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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 21.11.2002
Aktenzeichen: 6 U 43/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 2184
Früchte seit dem Erbfall stehen nicht nur dem durch Vorausvermächtnis bedachten Miterben zu, sondern auch dem durch Teilungsanordnung bevorzugten Miterben.
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

6 U 43/02

Verkündet am 21. November 2002

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 5. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, und die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 29. Januar 2002 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Verden wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,3-Fachen des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,3-Fachen des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien sind Geschwister und zu gleichen Teilen die gewillkürten Erben ihrer am 17. Juli 2000 verstorbenen Mutter ####### (Bl. 7 ff). Die Erblasserin war Eigentümerin mehrerer bebauter und unbebauter Grundstücke, nämlich # - des Hauses ####### in #######, das sie bewohnte,

- des Hauses ####### in #######, das der Beklagte zu 2 bewohnte

- von Wiesen und Ackerland.

Im September 1992 entwarf der Notar ####### einen Erbvertrag (Bl. 199), nach welchem die Erblasserin von ihren Kindern zu gleichen Teilen beerbt werden sollte. Das Grundstück ####### sollte der Kläger erhalten, das Grundstück in der ####### der Beklagte zu 2. Die Beklagte zu 1 sollte das Wiesen- und Ackerland erhalten. Das sonstige Vermögen sollten die Erben zu gleichen Teilen erhalten (Entwurf Bl. 3 = Bl. 201 d. A.).

Hinsichtlich des gesamten Grundbesitzes sollte jedes Kind wertmäßig 1/3 erhalten. Darum sah der Erbvertragsentwurf eine Wertermittlung der Grundstücke auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Erbvertrages vor, der für alle Parteien verbindlich und die Grundlage für einen Ausgleichsbetrag sein sollte. Spätere Änderungen der Werte, gleich aus welchem Grunde, sollten unberücksichtigt bleiben. Der Kläger wandte gegen diesen Vertragsentwurf mit Schreiben vom 5. November 1992 ein, der Ausgleichsbetrag müsse dynamisiert bzw. der zu erwartenden Steigerung der Lebenshaltungskosten angepasst sein (Bl. 203 f d. A.). Zum Abschluss des Erbvertrags kam es nicht.

Die Grundstückwerte ließ die Erblasserin gleichwohl Anfang 1993 ermitteln. Den Wert des dem Beklagten zu 2 zugedachten Grundstücks ermittelte der Sachverständige mit 235.000 DM (Bl. 12, 24 d. A.), das der Beklagten zu 1 zugedachte Ackerland mit 10.000 DM (Bl. 34, 39 d. A.) und das dem Kläger zugedachte Grundstück mit 145.000 DM (Bl. 9 Mitte d. A.).

Am 23. Juni 1993 errichtete die Erblasserin sodann vor dem Notar ####### ein Testament (Bl. 7 ff). Sie setzte die Parteien zu gleichen Teilen als ihre Erben ein und traf folgende "Teilungsbestimmung", die zusammengefasst besagt:

Vor dem Hintergrund der gutachterlich festgestellten Grundstückswerte (1993) und anderer Faktoren (z. B. Vorempfänge) nahm die Erblasserein bestimmte Zuweisungen von Gegenständen an die Parteien vor. Die Grundstücke verteilte sie ebenso, wie bereits in dem Erbvertragsentwurf vorgesehen. Den Wert der Zuwendung an die Parteien bezifferte sie wie folgt:

Beklagter zu 2: 175.000 DM

Kläger: 145.000 DM

Beklagte zu 1: 120.000 DM

Ferner enthält das Testament folgende Regelung:

"Wenn ich weniger hinterlasse als vorstehend aufgeführt, sollen die drei Kinder eine Ausgleichung untereinander im Verhältnis von 175.000 DM (#######), 155.000 DM (#######) und 120.000 DM (#######) vornehmen.

Wenn ich dagegen mehr hinterlasse, soll das restliche Vermögen gleichmäßig auf die drei Kinder aufgeteilt werden.

Weitere Ausgleichsansprüche der Kinder untereinander schließe ich hiermit aus."

Hinsichtlich der weiteren Regelungen im Testament wird auf die zu den Akten gereichte Ablichtung verwiesen (Bl. 7 ff d. A.).

