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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 09.09.2003
Aktenzeichen: 8 W 291/03
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 156 Abs. 3
Der Senat hält daran fest, dass die freiwillige Bezahlung einer notariellen Kostenrechung die Jahresfrist des § 156 Abs. 3 KostO ebenso in Gang setzt wie die Zustellung einer vollstreckbaren Ausfertigung der Kostenberechnung (im Anschluss an Nds. Rpfl. 1972, 219 und DnotZ 1961, 216)
8 W 291/03

Beschluss

In der Notarkostensache

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### sowie die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### auf die weitere Beschwerde der Beschwerdeführer vom 31. Juli 2003 gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 20. Juni 2003 am 9. September 2003 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Beschwerdeführer mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beschwerdewert 21.057,41 EUR (= 41.184,72 DM) beträgt.

Gründe:

Die gem. § 156 Abs. 2 KostO zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet.

Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Beschwerde der Beschwerdeführer vom 16. Januar 2003 gegen die Kostenrechnungen des Beteiligten zu 1) vom 3. Januar 1996 zu den URNr. #######, #######, ####### und ####### unzulässig ist, weil der ursprüngliche Kostenschuldner und Beschwerdeführer ####### die Rechnungen am 19. Januar 1996 vorbehaltlos und freiwillig bezahlt hat.

Grundsätzlich ist die Beschwerde gegen die Kostenberechnung des Notars gem. § 156 Abs. 1 KostO unbefristet möglich. Allerdings bestimmt § 156 Abs. 3 KostO, dass neue Beschwerden nach Ablauf des Kalenderjahres, das auf das Jahr folgt, in dem die vollstreckbare Ausfertigung der Kostenberechnung zugestellt wird, nicht mehr erhoben werden können. Dieser Fall liegt hier zwar unmittelbar nicht vor, weil der Beteiligte zu 1) dem Kostenschuldner lediglich einfache Kostenrechnungen ohne vollstreckbare Ausfertigung übersandt hat. Nach der Rechtsprechung des Senats setzt die freiwillige Zahlung einer Kostenschuld indessen die Frist des § 156 Abs. 3 KostO ebenso in Lauf wie die Zustellung einer vollstreckbaren Ausfertigung der Kostenrechnung (Beschluss vom 13. April 1972 - 8 Wx 13/72 , in: Nds.Rpfl. 1972, 219; Beschluss vom 12. Januar 1961 - 8 Wx 30/60 , in: DNotZ 1961, 216; ebenso: OLG Braunschweig MDR 1976, 411; OLG Frankfurt/M, Rpfleger 1966, 342).

An dieser Rechtsprechung hält der Senat trotz der hieran geübten Kritik (vgl. BayOblG DNotZ 1987, 175; SchlHOLG JurBüro 1983, 1694; OLG Hamm NJW 1980, 237, 239; KG JurBüro 1980, 260; LG Frankfurt/M. JurBüro 1976, 224; Korintenberg, KostO, 15. Aufl., § 156 Rdnr. 16; Hartmann/Albers, Kostengesetze, 32. Aufl., § 156 KostO Rdnr. 19; Rohs/Wedewer, KostO, 2. Aufl., § 156 Rdnr. 14a) auch weiterhin fest. Sinn und Zweck der Ausschlussfrist des § 156 Abs. 3 KostO ist es, eine alsbaldige Beschwerdeeinlegung sicherzustellen und damit hinsichtlich der Kostenberechnung zwischen Notar und Kostenschuldner klare und endgültige Verhältnisse zu schaffen. Kommt die Ausschlussfrist aber bereits nach dem Wortlaut des § 156 Abs. 3 KostO in den Fällen zum tragen, in denen der Kostenschuldner keine Zahlung leistet, sei es wegen Zahlungsunwilligkeit oder Zahlungsunfähigkeit, sei es, weil er meint, begründete Einwendungen gegen die Kostenrechnung des Notars erheben zu können, so muss dies erst recht gelten, wenn der Kostenschuldner einer fristauslösenden Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung der Kostenberechnung zuvorkommt und vorbehaltlos sowie freiwillig eine Zahlung vornimmt. Anderenfalls würde man es einem Notar, der sich vor unbefristeten Einwendungen seiner Schuldner schützen will, ansinnen, sofort und ausnahmslos vollstreckbare Ausfertigungen der Kostenberechnungen zuzustellen.

