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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 01.12.2000
Aktenzeichen: 3 Ws 206/99
Rechtsgebiete: StPO, ZSEG, KV


Vorschriften:

StPO § 464 a
ZSEG § 17 a
KV Nr. 9005
KV Nr. 9014
StPO § 464 a, ZSEG § 17a, Nr. 9005, 9014 KV

Mietkosten der Polizei für Computer zur Aufzeichnung einer Telefonüberwachung sind keine gerichtlichen Auslagen im Sinne des § 464 a Abs. 1 StPO und deshalb in den Kostenansatz nach § 5 Abs. 4 KostVfg nicht aufzunehmen.

OLG Celle, Beschluss vom 01.12.2000 - 3 Ws 206/99 -


Oberlandesgericht Celle

3 Ws 206/99 2 Js 21086/96 (6 VRs)

Beschluss

In der Strafsache

wegen Förderung der Prostitution u.a.

hier: Erinnerung gegen die Kostenrechnung

hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht am 01.12.2000 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der Strafkammer des Landgerichts vom 04.03.1999 wird die Kostenrechnung der Staatsanwaltschaft vom 20.08.1998 geändert und der vom Verurteilten geschuldete Betrag auf

29.770,21 DM

festgesetzt. Die weitergehende Beschwerde wird verworfen.

Der Verurteilte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beschwerdegebühr wird um 3/5 ermäßigt. In dieser Höhe fallen die dem Verurteilten im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen der Landeskasse zur Last.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer wurde durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts vom 28.01.1998 wegen Förderung der Prostitution u.a. verurteilt; ihm wurden nach § 465 StPO die Kosten des Verfahrens auferlegt. Ein Teil der Vorwürfe der Anklage - darunter der Vorwurf der Vergewaltigung zum Nachteil der Nebenklägerin - wurde nach §§ 154, 154a StPO in der Hauptverhandlung ausgeschieden.

Mit Datum vom 20.08.1998 erstellte der Kostenbeamte der Staatsanwaltschaft nach § 4 Abs. 2 GKG die Kostenrechnung über einen Gesamtbetrag von 74.521,42 DM. Darin enthalten sind die Verfahrensgebühr von 480 DM, Zustellungskosten von 228 DM, Dolmetscherentschädigungen in Höhe von 4.310,52 DM, Sachverständigenentschädigungen (Untersuchung und Begutachtung von Verletzungen der Nebenklägerin) in Höhe von 211,18 DM, die Gebühren für den beigeordneten Nebenklagevertreter von 1.138,50 DM, Auslagen für das Öffnen einer Wohnungstür in Höhe von 356,62 DM, Abschleppkosten von 367,97 DM und Entgelte für Telefonüberwachungsmaßnahmen in Höhe von 67.428,63 DM. Hiergegen wandte sich der Verurteilte mit der Erinnerung nach § 5 GKG, die das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen hat. Der Beschwerde des Verurteilten hat die Kammer nicht abgeholfen.

II.

Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg.

Keinen Erfolg hat die Beschwerde hinsichtlich der Sachverständigenentschädigung, der Auslagen für das Öffnen der Wohnungstür und der Abschleppkosten. Deren Berechtigung ergibt sich aus den bei den Akten befindlichen Rechnungen und ihren zugrunde liegenden Leistungen. Zwar ist hinsichtlich des Vorwurfs der Vergewaltigung zum Nachteil der Nebenklägerin das Verfahren nach § 154 Abs.2 StPO eingestellt worden, jedoch hat dies in der Kostenentscheidung des Urteils - zu Recht (vgl. § 465 Abs.2 StPO) - keinen Niederschlag gefunden.

Die Zustellungskosten vermindern sich um 10,- DM; Nr.9002 KV betrifft nur die Kosten förmlicher Zustellungen durch die Post oder durch Justizbedienstete, nicht Zusendung mit einfacher Post, hier einer Besuchserlaubnis an den inhaftierten Angeklagten (Bd.V Bl.63 d.A.).

Unberechtigt ist die Inanspruchnahme des Verurteilten für die Kosten der Nebenklage. Voraussetzung wäre eine Grundentscheidung im Strafkammerurteil vom 28.01.1998 nach § 472 StPO, an der es jedoch fehlt.