Jedenfalls ein Teil des der Beklagten zu 1 zugedachten Ackerlandes wurde Bauerwartungsland. Am 18. Dezember 1998 verkaufte die Erblasserin knapp 2.500 qm für 54.758 DM an die Kreissparkasse ####### (Bl. 45).

Am 17. Juli 2000 verstarb die Erblasserin. Am 3. April 2001 setzten die Parteien sich über einen Teil des Nachlasses mit notariell beurkundetem Vertrag auseinander (Bl. 72 ff d.A.). Wie im Testament vorgesehen erhielt der Beklagte zu 2 das Grundstück in der #######, der Kläger das Grundstück in der ####### und die Beklagte zu 1 Weide- und Ackerland zur Größe von 5.678 und 2.489 m² (§ 1 des Vertrages). Bei der Fläche von 2.489 m² handelt es sich um das bereits von der Erblasserin am 18. Dezember 1998 an die Sparkasse ####### für 54.758 DM verkaufte und aufgelassene Bauerwartungsland (Bl. 45, 74).

Ferner einigten die Parteien sich darüber, dass die Beklagte zu 1 auf den Warenbestand von 60.000 DM und die zugedachten 50.000 DM (zusammen 110.000 DM) insgesamt 52.849 DM erhalten habe und die Beklagte zu 1 aus dem Barnachlass vorab weitere 57.151 DM erhalte (Bl. 74).

Nicht verteilt sind verschiedene zum Nachlass gehörende Giro- und Sparkonten bei der Kreissparkasse ####### und der Volksbank #######. Hinsichtlich dieser zum Nachlass gehörenden Forderungen streben der Kläger mit der Klage und die Beklagten mit der Widerklage unterschiedliche Aufteilungen unter sich an.

Die Beklagte zu 1 und 2 meinen, der Beklagten zu 1 ständen aus diesem geldwerten Vermögen vorab 1.351 DM Zinserträge zu, weil ihr die 57.151 DM nicht schon bei dem Erbfall, sondern erst durch die Teilauseinandersetzung vom 3. April 2001 zugefallen seinen. Das ist Gegenstand der Widerklage. Das restliche Guthaben soll den gleichteiligen Erbquoten entsprechend gedrittelt werden (Bl. 62).

Der Kläger will dagegen bei der Verteilung des Restnachlasses eine Gesamtauseinandersetzung unter Einbeziehung der bereits verteilten Grundstücke vornehmen.

Er behauptet, in der Zeit nach Testamentserrichtung bis zum Erbfall habe sich der Wert der den Beklagten zugedachten Grundstücke erhöht. Der Wert des dem Beklagten zu 2 zugedachten Grundstücks sei um 69.696 DM und der des der Beklagten zugefallenen und verkauften Grundstücks um 44.758 DM (Kaufpreis 54.758 abzgl. veranschlagter 10.000 DM) erhöht. Dieser Wertzuwachs von insgesamt 114.454 DM sei zu gleichen Teilen auf die Erben nach einer Erbquote von 1/3 zu verteilen. Hinzu komme das restliche Barvermögen der Erblasserin in Höhe von 91.555 DM. Aus dem Gesamtbetrag von 206.009,00 müsse jede Partei 68.669, 67 DM (berichtigt Bl. 6 d. A.) erhalten.

Der restliche Barnachlass von 91.555 DM müsse darum wie folgt verteilt werden:

- Die Beklagte zu 1) habe demzufolge noch 23.911,67 DM zu bekommen (68.669,67 - 44.758).

- Der Beklagte zu 2) habe 1.026,33 DM zuviel erhalten (68.669,67 - 69.696)

- Er, der Kläger, habe noch 68.669,67 DM zu bekommen

Er behauptet, die Erblasserin habe jenseits der von ihr bewerteten Zuwendungen (175.000 DM/ 155.000/120.000 DM) alle Kinder gleich behandeln wollen. Mit der Bestimmung:

"Wenn ich dagegen mehr hinterlasse, soll das restliche Vermögen gleichmäßig auf die drei Kinder aufgeteilt werden."

