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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 22.08.2006
Aktenzeichen: 4 W 101/06
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 15
BGB § 242
BGB § 1004
Hat ein Wohnungseigentümer den Anspruch auf Zustimmung zu einer der Teilungserklärung entsprechenden Umgestaltung einer ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Fläche des gemeinschaftlichen Eigentums verwirkt, ist sein Sonderrechtsnachfolger an die entstandene Rechtslage gebunden, auch wenn die Verwirkung nicht aus dem Grundbuch ersichtlich ist.
4 W 101/06

Beschluss

In der Wohnungseigentumssache

betreffend die Wohnungseigentümeranlage

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht H., den Richter am Oberlandesgericht R. und den Richter am Oberlandesgericht S. am 22. August 2006 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller vom 2. Juni 2006 werden der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 4. Mai 2006 und der Beschluss des Amtsgerichts Syke vom 17. Oktober 2005 aufgehoben und die Anträge der Antragstellerin zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten für sämtliche Rechtszüge zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: 5.000 EUR

Gründe:

I.

Die Beteiligten sind Mitglieder der im Eingang des Beschlusses näher bezeichneten Wohnungseigentümergemeinschaft. Den Eigentümern der Erdgeschosswohnungen (Nr. 1 und 2) wurden in der Teilungserklärung vom 21. Mai 1990 am Gemeinschaftseigentum Sondernutzungsrechte (Terrasse, Garten) eingeräumt, während die Erstellung von Pkw-Einstellflächen auf weiteren Gemeinschaftsflächen vorgesehen war. Tatsächlich wurden die Einstellplätze in der Frühphase der Gemeinschaft auf der Sondernutzungsfläche der Wohnung Nr. 2 angelegt, die U. S., die Ehefrau des mit der Fertigstellung der baulichen Anlagen beauftragten Bauunternehmers zu Eigentum erwarb.

Der veränderte Zustand hinsichtlich der Lage der Einstellplätze wird in einem schriftlichen "Beschluss der Eigentümer" genehmigt, den der Ehemann der Eigentümerin S. und sämtliche weiteren damaligen Eigentümer unterzeichneten. Eine Grundbucheintragung erfolgte insoweit nicht.

Mit notariellem Vertrag vom 10. September 1999 erwarb die Antragstellerin die Wohnung Nr. 2, die sie zuvor seit 1997 als Mietein bewohnt hatte. In Eigentümerversammlungen vom 20. Mai 2000 und 28. April 2001 wurden Veränderungen an den auf der Sondernutzungsfläche vorhandenen Einstellplätzen mit Zustimmung der Antragstellerin beschlossen. In der Eigentümerversammlung vom 11. Dezember 2004 beantragte die Antragstellerin, die Terrassen und Gartenfläche nebst Pkw-Einstellflächen entsprechend der Teilungserklärung vom 21. 5. 1990 auf Kosten der Gemeinschaft herzurichten. Diesem Antrag stimmten nur die Antragstellerin und der Antragsgegner zu 3 zu, während die weiteren Beteiligten den Antrag ablehnten.

Mit ihrem am 6. Januar 2005 eingegangenen Antrag verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter, die Einstellplätze an die in der Teilungserklärung ausgewiesene Stelle zu verlegen und dazu einen entsprechenden Auftrag zu erteilen. Sie hat behauptet, ihr sei bei dem Erwerb des Wohnungseigentums nicht bekannt gewesen, dass die Lage der Einstellplätze nicht der Teilungserklärung entspreche.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die Wohnungseigentümer zu verpflichten, der Auftragserteilung zur Umgestaltung der Terrassen und Gartenfläche nebst Pkw-Einstellplätzen entsprechend der Teilungserklärung vom 21. Mai 1990 auf Kosten der Eigentümergemeinschaft zuzustimmen,

hilfsweise,

den Ablehnungsbeschluss in der Eigentümerversammlung vom 11. Dezember 2004 zu TOP 5 für ungültig zu erklären.

Die Antragsgegner haben beantragt,

die Anträge abzuweisen.

