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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 21.10.2009
Aktenzeichen: 3 U 78/09
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 812 Abs. 2 S. 1 2. Alt.
BGB § 826
1. Der Wirksamkeit des vom Insolvenzverwalter erklärten Widerspruchs gegenüber einer der Schuldnerbank im Einzugsermächtigungsverfahren vorgelegten Lastschrift für das Konto der Insolvenzschuldnerin steht nicht entgegen, dass ein aus dem Valutaverhältnis herrührender Grund für die Ausübung des Widerrufsrechts nicht gegeben war.

2. Im Verhältnis der Schuldnerbank zum Lastschriftgläubiger kommt es nicht darauf an, ob sich der Widerspruch im Valutaverhältnis als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung darstellt, weil die Bank infolge des damit - endgültig - anweisungslosen Zugriffs auf das Konto der Insolvenzschuldnerin zu einer Rückbuchung der Kontobelastung in jedem Fall verpflichtet ist.


Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

3 U 78/09

Verkündet am 21. Oktober 2009

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. September 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ..., des Richters am Oberlandesgericht ... und der Richterin am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 19. Februar 2009 verkündete Urteil des Landgerichts Lüneburg 2 O 281/08 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin und des Streithelfers gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um jeweils 20 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 20 % übersteigt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Bereicherungsansprüche geltend, nachdem der sie als Streithelfer unterstützende Insolvenzverwalter über das Vermögen ihrer Kundin, der M. R. GmbH (im Folgenden nur noch Insolvenzschuldnerin), der Einlösung von Lastschriften widersprochen hat, die die Beklagte über ihre Bank (Y.Bank) der Klägerin vorgelegt hat.

Die einen Medizinbedarfhandel betreibende Beklagte stand in ständigen Geschäftsbeziehungen zu der späteren Insolvenzschuldnerin. Zwischen diesen Unternehmen war Kaufpreiszahlung für Warenlieferungen der Beklagten durch Lastschrift im Einziehungsermächtigungsverfahren zu Lasten des bei der Klägerin geführten Geschäftskontos der Insolvenzschuldnerin vereinbart. Eine konkrete Frist, innerhalb derer die Insolvenzschuldnerin zum Widerruf der Belastungsbuchungen berechtigt sein sollte, war zwischen ihr und der Insolvenzschuldnerin nicht vereinbart. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte der Klägerin - nach Lieferung von Waren an die Insolvenzschuldnerin - im Zeitraum 1. Oktober bis 31. Dezember 2007 Lastschriften vorlegen lassen über insgesamt 141.065,37 EUR (vgl. Aufstellung, Anlage K 3, Bl. 19 d. A.), die diese ausgeführt hat. Vereinbart war zwischen der Klägerin und der Insolvenzschuldnerin, dass Belastungsbuchungen auf dem Konto als genehmigt gelten, soweit nicht die Insolvenzschuldnerin innerhalb von sechs Wochen nach Rechnungsabschluss diesen widersprochen hat (vgl. Nr. 7 Abs. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, Anlage K 6, Bl. 23 ff. d. A.). Vereinbart war überdies die Erteilung des Rechnungsabschlusses jeweils zum Ende eines Kalenderquartals, der hier zuletzt (vor Insolvenzantragstellung) zum 31. Dezember 2007 von der Klägerin erteilt wurde und bei der Insolvenzschuldnerin frühestens am 3. Januar 2008 eingegangen ist.