habe die Erblasserin eine Ausgleichungspflicht unter den Erben wegen etwaiger Wertzuwächse angeordnet. Mit "mehr hinterlasse" sei nicht nur gemeint, dass die Erblasserin weitere Gegenstände hinterlasse, sondern auch, dass wertmäßig mehr hinterlassen werde, als die Erblasserin bei Errichtung der letztwilligen Verfügung angenommen habe. Jenseits der Wertgrenzen sei gleichmäßig zu verteilen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, einer Teilung des Barvermögens der am 17. Juli 2000 verstorbenen ####### in der Weise zuzustimmen, dass an den Kläger davon 67.644 DM und an die Beklagte zu 1 davon 23.911,00 DM ausgezahlt werden.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben gemeint, der Kläger habe auf die von ihm angestrebte Teilung keinen Anspruch. Der Restnachlass sei vielmehr nach dem Willen der Erblasserin gleichmäßig unter den Prozessparteien aufzuteilen. Vorab habe die Beklagte zu 1 allerdings 1.351 DM zu beanspruchen, weil ihr die 57.151 DM nicht schon bei dem Erbfall, sondern erst mit der Teilauseinandersetzung vom 3. April 2001 zugefallen seien.

Widerklagend haben sie beantragt,

den Kläger zu verurteilen, folgendem Teilungsplan zuzustimmen:

1. Die Kreissparkasse ####### wird angewiesen

a) vom Girokonto Nr. 1898 1.351 DM nebst anteiliger Zinsen ab 6. Juli 2001 auf ein von der Beklagten zu 1 noch anzugebendes Konto zu überweisen

b) und jeweils 1/3 von folgenden Guthaben an die Prozessparteien bei Fälligkeit auf jeweils von diesen anzugebende Konten zu überweisen

- den Restbetrag vom Girokonto Nr. 1898

- den Sparguthaben einschließlich aufgelaufener Zinsen von dem Sparkassenbrief Nr. 40924 und dem Sparkonto Nr. 110071-55,

2. die Volksbank #######, wird angewiesen, jeweils 1/3 des folgenden Guthabens nebst Zinsen an die Prozessparteien bei Fälligkeit auf jeweils von diesen noch bezeichnende Konten zu überweisen

- Konto-Nr. 422 321 98 10

- Konto-Nr. 422 321 98 20

- Konto-Nr. 422 321 98 23

- Konto-Nr. 422 604 77 10

- Konto-Nr. 422 453 97 30

- Konto-Nr. 422 453 97 31

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Er hat behauptet, nur die von ihm mit der Klage begehrte Teilung entspreche dem Willen der Erblasserin.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage antragsgemäß verurteilt. Zur näheren Sachdarstellung wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er hinsichtlich Klage und Widerklage sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt.

Er meint, das Landgericht habe die Erklärungen der Erblasserin im Testament unzutreffend ausgelegt. Dem Testament der Erblasserin sei ihr wirklicher Wille zu entnehmen, ihre Kinder nur bis zu einem gewissen Grade nicht gleich behandeln zu wollen, jenseits dieser Schwelle die Kinder aber gleich behandeln zu wollen. Bei Errichtung des Testaments sei sie davon ausgegangen, dass die Zuwendungen an ihn, den Kläger, einen Wert von 155.000 DM haben würden, die Zuwendungen an die Beklagte zu 1 120.000 DM und die an den Beklagten zu 2 175.000 DM. Da die Grundstücke zum Zeitpunkt des Erbfalls deutlich mehr wert gewesen seien, sei dies bei Verteilung des Restnachlasses auszugleichen. Dem Testament lasse sich entnehmen, dass die Erblasserin genau das durch die folgende Regelung angeordnet habe:

"Wenn ich dagegen mehr hinterlasse, soll das restliche Vermögen gleichmäßig auf die drei Kinder aufgeteilt werden."

Damit sei nicht nur gemeint, dass gegenständlich mehr hinterlassen werde, sondern auch, dass wertmäßig mehr hinterlassen werde.

Jedenfalls hätte die Erblasserin eine solche Ausgleichungspflicht jenseits dieser wertmäßigen Zuwendungen angeordnet, wenn sie bei ihren Überlegungen die nach Errichtung des Testaments eingetretenen Wertsteigerungen bedacht hätte. Darum sei das Testament um diesen Willen ergänzend auszulegen.

