Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 01.02.2000
Aktenzeichen: 4 W 348/99
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 302 Abs. 4
ZPO § 592 S. 2
ZPO § 600 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 4
Durch eine Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus einer Grundschuld im Wege des Urkundenprozesses werden die Rechte des Grundstückseigentümers nicht in sittenwidriger Weise verkürzt.
4 W 348/99

Beschluss

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die Beschwerde der Beklagten vom 15. November 1999 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg vom 1. November 1999 durch den Vorsitzenden Richter ####### sowie die Richter ####### und ####### am 1. Februar 2000 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Beklagten wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Beschwerde der Beklagten ist unbegründet.

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zutreffend die Voraussetzungen des § 114 ZPO nicht feststellen können. Danach kann einer Partei nur dann Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, die Klägerin habe mit im Urkundenverfahren zulässigen Beweismitteln den Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück der Beklagten, eingetragen im Grundbuch von ############## Bl. 836 dargelegt und bewiesen, da sie den Grundschuldbrief im Original, die Bestellungsurkunde vom 16. September 1976 im Original, Kopien des Grundbuchauszuges sowie die Kündigungsschreiben gerichtet an die Beklagte und die Darlehensschuldnerin vom 5. Oktober 1999 und 28. September 1999 vorgelegt habe.

Was die Beklagte gegen diese ihr Prozesskostenhilfe versagende Entscheidung des Landgerichts vorbringt, überzeugt nicht.

1. Die Möglichkeit, die Duldung der Zwangsvollstreckung im Wege des Urkundsprozesses durchzusetzen, ist gesetzlich vorgesehen, wie sich aus § 592 Satz 2 ZPO ergibt. Danach gilt als Anspruch, welcher die Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstand hat, auch der Anspruch aus einer Hypothek, einer Grundschuld, einer Rentenschuld oder einer Schiffshypothek.

Durch eine Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus einer Grundschuld gerade im Wege des Urkundenprozesses werden die Rechte des Grundstückseigentümers nicht in sittenwidriger Weise verkürzt. Das Gesetz sieht diese Möglichkeit einer Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung im Wege des Urkundenprozesses ausdrücklich vor. Zweck des Urkundsprozesses ist es aber gerade, dem Kläger zu ermöglichen, schneller als im ordentlichen Verfahren zu einem vollstreckbaren Titel zu gelangen, den er darüber hinaus ohne Sicherheitsleistung (§ 708 Nr. 4 ZPO), jedoch mit dem Risiko einer Schadensersatzpflicht (§ 600 Abs. 2 i. V. mit § 302 Abs. 4 Satz 3 ZPO), vollstrecken darf. Diese Beschleunigung wird durch Ausschluss der Widerklage sowie vor allem durch die Beschränkung der Beweismittel auf präsente Urkunden und Parteivernehmung erreicht. Kehrseite dieser Beschränkung ist, dass das Ergebnis des Verfahrens nicht endgültig ist und durch ein im ordentlichen Prozess zu verhandelndes Nachverfahren umgestoßen werden kann. Doch ändert dies nichts daran, dass zunächst ein vollstreckbarer Titel unter Verkürzung des rechtlichen Gehörs des jeweiligen Beklagten ergehen kann.

2. Unzutreffend ist die Ansicht der Beklagten, die Klägerin habe durch Urkunden nicht die Fälligkeit der Sicherungsgrundschuld und der ihr zugrunde liegenden Darlehen nachgewiesen. Die Klägerin hat die Kündigungsschreiben vom 28. September 1999 und 5. Oktober 1999 vorgelegt. Aus dem Schreiben vom 28. September 1999 ergibt sich, dass die Darlehensnehmerin, die Tochter der Beklagten, trotz mehrerer Aufforderungen die rückständigen Zins- und Tilgungsraten nicht gezahlt hat, sodass die Allgemeinen Darlehensbedingungen der Klägerin eingehalten sind, wonach wegen Zahlungsverzuges bei Darlehen für gewerbliche Zwecke eine Kündigung zulässig ist, wenn der Darlehensnehmer mit der Zahlung von fälligen Leistungen länger als 14 Tage in Verzug ist und auch nach Nachfristsetzung durch die Bank von mindestens weiteren 14 Tagen nicht zahlt. Soweit die Beklagte sich mit dem Argument verteidigt, die Kündigung sei nicht wirksam, ist sie mit dieser Einwendung gemäß § 598 ZPO ausgeschlossen, da sich diese Einwendung nicht durch Urkunden belegen lässt. Unzutreffend ist die Ansicht der Beklagten, die von der Klägerin erst nach Rechtshängigkeit der Klage ausgesprochenen Kündigungen reichten nicht aus, den Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung durch eine Klage im Wege des Urkundenprozesses geltend zu machen. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtslage ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Das Landgericht hat bislang nicht verhandelt, sodass die erst nach Rechtshängigkeit der Klage ausgesprochenen Kündigungen ausreichend sind. Hierdurch werden auch nicht die Rechte der Beklagten i. S. des § 93 ZPO verkürzt. Denn der Anspruch der Klägerin ist erst im Laufe des Rechtsstreits fällig geworden, sodass die nächstfolgende mündliche Verhandlung als maßgeblicher Zeitpunkt i. S. des § 93 ZPO anzusehen ist (Zöller-Herget, ZPO, 21. Aufl., § 93 Rdn. 4).

3. Unrichtig ist das Argument der Beklagten, der Klägerin werde die Möglichkeit eröffnet, ein vorläufig vollstreckbares Vorbehaltsurteil zu erlangen, obwohl eine wirksame Kündigung nicht vorliege, sodass die hier fehlende Unterwerfungsklausel durch das Urkundsverfahren beseitigt werde. Unzutreffend ist bereits der Ausgangspunkt der Beklagten, eine wirksame Kündigung sei nicht durch Urkunden nachgewiesen. Auch das weitere Argument ist unzutreffend, durch die Zulassung des Urkundsverfahrens bei einer Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung komme es auf die Unterscheidung einer Grundschuldbetellung mit Unterwerfungsklausel und einer Bestellung ohne Unterwerfungsklausel nicht mehr an. Im Fall der Grundschuldbestellung mit Unterwerfungsklausel, bei der es sich um eine vollstreckbare Urkunde i. S. des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO handelt, benötigt der Gläubiger keinen weiteren Titel, um seine Forderung aus der Grundschuld gemäß § 1147 BGB zu befriedigen. Anders liegt es im Fall der Grundschuldbestellung ohne Unterwerfungsklausel. Hier benötigt der Grundschuldgläubiger für die Befriedigung aus der Grundschuld gemäß § 1147 BGB einen vollstreckbaren Duldungstitel.

4. Zutreffend ist das Argument der Beklagten, bei der Sicherungsgrundschuld könne der Grundstückseigentümer aufgrund des Sicherungsvertrages die dem Schuldner zustehenden Einreden gegen die Forderung auch gegenüber der Grundschuld geltend machen. Ist die gesicherte Forderung einredebehaftet und deshalb noch nicht oder nicht mehr durchsetzbar oder kann der Darlehensschuldner seiner Leistungspflicht durch Ausübung eines Gestaltungsrechtes entgehen, so kann der Grundstückseigentümer dem Anspruch aus §§ 1147, 1192 BGB die Einrede des mangelnden Sicherungsfalles entgegensetzen. Hierbei handelt es sich jedoch um Einwendungen, die ausschließlich den Nachverfahren vorbehalten sind, da die Beklagte diese Einwendung nicht mit einem im Urkundsprozess zulässigen Beweismittel belegt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück