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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 15.07.2002
Aktenzeichen: 7 U 93/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 591b
Verwaltungsverfahren sowie verwaltungsgerichtliche Verfahren über Milchlieferrechte haben keine Auswirkung auf den Beginn der Verjährungsfrist des § 591 b BGB. Weder bewirken sie eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung, noch lassen sie die Verjährungseinrede des Pächters als treuwidrig erscheinen.
7 U 93/02

Beschluss

In der Landwirtschaftssache

pp.

hier: Prozesskostenhilfe

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle - Senat für Landwirtschaftssachen - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### und die Richterin am Oberlandesgericht ####### als Berufsrichter sowie die Landwirtin ####### und den Landwirt #######-####### als ehrenamtliche Richter am 15. Juli 2002 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers vom 26. April 2002 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die beabsichtigte Berufung des Klägers bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Zu Recht hat das Landwirtschaftsgericht die Klage abgewiesen.

1. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten aus positiver Vertragsverletzung des Pachtvertrages wegen Aufgabe der Milchwirtschaft auf der gepachteten Grünlandfläche ist, wie das Landwirtschaftsgericht in seinem Urteil zutreffend ausgeführt hat, verjährt. Gemäß § 591 b BGB verjähren Ersatzansprüche des Verpächters wegen Veränderung und Verschlechterung der verpachteten Sache in sechs Monaten, wobei die Verjährungsfrist mit der Rückgabe der Pachtsache zu laufen beginnt. Die unerlaubte Nutzungsänderung infolge der Aufgabe der Milchwirtschaft auf der Pachtfläche, die dem Beklagten vorzuhalten ist, stellt eine Verschlechterung der Pachtsache dar (vgl. BGH, NJW 1997, 2316, 2317; BGH, AgrarR 2001, 19). Die sonach hier eingreifende kurze Verjährungsfrist des § 591 b BGB, die am 31. März 1998 endete, war mithin bei Einreichung der Schadensersatzklage im Dezember 2000 längst abgelaufen.

Entgegen der Ansicht des Klägers hat es auf den Beginn der Verjährungsfrist keinen Einfluss, dass erst aufgrund des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 21. Dezember 1999 zwischen den Parteien feststand, dass mit der Rückgabe der Pachtsache keine Milchquote auf den Kläger übergegangen war. Bei Beendigung des Pachtverhältnisses geht die Milchquote ohne Zutun der Vertragsparteien bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auf den Verpächter über, ohne dass es der Maßnahme einer Behörde bedarf (BGHZ 114, 277, 282). Da vorliegend auf der Pachtfläche keine Milchquote mehr lag, mithin am 30. September 1997 bei Rückgabe der Fläche keine anteilige Milchreferenzmenge auf den Kläger entfiel, ist der Schadensersatzanspruch des Klägers wegen Nichterfüllung, auf den die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 591 b BGB Anwendung findet, hier bereits mit Beendigung des Vertragsverhältnisses entstanden. Das Verwaltungsverfahren sowie das verwaltungsgerichtliche Verfahren, welche die Frage des Übergangs einer auf der Pachtfläche ruhenden Milchreferenzmenge zum Gegenstand haben, können deshalb keine Auswirkung auf den Beginn der Verjährungsfrist des § 591 b BGB haben. Sie bewirken auch keine Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung (BGH, AgrarR 2001, 19, 20). Vielmehr ist der Verpächter, wenn das Verwaltungsverfahren vor Ablauf der Verjährungsfrist noch nicht abgeschlossen ist, zwecks Verjährungsunterbrechung gehalten, vorsorglich beim Landwirtschaftsgericht eine Feststellungsklage mit dem Antrag zu erheben, dass der Pächter zum Schadensersatz verpflichtet ist, falls dem Verpächter eine Milchquote nicht mehr übertragen werden kann (vgl. auch Düsing/Kauch, Die Zusatzabgabe im Milchsektor, Seite 149 unter b).

