Kaufvertragsparteien hätte deshalb der Abschluss eines unbefristeten Leihvertrages und die dingliche Sicherung des dem Kläger daraus erwachsenden Anspruchs durch Einräumung einer Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB zugunsten des verkauften Grundstücks, lastend auf dem im Eigentum der Veräußerer verbleibenden Grundstücks, erörtert werden müssen, um dem hier eingetretenen Risiko entgegenzuwirken. Entgegen der Auffassung des Beklagten genügte die Bewilligung einer Baulast und Eintragung dieser in das Baulastverzeichnis zur Sicherung des mit den Grundstücksverkäufern vereinbarten schuldrechtlichen Wegerechts für den Fall des Eigentumswechsels nicht. Die öffentlichrechtliche Baulast eröffnet dem Kläger nämlich keinen zivilrechtlichen Anspruch auf notwegerentenfreie Überwegung. Vielmehr sind die zivilrechtlichen Verpflichtungen des Grundstückseigentümers, ein Wegerecht zu dulden, in den §§ 917, 918 BGB abschließend geregelt.

bb) Der Kläger hat auch dadurch, dass er den Sachverhalt hinsichtlich des bei Abschluss des Grundstückskaufvertrages bestehenden Leitungsrechtes zu Gunsten der vom Kläger erworbenen Teilfläche nicht hinreichend aufgeklärt hat, gegen seine vorstehend aufgezeigten Pflichten verstoßen. Der Fehler des Notars ist darin zu sehen, dass er die Vertragsparteien nicht von vorneherein über die fortbestehende Notwendigkeit der dinglichen Absicherung des Leitungsrechts unterrichtet hat.

(1) Schon der Inhalt des Grundbuches, den der Beklagte in § 1 der Vertragsurkunde wiedergegeben hat, gab Anlass, den Sachverhalt aufzuklären, weil dort zugunsten des vom Kläger zu erwerbenden Teilstücks eine Grunddienstbarkeit eingetragen war, die das Recht zur Verlegung und Unterhaltung von Ver- und Entsorgungsleitungen beinhaltete. Da sich auf der vom Kläger erworbenen Teilfläche eine Doppelhaushälfte befand, die aufgrund der Grundstückssituation ohne direkten Zugang zu öffentlichen Straßen der Zu und Ableitung über ein anderes Grundstück zwingend bedurfte, war es naheliegend, dass die Leitungen über das Flurstück ... führten und auch in Zukunft führen würden. Blieben die Leitungen aber bestehen, war das Interesse des Klägers offenkundig, das Recht, diese Leitungen weiterhin über das vordere Grundstück laufen zu lassen, dinglich abzusichern. Auch wenn sich die Vertragsparteien über das Leitungsrecht einig waren, war damit noch nicht die Möglichkeit des Klägers gesichert, diese Rechte auch gegenüber einem Rechtsnachfolger der Verkäufer durchzusetzen.

(2) Hinzu kommt, dass der Notar weiteren Anlass zur Sachverhaltsaufklärung hatte, als das Amtsgericht Syke ihn mit Schreiben vom 10. Dezember 1995 um Klärung bat, ob das auf dem Flurstück ... lastende Leitungsrecht, das an der Nordgrenze des Grundstücks in Richtung des herrschenden Grundstücks ... verlief, noch erforderlich sei. Jedenfalls das neugebildete Flurstück ..., dem das Leitungsrecht diente, war Bestandteil der vom Kläger erworbenen Teilfläche. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte der Beklagte den Sachverhalt betreffend das Leitungsrecht aufklären und den Kaufvertragsparteien die dingliche Absicherung empfehlen müssen. Diese wäre - auch noch nach Abschluss des Kaufvertrages - ohne weiteres möglich gewesen, da sich die Vertragsparteien sowohl über das Wegerecht als auch über das Leitungsrecht für das vom Kläger gekaufte Teilstück einig waren.