Der Streithelfer wurde am 12. Februar 2008 zum vorläufigen Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin, der gleichzeitig ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wurde, bestellt. Mit Schreiben an die Klägerin vom selben Tag (Anlage K 4, Bl. 20 ff. d. A.) widersprach er allen im Lastschriftverfahren erfolgten Abbuchungen und stellte mit Schreiben vom 13. Februar 2008 klar, dass sich sein Lastschriftwiderspruch auf die seit dem 1. Oktober 2007 erfolgten Lastschriften beziehe. Gleichzeitig forderte er die Klägerin zur Auszahlung des auf dem Konto der Insolvenzschuldnerin vorhandenen Guthabens auf. Dieser Aufforderung kam die Klägerin nach, nachdem sie dem Konto der Insolvenzschuldnerin die Belastungen in Höhe von 141.065,37 EUR gutschrieb. Der Aufforderung der Klägerin, ihr Rücklastschriften hinsichtlich der abgebuchten Beträge zu erteilen, kam die Y.Bank unter Hinweis auf die abgelaufene 6-Wochen-Frist nach Abschnitt III Nr. 2 des Abkommens der Banken über den Lastschriftverkehr (Auszug Anlage K 8, Bl. 27 ff. d. A.) nicht nach. Daraufhin forderte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 25. April 2008 (Anlage K 9, Bl. 33 ff.) auf, bis zum 16. Mai 2008 141.182,37 EUR zu zahlen, worin 117 EUR Rücklastschriftgebühr enthalten waren, die sie mit der Klage indessen nicht mehr geltend macht.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe die Gutschrift auf ihrem Konto in Höhe der Klageforderung auf Kosten der Klägerin ohne Rechtsgrund erhalten, da der wirksame Widerspruch des Streithelfers zum Wegfall der der Insolvenzschuldnerin zurechenbaren Anweisung, über ihr Konto zu verfügen, geführt habe, weshalb die Gutschrift auf dem Konto der Beklagten bei der Y.Bank unberechtigt erfolgt sei. Der Widerspruch des Insolvenzverwalters sei wirksam, weil dieser anders als die Insolvenzschuldnerin selbst - Lastschriftaufträge auch ohne einen im Valutaverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner gegebenen Grund widerrufen dürfe, ohne dass darin eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB zu sehen sei. Jedenfalls könne man der klagenden Bank den Vorwurf unzulässiger Rechtsausübung durch die Rückbuchung nach Maßgabe des Verlangens des Streithelfers nicht machen, weil die Erfüllung der Forderung des Streithelfers sich an den Vorgaben der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs orientiert habe, wonach ein Insolvenzverwalter auch ohne einen aus dem Valutaverhältnis herrührenden Grund zum Lastschriftwiderruf berechtigt sei.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 141.065,37 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Mai 2008 zu zahlen.