Sie haben vorgetragen, die tatsächliche Lage der Einstellplätze sei durch den Beschluss vom 11. Dezember 2004 einstimmig festgelegt worden. Außerdem haben sie sich auf die Einrede der Verjährung und auf die Verwirkung des Anspruchs berufen.

Das Amtsgericht hat dem Hauptantrag der Antragstellerin durch den am 31. Oktober 2005 zugestellten Beschluss vom 17. Oktober 2005 stattgegeben.

Dagegen haben die Antragsgegner am 1. November 2005 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückweisung der Anträge der Antragstellerin beantragt haben.

Die Antragsgegner haben die Zurückweisung der Beschwerde und hilfsweise beantragt, die Wohnungseigentümer zu verpflichten, der Umgestaltung der derzeit als Pkw-Einstellplätze genutzten Fläche auf der Sondernutzungsfläche der Antragstellerin in Terrassen und Gartenfläche auf Kosten der Antragstellerin zuzustimmen.

Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde mit dem am 22. Mai 2006 zugestellten Beschluss vom 4. Mai 2006 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Gemeinschaft sich nicht an den Kosten des Rückbaus der Sondernutzungsfläche der Antragstellerin zu beteiligen habe.

Es hat angenommen, dass sich die Antragsgegner auf den Beschluss vom 11. Dezember 1997 nicht berufen könnten, weil Vereinbarungen von Wohnungseigentümern über die Sondernutzung von Gemeinschaftseigentum einem Rechtsnachfolger gegenüber nur bei Eintragung im Grundbuch wirksam seien. Der Antragstellerin sei die Berufung auf die Teilungserklärung auch nicht nach Treu und Glauben zu versagen. Sie habe zwar an Beschlüssen über die Gestaltung der Einstellplätze mitgewirkt. Die Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht habe jedoch nicht ergeben, dass ihr bei diesen Beschlüssen bewusst gewesen sei, dass die Lage der Teilungserklärung nicht entsprochen habe, die sie bei dem Erwerb der Wohnung noch nicht gekannt habe. Sie hätte sich zwar Kenntnis von dem Inhalt der Teilungserklärung verschaffen können. Dies rechtfertige jedoch nur, dass sie eine Kostenbeteiligung der Gemeinschaft am Rückbau der Sondernutzungsfläche nicht verlangen könne.

Hiergegen richtet sich die am 2. Juni 2006 per Telefax eingegangen sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner vom gleichen Tage.

Die Antragsgegner sind der Ansicht, dass der Beschwerdewert erreicht sei, weil sie durch die angefochten Entscheidung mit den auf 37.500 EUR veranschlagten Kosten für die Errichtung der Stellplätze an der ursprünglich vorgesehenen Stelle beschwert würden.

Die Antragsgegner behaupten, auf Grund neuer Recherchen habe sich ergeben, dass die Voreigentümerin selbst neben Herrn A. vor Beginn der Bauarbeiten als Bauherrin in der Bauakte eingetragen gewesen sei. Da sie zudem gegen die Errichtung der Stellplätze an der jetzigen Stelle nicht interveniert habe, habe die Antragstellerin der von der Teilungserklärung abweichende Errichtung der Stellplätze faktisch zugestimmt. Außerdem sei bereits gegenüber dem Landgericht vorgetragen worden, dass die Zeugin bei der Auftragserteilung für die Stellplätze durch ihren Ehemann vor Ort auf der Baustelle gewesen sei und die Auftragserteilung zur Kenntnis genommen und somit auch akzeptiert habe. Den hierauf bezogenen Beweisangeboten sei das Landgericht rechtsfehlerhaft nicht nachgegangen. Wenn die Zeugin S. sich aber gegen die Errichtung der Stellplätze an anderer Stelle nicht gewehrt habe und Bauherrin gewesen sei, könne sie sich auf entsprechende Rechte aus der Teilungserklärung hinsichtlich der Sondernutzungsrechte nach Treu und Glauben nicht mehr berufen. Es sei in höchstem Maße rechtsmissbräuchlich, wenn die Voreigentümerin als Bauherrin an den entsprechenden Änderungen der Planungen mitwirke und sich dann später auf die formalen Eintragungen im Grundbuch und in der Teilungserklärung berufe. Wenn aber der Zeugin S. solche Rechte nicht hätten zustehen können, könne auch die Antragstellerin solche Rechte nicht geltend machen, weil sie durch den Eigentumswechsel nur in die Rechtsposition der Voreigentümerin eingerückt sei. Allein durch den Eigentümerwechsel hätten bereits untergegangene Rechte nicht erneut aufleben können.