cc) Keine Pflichtverletzung des Beklagten ist dagegen darin zu sehen, dass er die Kaufvertragsparteien nicht auf die Notwendigkeit der dinglichen Sicherung des dem Kläger eingeräumten Rechts, seine Zählervorrichtungen für die Gas und Wasserversorgung seines Hauses im Vorderhaus zu unterhalten, hingewiesen hat. Die bei Erwerb des Grundstücks durch den Kläger vorhandene Situation hätte gegenüber etwaigen Rechtsnachfolgern der Grundstücksverkäufer zwar ohne weiteres durch eine Grunddienstbarkeit i. S. v. §§ 1018, 1019 BGB in Form eines Anlagenrechtes abgesichert werden können. Das Anlagenrecht berechtigt zum Unterhalten von Anlagen auf einem fremden Grundstück, was ebenfalls das Recht zum Betreten des Grundstücks zur Durchführung der notwendigen Wartungs- und Ablesearbeiten umfasst (vgl. Palandt-Bassenge, BGB, 68. Aufl. 2009, § 1018, Rn. 14). Indes hat der Kläger nicht dargetan, dass der Beklagte diese - besondere - Grundstückssituation kannte, was allein Anlass für den Notar, Hinweise zu geben, hätte sein können. Objektive Anhaltspunkte dafür, dass hier die Zähler für die hintere Haushälfte in der vorderen Haushälfte untergebracht waren, hatte der Beklagte überdies nicht. Dies ergab sich weder aus dem Inhalt des Grundbuchs noch aus sonstigen ihm vorliegenden Unterlagen. Insbesondere das im Grundbuch eingetragene Leitungsrecht gab keinen Hinweis auf die vorliegende Konstellation. Hinzu kommt, ohne dass dem noch entscheidende Bedeutung zukäme, dass der Kläger nicht dargelegt hat, dass die damaligen Grundstücksverkäufer und gleichzeitigen Eigentümer des Vorderliegergrundstücks dazu bereit gewesen wären, ihm ein dinglich gesichertes Anlagenrecht einzuräumen.

2. Dem Kläger ist infolge der Pflichtverletzungen des Beklagten ein kausaler Schaden bisher nur im Umfang des vom Sachverständigen in dem Verfahren 7 OH 13/05 Landgericht Verden ermittelten Minderwertes seines Grundstücks entstanden. Daneben kann der Kläger die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für weitere ihm gegebenenfalls in der Zukunft entstehende Schäden, die auf der Pflichtverletzung des Beklagten beruhen, verlangen. Soweit der Kläger darüber hinaus Ersatz seiner Aufwendungen für das in der Vergangenheit ausgeübte Notwegerecht und die Verlegung der Zähleranlage seiner Gas und Wasseranschlüsse verlangt, stellen diese keinen (weitergehenden) auf der Pflichtverletzung des Beklagten beruhenden Schaden dar.

a) Aufgrund der unterbliebenen dinglichen Sicherung des Wegerechts ist dem Kläger ein Schaden in Höhe von 10.175,84 EUR entstanden. Dieser Schaden bemisst sich anhand des Minderwertes des Vorderliegergrundstücks infolge der Belastung mit dem Notwegerecht, der sich wiederum nach den Kosten der vom Kläger an die Eigentümerin des Vordergrundstücks zu entrichtenden angemessenen Notwegerente richtet, deren Höhe der Sachverständige J. in seinem Gutachten vom 12. Juni 2007, kapitalisiert mit 10.225,84 EUR (entspricht 20.000 DM) bemessen hat, wovon Sowiesokosten in Höhe von 50 EUR in Abzug zu bringen sind.

aa) Dem Kläger steht gegenüber der Nachbarin ein Notwegerecht nach § 917 Abs. 1 S. 1 BGB zu, weil die Benutzung des Verbindungsgrundstückes notwendig ist, um sein Grundstück ordnungsgemäß benutzen zu können. Das Grundstück des Klägers verfügte von Anfang an nicht über eine Verbindung zu einem öffentlichen Weg, sodass dessen Zugang stets über das Vordergrundstück gewährleistet wurde. Auch sind praktizierte Art und Ausmaß der Ausübung des Notwegerechtes durch den Kläger notwendig. Zwar wird die Notwendigkeit der Zufahrt für Kraftfahrzeuge auf Wohngrundstücke in der Regel verneint (vgl. Palandt/Bassenge, a. a. O., § 917, Rn. 6). Indessen befindet sich hier auf dem Grundstück des Klägers ein zum Abstellen des Fahrzeugs errichteter Carport, der sich zum Zeitpunkt des Erwerbes des Grundstückseigentums durch die Nachbarin bereits dort befand, sodass, wollte man dem Kläger die Durchfahrt mit dem Kfz versagen, die Nutzungsmöglichkeit für dieses auf seinem Grundstück befindliche Bauwerk vollständig entfallen würde. Aufgrund des Vorhandenseins des Carports bei Grundstückserwerb war für die Nachbarin von Anfang an erkennbar, dass das Wegerecht auch durch Befahren ausgeübt wird.