Der mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2008 dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetretene Streithelfer hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 141.065,37 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Mai 2008 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält den Widerspruch des Streithelfers für rechtsmissbräuchlich, weil sich die Insolvenzschuldnerin im Falle des grundlosen Widerspruchs gegen die Belastungsbuchungen nach § 826 BGB schadensersatzpflichtig gemacht habe. Nichts anderes könne für den (vorläufigen) Insolvenzverwalter gelten. Deshalb habe die Klägerin seinem Begehren nach Rückbuchung der Belastungsbuchungen auf dem Konto der Insolvenzschuldnerin nicht nachkommen dürfen. Überdies sei im Valutaverhältnis zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten maßgebliches Anknüpfungskriterium für die Frage, wann Erfüllung der den Lastschriften zugrunde liegenden Verbindlichkeiten eingetreten ist, der Inhalt der Einigung. Danach lasse sich aber nicht feststellen, dass die Gläubigerin der Insolvenzschuldnerin noch mehrere Monate nach vorbehaltloser Gutschrift in Höhe dieses Betrages habe Kredit gewähren wollen.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und dies damit begründet, dass der Klägerin gegenüber der Beklagten ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Herausgabe des mit der Klageforderung geltend gemachten Betrages zustehe, weil die Beklagte den Auszahlungsanspruch gegen ihre Bank auf Kosten der Klägerin ohne Rechtsgrund erlangt habe, nachdem sie aufgrund rechtzeitigen Widerspruchs des Streithelfers zur Rückbuchung der belasteten Beträge verpflichtet gewesen sei. Die Beklagte habe den Auszahlungsanspruch gegen ihre Bank ohne Rechtsgrund erlangt, weil mit der Buchung des Betrages auf ihr Konto Erfüllung nicht eingetreten sei, diese vielmehr endgültig erst entweder nach ausdrücklich erklärter oder konkludent erteilter Genehmigung (6 Wochen nach Rechnungsabschluss) eingetreten wäre, wobei letzteres der Streithelfer durch seinen rechtzeitigen Widerspruch verhindert habe. Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung gem. § 826 BGB durch den vorläufigen Insolvenzverwalter hat das Landgericht verneint, da ein Widerspruch des Insolvenzverwalters gegenüber noch ungenehmigten Belastungsbuchungen ohne einen aus dem Valutaverhältnis ersichtlichen Grund in ständiger Rechtsprechung vom Bundesgerichtshof gebilligt werde, weshalb nicht von einer Sittenwidrigkeit des Verhaltens ausgegangen werden könne. Dem könne eine Entscheidung des 11. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, nach der die Sittenwidrigkeit eines durch den (vorläufigen) Insolvenzverwalter erklärten Lastschriftwiderrufs für möglich gehalten wird, schon deshalb nicht entgegen gehalten werden, weil diese Entscheidung erst nach dem hier erfolgten Widerspruch, nämlich am 10. Juni 2008 (XI ZR 283/07) ergangen ist.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches, auf Abweisung der Klage gerichtetes Begehren weiter verfolgt. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen unter Berufung auf die in der vorgenannten Entscheidung sowie von einem Teil der Literatur (van Gelder in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, Bd. I, 3. Auflage, 2007, § 59, Rdnr. 11 und Nobbe/Ellenberger WM 2006, 1.885 ff.) vertretene Auffassung, dass der (vorläufige) Insolvenzverwalter ebenso wie der Schuldner nach § 826 BGB hafte, wenn der Lastschrift grundlos widersprochen werde. Sie vertritt die Auffassung, dass die Anwendung der Genehmigungstheorie auch auf das Valutaverhältnis, das Lastschriftverfahren vollständig entwerte, da nicht davon auszugehen sei, dass ein Gläubiger über Monate hinweg dem Schuldner Kredit gewähren bzw. das per Lastschrift eingezogene Geld gesondert verwalten wolle. Der Beklagten seien die Konsequenzen der Nutzung des Einziehungsermächtigungslastschriftverfahrens im Falle der Insolvenz ihrer Schuldnerin nicht klar gewesen, weshalb sie sonst in der Folgezeit zugelassene weitere Bestellungen durch ausdrückliche Genehmigungen der Lastschriftbuchungen abgesichert hätte. Auch hätten Hauptschuldnerin und Beklagte eine so lange Widerrufsfrist nicht gewollt. Überdies sei die Klägerin nicht schutzwürdig, weil sie beim Insolvenzverwalter Rückgriff nehmen könne.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Lüneburg (Az.: 2 O 281/08) vom 19. Februar 2009 aufzuheben und die Klage zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

den Berufungsantrag der Beklagten im Schriftsatz vom 25. Mai 2009 kostenfällig zurückzuweisen.

Die Streithelferin beantragt,

die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt - ebenso wie der Streithelfer - das angefochtene Urteil. Sie hält das Verhalten des Streithelfers nicht für sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB. Während nämlich der Schuldner dadurch, dass er sich mit dem Lastschriftverfahren einverstanden erklärt hat, einen Vertrauenstatbestand schaffe, gelte dies für den Insolvenzverwalter gerade nicht. Dieser stehe vielmehr vor der Situation, dass er in sehr kurzer Zeit eine Entscheidung über die Erklärung des Lastschriftwiderspruches treffen müsse, ohne dass für ihn die Gesamtumstände bereits offen zu Tage lägen. Die Klägerin ist der Auffassung, dass in den - ggf. erfolgten - weiteren Bestellungen durch die Insolvenzschuldnerin und Lieferungen der Beklagten eine Genehmigung der zuvor erteilen Lastschriften nicht zu sehen sei, weil die Genehmigung gegenüber der Schuldnerbank erteilt werden müsse. Auch könne ein von der herrschenden höchstrichterlichen Rechtsprechung gebilligtes Verhalten des Insolvenzverwalters nicht als sittenwidrig beurteilt werden.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 141.065,37 € gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt., 818 Abs. 2 BGB zu. Denn die Beklagte hat, ohne dass eine der Insolvenzschuldnerin zurechenbare Leistung an die Beklagte vorliegt, in sonstiger Weise etwas, nämlich die Gutschrift des vorgenannten Betrages auf ihrem Konto bei der Y.Bank auf Kosten der Klägerin erlangt, ohne dass es hierfür einen rechtlichen Grund gab, weil eine wirksame Anweisung der Buchung nicht zugrunde lag.

