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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 11.12.2003
Aktenzeichen: 6 U 105/03
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 635 a.F. | |
BGB § 254 Abs. 2 | |
BGB § 278 Satz 1 |
2. Ersatzunternehmer des geschädigten Bauherrn handeln nicht in Erfüllung dessen Obliegenheit dem schädigenden Unternehmer gegenüber, den Schaden möglichst gering zu halten, Planer, Leiter und Begutachter der Ersatzvornahme nur, wenn der Bauherr sie gerade dazu einsetzt, eine Ausweitung der Mangelerscheinungen (und ihrer Folgen) zu verhindern.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 11. Dezember 2003
In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 25. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### und die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 10. April 2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 58 % und die Beklagte 42 % einschließlich 42 % der durch die Streithilfen verursachten Kosten. Im Übrigen tragen die Streithelfer diese Kosten selbst. - Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 48,4 % und die Beklagte 51,6 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I
Der Kläger verlangt von der Beklagten Ersatz von Aufwendungen für die Beseitigung von Setzrissen in seinem 1971 erbauten Haus mit Garage.
Im Zuge der Ausführung von Pflasterarbeiten vor der Garage im Auftrage des Klägers im Jahre 1998 entdeckte die Beklagte einen Riss im Garagenfundament. Auf Vorschlag der Beklagten kamen die Parteien überein, die Beklagte solle die östliche Garagenwand unterfangen. Sie legte das Fundament im nordöstlichen Eckbereich frei, brachte dort etwa 9 Tonnen Beton ein und pflasterte die Hoffläche. Ende 1998 zeigten sich ausgeprägte Risse in der linken Garagenwand und in der daran im rechten Winkel anschließenden nördlichen Außenwand des Wohnhauses. Die Beklagte lehnte jegliche Eintrittspflicht für die entstandenen Schäden ab. Der Kläger wandte sich wegen der Schäden zunächst an seinen Streithelfer zu 2, der Architekt ist. Dieser schaltete als Fachunternehmen den Streithelfer zu 1 ein. Schließlich ließ der Kläger Mängelbeseitigungsarbeitern durchführen. Der Streithelfer zu 1 legte abschnittsweise die Fundamente der nördlichen Hauswand, die der östlichen Garagenwand und den Bereich der Garageneinfahrt frei, brachte dort Betonfundamente ein und hob die abgesackten Wände hydraulisch an, so dass die Risse sich großenteils wieder schlossen. Die Vergütung für ihre Leistungen rechnete der Streithelfer zu 1 mit Schlussrechnung vom 10. März 2003 in Höhe von 127.421,10 DM zuzüglich Umsatzsteuer ab. Der Streithelfer zu 2 versah die Rechnung mit dem Prüfvermerk: "fachtechnisch, sachlich und rechnerisch richtig." - Der Aufwand des Klägers für den Streithelfer zu 2 betrug 4.489,10 DM zuzüglich Umsatzsteuer, der für den von ihm beauftragten Sachverständigen ####### 880,00 DM (ohne Umsatzsteuer). Dieser hatte dem Kläger Empfehlungen für die zweckmäßige Art und Weise der Sanierung gegeben.
Der Kläger, der wegen teilweise beruflicher Nutzung seines Hauses als Dipl. Ing. im Elektronikwesen zu 44,57 % zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, hat von der Beklagten 157.579,08 DM (= 80.568,90 EUR) sowie Feststellung der Pflicht der Beklagten zum Ersatz des weiteren Aufwandes für die Betonarbeiten am Garagenfundament verlangt.
Das Landgericht hat der Klage im Zahlungsantrag in Höhe von 35.327,46 EUR nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Es hat nach Beweisaufnahme festgestellt, dass die nordöstliche Garagenecke durch die von der Beklagten eingebrachte Betonplombe mit einem Gewicht von etwa 9 t nach unten gezogen worden sei. Dadurch seien die Schäden an der Garage entstanden. Die östliche Wand der Garage und der Einfahrtbereich hätten mit Betonfundamenten abgefangen werden müssen. Dazu habe die an der östlichen Garagenwand gelegene Kelleraußentreppe abgebrochen und nach den Arbeiten neu errichtet werden müssen. Für die Schäden an der nördlichen Außenwand des Hauses hat das Landgericht eine Ersatzpflicht der Beklagten auf der Grundlage der Begutachtung des von ihm hinzugezogenen Sachverständigen ####### verneint.
