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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 21.02.2005
Aktenzeichen: 7 W 85/04 (L)
Rechtsgebiete: HöfeO


Vorschriften:

HöfeO § 2
HöfeO § 17
1. Klauseln in Hofübergabeverträgen, die die Belastung und/oder auch nur teilweise Veräußerung des Hofes von der Zustimmung des Übergebers abhängig machen und den Übernehmer für den Fall der Zuwiderhandlung zur Rückübertragung verpflichten, sind geeignet, den Übernehmer übermäßig in seiner unternehmerischen Freiheit einzuengen, und führen grds. zur Versagung der landwirtschaftsgerichtlichen Genehmigung aus grundstücksverkehrsrechtlichen und aus höferechtlichen Gesichtspunkten.

2. In einem anderen Grundbuch eingetragene und einem anderen Ort belegene Flächen, die von der Hofstelle aus mitbewirtschaftet werden, sind auch dann Hofesbestandteile gemäß § 2 a HöfeO, wenn für sie kein Hofzugehörigkeitsvermerk eingetragen ist.

Werden solche Flächen in einer Größenordnung von 10 ha bei der Übergabe einer insgesamt nur 40 ha großen Hofstelle (Nebenerwerbsbetrieb) zurückgehalten neben einem weiteren 2 ha großen Flurstück und einem Forstinteressentenanteil, liegt keine geschlossene Übergabe einer leistungsfähigen Betriebseinheit vor, so dass die landwirtschaftsgerichtliche Genehmigung zu versagen wäre.


7 W 85/04 (L)

Beschluss

In der Landwirtschaftssache

betreffend den Antrag auf landwirtschaftliche Genehmigung des Hofübergabevertrages vom 1. Februar 2004 über den im Grundbuch von B. Blatt 439 eingetragenen Hof im Sinne der Höfeordnung

hat der 7. Zivilsenat - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht K., den Richter am Oberlandesgericht K. und die Richterin am Oberlandesgericht H. als Berufsrichter sowie die Landwirte H. und B. als ehrenamtliche Richter am 21. Februar 2005 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Neustadt vom 2. Juli 2004 geändert und wie folgt neu gefasst:

Der zwischen dem am 18. November 2004 verstorbenen Landwirt und Landhändler H. D. und dessen Sohn, dem Landwirt und Mechaniker H. D., beide wohnhaft gewesen bzw. wohnhaft B. S. ..., geschlossene Hofübergabevertrag vom 1. Februar 2004 (UR.Nr. .../2004 des Notars M. W. in W.) in der geänderten Fassung vom 16. Januar 2005 (UR.Nr. .../2005 des Notars M. W. in W.) wird landwirtschaftsgerichtlich genehmigt.

Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens erster Instanz und des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: 138.252 EUR.

Gründe:

I. Der - während des Genehmigungsverfahrens in der Beschwerdeinstanz verstorbene - Beteiligte zu 1, ein Landwirt und Landhändler, war mit der Beteiligten zu 3 verheiratet. Aus ihrer Ehe sind mit der Wirtschaftsinformatikerin C. D. und dem Beteiligten zu 2, einem Landwirt und Mechaniker, zwei Kinder hervorgegangen.

Der Beteiligte zu 1 war bis zu seinem Ableben Eigentümer der im Grundbuch von B. Blatt 439 eingetragenen landwirtschaftlichen Besitzung, eines Hofes im Sinne der Höfeordnung, zur Größe von 29,0775 ha (Einheitswert: 34.563 EUR; Wirtschaftswert: 20.410 EUR). Ferner stand in seinem Eigentum die im Grundbuch von D. Blatt 290 eingetragenen landwirtschaftlichen Flächen, die von der Hofstelle in B. aus bewirtschaftet wurden. Außerdem betrieb er einen Landhandel. Am 1. Februar 2004 schlossen die Beteiligten zu 1 und 2 mit Zustimmung der Beteiligten zu 3 und im Beisein ihrer Tochter bzw. Schwester C. D. einen notariellen Vertrag über die Übergabe des Hofes (mit Ausnahme u. a. des 2,0269 ha großen Flurstücks 102/1 der Flur 3 Gemarkung B. und eines Forstinteressenanteils) und die Übertragung des Landhandels an den Beteiligten zu 2. Dieser Vertrag, auf dessen übrigen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 2 - 29 d. A.), enthielt unter Ziffer XII eine Reglungen über eine Rückübertragung des Anwesens.

Die Beteiligten zu 1 und 2 haben die landwirtschaftsgerichtliche Genehmigung dieses Übergabevertrages begehrt. Nach Anhörung der Landwirtschaftskammer H. und der Landwirtschaftsbehörde bei der Region H. hat das Landwirtschaftsgericht ihnen gegenüber wegen der Rückfallsklausel Bedenken an der Genehmigungsfähigkeit des Übergabevertrages geäußert und anheim gestellt, die Bestimmung aus dem Vertrag herauszunehmen. Die Beteiligten haben unter dem 8. Juni 2004 erklären lassen, sie wollten keine Vertragsänderung vornehmen. Daraufhin hat ihnen das Landwirtschaftsgericht durch den Beschluss vom 2. Juli 2004 (Bl. 48 - 51 d. A.), auf den verwiesen wird, die Genehmigung des Übergabevertrages vom 1. Februar 2004 versagt.

Dagegen haben die Beteiligten zu 1 und 2 sofortige Beschwerde eingelegt. Nachdem auch der Senat durch die Berufsrichter (unter Hinweis auf den in AgrarR 1998, 256 abgedruckten Senatsbeschluss vom 17. März 1997) Bedenken an der Genehmigungsfähigkeit wegen der Rückfallklausel geäußert hat, die von der Landwirtschaftskammer H. in der Stellungnahme vom 19. Oktober 2004 geteilt worden sind, haben die Beteiligten zu 1 und 2 am 4. November 2004 einen notariellen Änderungsvertrag geschlossen und darin die beanstandete Rückfallklausel geändert.

Am 18. November 2004 verstarb der Beteiligte zu 1. Er wurde aufgrund des notariellen Testaments vom 23. März 2004 (UR.Nr. .../2004 des Notars M. W. in W.) von der Beteiligten zu 3 allein beerbt.

Am 16. Januar 2005 schlossen die Beteiligten zu 2 und 3 einen notariellen Vertrag (UR.Nr. .../2005 des Notars M. W. in W.), durch den sie zum einen die (unter dem 4. November 2004 geänderte) Reglung unter "XII. Rückübertragung" des Hofübergabevertrages vom 1. Februar 2004 insgesamt und ersatzlos aufhoben, und zum anderen die Bestimmung unter "V. Übergabe des Hofes" Ziffer 3) klarstellend dahin ergänzten, dass auch der im Grundbuch von D. Blatt 290 unter den Nummern 1 und 2 des Bestandsverzeichnisses eingetragene Grundbesitz ausdrücklich mitübertragen werde.

II. Die zulässige - und insbesondere fristgerecht eingelegte - sofortigen Beschwerde ist nunmehr begründet.

Zwar hat ihnen das Landwirtschaftsgericht die Genehmigung des Hofübergabevertrages nach dem damaligen Sachstand aufgrund der vertraglichen Bestimmung unter VII., nach der der Beteiligte zu 2 ohne Zustimmung des Beteiligten zu 1 nicht berechtigt gewesen wäre, den Grundbesitz zu belasten oder - auch nur teilweise - zu veräußern, und für den Fall der Zuwiderhandlung zur Rückübertragung verpflichtet gewesen wäre, zu Recht versagt. Die Klausel hätte dem Beteiligten zu 2 nämlich wirtschaftlich einengen können, weshalb höferechtliche und grundstücksverkehrsrechtliche Versagungsgründe vorgelegen hätten. Das Landwirtschaftsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Beteiligte zu 2 für Investitionen Kredite benötigen könnte, die er auf dem Hof dinglich absichern müsste. Hätte er sich dabei mit dem Beteiligten zu 1 abstimmen müssen, hätte sich das - insbesondere bei Spannungen und in Krisensituationen - ungünstig auf seine unternehmerischen Entscheidungen auswirken können. Möglicherweise hätte die im Grundbuch einzutragende Rückauflassungsvormerkung Kreditgeber sogar davon abgehalten, ihm überhaupt Kredite zu gewähren. Die Rückfallklausel wäre von Nachteil für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Hofes gewesen, weshalb sie - wie bei zu hohen Altenteilslasten - die objektive Wirtschaftsfähigkeit (dazu Wöhrmann, Das Landwirtschaftserbrecht, 8. Auflage, § 6 Rn. 100) beeinträchtigt hätte und sich mit Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur nicht in Einklang bringen ließe (§ 9 Abs. 2 GrdstVG).