bb) Dem Kläger steht die Ausübung des Notwegerechts allerdings nur gegen Zahlung einer Notwegerente zu. Denn - entgegen der Ansicht des Beklagten - ist die Nachbarin nicht zur unentgeltlichen Duldung des Überwegungsrechtes verpflichtet. Zwar hat das Schleswig Holsteinische Oberlandesgericht in einer Entscheidung (Urteil vom 24. Oktober 2006 - 3 U 41/06) einen möglichen Anspruch auf ein Überwegungsrecht durch Gewohnheitsrecht angenommen, diesen indessen gleichfalls als entgeltlich i. S. v. § 917 Abs. 2 BGB angesehen. Ein Anspruch auf unentgeltliche Duldung der Mitbenutzung des Grundstücks ergibt sich auch nicht aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis als einer Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben nach § 242 BGB. Aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis ergibt sich nur ein Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme, das zwar auch Mitwirkungs- und Handlungsansprüche begründen kann. Hinsichtlich des Rechts auf Mitbenutzung eines Nachbargrundstücks sind die Pflichten aus diesem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis aber grundsätzlich in § 917 BGB abschließend geregelt (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24. Juli 2002, 1 U 81/02, Juris Rn. 11). Eine Duldungspflicht der Nachbarin ergibt sich auch nicht aus der öffentlichrechtlichen Baulast, da diese - wie schon ausgeführt - nur die öffentlichrechtlichen Rechtsbeziehungen der Grundstückseigentümer zur Baubehörde regelt. Letztlich wirkt die von den Rechtsvorgängern des Nachbarn erteilte schuldrechtlich Gestattung nicht gegenüber diesem als Einzelrechtsnachfolger, so dass auch daraus keine Duldungspflicht erwächst.

cc) Die Höhe des vom Kläger erlittenen Schadens dadurch, dass er an seine Nachbarin für die Nutzung des Notwegerechts eine Geldrente zu zahlen hat, bemisst sich nach Maßgabe der vom Sachverständigen vorgenommenen Berechnung mit 10.225,84 EUR. Maßgebend für die angemessene Notwegrente ist die Minderung des Verkehrswertes, die das gesamte Grundstück [der Nachbarin] durch den Notweg erfährt (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 1990, V ZR 297/89, Juris Rn. 14). Von diesen Grundsätzen ist der Sachverständige bei seiner Ermittlung der angemessenen Notwegerente und des daraus resultierenden Minderwertes des Vorderliegergrundstücks, der sich mit dem Minderwert des vom Kläger erworbenen Grundstücks deckt, ausgegangen. Dieser bemisst sich nämlich nach der Reduzierung des Bodenwertes des betroffenen Grundstücksteils infolge der in diesem Bereich eingeschränkten Nutzung sowie einer - prozentual geringeren - Reduzierung des Wertes des gesamten Grundstücks aufgrund der durch die Fremdnutzung entstehenden Immissionen und sonstigen Störungen. Erhebliche Einwendungen gegen die widerspruchsfreien, für den Senat ohne weiteres nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen zur Erläuterung des von ihm in Ansatz gebrachten Minderwertes des Grundstücks hat der Beklagte nicht erhoben. was im Übrigen auch im Rahmen des Beweissicherungsverfahrens hätte geschehen müssen.

b) Dem Kläger steht darüber hinaus gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf die Feststellung zu, dass dieser ihm die, bedingt durch seine Pflichtverletzung unterbliebene dingliche Sicherung des Wege und Leitungsrechts noch entstehenden Schäden zu ersetzen hat. Das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse des Klägers ergibt sich bereits daraus, dass ohne die Feststellung etwaige Ansprüche gegen den Beklagten zu verjähren drohen, während der Kläger nicht absehen kann, ob ihm durch etwa gegen seine Grundstücksnachbarin zu führende Prozesse oder das etwaige Verlangen der Grundstücksnachbarin, die über ihr Grundstück geführten Leitungen zu entfernen bzw. hierfür eine Notwegerente zu zahlen, ein weiterer Schaden entsteht.

Dem gegenüber steht dem Kläger kein Feststellungsanspruch im Hinblick auf die in Zukunft, aufgrund der unterbliebenen dinglichen Sicherung des Wegerechts, an die Grundstücksnachbarin zu zahlende Notwegerente dar, weil ihm nach Ausgleich des Minderwertes seines Grundstücks insoweit ein weiterer Schaden, der auszugleichen wäre, nicht entstehen wird (wird ausgeführt).

c) Dem Kläger steht ein Anspruch auf Ersatz der bereits gezahlten Notwegerente (1.000 EUR) nicht zu. Denn durch die unterbliebene Absicherung des Wegerechts ist ihm ein die Wertminderung seines Grundstücks übersteigender Schaden nicht entstanden. Findet nämlich der die Wertminderung seines Grundstücks widerspiegelnde, dem Kläger zu erstattende Schaden Ausdruck in dem von ihm zu entrichtenden Entgelt für die Nutzung des Notweges, kann ihm nicht dadurch, dass er an seine Nachbarin - tatsächlich in einem geringeren Umfang als vom Sachverständigen als angemessen erachtet - Zahlungen als Notwegerente geleistet hat und in Zukunft noch leistet, ein weiterer Schaden entstehen. Der dem Kläger zugesprochene Schadensersatzbetrag dafür, dass er für die Nutzung des Notwegerechts an seine Grundstücksnachbarin zahlen muss, gilt vielmehr seinen Schaden vollständig ab. Würde man nämlich dem Kläger neben dem Minderwert des Grundstücks, der in der Belastung durch die Notwegerente liegt, tatsächlich gezahlte Notwegerente erstatten, würde er besser gestellt, als er ohne das schädigende Ereignis stehen würde. Behält er nämlich sein Grundstück, dient der Minderwert der Kompensation der jährlich zu leistenden Zahlungen. Verkauft der Kläger sein Grundstück dagegen, wird der in der Erzielung eines Mindererlöses liegende Schaden durch den gezahlten Minderwert kompensiert. Demgegenüber würden sich seine Vorteile kumulieren, wenn er daneben noch die den Minderwert ausmachenden Jahresbeträge erhielte.