Außerdem müsse die Antragstellerin an den Beschlüssen vom 20. Mai 2000 und 28. April 20012 in Kenntnis der Abweichung des tatsächlichen Zustandes von der Teilungserklärung mitgewirkt haben, weil die Beschlussfassung sonst keinen Sinn gemacht hätte. Zudem dürften der Antragstellerin schon wegen ihres gesamten Verhaltens bezüglich der Sondernutzungsfläche und wegen des hohen Betrages, der für die Errichtung der Stellplätze an anderer Stelle notwendig sei, entsprechende Rechte nicht zustehen.

Die Antragsgegner haben im Verfahren der weiteren Beschwerde keinen konkreten Antrag formuliert. Die Begründung der weiteren Beschwerde lässt aber hinreichend klar erkennen, dass sie das Ziel verfolgen,

unter Aufhebung der Beschlüsse von Amts und Landgericht

die Anträge zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die sofortige weitere Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragstellerin verteidigt den angefochten Beschluss. Es werde bestritten, dass die Zeugin S. Bauherrin gewesen sei. Überdies komme es für das Bestehen von Sondernutzungsrechten auf die Bauherreneigenschaft nicht an. Die Eigentümerin einer einzelnen Wohnungseinheit könne weder durch ausdrückliche noch durch faktische Zustimmung die Abweichung von der Teilungserklärung erreichen, so dass es nicht darauf ankomme, was die Zeugin S. erklärt habe. Maßgebend sei die Eintragung im Grundbuch. Bei den Beschlussfassungen vom 20. Mai 2000 und 28. April 2001 habe sie keine Kenntnis davon gehabt, dass der tatsächliche Zustand der Außenanlagen von der Teilungserklärung abwich. Der Hinweis der Antragsgegner, dass sie ohne weiteres kurze Zeit nach dem notariellen Vertrag von der Teilungserklärung hätte Kenntnis erlangen können, ändere an der Notwendigkeit der Verlagerung der Pkw-Stellplätze und der damit verbundenen Kosten nichts.

II.

1. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist gemäß §§ 45 Abs. 1 WEG 27, 29 FGG statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 29 Abs. 1 und 4, 22 Abs. 1 FGG). Der Beschwerdewert gemäß § 45 WEG ist erreicht, weil die Antragsgegner durch die Entscheidung des Landgerichts zwar nicht mit den Kosten des Rückbaus der Sondernutzungsfläche belastet werden, jedoch durch die Entscheidung mit 4/5 der erheblichen Aufwendungen in einer Größenordnung von 37.500 EUR für die Schaffung von Parkplätzen auf den in der Teilungserklärung vorgesehenen Flächen beschwert werden.

2. Die sofortige weitere Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Gemäß § 27 Abs. 1 FGG ist das Rechtsmittel im Verfahren der weiteren Beschwerde in der Hauptsache nur begründet, wenn das Beschwerdegericht eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet hat und dessen Entscheidung gerade auf einer derartigen Verletzung des Rechts i. S. v. §§ 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 FGG, 546 ZPO n. F. beruht. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer derartigen Rechtsverletzung.

a) Der von der Antragstellerin verfolgte Hauptantrag gemäß der Antragsschrift vom 6. Januar 2005 und der gegenüber dem Landgericht gestellte Hilfsantrag nach Maßgabe des Schriftsatzes vom 10. März 2006 sind unbegründet.

