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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 28.09.2000
Aktenzeichen: 322 Ss 132/00 (Owi)
Rechtsgebiete: StVG, StPO, OWiG


Vorschriften:

StVG § 25 Abs. 2 a
StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1
StPO § 473 Abs. 1
OWiG § 46 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Celle Beschluss

322 Ss 132/00 (Owi) 24 Js 13274/00 StA

In der Bußgeldsache

wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit

hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Celle auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 29. Juni 2000 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft durch den Richter am Oberlandesgericht S, den Richter am Oberlandesgerichte und den Richter am Landgericht am 28. September 2000 beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Betroffene der fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit schuldig ist und die Geldbuße auf 250 DM festgesetzt wird.

Der Betroffene trägt die Kosten der Rechtsbeschwerde.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 300 DM verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat verhängt; zugleich ist eine Anordnung nach § 25 Abs. 2 a StVG getroffen worden.

Nach den Feststellungen befuhr der Betroffene am 8. Februar 2000 gegen 11:27 Uhr mit seinem PKW in die Straße. Die dort geltende zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h überschritt der Betroffene um 93 km/h, wobei ihm klar war, dass sich regelmäßig in geschlossenen Ortschaften abseits der Hauptdurchgangsstraßen 30 km/h-Zonen befinden.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

II.

Das Rechtsmittel hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Allein die Annahme vorsätzlicher Begehungsweise und daraus folgend die Erhöhung der Regelgeldbuße von 250 DM um 50 DM hält rechtlicher Überprüfung nicht Stand.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 8. September 2000 u. a. ausgeführt:

"Das Amtsgericht hat die Einlassung des Betroffenen, er hätte die - offenbar paarweise - aufgestellten 30 km/h-Schilder übersehen, als widerlegt angesehen. Es hat vielmehr festgestellt, dass dem Betroffenen "klar" gewesen sei, dass er sich in einer 30 km/h-Zone befunden hätte. Es hat dies u. a. mit den gut erkennbar aufgestellten 30 km/h-Zeichen begründet, aber auch damit, dass diesem die Einrichtung von 30 km/h-Zonen in den Ortschaften vertraut sei. Das Amtsgericht ist dabei davon ausgegangen, dass "sich regelmäßig in geschlossenen Ortschaften abseits der Hauptdurchgangsstraßen, wie ihm (dem Betroffenen) bekannt ist, wie im vorliegenden Fall 30 km/h-Zonen befinden.

Dies lässt zumindest besorgen, dass der Tatrichter einen tatsächlich nicht bestehenden Erfahrungssatz in seine Beweiswürdigung einbezogen hat. Dass "regelmäßig" in geschlossenen Ortschaften 30 km/h-Zonen eingerichtet sind, trifft jedenfalls auf viele kleinere Orte - von der Größe des Messortes - nicht zu. Im Übrigen betreffen 30 km/h-Zonen auch in den Orten, in denen sie eingerichtet sind, häufig nur einige wenige Straßen oder Straßenzüge, während sonst die allgemein übliche Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gilt. Dafür, dass dem Betroffenen selbst das vom Amtsgericht behauptete Regel-Ausnahmeverhältnis "bekannt" gewesen wäre, wie vom Tatrichter festgestellt, findet sich aufgrund der erhobenen Beweise keine Stütze. Im Übrigen wäre selbst bei positiver Kenntnis des Betroffenen, dass sich innerhalb der von ihm befahrenen geschlossenen Ortschaft "irgendwo" eine 30 km/h-Zone befindet, und gut erkennbar aufgestellten 30 km/h-Zeichen der hier vom Tatrichter vorgenommene Schluss auf den direkten Vorsatz hinsichtlich des Verbots, schneller als 30 km/h zu fahren, nicht ohne weiteres möglich.

Der aufgezeigte Rechtsfehler nötigt jedoch nicht zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache. Vielmehr kann der Senat aufgrund der übrigen rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen in der Sache selbst entscheiden (§ 79 Abs. 6 OWiG).

Dabei kann der Betroffene mit seinen über die Verurteilung wegen vorsätzlicher Begehungsweise hinausgehenden Angriffen gegen das Urteil nicht gehört werden. Sie beschränken sich darauf, durch ergänzendes und abweichendes tatsächliches Vorbringen die tatsächliche und rechtliche Würdigung des Tatrichters und die von ihm getroffenen Feststellungen unrichtig erscheinen zu lassen. Dies ist rechtsbeschwerderechtlich jedoch unbeachtlich, weil das Beschwerdegericht eigene tatsächliche Feststellungen nicht treffen kann.

Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu den nach der Bußgeldkatalogverordnung vorgesehenen Regelsanktionen. Dies gilt nicht nur für die Festsetzung der Geldbuße in Höhe von 250 DM, sondern auch die Anordnung des Fahrverbots von einem Monat. Insbesondere belegen die Feststellungen, dass der Betroffene die Pflichten eines Kraftfahrzeugführers nicht lediglich leicht fahrlässig missachtet, sondern auch subjektiv grob verantwortungslos gehandelt hat: Die Verkehrszeichen der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h waren gut erkennbar aufgestellt; selbst die innerorts allgemein übliche Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h ist mit 23 km/h noch erheblich überschritten worden.

Mit dem Amtsgericht meine auch ich, dass es hier der Anordnung eines Fahrverbots bedarf und eine bloße Erhöhung der Geldbuße nicht ausreicht. Eine unzumutbare Härte für den Betroffenen ist auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen nicht ersichtlich. Die hiergegen gerichteten Angriffe des Beschwerdeführers verlieren sich im Tatsächlichen und sind daher aus den bereits genannten Gründen unbeachtlich."

Dem tritt der Senat bei.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 473 Abs. 1 StPO, 46 Abs. 1 OWiG. Ein kostenrechtlich zu berücksichtigender Teilerfolg ist in der Änderung der Schuldform und der geringfügigen Minderung der Geldbuße nicht zu sehen.

IV.

Der Betroffene wird darauf hingewiesen, dass er sich nach § 21 Abs. 1, Nr. 1 StVG strafbar macht, wenn er nach Ablieferung des Führerscheins oder vier Monate nach Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung, also nach dem 28. Januar 2001, ein Kraftfahrzeug führt, dass die Fahrverbotsfrist aber erst vom Tage der Ablieferung des Führerscheins bei der Vollstreckungsbehörde (Staatsanwaltschaft an gerechnet wird (§ 25 Abs. 5 Satz 1 StVG).

Ende der Entscheidung

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