Er beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. die Beklagten zu verurteilen, einer Teilung des Barvermögens der am 17. Juli 2000 verstorbenen ####### in der Weise zuzustimmen, dass an den Kläger davon 34.585,83 EUR (67.644 DM) und an die Beklagte zu 1 davon 12.225,50 EUR (= 23.911 DM) ausgezahlt werden,

sowie

2. die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Zur näheren Sachdarstellung des Beklagtenvortrags wird auf die Berufungserwiderung (Bl. 169 ff d. A.) und den Schriftsatz vom 1. Oktober 2002 (Bl. 181 ff d. A.) Bezug genommen.

Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschriften über die Sitzungen vor der Zivilkammer des Landgerichts und dem Senat verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

I.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Es war nicht der wirkliche Wille der Erblasserin (§ 2084 BGB), dass Wertzuwächse der den Erben zugedachten Grundstücke zwischen Testamentserrichtung im Juni 1993 und dem Erbfall bei der Erbteilung ausgeglichen werden sollten.

1. Dies lässt sich weder dem Testament selbst noch diesem im Zusammenhang mit den sonstigen Begleitumständen entnehmen. Die Behauptung, mit der Formulierung "weniger hinterlasse" im drittletzten Absatz von § 3 des Testamentes vom 23. Juni 1993 sei ebenso wie mit derjenigen "mehr hinterlasse" im Absatz danach nicht nur an Gegenständen mehr oder weniger, sondern auch wertmäßig mehr oder weniger bezogen auf den verteilten Grundbesitz gemeint gewesen (Seite 1 des Schriftsatzes vom 4. November 2002 - Bl. 188 d. A.), woran der beurkundende Notar sich - noch heute nach über neun Jahren - erinnern könne, hat keine Substanz. Sie lässt die Erläuterung vermissen, warum der Notar Formulierungen gewählt hat, die dieses Verständnis von "mehr oder weniger hinterlasse" ausschließen. Denn die Anordnung "Weitere Ausgleichsansprüche der Kinder untereinander schließe ich aus" verbietet dieses Verständnis gerade. Sie kann sich angesichts der übrigen Bestimmungen in dem Testament denknotwendig nur auf eben solche Wertzuwächse beziehen. Die Schätzwerte und die Vorempfänge, welche die Erblasserin genannt hat, um die von ihr getroffenen Teilungsanordnungen zu begründen, sind bereits dadurch eindeutig erfasst, dass die Erblasserin ihren drei Kindern ausdrücklich Gegenstände mit unterschiedlichen Werten zugewiesen, sie aber gleichwohl nicht als Erben zu Quoten eingesetzt hat, die sich später aus dem Gesamtwert des Nachlasses zu demjenigen der ihnen jeweils zugewiesenen Gegenstände ergäben, sondern ausdrücklich als Erben zu gleichen Teilen. Daraus folgt zwangsläufig, dass den Kindern, die durch die Teilungsanordnung beim Erbfall wertmäßig mehr erhalten als ein Drittel, dieser Mehrwert vorausvermacht und diejenigen Kinder, die weniger erhalten, mit diesen Vorausvermächtnissen als Schuldner belastet sind. Denn die einzige Ausgleichung, welche die Erblasserin stattfinden lassen wollte, ist für den nicht eingetretenen Fall des Schwundes von Nachlassgegenständen, im drittletzten Absatz des § 3, das Schicksal des Hinzutretens weiterer Nachlassgegenstände im vorletzten Absatz des vorgenannten Paragraphen geregelt. Der im September 1992 gefertigte Erbvertragsentwurf (Bl. 199, 201) unterstreicht dieses noch. Die in ihm vorgesehene Ausgleichung sollte nicht die Wertunterschiede der Grundstücke zum Zeitpunkt des Erbfalls ausgleichen, sondern die Wertunterscheide zum Zeitpunkt der Erklärung der letztwilligen Verfügung. Denn die Höhe etwaiger Ausgleichzahlungen sollte sich nach dem damaligen Wert der Grundstücke richten und nicht nach dem Wert zum Zeitpunkt des Erbfalls. Nach dem Erbvertragsentwurf sollten spätere Änderungen der Werte der Grundstücke, gleich aus welchem Grund, gerade unberücksichtigt bleiben. Daraus folgt, dass die Erblasserin seinerzeit eine wertmäßige Gleichbehandlung ihrer drei Kinder nach den damaligen Werteverhältnissen wollte und sie durchaus gesehen hat, dass eine Veränderung der noch festzustellenden Werte nicht ausgeschlossen war, sie einer solchen Veränderung aber nicht Rechnung tragen wollte.

