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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 20.12.2001
Aktenzeichen: 4 W 286/01
Rechtsgebiete: WES, BGB


Vorschriften:

WES § 21 Abs. 2
BGB § 683
BGB § 677
1. Als Notgeschäftsführung im Sinne von § 21 Abs. 2 WES können nur Fälle angesehen werden, in denen es dem Wohnungseigentümer unzumutbar ist, das Tätigwerden des Verwalters oder die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer abzuwarten. Besteht ein gefahrträchtiger Zustand schon längere Zeit und ist er dem Verwalter bereits geraume Zeit bekannt oder haben die Wohnungseigentümer bereits Gespräche darüber geführt, ist die für eine Notgeschäftsführung erforderliche Eilbedürftigkeit regelmäßig nicht gegeben.

2. Ein Anspruch aus dem Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag besteht neben etwaigen Ansprüchen aus einer Notgeschäftsführung und ist demnach nicht ausgeschlossen, soweit eine Notgeschäftsführung nicht vorliegt. Es spricht jedoch eine Vermutung dafür, dass die Wohnungseigentümer in einem Fall, der nicht von der Notgeschäftsführung gedeckt ist, selbst von ihrer Entscheidungsbefugnis Gebrauch machen wollen. Ist die von einem einzelnen Wohnungseigentümer getroffene Maßnahme nicht die einzig in Betracht kommende, entspricht sie im Zweifel nicht dem mutmaßlichen Willen der anderen Wohnungseigentümer.


4 W 286/01

Beschluss

In der Wohnungseigentumssache betreffend die Wohnungs- und Teilungsgemeinschaft #######

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht####### den Richter am Oberlandesgericht ####### und den Richter am Amtsgericht ####### am 20. Dezember 2001 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers vom 23. Oktober 2001 gegen den Beschluss des Landgerichts Hannover vom 16. Oktober 2001 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des weiteren Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner im Verfahren über die weitere Beschwerde.

Der Beschwerdewert wird auf 9.361,80 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft Wohnpark #######. Die Beteiligte zu 3 ist Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage. Der Antragsteller betreibt in der Wohnungseigentumsanlage die Gaststätte '#######'. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Antragsteller gegen die Antragsgegner einen Erstattungsanspruch für von ihm in Auftrag gegebene Arbeiten an dem Entlüftungsschacht des Restaurants hinsichtlich der Montage neuer Abluftrohre durch das Treppenhaus hat.

Das Amtsgericht Hannover hat mit Beschluss vom 29. August 2000 die Antragsgegner für verpflichtet erklärt, dem Antragsteller 9.811,80 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Dezember 1999 zu zahlen (Bl. 51 ff GA).

Mit Beschluss vom 16. Oktober 2001, die Datumsangabe 16. Oktober 1991 ist ein offensichtlicher Schreibfehler, hat die 17. Zivilkammer des Landgerichts Hannover auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner vom 27. September 2000 (Bl. 86 GA) den Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 29. August 2000 unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und die Antragsgegner für verpflichtet erklärt, dem Antragsteller 450 DM zu zahlen. Im Übrigen hat das Landgericht Hannover den Antrag zurückgewiesen (Bl. 181 ff GA). Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 18. Oktober 2001 zugestellt (Bl. 189 GA).

Hiergegen hat der Vertreter des Antragstellers mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2001, eingegangen beim Landgericht Hannover am 30. Oktober 2001, sofortige Beschwerde eingelegt, diese begründet und den Antrag gestellt, den Beschluss des Landgerichts Hannover aufzuheben, die sofortige Beschwerde der Antragsgegner und Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 29. August 2000 zu verwerfen und den Antragsgegnern die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers aufzuerlegen (Bl. 192 ff GA).

Die Antragsgegner haben mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2001 beantragt, die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen und dem Antragsteller die Verfahrenskosten einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner aufzuerlegen (Bl. 202 ff GA).

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 45 Abs. 1 WEG, 27, 29, 22 FGG zulässig. Insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses der Kammer durch den Senat hat jedoch Rechtsfehler zum Nachteil des Antragstellers und Beschwerdeführers nicht ergeben.