1. Im hier von den Vertragsparteien genutzten Einzugsermächtigungsverfahren greift die Schuldnerbank ohne eine Weisung oder einen Auftrag ihres Kunden auf dessen Konto zu. Sie handelt bei der Einlösung einer Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren deshalb nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 144, 349, 353 und ständig) nur aufgrund einer von der Gläubigerbank im eigenen Namen im Interbankverhältnis erteilten Weisung. Da die Bank mangels Weisung des Schuldners dessen Konto zunächst unberechtigt belastet, kann der Schuldner ihr gegenüber der Belastung seines Kontos ohne Angabe von Gründen sowie unabhängig von dem Bestehen einer Verpflichtung im Valutaverhältnis widersprechen. Die Schuldnerbank hat dementsprechend keinen Aufwendungsersatzanspruch, solange ihr Kunde die Belastungsbuchung nicht nach § 684 Satz 2 BGB genehmigt hat. Erst die nachträgliche Zustimmung des Schuldners ergibt die Berechtigung der Schuldnerbank zur Einlösung der Lastschrift. Diese Genehmigung tritt an die Stelle einer Weisung i. S. d. §§ 675, 656 BGB, wie sie beim Überweisungsauftrag oder beim Abbuchungsauftrag der Belastung vorausgeht. Verweigert der Schuldner hingegen die Genehmigung, indem er der Belastungsbuchung widerspricht, fehlt eine ihm zurechenbare Anweisung, sodass die Gutschrift auf dem Gläubigerkonto dem Schuldner nicht als Leistung zugerechnet wird und die Schuldnerbank gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB beim Gläubiger Rückgriff nehmen kann. Ob der Gläubiger aufgrund der ihm erteilten Einzugsermächtigung von einer Leistung des Schuldners ausgeht, ist unerheblich. Der sog. Empfängerhorizont kann eine wirksame Anweisung als objektive Grundlage der Zurechnung nicht ersetzen (BGH Urt. v. 11. April 2006 XI ZR 220/05, Juris Rn. 12 ff.. jeweils m. w. N.).

2. Eine der Klägerin zurechenbare Leistung an die Beklagte liegt danach nicht vor.

Der Streithelfer hat den im Zeitraum vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2007 erfolgten Belastungen des Kontos der Insolvenzschuldnerin über insgesamt 141.065,37 € wirksam widersprochen, so dass eine Anweisung für die in gleicher Höhe erteilte Gutschrift auf dem Konto der Beklagten fehlt. Dass zu diesem Zeitpunkt die sechswöchige Frist gemäß Abschnitt III Nr. 2 Satz 1 Lastschriftabkommen bereits abgelaufen war, ist unerheblich, weil dieses Abkommen gemäß Abschnitt IV Nr. 1 Rechte und Pflichten nur zwischen den beteiligten Kreditinstituten, aber nicht gegenüber der Beklagten und der Insolvenzschuldnerin bzw. dem Streithelfer begründet hat.

a) Der Wirksamkeit des Widerspruchs des Streithelfers stand eine von der Insolvenzschuldnerin bereits erteilte Genehmigung nicht entgegen. Die Insolvenzschuldnerin hatte der Belastung ihres Kontos bis zu dem Verlust ihrer Verfügungsbefugnis mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 12. Februar 2008 und dem vom Streithelfer mit Schreiben vom 12./13. Februar 2008 erklärten Widerspruch weder ausdrücklich zugestimmt, noch ergibt sich eine Genehmigung aus Nr. 7 Abs. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, wonach diese spätestens dann als erteilt gilt, wenn der Kunde der Belastung nicht vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang eines Rechnungsabschlusses widersprochen hat.