Dass sich an diesem Willen der Erblasserin bis zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung am 23. Juni 1993 etwas geändert hat, ist nicht ersichtlich.

Der Kläger hat nicht dargetan, dass und wodurch die Erblasserin von diesem Grundgedanken später abgerückt ist.

Zwar hat er selbst Bedenken durch seine Bevollmächtigten gegen den Erbvertragsentwurf mit Schreiben vom 5. November 1992 erhoben (Bl. 203 ff); diese richteten sich aber gerade nicht dagegen, dass auf die Wertverhältnisse zum damaligen Zeitpunkt abgestellt werden sollte. So widersprach er nicht der im Erbvertragsentwurf vorgesehenen Beauftragung des Sachverständigen ####### mit der Wertermittlung der Grundstücke, wovon der Notar ihm mit Schreiben vom 27. Oktober 1992 (Bl. 208) Mitteilung gemacht hatte, sondern äußerte dazu lediglich, er gehe davon aus, dass der Sachverständige ####### öffentlich bestellt und vereidigt sei, und schlug für den Fall, dass es daran fehlen sollte, die Wertermittlung durch den örtlichen Gutachterausschuss vor. Dem Schreiben des Klägers konnten der Notar und die Erblasserin nur entnehmen, dass er mit der Wertfeststellung der Grundstücke einverstanden war, um dann auf dieser Grundlage die Ausgleichszahlungen zu ermitteln. Hinsichtlich der beim Erbfall fälligen, aber schon (jetzt) festzulegenden Ausgleichszahlungen hat er lediglich angeregt, diese sollten besser dynamisiert bzw. den steigenden Lebenshaltungskosten angepasst werden (Bl. 204).

Die Erblasserin nahm dann zwar vom Abschluss des Erbvertrages Abstand, nicht aber von der Wertermittlung der Grundstücke. Auf der Grundlage der durch den Sachverständigen festgestellten Grundstückswerte zum damaligen Zeitpunkt bemühte sich die Erblasserin dann um eine Verteilung der Grundstücke und anderer Vermögenswerte auf ihre drei Kinder. Dass und warum sie dabei - anders als im Entwurf des Erbvertrages - etwaige Wertsteigerungen des Grundstücks bis zum Erbfall berücksichtigt wissen wollte, ist nicht ersichtlich.

Der Senat ist vielmehr davon überzeugt, dass die Erblasserin, wie schon im Entwurf des Erbvertrages vorgesehen, ihre Kinder zwar im Wesentlichen gleich behandeln wollte, aber eben aufgrund der Verhältnisse, wie sie zum Zeitpunkt der Errichtung des Testamentes bestanden, ähnlich wie bei einer zu Lebzeiten vorweggenommenen Erbfolge. Wertsteigerungen, gleich aus welchem Grund, sollten keine Berücksichtigung finden.

Diese Auslegung wird auch gestützt durch die Tatsache, dass die damalige kostenintensive Wertfeststellung entwertet werden würde, wenn es darauf beim Erbfall, der nach dem Klägervortrag erst in 15 bis 20 Jahren eintreten konnte (Bl. 204), letztendlich doch nicht ankommen sollte. Die gewollte und erfolgte geringe Bevorzugung des einen oder anderen Kindes konnte die Erblasserin auch auf einfachere Weise sicherstellen, etwa durch Geldvorausvermächtnisse. Bezüglich des Restnachlasses konnte sie dann die Verteilung der Gegenstände wie geschehen vornehmen bei voller Ausgleichungspflicht. Dann wären die Werte zum Zeitpunkt des Erbfalls maßgeblich gewesen.

Vor diesem Hintergrund kommt die Auslegung des Klägers, wonach zu dem Mehrhinterlassenen nach dem Willen der Erblasserin auch das gehören soll, was zum Zeitpunkt des Erbfalls durch bloße Werterhöhung der verteilten Grundstücke wertmäßig mehr im Nachlass vorhanden ist, als bei Testamentserrichtung, nicht in Betracht.