Ein sachlicher Grund dafür, warum ein Kostenschuldner, der sowohl freiwillig zahlt als auch binnen Jahresfrist keine Einwendungen gegen die Kostenberechnung erhebt, besser gestellt sein soll als ein Kostenschuldner, der durch seine Zahlungsverweigerung zunächst den Eindruck vermittelt, die Kostenschuld - aus welchen Gründen auch immer - nicht anerkennen zu wollen, dann aber ebenfalls innerhalb der Jahresfrist keine Beschwerde erhebt, besteht nicht.

Angesichts dieser Vergleichbarkeit der Sachverhalte ist eine entsprechende Anwendung des § 156 Abs. 3 KostO gerechtfertigt, der auch nicht der an sich zutreffende Umstand entgegensteht, dass es sich bei § 156 Abs. 3 KostO um eine Ausnahmevorschrift handelt. Auch bei einer Ausnahmevorschrift kann indessen eine entsprechende Anwendung in Betracht kommen, wenn sachliche Gründe - wie hier - dies rechtfertigen. Der Kostenschuldner wird hierdurch auch nicht in unzumutbarer Weise in seinen Rechten beschnitten. Zum einen bleiben ihm gem. § 156 Abs. 3 S. 2 KostO Einwendungen erhalten, welche auf Gründen beruhen, die erst nach der Übersendung der Rechnung und der freiwilligen Zahlung entstanden sind. Zum anderen bleibt es einem Kostenschuldner, der die Rechnung eines Notars erhält, unbenommen, diese vor einer Zahlung zunächst auf ihre sachliche Richtigkeit zu überprüfen und sich bei fehlender eigener Sachkunde gegebenenfalls beraten zu lassen. Hat er hier Zweifel an der Berechtigung der Kostenberechnung, so kann er deren Zahlung zunächst verweigern oder bei der Zahlung zumindest einen entsprechenden Vorbehalt anzubringen. Selbst bei freiwilliger Zahlung hat er sodann immer noch ein Jahr Zeit, sich über die Berechtigung der Forderung Gedanken zu machen und dann gegebenenfalls Beschwerde einzulegen. Ein schutzwürdiges Interesse dafür, trotz vorbehaltloser und freiwilliger Zahlung auch dann noch Beschwerde gegen eine Kostenrechnung einzulegen, wenn die möglichen Einwendungen bereits im Zeitpunkt des Erhalts der Rechnung bestanden und die Jahresfrist abgelaufen ist, besteht demgegenüber nicht. Der Rechtsfrieden gebietet es hier vielmehr, in derartigen Fällen in einem überschaubaren Zeitraum eine abschließende Klärung herbeizuführen, um zu vermeiden, dass noch nach Ablauf vieler Jahre - hier lagen zwischen Zahlung und Beschwerde sieben Jahre - bereits abgeschlossene Vorgänge wieder aufgerollt werden.

Dem steht schließlich - wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 13. April 1972 ausgeführt hat - auch die Regelung des § 156 Abs. 6 KostO nicht entgegen. Diese Vorschrift, welche die vorgesetzte Dienstbehörde berechtigt, den Notar in jedem Fall anzuweisen, eine Entscheidung des Landgerichts herbeizuführen und gegebenenfalls weitere Beschwerde einzulegen, betrifft ausschließlich das öffentlichrechtliche Dienstverhältnis zwischen Notar und vorgesetzter Dienstbehörde, während § 156 Abs. 3 KostO das Rechtsverhältnis zwischen Notar und Kostenschuldner regelt. Immerhin eröffnet diese Regelung der vorgesetzten Dienstbehörde - gegebenenfalls auch auf Anregung des Kostenschuldners - die Möglichkeit, eine Überprüfung der Kostenberechnung auch nach freiwilliger Zahlung und Ablauf der Jahresfrist vornehmen lassen zu können.

Die weitere Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 156 Abs. 5 S. 2 i.V.m. § 131 Abs. 1 KostO zurückzuweisen. Der Beschwerdewert sowohl für das Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht als auch für das Verfahren der weiteren Beschwerde beträgt 21.057,41 EUR (= 41.184,72 DM), nämlich die Summe der beiden von den Beschwerdeführern angegriffenen Kostenrechnungen des Notars.

Ende der Entscheidung

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