Die Antragstellerin kann von den Antragsgegnern als weiteren Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht die Zustimmung zur Umgestaltung der derzeit als Pkw-Einstellplätze genutzten Sondernutzungsfläche in eine Terrassen und Gartenfläche entsprechend der Festlegung in § 2 der Teilungserklärung vom 21. Mai 1990 verlangen und zwar auch nicht gemäß dem gegenüber dem Landgericht gestellten Hilfsantrag, zur Umgestaltung auf eigene Kosten der Antragstellerin.

Als Anspruchsgrundlage kommen §§ 15 Abs. 3 WEG , 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht. Danach kann zwar jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums und damit auch derjenigen Flächen, an denen ihm ein Sondernutzungsrecht zusteht, verlangen, der den Vereinbarungen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer, namentlich der Teilungserklärung, enthaltenen Zweckbestimmung nach billigem Ermessen entspricht.

Der Antragstellerin als Eigentümerin der im Erdgeschoss gelegenen Wohnung Nr. 2 ist in § 2 der Teilungserklärung das Recht zur Sondernutzung der streitbefangenen Teilfläche des gemeinschaftlichen Eigentums als Garten und Terrassenfläche eingeräumt worden. Obwohl in der Teilungserklärung Pkw-Einstellplätze auf weiteren Gemeinschaftsflächen vorgesehen waren, wurden die Einstellplätze in der Frühphase der Gemeinschaft tatsächlich auf der Sondernutzungsfläche der Wohnung Nr. 2 angelegt, ohne dass die Teilungserklärung aus diesem Anlass geändert worden ist. Damit widerspricht die Nutzung der streitbefangenen Sonderfläche den Vorgaben der Teilungserklärung.

Gleichwohl steht der Antragstellerin der geltend gemachte Anspruch auf Zustimmung zu einer der Teilungserklärung entsprechenden Umgestaltung der Sondernutzungsfläche nicht zu, weil der Anspruch aus §§ 15 Abs. 3 WEG, 1004 BGB wenn nicht verjährt, so doch zumindest verwirkt ist, § 242 BGB.

Soweit die Antragsgegner bereits im ersten Rechtszug die Einrede der Verjährung erhoben haben, macht die Antragstellerin zu Unrecht geltend, ihre Beeinträchtigung durch die von der Zweckbestimmung der Teilungsanordnung abweichende Nutzung der ihrer Wohnung zugewiesenen Sonderfläche dauere an. Der Beginn der regelmäßigen Verjährung beginnt nicht nur für den Anspruch aus § 15 Abs. 3 WEG, sondern auch für den Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB mit dem Beginn der Beeinträchtigung. Anderenfalls wäre ein Beseitigungsanspruch unverjährbar, weil er mit dem Ende der Beeinträchtigung erlischt. In der Person der Antragstellerin ist der Anspruch erstmals mit dem Erwerb des Wohnungseigentums im Jahre 1999 entstanden. Die auch für Ansprüche aus § 1004 BGB maßgebliche Regelverjährung (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 61. und 65. Aufl. § 195 Rdnr. 6) gemäß § 195 BGB a. F. war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 noch nicht verstrichen und dauerte auch noch länger als drei Jahre, so dass gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB die nunmehr maßgebliche kürzere regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 199 BGB von dem 1. Januar 2002 an zu berechnen war. Danach wäre der Anspruch der Antragstellerin mit dem Ablauf des 31. Dezember 2004 und damit vor dem Eingang des Antrages am 6. Januar 2005 als verjährt anzusehen, wenn anzunehmen wäre, dass die Regelverjährung für Altansprüche immer am 1. Januar 2002 begonnen hat, auch wenn die subjektiven Voraussetzungen des § 199 BGB nicht vorlagen. Der Senat braucht diese umstrittene Rechtsfrage (vgl. Palandt-Heinrichs a.a.O. Art 229 § 6 EGBGB Rdnr 1, 6 ) nicht zu entscheiden, so dass es nicht darauf ankommt, dass die Antragsgegner nicht dargelegt haben, wann die Antragstellerin erstmals davon Kenntnis erlangt hat, dass die Art der Nutzung der ihr zugewiesenen Sondernutzungsfläche von der Teilungserklärung abweicht. Nach der Darstellung der Antragstellerin ist nicht auszuschließen, dass sie erst kurz vor der Einreichung des Antrages aus den ihr zu diesem Zeitpunkt bekannt gewordenen schriftlichen "Beschlüssen" der Eigentümer vom 11. Dezember 1997 von dieser Abweichung Kenntnis erlangt hat.