2. Darüber hinaus sprechen die Bestimmungen im Testament aber auch für sich genommen dafür, dass die Beklagte mit dem Mehrhinterlassenen nur die nicht verteilten Gegenstände gemeint hat. Diese sollten die Kinder gleichmäßig unter sich aufteilen.

Dafür spricht schon, dass die Erblasserin davon ausging, alle Vermögensgegenstände verteilt zu haben. Dies folgt aus der Wendung im Testament: " Wenn ich dagegen weniger hinterlasse als vorstehend aufgeführt....". Das Mehr- und Wenigerhinterlassene bezieht sich auf die vorstehend verteilten Gegenstände. Die Erblasserin schloss nicht aus, dass zum Zeitpunkt des Erbfalls mehr als das bereits verteilte Vermögen vorhanden sein könnte, sofern es nicht noch durch lebzeitige Zuwendungen aus ihrem Vermögen ausscheiden würde. Bezüglich der Beklagten zu 1 hat sich die Erblasserin solche lebzeitigen Zuwendungen ausdrücklich vorbehalten. Dieses Vermögen sollten die Prozessparteien nach dem Willen der Erblasserin gleichmäßig unter sich aufteilen.

Diese Auslegung korrespondiert auch mit dem vom Kläger vorgelegten Erbvertragsentwurf, wonach die Erblasserin zwischen den den einzelnen Erben zugewiesenen Grundstücken und ihrem sonstigen Vermögen unterscheidet. Nach der Zuteilung der Grundstücke heißt es darin:

"Alle Erben erhalten stammweise zu gleichen Teilen das sonstige Vermögen." (Entwurf Bl. 3 = Bl. 204 d. A.).

Daran wird deutlich, dass die Erblasserin zwischen Grundvermögen und sonstigem Vermögen eine strenge Trennung vorgenommen hat, eine gleichmäßige Verteilung ihres Vermögens auf ihre drei Kinder wollte, hinsichtlich der Grundstücke aber eine abschließende Regelung aufgrund der festgestellten Werte beabsichtigte.

Eine Ausgleichung, wie sie der Kläger bei Wertzuwächsen will, sieht das Testament gerade nicht vor, es schließt sie am Ende von § 3 sogar ausdrücklich aus.

3. Eine ergänzende Testamentsauslegung mit dem vom Kläger vorgetragenen Inhalt kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Erblasserin hat Wertveränderungen durchaus gesehen und insbesondere auch Steigerungen der Grundstückswerte nicht ausgeschlossen. Es fehlt damit an einer nicht bedachten Regelungslücke, die allein den Weg zu einer ergänzenden Testamentsauslegung eröffnen würde.

II.

Zu Recht hat das Berufungsgericht der Widerklage stattgegeben.

Die Beklagte zu 1) hat Anspruch auf die tatsächlich gezogenen Zinsen aus dem Betrag, den ihr die Erblasserin zugedacht hat, den sie aber erst mit der Teilauseinandersetzung vom 3. April 2001 (Bl. 72 ff) erhalten hat. Der Anspruch folgt aus § 2184 BGB und dessen entsprechender Anwendung. Rechtlich handelt es sich bei dieser Anordnung der Erblasserin nämlich um eine Teilungsanordnung mit Wertvorausvermächtnis (dazu BGH in BGHR, BGB, § 2048 Vorausvermächtnis 1 und 2). Auf die Teilungsanordnung ist die letztgenannte Vorschrift entsprechend anwendbar. Sachlich besteht kein Unterschied, ob der Anspruch eines Miterben gegen die anderen auf Vermächtnis oder Teilungsanordnung beruht. In beiden Fällen hat der bevorzugte Miterbe einen mit dem Erbfall entstehenden und fälligen Anspruch (§ 271 Abs. 1, § 2776 BGB bei Vermächtnis, § 271 Abs. 1, § 2042 Abs. 1 BGB bei Teilungsanordnung). Es wäre ungerecht, wenn im Falle der Teilungsanordnung den belasteten Miterben die Früchte des von der Teilungsanordnung erfassten Gegenstandes verblieben, solange es ihnen gelänge, die Erfüllung der Teilungsanordnung hinauszuzögern.

III.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die über die Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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