aa) Eine ausdrückliche Erklärung hat die Insolvenzschuldnerin zu den Belastungsbuchungen nicht abgegeben. Eine durch die Insolvenzschuldnerin erteilte Genehmigung der Belastungsbuchung ist - anders als die Beklagte meint - auch nicht darin zu sehen, dass sie in der Folgezeit weitere Bestellungen bei der Beklagten getätigt hat. Selbst wenn man diesem Verhalten der Insolvenzschuldnerin Erklärungswert beimessen wollte, was Zweifeln unterliegt, fehlte es indes an einer gegenüber dem Erklärungsempfänger abgegeben Erklärung. Die Genehmigung der Belastungsbuchung ist, um Wirkung zu entfalten gegenüber der Schuldnerbank zu erklären, die bis dahin ohne eine Weisung und damit unberechtigt auf das Konto des Schuldners zugegriffen hat. erst darin ist die Erteilung der bis dahin fehlenden Weisung zu sehen. Dass aber die Klägerin von den Bestellungen weiterer Waren durch die Insolvenzschuldnerin überhaupt Kenntnis erlangt hat, behauptet die Beklagte nicht einmal. Dies erscheint auch unwahrscheinlich.

bb) Die Voraussetzungen für den Eintritt der Genehmigungsfiktion waren bis zur Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung noch nicht eingetreten, da am 12. Februar 2008 sechs Wochen seit dem Zugang des zuletzt erteilten Rechnungsabschlusses zum 31. Dezember 2007, der frühestens am 3. Januar 2008 bei der Insolvenzschuldnerin eingegangen sein kann, noch nicht verstrichen waren.

b) Der Streithelfer, auf den am 12. Februar 2008 die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis der Insolvenzschuldnerin und damit das Recht Belastungsbuchungen zu widersprechen, übergegangen war, hat den Lastschriften rechtzeitig vor Eintritt der Genehmigungsfiktion, nämlich noch innerhalb von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses widersprochen, wovon das Landgericht zu Recht ausgegangen ist und was die Beklagte mit der Berufung auch nicht mehr angreift.

c) Der Wirksamkeit des Widerrufs durch den vorläufigen Insolvenzverwalter steht nicht entgegen, dass ein aus dem Valutaverhältnis herrührender Grund für die Ausübung des Widerrufsrechtes nicht gegeben war.

aa) Denn einem Widerspruch des Schuldners oder des Insolvenzverwalters über dessen Vermögen hat die Schuldnerbank Folge zu leisten, selbst wenn sie positiv weiß, dass der Schuldner im Verhältnis zum Gläubiger missbräuchlich handelt, weil er aus dem Valutaverhältnis zur Zahlung verpflichtet ist (vgl. van Gelder, a. a. O., § 58, Rn. 56). Die uneingeschränkte Widerspruchsmöglichkeit ist das Korrektiv für die unberechtigte Kontobelastung durch die Schuldnerbank, deren Sache es nicht ist, zu prüfen, ob der Schuldner durch den Widerspruch berechtigt handelt (vgl. van Geldern a. a. O. Rn. 57). Hat aber die Schuldnerbank selbst einem unberechtigten Widerspruch des Schuldners stets Folge zu leisten und die Belastungsbuchung rückgängig zu machen, gilt dies erst Recht, soweit wie hier für die insolvente Schuldnerin ein ihre Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ausübender vorläufiger Insolvenzverwalter handelt.

bb) Es kommt deshalb vorliegend auf die zwischen den Parteien im Wesentlichen streitige Frage, ob in dem durch den vorläufigen Insolvenzverwalter pauschal erklärten Widerspruch eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Gläubigers i. S. v. § 826 BGB zu sehen ist, nicht an. Diese Frage stellt sich erst in einem etwaigen Regressprozess zwischen der hier unterliegenden Beklagten und dem Streithelfer. Für einen Rückgriffsanspruch der Klägerin gegen den Streithelfer ist dagegen - anders als die Beklagte meint - kein Raum.

