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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 25.09.2003
Aktenzeichen: 6 U 140/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 516 Abs. 1
BGB § 242
BGB § 1374 Abs. 2
Ein familienrechtliches Verhältnis eigener Art - und keine Schenkung - kann auch vorliegen, wenn der Stiefvater dem Ehegatten seiner Stieftochter Miteigentum an einem Grundstück zur Bebauung mit dem Wohnhaus für die Familie der Stieftochter überträgt.
6 U 140/03

Beschluss

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die Berufung des Klägers vom 21. Juli 2003 gegen das am 16. Juni 2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Verden durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### sowie die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### am 25. September 2003 beschlossen:

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Berufung zurückzuweisen, und gibt dem Kläger Gelegenheit, binnen zwei Wochen dazu Stellung zu nehmen.

Gründe:

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, und der Senat muss nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung durch Urteil entscheiden (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die angefochtene Entscheidung beruht auf keiner Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1 Fall 1 ZPO).

1. Soweit der Kläger den von ihm erhobenen Anspruch, der Beklagte möge ihm Rückübertragung des hälftigen Miteigentums an dem Grundstück ####### in ####### antragen, auf Schenkungswiderruf wegen schwerer Verfehlung des Beklagten stützt (§ 531 Abs. 2, § 530 Abs. 1 BGB), scheitert er bereits daran, dass Grund für die Übertragung je hälftigen Miteigentums an diesem Grundstück auf die Tochter der Ehefrau des Klägers und den Beklagten, den Ehemann der Tochter, nicht Schenkung war, sondern ein familienrechtliches Rechtsverhältnis eigener Art, das im Gesetz nicht geregelt, in der Rechtsprechung aber seit langem anerkannt ist (vgl. BGHZ 129, 259/264). Die Vereinbarung zu Ziffer II des notariellen Grundstücksübertragungsvertrages vom 21. Oktober 1998 (Anlage K 1 zur Klagschrift - Bl. 8 - 15 d.A.), der Kläger "überträgt unentgeltlich" an seine Stieftochter und den Beklagten zur ideellen Hälfte, ist nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§ 157 BGB) nicht als Schenkung auszulegen, auch wenn die Schenkung gesetzlich so definiert ist (§ 516 Abs. 1 BGB).

a) Eine objektiv unentgeltliche Zuwendung ist Schenkung nur dann, wenn Gebender und Empfänger subjektiv wollten, dass der Empfänger eine ihn einseitig begünstigende und für ihn frei verfügbare Bereicherung seines Vermögens erhalte (BGH a.a.O. S. 263; Urt. d. Sen. v. 27. März 2003 OLGRep. 2003, 210), woran es fehlt. Beide Parteien (Seite 4 u. Klagschrift; Seite 2 Klagerwiderung - Bl. 54 d.A.) haben vorgetragen, der Kläger habe seiner Stieftochter und dem Beklagten die Teilparzelle seines Grundstücks zugewandt, damit sie auf dieser für sich und ihre beiden 1986 und 1987 geborenen Kinder ####### und ####### ein Familienheim bauen und sich "auf Dauer ein sicheres Zuhause" schaffen konnten.

b) Die Annahme eines familienrechtlichen Verhältnisses eigener Art als Schuldgrund der Übertragung des Miteigentums an dem Grundstück auf den Beklagten scheitert nicht daran, dass zwischen dem Kläger und dem Beklagten weder Verwandtschaft noch Schwägerschaft besteht.

aa) Der Senat sieht sich durch die Beurkundung im Tatbestand des angefochtenen Urteils, der Beklagte sei mit der Tochter des Klägers verheiratet, nicht gehindert, seiner Entscheidung den wahren Sachverhalt zugrunde zu legen, dass nämlich der Beklagte mit der Stieftochter des Klägers verheiratet ist. Der Beweis des Tatbestandes für das tatsächliche Vorbringen der Parteien ist in diesem Punkte entkräftet durch das Protokoll der Sitzung vom 5. Mai 2003 (§ 314 Satz 2 ZPO). In diesem ist auf Seite 2 (Bl. 79 d.A.) als wesentlicher Vorgang (§ 160 Abs. 2 ZPO) festgehalten der Vortrag des Klägers, die Ehefrau des Beklagten sei seine - des Klägers - Stieftochter.

bb) Für das Vorliegen eines familienrechtlichen Verhältnisses eigener Art in Fällen wie dem vorliegenden ist, wenn man sich die sachliche Rechtfertigung für diese besondere Rechtsbeziehung in der Rechtsprechung vor Augen führt, nicht entscheidend, ob zwischen dem Geber und den Empfängern Familienbande im Rechtssinne, biologisch oder nur rein tatsächlich - über den Ehepartner, dessen Abkömmling und Ehegatte etwas erhalten sollen - bestehen, sondern vielmehr, ob der Gegenstand der Zuwendung innerhalb einer ehelichen Lebensgemeinschaft Verwendung finden soll. Dann nämlich bestände immer die Gefahr, dass derjenige Ehegatte, welcher dem Geber ferner steht als der andere, wegen der unentgeltlichen Zuwendung des Außenstehenden, Schwieger oder Stiefvaters, doppelt Vermögensnachteile erlitte, der Hauptgrund für die Einführung des familienrechtlichen Verhältnisses eigener Art. Er müsste bei Scheidung der Ehe dem Geber die Zuwendung zurückgewähren und muss unbilligerweise obendrein diese im Rahmen des Zugewinnausgleichs als Vermögenszuwachs gegen sich gelten lassen. Denn die Zuwendung ist, da sie keine Schenkung, sondern eine ehebedingte Zuwendung darstellt, dem Anfangsvermögen nicht nach § 1374 Abs. 2 BGB hinzuzurechnen (s. BGH a.a.O. S. 262 u., 265 u.).

2. Der Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht nach den Regeln über den Fortfall der Geschäftsgrundlage. Dieser setzt voraus, dass die Ehe zwischen der Stieftochter des Klägers und dem Beklagten geschieden ist und der güterrechtliche Ausgleich zwischen beiden anlässlich der Scheidung, der auch im Verhältnis des Klägers zu dem Beklagten dem von jenem erhobenen Anspruch vorgeht, zu einem untragbaren Ergebnis auf Seiten der Stieftochter führt (dazu: Urt. d. Sen. a.a.O. S. 211), was sich nicht feststellen lässt.

Ende der Entscheidung

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