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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 25.07.2006
Aktenzeichen: 3 W 85/06
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 185 |
3 W 85/06
Beschluss
In der Beschwerdesache
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 5. Juli 2006 gegen den Beschluss des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 27. Juni 2006, der Klägerin zugestellt am 4. Juli 2006, am 25. Juli 2006 beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird geändert; die öffentliche Zustellung der Klagschrift vom 14. Juni 2006 wird bewilligt.
Gründe:
I.
Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten eine Restdarlehensforderung in Höhe von rd. 5.300 EUR nebst Zinsen und Kosten geltend.
Die Parteien schlossen im Januar 2003 einen Darlehensvertrag zur Finanzierung des Erwerbs eines Pkw. Bis einschließlich April 2005 zahlte der Beklagte die vereinbarten Darlehensraten. Die Lastschrift für Mai 2005 wurde nicht eingelöst. Die nach dem Darlehensvertrag geschuldeten Leistungen sind mittlerweile sämtlich fällig.
Den Antrag auf öffentliche Zustellung der Klagschrift hat das Landgericht mit Beschluss vom 27. Juni 2006 zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen nicht hinreichend dargelegt seien.
Der gegen den Beschluss gerichteten sofortigen Beschwerde vom 5. Juli 2006 hat das Landgericht gemäß Beschluss vom 12. Juli 2006 nicht abgeholfen.
II.
Die gemäß § 567 Abs. 1 Ziffer 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, namentlich fristgerecht eingelegt worden, und hat auch in der Sache Erfolg. Die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung nach § 185 ZPO sind von der Klägerin ausreichend dargetan worden.
Im Ansatz zutreffend ist das Landgericht im angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, dass an die Feststellung der Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung hohe Anforderungen zu stellen sind. Bei öffentlichen Zustellungen ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Zustellungsadressat tatsächlich auch Kenntnis erlangt, sehr gering. Die tatsächliche Kenntnisnahme, die Voraussetzung rechtlichen Gehörs und eines effektiven Rechtsschutzes ist, wird durch eine Fiktion ersetzt. Andererseits muss dem Rechtssuchenden die Möglichkeit gegeben sein, sich einen vollstreckbaren Titel auch dann zu verschaffen, wenn - wie hier - der Schuldner unbekannt verzogen ist, ohne den Gläubiger davon in Kenntnis zu setzen. Soweit - auch vom Landgericht - die Ansicht vertreten wird, der Aufenthaltsort einer Partei sei nur dann unbekannt, wenn er nicht nur dem Gericht und dem Gegner, sondern allgemein unbekannt sei, ist diese Anforderung nicht wörtlich zu verstehen. Gemeint kann nur sein, dass der derzeitige Aufenthalt des Zustellungsempfängers im bisherigen Lebenskreis des Zustellungsempfängers unbekannt ist. Maßstab für eine öffentliche Zustellung kann dabei am ehesten sein, dass der Gegner des Zustellungsempfängers dasjenige zu unternehmen hat, was eine verständige Partei, die an einer wirtschaftlich sinnvollen Rechtsverfolgung interessiert ist, unternehmen würde, wenn es die Möglichkeit öffentlicher Zustellung nicht gäbe. Gemessen daran hat die Klägerin - und zwar zeitnah - im erforderlichen Umfang Nachforschungen angestellt.
Bei den Akten befindet sich ein Kurzbericht über eine Anschriftenermittlung der Firma "S." vom September 2005. Dort wird mitgeteilt, dass das Einwohnermeldeamt des letzten Wohnorts des Beklagten bestätigt habe, dass dieser dort wohnhaft gewesen, zwischenzeitlich aber unbekannt verzogen sei; eine Ab bzw. Ummeldung liege nicht vor.
Weiter befindet sich bei den Akten eine schufa-Mitteilung vom Januar 2006, wonach der Beklagte möglicherweise in der H.Straße in O. wohnt. Die beim zuständigen Einwohnermeldeamt seitens der Klägerin veranlasste Anfrage verlief aber negativ. Ausweislich der Mitteilung des Einwohnermeldeamtes O. hat der Beklagte dort nicht ermittelt werden können.
Weiter liegt ein Recherchen-Bericht der "H. Recherchen" vom 12. Mai 2006 vor. Dort wird u. a. bestätigt, dass an der Anschrift H.Straße in O. eine griechische Gaststätte ansässig sei. Der Beklagte sei dort aber nicht bekannt.
Schließlich hat die Klägerin eine E-Mail einer griechischen Botschaftsrätin vorgelegt, wonach es in Griechenland kein "zentrales Melderegister" gebe, weil keine Meldepflicht existiere.
Weitere zumutbare Ermittlungsansätze sind dem Senat nicht ersichtlich. Es ist entgegen der Annahme des Landgerichts im angefochtenen Beschluss auch nicht ersichtlich, dass sich im Hinblick auf die Gaststätte in O. weitere Ermittlungsansätze ergeben könnten. Das Gleiche gilt für das Restaurant in S.. Zu beiden Arbeitsstätten finden sich Angaben in dem Recherchen-Bericht der "H. Recherchen" vom 12. Mai 2006.
Schließlich erscheint es dem Senat auch gerechtfertigt zu sein, bei den Anforderungen an eine öffentliche Zustellung den Einzelfall zu berücksichtigen. Vorliegend verhält es sich ersichtlich so, dass dem Beklagten klar war, dass die Verbindlichkeiten aus dem Darlehensvertrag noch nicht erfüllt waren. Dessen ungeachtet hat er sich - möglicherweise nach Griechenland - abgesetzt, ohne die Klägerin in irgendeiner Weise zu informieren. Der Senat sieht keine Veranlassung, in Gestalt überzogener Anforderungen an die Klägerin die Eigenverantwortung des Beklagten zu negieren (s. a. Blomeyer, Zivilprozessrecht, 2. Aufl., S. 192).
Ende der Entscheidung
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