cc) Eine für sie günstige Rechtsfolge kann die Beklagte auch nicht aus der von ihr in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Urt. v. 10. Juni 2008 XI ZR 283/07, Beckonline) ableiten. Denn in diesem Verfahren geht es um die Inanspruchnahme der im Lastschriftverfahren ihre Forderung gegen die spätere Insolvenzschuldnerin einziehenden Gläubigerin, bei der es sich um eine Bank handelt, durch den - ihr gegenüber - der Belastungsbuchung widersprechenden Insolvenzverwalter, da ein Widerspruch gegenüber der Schuldnerbank wegen des negativen Kontosaldos nicht zu einem Auszahlungsanspruch zu Gunsten der Masse geführt hätte. Mithin betreffen die Ausführungen in der Entscheidung zu einer eventuellen vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung des Gläubigers durch den widersprechenden Insolvenzverwalter das - hier gerade nicht relevante - Verhältnis zwischen Insolvenzverwalter und Gläubiger. Auf die in diesem Zusammenhang von der Beklagten angestellten Erwägungen, dass durch die Möglichkeit des Schuldners, bis zu 4 1/2 Monate nach Buchung des Betrages auf das Gläubigerkonto diese durch Widerruf wieder rückgängig zu machen, das Einziehungsermächtigungslastschriftverfahren entwertet werde, diese faktische Kreditgewährung auch nicht dem Willen der Vertragsparteien entspräche und letztlich auch nicht praktikabel sei, kommt es deshalb nicht an. Im Übrigen sind sie auch nicht überzeugend. Denn es steht jedem Gläubiger frei, durch Wahl und Ausgestaltung der Zahlungsmodalitäten diese Situation auszuschließen. Dass das Einziehungsermächtigungsverfahren mit dem Risiko einer Rückbuchung auch noch längere Zeit nachdem der Betrag dem Gläubigerkonto gutgeschrieben wurde, behaftet ist, ist allgemein bekannt. Dies dürfte auch die Beklagte gewusst haben, wenngleich ihr die genaue Länge des Zeitraums möglicherweise nicht bewusst gewesen sein mag. Überdies gehört es zu den Pflichten der Gläubigerbank, ihre Kunden im Rahmen der Zulassung zum Lastschriftinkasso über Vor und Nachteile des Einzugsweges zu beraten (vgl. van Gelder, a. a. O., Rn. 7, 8). Pflichten der Klägerin, der Beklagten Risikohinweise zu erteilen, bestehen dagegen nicht. Die Beklagte hätte deshalb, wenn sie das hier realisierte Risiko hätte ausschließen wollen, das Abbuchungsauftragsverfahren wählen müssen. Mit diesem Verfahren wird gerade dem Interesse des Gläubigers genügt, möglichst schnell sicher sein zu können, dass ihm die im Lastschriftverfahren eingehenden Zahlungen endgültig verbleiben. Wird demgegenüber - wie hier - das, einen deutlich geringeren administrativen Aufwand erfordernde Einziehungsermächtigungsverfahren gewählt, ist davon auszugehen, dass das hier realisierte Risiko im Interesse der leichteren Abwicklung des Zahlungsverkehrs in Kauf genommen wird.

dd) Für die Annahme einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB dadurch, dass die Klägerin, dem Verlangen des Streithelfers nachkommend, die dem Konto der Insolvenzschuldnerin belasteten Beträge zurückgebucht und das Guthaben zu Gunsten der Insolvenzmasse ausgezahlt hat, besteht ebenso wenig wie für eine unzulässige Rechtsausübung nach § 242 BGB durch die Klägerin Anlass. Die Klägerin war vielmehr - wie bereits ausgeführt - verpflichtet, die ohne Anweisung von ihr vorgenommenen Buchungen rückgängig zu machen, nachdem aufgrund des rechtzeitigen Widerspruchs feststand, dass die unberechtigten Buchungen nicht genehmigt würden.