Auch ein etwa noch nicht verjährter Anspruch der Antragstellerin wäre jedoch als verwirkt anzusehen. Die Antragsgegner machen mit der sofortigen weiteren Beschwerde zu Recht geltend, dass die Antragstellerin sich insbesondere bereits die Verwirkung eines der Voreigentümerin U. S. zustehenden Anspruchs entgegenhalten lassen muss.

Eine Verwirkung setzt voraus, dass seit der Möglichkeit, das Recht geltend zu machen, längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung des Rechts als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen. Gegenstand der Verwirkung können auch einzelne Ansprüche aus einem dinglichen Recht sein (vgl. für den Anspruch eines Wohnungseigentümers auf Unterlassung nach dem Übergang der Nutzung von Räumen als Speicher zur Nutzung als Wohnung: BayObLG NJWRR 1991, 1041).

Der Senat verkennt nicht, dass im Wohnungseigentumsrecht Übereinkünfte der Wohnungseigentümer, die als Vereinbarungen im Sinne des § 10 Abs. 2 WEG zu werten sind, nach dieser Vorschrift gegen den Sonderrechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers nur wirken, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind (vgl. BayObLG a.a.O.; NJWRR 2005, 886). Das Landgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass in Bezug auf die von der Teilungserklärung abweichende Nutzung der Sondernutzungsfläche für die Wohnung Nr. 2 keine derartige Vereinbarung im Grundbuch eingetragen ist, welche die Antragstellerin gegen sich gelten lassen müsste.

Das Landgericht hat jedoch übersehen, dass dann, wenn alle Wohnungseigentümer nach § 242 BGB einen Anspruch nach §§ 15 Abs. 3 WEG, 1004 BGB verwirkt haben, der Sonderrechtsnachfolger an diese entstandene Rechtslage auch dann gebunden ist, wenn die Verwirkung aus dem Wohnungsgrundbuch nicht ersichtlich ist (vgl. BayObLG NJWRR 1991, 1041; Palandt-Bassenge, BGB, 65. Aufl. § 15 WEG Rdnr. 23). Das gilt nicht nur für Unterlassungsansprüche, sondern auch für den Anspruch auf erstmalige Herstellung des der Teilungserklärung entsprechenden Zustandes (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl. § 15 Rdnr. 32). Sofern die Wohnungseigentümer formlos konkludent oder ausdrücklich einer von der Teilungserklärung abweichenden Nutzung von Räumen zustimmen, begeben sie sich mit Bindungswirkung zu Lasten der jeweiligen Rechtsnachfolger des Rechts, die von der Teilungserklärung abweichende Nutzung zu unterbinden, selbst wenn die anderslautende Vereinbarung nicht aus dem Wohnungsgrundbuch ersichtlich ist (vgl. OLG Stuttgart ZMR 1998, 802). Der Rechtsnachfolger des Sondereigentümers hat nämlich mangels besonderer gesetzlicher Bestimmungen keine weitergehenden Rechte, als diesem zuletzt zustanden (vgl. BayObLG a.a.O.). Das erscheint auch nicht unbillig, weil der Erwerber regelmäßig nur den gegenwärtigen Zustand der Wohnanlage sieht und nicht an der Wiederherstellung eines anderen, längst überholten Zustandes interessiert sein wird. Außerdem übernimmt der Erwerber üblicherweise das Wohnungseigentum nach dem Erwerbsvertrag wie es in einer bestimmten Wohnanlage steht und liegt (vgl. BayObLG a.a.O. m. w. N.).