Die Forderung von Dolmetscherentschädigungen ist unberechtigt, soweit sie durch Tätigkeiten entstanden sind, bei denen fremdsprachige Personen (noch) als Beschuldigte, nicht aber als Zeugen im Verfahren gegen den Verurteilten vernommen wurden. Das betrifft die Entschädigungen in Höhe von 454,48 DM, 559,53 DM und 768,43 DM. Erst ihre späteren Vernehmungen waren solche als Zeugen und ihre Kosten daher gerichtliche Auslagen des gegen den Verurteilten gerichteten Verfahrens.

Die Kosten für Telekommunitationsdienstleistungen sind vom Verurteilten nicht zu erstatten, soweit sie durch Maßnahmen gegen Mitbeschuldigte entstanden, gegen die das Verfahren abgetrennt worden ist. Es sind dies die Beträge über 587,02 DM und 92,--DM; sie sind durch Abhörmaßnahmen gegen den Mitbeschuldigten entstanden.

Die Mietkosten für 3 Computeranlagen der Firma in Höhe von insgesamt 41.141,25 DM sind zwar Auslagen der Polizei für die Aufzeichnung abgehörter Ferngespräche von Anschlüssen, die dem Verurteilten zugerechnet wurden. Sie stehen auch in Zusammenhang mit der Ausführung der Beschlüsse des Amtsgerichts nach § 100 a StPO vom 21.08.1996, 18.11.1996 und 19.02.1997. Sie sind indessen nicht erstattungsfähig nach § 5 Abs. IV b KostVfg in Verbindung mit Nr. 9005, 9014 KV und § 17a ZSEG; andere Anspruchgrundlagen kommen nicht in Betracht.

Die Vorschrift des § 17 a ZSEG regelt die Entschädigung Dritter für Dienstleistungen bei der Durchführung von Telefonüberwachungsmaßnahmen erbracht werden ("die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation ermöglichen"). Sie gilt für Leistungen, die zwar vom Staatsbürger an sich als Teil seiner allgemeinen Ehrenpflicht zu erbringen wären, seitens einer Behörde schon nach Art. 35 Abs. 1 GG (Amtspflicht) grundsätzlich unentgeltlich in Betracht kämen, aber nach Art und Umfang doch zu unzumutbaren finanziellen Belastungen führen könnten (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 30. Aufl., § 17a ZSEG Rdn. 2). Wegen ihres Ausnahmecharakters ist diese Vorschrift eng auszulegen.

Auslagen von Behörden können als gerichtliche Auslagen vom Verurteilten nur erhoben werden, soweit sie sich den Nummern 9000 bis 9013 des Kostenverzeichnisses zuordnen lassen(vgl. Nr.9014 KV "Auslagen der in den Nummern 9000 bis 9013 bezeichneten Art"; OLG Celle Nds.Rpfl.1984,263). Mietet - wie hier - die Polizei Computeranlagen durch privatrechtlichen Mietvertrag an, um die Aufzeichnung selbst vorzunehmen, handelt es sich nicht um ein "Ermöglichen" durch die Firma im Sinne des § 17a Abs.1 Nr.3 ZSEG auf Grund ihrer staatsbürgerlichen Pflicht. Hätte die Polizei die Aufzeichnung mit eigenen Geräten vorgenommen, läge ebenso wenig ein Entschädigungsfall vor. Das Gebot einer engen Auslegung findet seine Bestätigung in der Regelung des § 17 a Abs. 4 ZSEG, wonach die Benutzung eigener oder "sonstiger" Datenverarbeitungsanlagen (nur) für Zwecke der Rasterfahndung entschädigungspflichtig ist. Somit scheiden im vorliegenden Fall die Mietkosten aus der Erstattungspflicht des Verurteilten aus.

III.

Gegen den Verurteilten sind danach geltend zu machen:

Verfahrensgebühr 480,- DM Zustellungskosten 218,- DM Dolmetscherentschädigungen 2.528,08 DM Sachverständigenentschädigung 211,18 DM Auslagen für das Öffnen der Tür 356,62 DM Abschleppkosten 367,97 DM Entgelte der Telefonüberwachung 25.608,36 DM ------------ Gesamtsumme 29.770,21 DM

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 und 4 StPO; das unbeschränkt eingelegte Rechtsmittel hatte zu 3/5 der Forderungssumme Erfolg.

Ende der Entscheidung

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