Die Aufwendungen des Klägers für den Streithelfer zu 1 in Höhe von 127.427,10 DM netto hat es darum nur teilweise zugesprochen und wie folgt gerechnet:
8 statt 20 lfd. m. Unterfangung, also 2/5 von 91.052,92 DM gemäß Rechnung des Streithelfers zu 1 36.421,17 DM Lohn und Geräte in dieser Rechnung 36.368,18 DM - 12.000 DM Kellerhals = 24.368,18 DM, davon 1/5 9.747,27 DM Kosten Streithelfer zu 2 2.565,20 DM 1.923,90 DM
Abbruch und Neuerrichtung des Kellerhalses 12.000,00 DM MWSt. (Anteil 55,43 %) 5.556,97 DM Kosten ####### 880,00 DM 69.094,51 DM = 35.327,46 EUR.
Es hat ausgeführt, der Kläger könne nicht nur die vom Sachverständigen ####### für erforderlich gehaltenen Kosten ersetzt verlangen, nämlich pro laufende Meter Unterfangung 2.750 DM netto bei einem Zuschlag von 10 bis 12 % wegen Verwendung von Quellbeton und zusätzlicher konstruktiver Maßnahmen sowie 1.400 DM für das Entfernen der Betonplombe und 1.000 DM für Baustelleneinrichtung, sondern den für berechtigt befundenen Anteil aus der Rechnung des Streithelfers zu 1, weil die von diesem ergriffenen Maßnahmen als geboten erscheinen durften. Der Kläger habe die beiden Streithelfer als Fachleute zu Rate gezogen und im Verlaufe der Arbeiten den Sachverständigen ####### und auf deren Einschätzung vertrauen dürfen.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Der Kläger hat seine Berufung vor Verhandlung zurückgenommen. Die Beklagte erstrebt weitere Abweisung der Klage, soweit das Landgericht dem Kläger mehr als 23.878,30 EUR nebst Zinsen zuerkannt hat. Dieser Betrag bleibt übrig, wenn man den Sanierungsaufwand nur mit 2.750 DM netto je lfd. m zuzüglich 11 % zuzüglich 1.400 DM für das Entfernen der Plombe ansetzt.
II
Die Berufung ist unbegründet.
Das angefochtene Urteil lässt keine Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1, § 546 ZPO) zum Nachteil der Beklagten erkennen.
1. Der Schaden, den die Beklagte dem Kläger wegen Nichterfüllung des Werkvertrages über die Stabilisierung des Garagenfundaments aus dem Jahre 1998 (§ 635 BGB a. F.) zu erstatten hat, bemisst sich hier nicht nach den Aufwendungen, die objektiv zur Beseitigung des Schadens erforderlich sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Werkbesteller tatsächlich noch keine Aufwendungen für die Mängelbeseitigung hatte, sondern seinen Nichterfüllungsschaden nach den voraussichtlich entstehenden Aufwendungen für die Mängelbeseitigung beziffert. Einerseits muss auch in diesen Fällen der Besteller in die Lage versetzt werden, mit dem ihm zur Verfügung gestellten Betrag den Mangel ohne Vermögenseinbuße zu beseitigen (BGH, Urt. v. 10. April 2003- VII ZR 251/02, unter II 3). Andererseits besteht die Gefahr einer Bereicherung des Geschädigten. Dem Besteller darf darum nur der Betrag zuerkannt werden, der für die Mängelbeseitigung sicher anfällt (BGH, wie vor, unter II 4). Es handelt sich um eine Art Mindestschaden.
Anders ist die Rechtslage, wenn Aufwendungen für die Beseitigung von Mängeln, die der Bauunternehmer zu verantworten hat, bereits angefallen sind. Dann besteht der Schaden nicht mehr in dem Aufwand, der voraussichtlich entsteht, um das mangelhafte Werk in einem mangelfreien Zustand zu versetzen, sondern in der Einbuße an Geld, die der Bauherr tatsächlich erlitten hat.
2. Nur soweit der Besteller gegen seine Obliegenheit aus § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 3 BGB verstoßen hat, den Schaden möglichst gering zu halten, kommt eine volle Ersatzpflicht des Bauunternehmers nicht zum Tragen.
