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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 06.05.2004
Aktenzeichen: 4 W 79/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 494 Abs. 2 Satz 1
Im selbständigen Beweisverfahren ist eine Entscheidung nach § 494 Abs. 2 ZPO, dem Antragsteller antragsgemäß die dem Gegner entstandenen Kosten aufzuerlegen, nicht zulässig, wenn der Antragsteller zwar die Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage versäumt, jedoch vor der Entscheidung über den Kostenantrag die Klageerhebung nachweist (a.A. OLG Frankfurt NJWRR 2001, 862).
4 W 79/04

Beschluss

In dem selbständigen Beweisverfahren

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### sowie die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### am 6. Mai 2004 nach Anhörung des Antragsgegners beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 27. April 2004 wird der am 19. April 2004 zugestellte Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 14. April 2004 aufgehoben und der Antrag des Antragsgegners zurück gewiesen, dem Antragsteller die dem Antragsgegner entstandenen Kosten aufzuerlegen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Beschwerdewert: 992 EUR

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

Die gemäß §§ 494a Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache Erfolg.

Das Landgericht war am 14. April 2004 nicht mehr befugt, dem Antragsteller auf Antrag des Antragsgegners die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens gemäß § 494 Abs. 2 Satz 1 ZPO aufzuerlegen, nachdem der Antragsteller dem Landgericht nachgewiesen hatte, dass er bereits zuvor am 25. März 2004 Hauptsacheklage bei dem zuständigen Amtsgericht ####### eingereicht hatte und dass die Klage dem Antragsgegner am 13. April 2004, also demnächst im Sinne von § 167 ZPO, zugestellt worden ist. Zwar ist nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 494 Abs. 2 Satz 1 ZPO Voraussetzung für die Kostenentscheidung allein die Nichterfüllung der Anordnung des Gerichts gemäß § 494 Abs. 1 ZPO zur Erhebung der Hauptsacheklage innerhalb der gesetzten Frist, die im vorliegenden Fall bereits einen Tag vor Klageinreichung, nämlich am 24. März 2004, verstrichen war.

Der Senat folgt jedoch der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. OLG Celle - 22. Zivilsenat - OLGR Celle 1996, 23, 24; OLG Düsseldorf NJWRR 1998, 359; 2002, 427; Zöller-Herget, ZPO, 24. Aufl. § 494a Rn 4; MünchKomm/Schreiber, ZPO, 2. Aufl., § 494a Rn 4; aA OLG Frankfurt NJWRR 2001, 862) dass eine Kostenentscheidung nach § 494 a Abs. 2 ZPO abzulehnen isst, wenn die Hauptsacheklage zwar nicht in der Frist des § 494 Abs. 1 ZPO, jedoch noch vor einer Kostenentscheidung nach § 494 Abs. 2 ZPO erhoben wird. Das Gesetz gibt dem Antragsgegner im selbständigen Beweisverfahren das Recht, dem Antragsteller eine Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage zu setzen, weil grundsätzlich nur die Kostengrundentscheidung des Hauptprozesses dem Antragsgegner im selbständigen Beweisverfahren die Handhabe gibt, einen Vollstreckungstitel auch für die eigenen Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu erlangen. Die ohne Rücksicht auf die materielle Rechtslage ergehende isolierte Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren gemäß § 494 Abs. 2 ZPO knüpft zwar an die Versäumung der Frist zur Klageerhebung an, rechtfertigt sich aber nur aus der Erwägung, dass regelmäßig der fruchtlose Fristablauf die Annahme begründet, dass der Antragstellers endgültig von einer Klageerhebung absieht, weil er sich davon keine für ihn günstige Kostenentscheidung verspricht, wodurch er sich freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begibt. Wird aber, wie im vorliegenden Fall, vor dem Eingang des Antrages des Antragsgegners nach § 494 Abs. 2 ZPO, oder in dem anschließenden Verfahren über den Antrag auf Erlass einer Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren die Einreichung und Erhebung der Hauptssacheklage nachgewiesen, besteht kein Bedürfnis mehr für eine isolierte Kostenentscheidung, weil der Antragsteller die Voraussetzungen für eine streitige Kostengrundentscheidung geschaffen hat. Für dieses Ergebnis spricht auch der in § 231 Abs. 2 ZPO zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke. Danach kann in den Fällen, in denen das Gesetz an die Versäumung einer Prozesshandlung Nachteile knüpft, die von einem Antrag abhängig sind, die versäumte Prozesshandlung nachgeholt werden kann, solange der Antrag nicht gestellt und die mündliche Verhandlung über ihn nicht geschlossen ist. Dabei tritt die Beendigung des Anhörungsverfahrens an die Stelle einer nicht notwendigen mündlichen Verhandlung. Für den hinsichtlich der Anknüpfung von Rechtsnachteilen an die Versäumung einer Frist zur Klageerhebung vergleichbaren Fall der Aufhebung des Arrestes nach fruchtlosem Ablauf der Frist zur Klageerhebung auf Antrag des Antragsgegners gemäß § 926 Abs. 2 ZPO ist allgemein anerkannt, dass die Erhebung Hauptsacheklage bis zur Entscheidung über den Aufhebungsantrag nachgeholt werden kann, wodurch die Fristversäumung als geheilt gilt (vgl. Zöller-Vollkommer a.a.O. § 926 Rn. 33 m. w. N.). Die Erwägung des Landgerichts, dass unter Zugrundelegung der herrschenden Meinung die Arbeitsgeschwindigkeit des Gerichts darüber entscheide, ob der Antrag noch begründet sei, überzeugt nicht, weil das Gericht ohnehin gehalten ist, vor seiner Entscheidung dem Antragsteller rechtliches Gehör zu dem Antrag nach § 494 Abs. 2 ZPO zu gewähren. Danach war das Landgericht im vorliegenden Fall zu einer Entscheidung vor dem 14. April 2004 ohnehin nicht befugt. Zu diesem Zeitpunkt lag der Nachweis über die Erhebung der Hauptsacheklage jedoch schon vor. Ob im Falle der Rücknahme der Hauptsacheklage eine Kostenentscheidung analog § 494 Abs. 2 ZPO möglich ist, braucht der Senat für den vorliegenden Fall nicht zu entscheiden. Immerhin hat die Klagrücknahme zur Folge, dass der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen ist (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO), so dass es nicht fern liegt, den Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens so zu behandeln, als hätte er die Hauptsacheklage nicht erhoben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Wertfestsetzung orientiert sich an den Kosten des Antragsgegners im selbständigen Beweisverfahren, auf die allein sich die angefochtene Entscheidung bezieht.

Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 ZPO im Interesse der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung mit Rücksicht auf die abweichende Auffassung des OLG ####### (vgl. NJWRR 2001, 862 f.) zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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