Die von dem Beklagten erhobene Verjährungseinrede stellt sich hier nicht als unzulässige Rechtsausübung dar. Als unzulässig wird die Einrede der Verjährung dann angesehen, wenn der Schuldner den Gläubiger durch sein Verhalten von einer rechtzeitigen Klageerhebung abgehalten hat oder der Gläubiger nach objektiven Maßstäben darauf vertrauen durfte, dass sich der Schuldner nicht auf die Verjährungseinrede berufen wird; die Einrede ist ferner missbräuchlich, wenn der Schuldner den Gläubiger durch unredliches Verhalten an einer Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung gehindert hat (vgl. Palandt, BGB, 60. Auflage, Überbl v § 194, Rdnr. 10 m.w.N.). Hierfür bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte. Insbesondere kann ein unredliches Verhalten des Beklagten in Bezug auf die Verjährung nicht festgestellt werden. Allein dadurch, dass der Beklagte sich nach der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bereit erklärt haben soll, Verhandlungen mit dem Kläger aufzunehmen, hat er auch nicht zu verstehen gegeben, dass er sich nicht mit der Verjährungseinrede verteidigen wird. Demzufolge kann entgegen der Auffassung des Klägers in der Äußerung des Beklagten ferner kein Verzicht auf die Einrede der Verjährung gesehen werden. Ein Verzicht durch schlüssiges Verhalten wird ohnehin nur angenommen, wenn der Schuldner von dem Eintritt der Verjährung weiß oder zumindest mit ihr rechnet (vgl. Palandt, aaO, zu § 222 BGB, Rdnr. 5). Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden, zumal der Beklagte erst im Laufe des Rechtsstreits die Verjährungseinrede geltend gemacht hat.

2. Das Landwirtschaftsgericht hat auch zutreffend entschieden, dass dem Kläger kein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB zusteht. Denn dem Beklagten kann eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Klägers nicht vorgeworfen werden.

Die Verletzung einer Vertragspflicht allein ist nicht sittenwidrig; es müssen besondere Umstände hinzukommen, die das Verhalten als sittlich verwerflich erscheinen lassen (Palandt, aaO, zu § 826 BGB, Rdnr. 55). Diese sind vorliegend nicht ersichtlich. Dass der Beklagte die Pachtfläche nicht mehr selbst bewirtschaftete, sondern Dritten zur Nutzung überließ und hierdurch die auf der Fläche ruhende Milchquote zum Wegfall gebracht hat, stellt zwar einen Verstoß gegen den Pachtvertrag dar, macht das Verhalten des Beklagten aber nicht sittenwidrig. Dies gilt um so mehr, als dass bei Pachtbeginn auf der Grünlandfläche keine Milchquote lag und der Beklagte, wie er erstinstanzlich vorgetragen hat, davon ausging, dass er die von ihm erwirtschaftete Milchquote wieder aufgegeben durfte. Soweit der Kläger meint, dass der Beklagte gezielt die Vertragsverletzung begangen hat, um ihn, den Kläger, zu schädigen, ist sein Sachvortrag hierfür nicht ausreichend. Dass der Beklagte im Verwaltungsverfahren mit Bestätigungen Dritter versucht hat, nachzuweisen, dass er auf der Pachtfläche seit 1994 keine Milchwirtschaft mehr betrieb, vermag entgegen der Ansicht des Klägers die Sittenwidrigkeit der Vertragsverletzung nicht zu belegen. Denn der Beklagte hat tatsächlich, wie das Verwaltungsgericht Hannover in seinem Urteil ausgeführt hat, ab 1994 die Nutzung der Grünlandfläche als Futtergrundlage für seine Milchwirtschaft dauernd aufgegeben. Dass er dabei den Zweck verfolgte, den Kläger zu schädigen, kann vorliegend nicht festgestellt werden. Vielmehr spricht gegen eine zweckgerichtete Schädigung des Klägers, dass der Beklagte, wie sich aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover ergibt, nach seinen Angaben das Grundstück aus betriebswirtschaftlichen Gründen aufgegeben hat, weil es etwa 10 km von seiner Hofstelle entfernt liegt und nur eingeschränkt zur Heugewinnung nutzbar ist.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 1 GKG, § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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