d) Dem Kläger steht gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf Ersatz der ihm durch die Verlegung der Gas und Wasserzähler aus dem Vorderhaus in sein Gebäude entstandenen Kosten (3.024,98 EUR) nicht zu. Denn die Notwendigkeit diese Kosten aufzuwenden, beruhte nicht auf der Pflichtverletzung des Beklagten, die zur unterbliebenen dinglichen Sicherung des Leitungsrechts des Klägers geführt hat. Vielmehr ist dem Kläger durch die unterbliebene dingliche Sicherung des Leitungsrechts ein Schaden - bisher - nicht entstanden. Die unterbliebene dingliche Sicherung seines Anlagenrechts, die ursächlich für die erforderliche Verlegung seiner Zähleranlagen war, beruhte dagegen nicht auf einem Fehler des Notars (s. u. 1. b) cc)).

aa) Zwar ist für das notwendige, aber nicht dinglich gesicherte Leitungsrecht ebenfalls ein "Notleitungsrecht" denkbar (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 8. Juli 1991 - 5 U 49/91, Juris). Für die Ausübung des Leitungsrechtes im Wege des Notwegerechtes nach § 919 Abs. 1 BGB steht der Grundstücksnachbarin gleichfalls eine Notwegerente zu, die vom Sachverständigen im Beweissicherungsverfahren bei der Schadensbemessung - orientiert an der Beweisfrage - nicht berücksichtigt wurde. Allerdings kann der Kläger, sofern sich insoweit ein Schaden bei ihm noch realisieren sollte, diesen auf der Grundlage der getroffenen Feststellung vom Beklagten ersetzt verlangen.

bb) Die Aufwendungen des Klägers für die Verlegung der Hausanschlüsse (Gas und Wasserzähler) aus dem Vorderhaus in das auf seinem Grundstück stehende Gebäude stellen einen Schaden, der auf der unterbliebenen dinglichen Sicherung des Leitungsrechtes beruht, indes nicht dar. Denn auch das Bestehen eines dinglichen Leitungsrechts würde ihn nicht dazu berechtigen, das Gebäude seiner Grundstücksnachbarin zum Zwecke des Ablesens der Zähler bzw. der Durchführung von eventuellen Reparatur und Wartungsarbeiten an der Zähleranlage zu betreten und die seinem Grundstück allein dienenden Zähleranlagen dort dauerhaft zu betreiben. Denn das Leitungsrecht verschafft dem Grunddienstbarkeitsberechtigten nur die Möglichkeit, seine Zu und Ableitungen zum Grundstück über das dienende Grundstück zu führen. Die dingliche Absicherung der bei Erwerb des Grundstücks durch den Kläger vorhandenen Situation auch gegenüber etwaigen Rechtsnachfolgern der Grundstücksverkäufer, hätte allein über ein Anlagenrecht erfolgen können, das - als Grunddienstbarkeit i. S. v. §§ 1018, 1019 BGB - den Kläger zum Halten der Zähleranlagen im Nachbargebäude berechtigt hätte.

3. Ansprüche des Klägers - soweit sie bestehen - sind nicht nach § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO ausgeschlossen. Eine vorrangige Haftung eines anderen ist nicht ersichtlich. Bereits der Ansatzpunkt des Beklagten, der sich auf seine subsidiäre Haftung beruft, ist unzutreffend. Erforderlich für die Subsidiarität ist nämlich das Bestehen eines Ersatzanspruchs gegen einen Dritten. Dies impliziert, dass es sich hierbei um einen Schadensersatzanspruch handeln muss. Ein solcher - gegen einen Dritten - ist indessen nicht ersichtlich. Soweit sich der Beklagte hier auf Ansprüche gegen die Grundstücksnachbarin bezieht, handelt es sich hierbei nicht um Schadensersatzansprüche, sondern allenfalls um solche, die sich aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis, mithin aus Treu und Glauben ergeben könnten. Zudem bestehen solche Ansprüche - wie bereits dargelegt - nicht.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erfolgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO hat der Senat nicht.

Ende der Entscheidung

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