3. Auch die weiteren Voraussetzungen einer Nichtleistungskondiktion sind erfüllt.

a) Die Beklagte hat "etwas" i. S. des § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB, nämlich die Gutschriften in Höhe der Klageforderung (141.065,37 EUR) auf ihrem Konto bei der Y.Bank erlangt. Die Gutschrift auf dem Konto der Beklagten kann nicht der Insolvenzschuldnerin zugerechnet werden, weil diese ohne deren Anweisung erfolgt ist und damit Erfüllung der gegen sie gerichteten Kaufpreisforderungen damit nicht eintreten konnte.

aa) Die Wirksamkeit der Belastung des Schuldnerkontos und die Entstehung des Erstattungsanspruchs der Zahlstelle gegen den Kunden hängt - wie bereits ausgeführt - von der Genehmigung des Schuldners nach § 684 Satz 2 BGB ab, die hier gerade nicht erteilt wurde. Infolge des Ablaufes der im Interbankverhältnis vereinbarten Frist von sechs Wochen für die Rückgabe von Lastschriften, noch bevor der Insolvenzverwalter dieser widersprochen hat, war eine Rückbuchung der durch die Lastschrift dem Konto der Beklagten erteilten Gutschrift nicht mehr möglich. Die Beklagte kann deshalb gegenüber ihrer Bank Auszahlung des Kontoguthabens in Höhe der Klageforderung verlangen. Das Guthaben ist mithin Bestandteil ihres Vermögens geworden.

bb) Im Verhältnis zur Schuldnerbank ist es auch unerheblich, ob im Valutaverhältnis eine abweichende Vereinbarung hinsichtlich der dort eintretenden Erfüllung getroffen wurde, deren Vorliegen die Beklagte überdies - jedenfalls mit Substanz - nicht behauptet hat. Ihre pauschale Angabe, sie habe der Insolvenzschuldnerin nicht über einen Zeitraum von 4 1/2 Monaten Kredit gewähren wollen, reicht für die Annahme einer solchen von den gesetzlichen Vorschriften abweichenden Vereinbarung jedenfalls nicht aus (§ 116 S. 1 BGB). Hinzu kommt, dass die Annahme des Eintritts von Erfüllung vor Genehmigung dazu führen würde, dass die Schuld getilgt wäre, ohne dass der Schuldner etwas aufgewendet hat (vgl. van Geldern, a. a. O., Rn. 176). Erfüllung tritt deshalb erst mit dem Verlust der Widerspruchsmöglichkeit durch Genehmigung ein.

b) Die Beklagte hat diesen Anspruch gegen ihre Bank "auf Kosten" der Klägerin erlangt. Denn der Gutschrift liegt, wie bereits dargelegt, eine Leistung der Insolvenzschuldnerin nicht zugrunde, mit der Folge, dass im Valutaverhältnis dadurch Erfüllung nicht eingetreten ist.

c) Die Beklagte hat das Kontoguthaben auch "ohne Rechtsgrund" erlangt, da sie gegen die Klägerin keinen Anspruch auf das Guthaben in Höhe der Klagforderung hat. Ein Rechtsgrund ergibt sich nicht aus dem zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten bestehenden Valutaverhältnis, da dort - wie bereits ausgeführt - Erfüllung nicht eingetreten ist, weil es auf die Genehmigung der Belastungsbuchung durch den Schuldner bzw. den Insolvenzverwalter ankommt, die hier nicht erteilt wurde. Ein Rechtsgrund für die Kontogutschrift auf dem Konto der Beklagten ergibt sich auch nicht aus einem eigenen Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin wegen deren unzulässiger Rechtsausübung oder sittenwidriger Schädigung (s. o.).

4. Der Klägerin steht damit gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Herausgabe des Erlangten bzw. auf Ersatz des Wertes nach §§ 812 Abs. 1, S. 1 2. Alt., 818 Abs. 2 BGB in Höhe von 141.065,37 EUR zu.

5. Darüber hinaus kann die Klägerin von der Beklagten nach §§ 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB Verzugszinsen ab dem 17. Mai 2008 verlangen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO hat der Senat nicht.

Ende der Entscheidung

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