So liegen die Dinge auch im vorliegenden Fall. Die Antragstellerin hat die Wohnung 1997 als Mieterin und 1999 als Eigentümerin nur mit der Nutzung der streitbefangenen Fläche als Parkplatz gekannt und war sich nach ihrer eigenen Darstellung nicht bewusst, dass darin eine Abweichung von der Teilungserklärung liegt, die ihr ausweislich des notariellen Erwerbsvertrag bei Vertragsabschluss auch noch nicht bekannt war.

Der Anspruch aus §§ 15 Abs. 3 WEG,1004 BGB auf Umgestaltung der Sondernutzungsfläche nach Maßgabe der Teilungserklärung war bereits verwirkt, bevor die Voreigentümerin S. das Wohnungseigentum an die Antragstellerin veräußert hat. Diese Beurteilung ist unabhängig von dem neuen tatsächlichen Vorbringen der Antragsgegner im Schriftsatz vom 2. August 2006 zur Begründung der sofortigen weiteren Beschwerde gerechtfertigt, das als neuer Tatsachenvortrag im Rechtsbeschwerdeverfahren keine Berücksichtigung finden kann und deshalb von dem Senat der vorliegenden Entscheidung auch nicht zugrunde gelegt worden ist.

Die Voreigentümerin, die nach der im Jahre 1990 begonnenen Fertigstellung der baulichen Anlagen einschließlich der Pflasterarbeiten für die Parkflächen die Wohnung Nr. 2 zu Eigentum erworben hat, hat die ihr bekannte von der Teilungserklärung abweichende Nutzung der ihrem Sondernutzungsrecht unterliegenden Fläche über einen langen Zeitraum widerspruchslos hingenommen. Nach der von dem Landgericht als glaubhaft gewürdigten Aussage der Voreigentümerin als Zeugin vor dem Amtsgericht, hätten sie und ihr Ehemann die Außenanlagen zwar wie vorgesehen herstellen wollen. Letztendlich sei die Pflasterung jedoch an anderem Ort erfolgt, ohne dass herauszufinden gewesen sei, wer das verursacht habe. Die Zeugin räumt ein, dass sie diesen Zustand letztlich hingenommen habe, "denn wer reißt schon fertige Parkplätze ab?".

Der Senat verkennt nicht, dass die bloße Hinnahme des von der Teilungserklärung abweichenden Zustandes über einen Zeitraum von mehreren Jahren bis zum Weiterverkauf der Wohnung im Jahre 1999 nicht ausreichen mag, das sog. Umstandsmoment der Verwirkung zu erfüllen. Indessen durften die Antragsgegner jedenfalls nach dem 11. Dezember 1997 darauf vertrauen, dass auch die Antragstellerin die Nutzungsänderung ihrer Sondernutzungsfläche nicht mehr beanstanden würde. An diesem Tag haben nämlich der Ehemann der Antragstellerin und die Antragsgegner einen schriftlichen "Beschluss der Eigentümer" unterzeichnet, demzufolge die zu den Wohnungen gehörenden Pkw-Stellplätze (Sondernutzungsrechte) sich entgegen der Teilungserklärung vom 21. Mai 1990 direkt vor dem Wohngebäude befinden. Darin liegt eine ausdrückliche Billigung des von der Teilungserklärung abweichenden Zustandes. Zwar hat die Voreigentümerin S. als Zeugin ausgesagt, sie habe nie an Eigentümerversammlungen teilgenommen und kenne den vorgenannten Beschluss nicht. Gleichwohl durften die Antragsgegner den Umständen nach darauf vertrauen, dass die Unterzeichnung des vorgenannten Beschlusses durch den Ehemann der Voreigentümerin mit Billigung und in Vollmacht der Zeugin erfolgt ist. Ausweislich der in § 3 der von der Antragstellerin selbst vorgelegten Teilungserklärung enthaltenen Gemeinschaftsordnung - Abschnitt: Eigentümerversammlung Abs. 8 (Bl. 66 d.A) - ist eine Vertretung in der Eigentümerversammlung zulässig und braucht ein vertretender Ehegatte keine schriftliche Vollmacht des anderen Ehegatten vorzuweisen, solange keine Zweifel an seiner Vertretungsmacht bestehen. Allein aus der Aussage der Zeugin S., sie habe ihrem Ehemann keine Generalvollmacht erteilt, ergeben sich derartige Zweifel nicht. Erst recht mussten die Antragsgegner derartige Zweifel nicht hegen, nachdem die Voreigentümerin persönlich auch vorher nicht an Eigentümerversammlungen teilgenommen hatte und deren Ehemann schon mit der Fertigstellung des Bauvorhabens befasst war. Im übrigen bedarf es für die Erfüllung des Umstandsmomentes der Verwirkung nicht einmal der Feststellung eines formell gültigen allstimmigen Beschlusses der Eigentümer zur Genehmigung der Abweichung von der Teilungserklärung. Es genügt, dass sich die Antragsgegner unter den vorgenannten Umständen zu Recht darauf eingerichtet haben, dass der vorhandene Zustand von der Voreigentümerin der Antragstellerin auf Dauer hingenommen würde. Diese Voraussetzung war bereits Ende 1997 erfüllt, so dass sich die Antragstellerin bei dem Erwerb der Eigentumswohnung im Jahre 1999 die bereits zuvor eingetretene Verwirkung des Anspruchs auf Herstellung eines mit der Teilungserklärung übereinstimmenden Zustandes entgegenhalten lassen muss.