1. Gemäß § 27 Abs. 1 FGG ist die weitere sofortige Beschwerde begründet, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht. Dies ist der Fall, wenn eine Rechtsnorm nicht richtig angewendet worden ist (Bumiller/Winkler, FGG, 7. Aufl., Rdnr. 13 zu § 27 FGG). Der Antragsteller macht jedoch in seiner Beschwerdebegründung vom 23. Oktober 2001 (Bl. 192 ff GA), außer dem allgemeinen Hinweis auf Treu und Glauben (Bl. 195 GA), keine Verletzung des Gesetzes geltend. Vielmehr trägt er zur Vorgeschichte der Arbeiten am Entlüftungsschacht neue Tatsachen vor. So behauptet der Antragsteller u.a., im Spätsommer 1998 habe eine Begehung stattgefunden, an der für die Hausverwalterin deren damaliger Mitarbeiter ####### sowie einige Beiräte der Wohnungseigentümergemeinschaft teilgenommen haben. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei den Beteiligten klar gewesen, dass der vorhandene Küchenabluftkanal, auch hinsichtlich der Feuerschutzklappe (Bl. 194 GA) nicht ordnungsgemäß und über eine Abänderung des Zustandes zu befinden sei. Über die Kostentragungspflicht hätten unterschiedliche Vorstellungen bestanden (Bl. 193 GA). Die Bemühungen des Antragstellers im Jahre 1999, den Erfordernissen der Beanstandungen durch das Bauordnungsamt der Landeshauptstadt Hannover Rechnung zu tragen, hätten in der Beauftragung der Firma ####### gemündet. Vorher habe es verschiedene Besprechungen vor Ort gegeben, an welchen neben dem Antragsteller und den Mitarbeitern der Firma ####### auch der Außendienstmitarbeiter des Bauordnungsamtes der Landeshauptstadt Hannover sowie Herr####### beteiligt gewesen seien. In diesen vor Ort geführten Gesprächen sei Einigkeit erzielt worden, dass die anschließend in Auftrag gegebenen Maßnahmen ausreichend seien, um den geforderten Zustand herzustellen. Die Antragsgegner hätten, vertreten durch die Hausverwalterin, jede Kostenbeteiligung abgelehnt und deshalb den Antragsteller gezwungen, die von ihm sodann beauftragten Arbeiten, die auch von der Landeshauptstadt Hannover - Bauordnungsamt - für erforderlich und ausreichend erachtet worden seien, durchzuführen (Bl. 194 GA).

Die Antragsgegner haben bestritten, dass in Gesprächen zwischen dem Antragsteller und der Verwalterin bzw. Gemeinschaft Einigkeit dahingehend erzielt worden sei, dass die anschließend beauftragten Maßnahmen ausreichend seien, um den geforderten Zustand herzustellen. Auch habe die Stadt Hannover den vom Antragsteller vergebenen Arbeiten nicht als ausreichend zugestimmt. Auch weisen die Antragsgegner darauf hin, dass der Antragsteller die Brandschutzklappen, obwohl dies erforderlich gewesen wäre, nicht ausgewechselt hat (Bl. 203 GA).

Das neue Vorbringen des Antragsgegners ist im sofortigen weiteren Beschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen. Gemäß §§ 27 Abs. 2 FGG i. V. m. 561 ZPO hat der Senat nur dasjenige Parteivorbringen zu berücksichtigen, das aus dem Tatbestand des Beschlusses der Kammer oder aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist.

2. Nach dem vom Senat zu berücksichtigenden Parteivorbringen sind Rechtsfehler des angefochtenen Beschlusses nicht zu erkennen. Die Kammer hat zu Recht festgestellt, dass der Antragsteller gegen die Antragsgegner gemäß §§ 16 Abs. 2 i. V. m. 21 Abs. 2 WEG keinen Anspruch auf Zahlung der von ihm begehrten 9.361,80 DM hat.

a) Zwar gehört die Abluftanlage, was die Kammer und das Amtsgericht zutreffend erkannt haben, zum Gemeinschaftseigentum, soweit sie sich außerhalb des vom Antragsteller betriebenen Restaurants befindet. In Teil II. Abschnitt D Ziffer 2 (1) i) der Teilungserklärung vom 20. November 1970 (Bl. 7 ff GA) ist ausdrücklich aufgeführt, dass Entlüftungsrohre oder -anlagen bis zur Abzweigung in die Wohnung zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören (Bl. 9 GA).

Ein Zahlungsanspruch gegen die Antragsgegner kommt jedoch nicht in Betracht, weil der Antragsteller einen Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung nach § 23 Abs. 1 WEG über die von ihm vorgenommenen Arbeiten am Gemeinschaftseigentum nicht herbeigeführt hat.

Nur der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass hieran auch der neue - bestrittene - Vortrag des Antragstellers, seine Richtigkeit als wahr unterstellt, nichts ändert. Auch danach hat der Antragsteller einen Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung nicht herbeigeführt. Ein Zahlungsanspruch würde sich auch nicht unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben ergeben. Es wäre vielmehr vom Antragsteller zu erwarten gewesen, dass er das alle Wohnungseigentümer betreffende Problem der Brandgefahr, welche durch die von ihm betriebene Entlüftung ausgeht, in einer Wohnungseigentümerversammlung thematisiert und Änderungsarbeiten zur Beschlussfassung stellt.

Ohne einen solchen Beschluss kann, was im folgenden erörtert wird, ein Anspruch sich nur aus einer Notgeschäftsführung oder aus dem Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag ergeben.

b) Die Kammer hat zu Recht das Vorliegen einer Notgeschäftsführung nach § 21 Abs. 2 WEG verneint. Gemäß § 21 Abs. 2 WEG ist jeder Wohnungseigentümer berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens notwendig sind.

