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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 26.04.2005
Aktenzeichen: 4 W 87/05
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 47 Satz 2
In Wohnungseigentumssachen ist auch nach einer Rechtsmittelrücknahme für die außergerichtlichen Kosten allein die Spezialvorschrift des § 47 Satz 2 WEG anwendbar, die in jedem Fall eine Abwägung nach billigem Ermessen verlangt; dabei kommt die Anordnung der Kostenerstattung nur als Ausnahme von der Regel in Betracht.
4 W 87/05

Beschluss

In der Wohnungseigentumssache

betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### sowie die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### am 26. April 2005 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner vom 19. April 2005 gegen die unterbliebene Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten in dem am 5. April 2005 zugestellten Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 30. März 2005 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegner tragen die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: 578,61 EUR

Gründe:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen die in dem Beschluss des Landgerichts vom 30. März 2005 getroffene Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Erstbeschwerdeverfahrens ist gemäß §§ 45 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 2, 20 a Abs. 2, 22 Abs. 1, 28 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 4 FGG zulässig. Das Rechtsmittel ist insbesondere innerhalb der Notfrist von zwei Wochen seit Zustellung der angefochtenen Entscheidung durch Einreichung einer anwaltlichen Beschwerdeschrift bei dem Landgericht eingereicht worden.

In dem vorliegenden Fall einer isolierten Anfechtung der nach Rücknahme der Erstbeschwerde ergangenen Kostenentscheidung des Landgerichts ist das Rechtsmittel zulässig, wenn auch gegen die Hauptsache ein Rechtsmittel zulässig gewesen wäre und wenn der Betrag der Kosten 100 EUR übersteigt.

Der Beschwerdewert von mehr als 750 EUR gemäß § 45 Abs. 1 WEG wäre im Falle eine Beschwerde in der Hauptsache erreicht worden, weil Gegenstand des Erstbeschwerdeverfahrens zwei von drei Feststellungsanträgen der Antragstellerin sind, die von dem Amtsgericht zutreffend mit insgesamt 3.000 EUR bewertet worden sind. Mangels abweichender tatsächlicher Anhaltspunkte sind die Anträge auf Feststellung, dass die Betonwerksteinplatten der Terrassenbeläge Gemeinschaftseigentum sind und dass durch Schäden und Mängel am Gemeinschaftseigentum verursachte Schäden am Sondereigentum von der Eigentümergemeinschaft zu ersetzen sind, neben dem im Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht nicht weiter verfolgten Antrag auf Feststellung, dass die Beteiligte zu 2 bei der Beauftragung der Fa. F. ihre Pflicht zu wirtschaftlicher Haushaltsführung verletzt hat, mit 2.000 EUR , allemal aber mit mehr als 750 EUR zu bewerten. Die den Antragsgegnern im Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht entstandenen Kosten belaufen sich ausweislich der vorgelegten Kostenrechnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten auf 578,61 EUR.

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Der Senat vermag nicht festzustellen, dass das Landgericht als Beschwerdegericht eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet hat und dass dessen angefochtene Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens gerade auf einer derartigen Verletzung des Rechts i. S. v. §§ 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 FGG, 546 ZPO n. F. beruht.

Der Senat (vgl. auch Beschlüsse vom 20. Oktober 2004 - 4 W 161/04 - und vom 4. April 2005 - 4 W 67/05 ) folgt der herrschenden Auffassung, dass in Wohnungseigentumssachen auf eine Rechtsmittelrücknahme weder § 516 ZPO noch § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG anwendbar sind, sondern allein die Spezialvorschrift des § 47 Satz 2 WEG, die in jedem Fall eine Abwägung nach billigem Ermessen verlangt und uneingeschränkt die Erstattungsanordnung als Ausnahme von der Regel vorschreibt (vgl. KG NZM 1999, 567; WE 1989, 171; Bärmann/Pick/Merle, WEG 9. Aufl., § 47 Rdnr. 44; Weitnauer / Hauger, WEG, 8. Aufl: § 47 Rdnr. 6). Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass eine Abweichung von dem Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine eigenen Kosten trägt (vgl. BGH WM 1984, 1254), vorliegend nicht veranlasst ist. Von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten kann regelmäßig abgesehen werden, wenn, wie im vorliegenden Fall, ein Rechtsmittel aufgrund der vom Gericht vermittelten Einsicht in die Erfolglosigkeit zurückgenommen wird.

Die Antragstellerin hat sich auf Grund der von dem Landgericht im Hinweisbeschluss vom 16. Februar 2005 aufgezeigten Bedenken gegen die Schlüssigkeit der mit der Beschwerde weiter verfolgten beiden Feststellungsanträge zur Rücknahme des Rechtsmittels entschlossen.

Den Antragsgegnern ist zwar zuzugeben, dass die vorgenannten Grundsätze für ein Absehen von der Anordnung der Kostenerstattung nicht gelten, wenn die Erfolglosigkeit des Rechtsmittels offensichtlich ist (vgl. BayObLG ZMR 2004, 355).

Davon ist regelmäßig bei einem wegen Fristversäumnis unzulässigen Rechtsmittel auszugehen (vgl. BayObLG a. a. O.). Nichts anderes gilt für den Fall der fehlenden Statthaftigkeit des Rechtsmittels (vgl. Senat, Beschluss vom 4. April 2005 4 W 67/05 ). Ein vergleichbarer Fall liegt hier entgegen der Auffassung der Antragsgegner nicht vor. Während das Amtsgericht für beide im Erstbeschwerdeverfahren streitbefangenen Feststellungsanträge wegen des Vorranges entsprechender Leistungsanträge ein Feststellungsinteresse verneint und sich inhaltlich mit den Anträgen nicht befasst hat, hat das Landgericht in seinem Hinweisbeschluss vom 16. Februar 2005 seine Bedenken gegen den ersten der weiter verfolgten Feststellungsanträge auf die materiellrechtliche Erwägung gestützt, dass die Betonwerksteinplatten der Terrassenbeläge wegen der Art ihrer Verlegung nicht Teil des Gemeinschaftseigentums, sondern des Sondereigentums seien. Hinsichtlich des weiteren Feststellungsantrages hat das Landgericht zwar im Ergebnis wie das Amtsgericht ein Feststellungsinteresse verneint, jedoch nicht wegen des Vorranges eines Leistungsantrages, sondern wegen der fehlenden Bezugnahme auf einen konkreten Lebenssachverhalt und einen konkreten Schadensfall, also wegen eines unzureichenden tatsächlichen Vorbringens. Der Hinweisbeschluss beruht mithin auf gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren neuen rechtlichen Erwägungen des Gerichts. Allein der Umstand, dass die Rechtslage nicht schwierig gewesen sein mag und dass objektiv keine Erfolgsaussichten für die Erstbeschwerde bestanden, genügt nicht für die Feststellung, dass die Beschwerde, wie im Falle der Unzulässigkeit des Rechtsmittels, so offenkundig aussichtslos war, dass sich die Erfolglosigkeit für die Antragstellerin von vornherein hätte aufdrängen müssen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde beruht auf § 47 Satz 1 WEG und trägt dem Umstand Rechnung, dass der Unterliegende in aller Regel die Gerichtskosten zu tragen hat. Für die Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde gemäß § 47 Satz 2 WEG als Ausnahme von der Regel bestand keine Veranlassung, weil die isolierte Kostenbeschwerde der Antragsgegner ebenfalls nicht offensichtlich aussichtslos war, sondern dem Senat Gelegenheit bot, seine Rechtsprechung zur Erstattung außergerichtlicher Kosten nach Rücknahme des Rechtsmittels weiter zu entwickeln.

Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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