b) Der in der Antragsschrift vom 6. Januar 2005 angekündigte Hilfsantrag, den Ablehnungsbeschluss in der Eigentümerversammlung vom 11. Dezember 2004 zu Tagesordnungspunkt 5 für ungültig zu erklären, ist zwar durch die Zurückweisung der Erstbeschwerde auch im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde angefallen, weil der Antrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht gestellt worden ist und die Antragsgegner mit der sofortigen Beschwerde beantragt hatten, den Beschluss des Amtsgerichts Syke vom 17. Oktober 2005 aufzuheben und "die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen." Der Hilfsantrag wahrt auch die Anfechtungsfrist gemäß § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG, weil der Antrag am 6. Januar 2005 bei dem Amtsgericht eingegangen ist. In der Sache ist aber auch dieser Hilfsantrag der Antragstellerin unbegründet, weil die Ablehnung des Antrages der Antragstellerin, einen Beschluss zur Umgestaltung der Terrassen und Gartenflächen nebst Pkw-Einstellplätzen entsprechend der Teilungserklärung vom 21. Mai 1990 auf Kosten der Eigentümergemeinschaft zu fassen, durch die Eigentümerversammlung gültig war. Da der Antragstellerin aus den oben zu 2 a) näher erörterten Gründen kein Anspruch auf eine entsprechende Umgestaltung der Terrassen und Gartenfläche zustand, konnte sie von den Antragsgegnern auch keine entsprechende Beschlussfassung beanspruchen.

3. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Gerichtskosten auf § 47 Satz 1 WEG und folgt dem Grundsatz, dass die unterliegende Partei regelmäßig die Kosten zu tragen hat. Für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten gemäß § 47 Satz 2 WEG bestand wegen der unterschiedlichen rechtlichen Beurteilung gegenüber den Vorinstanzen keine Veranlassung.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes richtet sich nach § 48 Abs. 3 WEG. Bei dem hier vorliegenden Streit über das Sondernutzungsrecht der Antragstellerin kommt es nicht auf die voraussichtlichen Kosten für die Verlegung der Parkplätze von der Sondernutzungsfläche an die nach der Teilungserklärung maßgebliche Stelle und für die Herrichtung der Sondernutzungsfläche der Antragstellerin für eine Nutzung als Terrasse und Garten an, sondern auf den geschätzten Wert des Sondernutzungsrechts, den der Senat in Übereinstimmung mit dem Landgericht auf 5.000 EUR schätzt.

Ende der Entscheidung

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