Die Beteiligten haben im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens nachgebessert und die wiederholt beanstandete Bestimmung über eine Rückübertragung des Hofes auf den Übergeber durch die notariellen Änderungsverträge vom 4. November 2004 und 16. Januar 2005 aus dem Hofübergabevertrag insgesamt herausgenommen. Damit ist ein Hindernis beseitigt worden, das der landwirtschaftsgerichtlichen Genehmigung entgegengestanden hat. Die Beteiligte zu 3 ist aufgrund des notariellen Testaments vom 23. März 2004 Alleinerbin des während des Beschwerdeverfahrens verstorbenen Beteiligten zu 1 geworden. Dadurch ist sie rechtlich an dessen Stelle getreten und muss den Hofübergabevertrag erfüllen. Als Erbin ist sie befugt gewesen, den vom Erblasser abgeschlossenen Vertrag vom 1. Februar 2004 durch den notariellen Vertrag vom 16. Januar 2005 mit dem Beteiligten zu 2 zu ändern.

Die Beteiligten zu 2 und 3 haben durch die einvernehmliche Aufnahme einer ergänzenden Bestimmung unter Ziffer V. 3) des Hofübergabevertrages vom 1. Februar 2004 ausdrücklich geregelt und klargestellt, dass die im Grundbuch von D. Blatt 290 eingetragen Flächen, die von der Hofstelle aus bewirtschaftet wurden, mitübertragen werden. Dadurch haben sie die im angefochtenen Beschluss ferner angesprochenen und im Schreiben des Vorsitzenden vom 12. November 2004 aufgezeigten Bedenken, es könnte sich um hofzugehörige Flächen (§ 2 Buchst. a HöfeO) handeln, die als mitübertragen gelten würden, was nach dem Willen der Vertragsschließenden aber nicht gewollt gewesen sein könnte, ausgeräumt.

Nunmehr kann der Hofübergabevertrag gemäß § 17 HöfeO in Verbindung mit den §§ 3, 9 GrdstVG genehmigt werden. Es bestehen keine Bedenken in persönlicher Hinsicht und auch nicht mehr sachlicher Hinsicht. Der Beteiligte zu 1 ist nach der Auskunft des Beauftragten des Kreislandwirts für die Region H. wirtschaftsfähig im Sinne der Höfeordnung. Die im Vertrag vorgesehenen Altenteilsleistungen sind für den Hof tragbar und gefährden ihn nicht in seinem wirtschaftlichen Bestand. Das gilt vor dem Hintergrund, dass der Hof im Nebenerwerb betrieben wurde und weiter betrieben werden soll, auch, soweit das 2,0269 ha große Flurstück 102/1 und ein Forstinteressenanteil von der Übergabe an den Beteiligten zu 2 ausgenommen werden (vgl. Wöhrmann, a.a.O., § 17 Rn. 26). Abfindungsleistungen sind nicht zu erbringen. Die Schwester des Übernehmers hat im Übergabevertrag auf Erb, Pflichtteils, Pflichtteilsergänzungs- und etwaigen Nachabfindungsansprüche verzichtet. Abgesehen von der Rückfallklausel, die aufgehoben worden ist, hat die Landwirtschaftskammer keine Bedenken gegen die Hofübergabe geäußert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 44 LwVG. Es entspricht der Billigkeit, die Beteiligten mit den Verfahrenskosten zu belasten, was auch für das Beschwerdeverfahren gilt, weil sie nur durch die nachträgliche Vertragsänderung erreicht haben, dass der angefochtene Beschluss zu ändern ist. Der Geschäftswert ist gemäß den §§ 34 Abs. 2 LwVG, 19 Satz 1 Buchst. a HöfeVfO, 19 Abs. 4 KostO festgesetzt worden.

Ende der Entscheidung

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