Zwar ist dem Antragsteller vom Ansatz her Recht zu geben, dass eine erhöhte Brandgefahr vorlag. Als Notgeschäftsführung im Sinne von § 21 Abs. 2 WEG können jedoch nur Fälle angesehen werden, in denen es dem Wohnungseigentümer unzumutbar ist, das Tätigwerden des Verwalters oder die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer abzuwarten. Besteht ein gefahrträchtiger Zustand schon längere Zeit und ist er dem Verwalter bereits geraume Zeit bekannt oder haben die Wohnungseigentümer bereits Gespräche darüber geführt, ist die für eine Notgeschäftsführung erforderliche Eilbedürftigkeit regelmäßig nicht gegeben (BayObLG München, Beschluss vom 28. August 2001, Az. 2 Z BR 50/01, zitiert nach juris-Rechtsprechung; BayObLG, Beschluss vom 11. Juni 2001, Az. 2 Z BR 128/00, zitiert nach juris-Rechtsprechung).

Der Antragsteller kann nicht trotz der Aufforderung durch das Bauordnungsamt de Landeshauptstadt Hannover vom 19. Januar 1999 zum einen mit dem Beginn der Arbeiten ca. neun Monate warten und sich dann, nachdem er trotz des Zeitablaufs einen Beschluss der Eigentümerversammlung nicht angestrebt und herbeigeführt hat, sich auf eine eilige Notgeschäftsführung berufen. Hiermit setzt sich der Antragsteller mit seinem eigenen Verhalten in Widerspruch.

c) Es besteht weiter kein Anspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegner aus dem Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 683, 677 BGB.

Zwar kommt ein diesbezüglicher Anspruch dem Grunde nach in Betracht, weil ein Anspruch aus dem Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag neben etwaig bestehenden Ansprüchen aus einer Notgeschäftsführung besteht und demnach nicht ausgeschlossen ist, soweit eine Notgeschäftsführung nicht vorliegt (OLG Köln WuM 2001, 201). Es spricht jedoch eine Vermutung dafür, dass die Wohnungseigentümer in einem Fall, der nicht von der Notgeschäftsführung gedeckt ist, selbst von ihrer Entscheidungsbefugnis Gebrauch machen wollen. Ist die von einem einzelnen Wohnungseigentümer eigenmächtig getroffene Maßnahme nicht die einzig in Betracht kommende, entspricht sie im Zweifel nicht dem mutmaßlichen Willen der Wohnungseigentümer (BayObLG WE 2000, 271).

Vorliegend hat der Antragsgegner noch nicht einmal bewiesen, dass die von ihm in Auftrag gegebenen Arbeiten geeignet gewesen sind, Brandschutzgesichtspunkten gerecht zu werden. Der Sachverständige ####### hat in seinem Gutachten vom 10. Juli 2001 ausgeführt, die durchgeführten Arbeiten seien nicht geeignet, den baurechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Die noch vorhandenen Brandschutzklappen seien über 20 Jahre alt und hätten keinen Prüfvermerk. Sie seien nicht zu reparieren und müssten durch neue ersetzt werden. Außerdem seien die Brandschutzklappen nicht einbetoniert, so dass neben den Brandschutzklappen keine Abschottungen vorhanden und insoweit wirkungslos seien. Sie seien durch neue Brandschutzklappen mit Prüfzeichen zu ersetzen (Bl. 3 des Gutachtens). Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, er halte auch die jetzige Installation für außerordentlich gefährlich, da bei einem Brand in der Gaststätte in keiner Weise ein Brandschutz vorhanden sei. Die Flammen würden durch die Decken in das Treppenhaus übertragen werden können, da eine Verkleidung der Leichtbauwand im Treppenhaus keinen Brandschutz darstelle. Die Situation sei deswegen gefährlich, weil das Treppenhaus als einziger Fluchtweg aus den Wohnungen im Brandfall nicht mehr zu nutzen sei. Die Reparatur der Brandschutzklappen sei nicht möglich. Es seien neue Brandschutzklappen einzusetzen (Bl. 4 des Gutachtens).

Angesichts der Tatsache, dass die vom Antragsteller in Auftrag gegebenen Arbeiten keinen bauordnungsgemäßen Zustand herbeigeführt haben, hat die Kammer zu Recht angenommen, dass die durchgeführten Arbeiten weder dem wirklichen und noch dem mutmaßlichen Willen der Eigentümergemeinschaft entsprachen.

III.

Da die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegenüber dem früheren Vorbringen keine nennenswerten weiteren rechtlichen Gesichtspunkte aufzeigt und Rechtsfehler in dem angefochtenen Beschluss der Kammer nicht vorliegen, erscheint es angemessen, nach § 47 Satz 2 WEG zu bestimmen, dass die außergerichtlichen Kosten des sofortigen weiteren Beschwerdeverfahrens der Antragsgegner durch den Antragsteller zu erstatten sind.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes orientiert sich daran, dass der Antragsteller den Beschluss der Kammer in Höhe des festgesetzten Beschwerdewertes angreift.

Ende der Entscheidung

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