Ein solcher Verstoß ist im Streitfall nicht ersichtlich. Weder hat der Kläger selbst gegen die vorbezeichnete Obliegenheit verstoßen, noch hat er sich einen Verstoß seiner Streithelfer im Verhältnis zur Beklagten nach § 278 Satz 1 Fall 2, § 254 Abs. 2 Satz 2 BGB zurechnen zu lassen.
a) Nachdem die Mängel sich zeigten, hat der Kläger sie nicht voreilig beseitigen lassen, sondern sich an einen Architekten gewandt, nämlich an den Streithelfer zu 2. Dieser hat seinerseits als Fachunternehmen den Streithelfer zu 1 eingeschaltet. Dass der Kläger den Empfehlungen der von ihm eingeschalteten Fachleute vertraute, begründet kein Mitverschulden des Klägers. Weil er auf die Empfehlung der Streithelfer vertrauen durfte, ist ihm auch nicht vorzuwerfen, dass er nicht auch noch einen Tragwerksplaner befragt hat, wie der Sachverständige ####### angesichts der generellen Schwierigkeit solcher Tiefbauarbeiten, speziell bei Bauwerksgründung in Hanglage für angezeigt gehalten hat. Immerhin hat der Kläger während der laufenden Sanierung den Professor ####### eigens begutachten lassen, was zu tun sei, und dieser hat die durchgeführte Maßnahme befürwortet.
b) Die vom Kläger mit der Mangelbeseitigung und derjenigen der Mangelfolgen beauftragten Personen waren nicht dessen Erfüllungsgehilfen.
aa) Dem Streithelfer zu 1 war von dem Kläger nicht übertragen, an seiner - des Klägers - Stelle die Obliegenheit zu erfüllen, den Schaden möglichst gering zu halten. Personen, welche der Geschädigte mit der Reparatur des Schadens betraut, sind insoweit nicht seine Erfüllungsgehilfen (OLG Düsseldorf VersR 1980, 682; PalandtHeinrichs, BGB, 61. Aufl., § 254 RN 66, 67; Müko/Oetker, BGB, 4. Aufl., § 254 RN 142). Mit der Stellung des Unternehmers, der den Schaden beheben soll, als selbstständiger Gewerbetreibender ist unvereinbar, dass er für den geschädigten Auftraggeber im Interesse des Schädigers so preiswert wie möglich arbeiten soll. Denn als Unternehmer, der dem Geschädigten in selbstständiger, nicht von diesem abhängiger Stellung gegenübertritt, ist er berechtigt, den Preis, mit dem er seinen Lebensunterhalt verdient, nach billigem Ermessen frei zu bestimmen (§ 315 Abs. 1 BGB) und eben nicht möglichst günstig für den Auftraggeber.
bb) Für den Streithelfer zu 2 und den als Sachverständiger vom Kläger hinzugezogenen ####### gilt im Ergebnis dasselbe. Ihre Aufgabe war es nicht, einer Ausweitung des Schadens vorzubeugen - in diesem Falle hätten sie denknotwendig die Obliegenheit, ihn gering zu halten, mitübernommen (vgl. OLG Hamm NJWRR 1993, 917 f.) , sondern nur dem Kläger mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, damit dieser mit Gewissheit eine standsichere Garage zurückerhielt, welche gegen Setzrisse nicht anfälliger war als vor dem Eingriff der Beklagten durch die Hanglage des gesamten Bauwerks ohnehin schon.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, § 101 Abs. 1, § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Die Verschiebung der Kostenquote erster Instanz beruht darauf, dass das Landgericht die Abweisung des Feststellungsantrags nicht einbezogen hat, für welchen der Senat den Wert mit 3.000 EUR festgesetzt hat. - Bei der Kostenentscheidung zweiter Instanz hat der Senat berücksichtigt, dass der Kläger die Berufung zurückgenommen hat, bevor Verhandlungs- und Urteilsgebühren entstanden sind.
Die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor. Dadurch, dass der Bundesgerichtshof in dem Urteil vom 27. März 2003 (VII ZR 443/01) nach durchgeführter Mängelbehebung den Schaden damit begründet hat, dass der Bauherr den getriebenen Aufwand für erforderlich hätte halten dürfen, obwohl der erkennende Senat den Schaden in einem solchen Falle schlicht in dem getriebenen Aufwand sieht, ist die Einheitlichkeit der Rechtsprechung nicht gefährdet. Beide Entscheidungen laufen auf dasselbe Ergebnis hinaus. Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist nicht umgekehrt gesagt, dass für Mängelbeseitigung schon gezahlte Beträge kein Schaden sind, soweit der Bauherr die ergriffenen Maßnahmen nicht hätte für erforderlich halten dürfen.
Ende der Entscheidung
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