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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 29.10.2003
Aktenzeichen: 9 U 146/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 839
Zur Verkehrssicherungspflicht einer Gemeinde beim Betrieb einer öffentlichen Badeanstalt (hier: Überlassung eines Tauchringes durch eine Schwimm-Meisterin an Kinder).
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

9 U 146/03

Verkündet am 29. Oktober 2003

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Richter am Oberlandesgericht ###### als Einzelrichter auf die mündliche Verhandlung vom 22. Oktober 2003 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 6. Juni 2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 6.000 EUR.

Gründe:

Die Berufung ist unbegründet; zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

I.

Schadensersatzansprüche stehen der Klägerin gegen die Beklagte nicht zu, da der Schwimm-Meisterin ##### der Beklagten nicht der Vorwurf pflichtwidrigen Handelns zu machen ist, für das die Beklagte einzustehen hätte; übrige Pflichtverletzungen - etwa Organisationsmängel, die das Schwimmbad betreffen, und der Beklagten anzulasten wären - sind von der Klägerin nicht vorgetragen und auch dem Senat sonst nicht ersichtlich.

Die Beklagte - bzw. die für sie handelnde Schwimm-Meisterin ##### - hat die sie treffenden Pflichten zur Abwendung von Gefahren der Besucher des Schwimmbades nicht verletzt. Zwar trifft die Beklagte die vertragliche und deliktische (Garanten)Pflicht dafür zu sorgen, dass keiner der Besucher beim Badebetrieb durch bei Entstehung der Badeeinrichtung entstehende Gefahren zu schaden kommt. Zu diesem Zweck hat die Beklagte die einzelnen Schwimmbecken darauf überwachen zu lassen, ob dort Gefahrensituationen für die Badegäste auftreten, wobei die Anforderungen von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls, wie etwa Größe und Lage des Bades, Anfall der Besucher und hierdurch bedingten Belastungen abhängt ebenso wie vom Einsatz technischer Hilfsmittel. Es kann und muss indes nicht jeder abstrakten Gefahr durch vorbeugende Maßnahmen begegnet werden, da eine Verkehrssicherheit, die jeden Gefährdungsfall ausschließt, nicht erreichbar ist. Vielmehr bedarf es gerade auch im Hinblick auf die Zeitdauer, innerhalb derer ein Eingreifen einer Aufsichtsperson gewährleistet werden muss, stets nur solcher Sicherheitsmaßnahmen, die ein verständiger und umsichtiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schaden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zumutbar sind (BGH NJW 2000, 1946 zu den Anforderungen an die Organisation der Aufsicht im Freibad einer Gemeinde).

1. Vor dem Hintergrund dieser Anforderungen war es nicht pflichtwidrig von der Schwimm-Meisterin #####, der Klägerin und ihrer Schwester sowie deren Freundinnen den Tauchring zu überlassen. Der Senat tritt nicht der Auffassung der Klägerin bei, dass sich allein aus dem Umstand, dass der Tauchring "verwahrt" wird, ergibt, dass es sich dabei um einen gefährlichen Gegenstand handelte. Dies müsste man nur dann annehmen, wenn tatsächlich - wie die Klägerin geltend macht - Kindern von vornherein die Reife und Einsicht fehlte, mit dem Tauchring angemessen umzugehen, etwa weil die Gefahr besteht, dass Kinder - wie die Klägerin ausführen lässt - "über die Strenge schlagen". Wie die Beklagte indes unwidersprochen vorgetragen hat, ist der Tauchring bereits mehrfach an die Klägerin bzw. deren Schwester und ihre Freundinnen herausgegeben worden, wobei sich die Schwimm-Meisterin ##### davon überzeugen konnte, dass die Kinder stets "ordnungsgemäß" mit dem Tauchring umgegangen sind. Die Beklagte brauchte deshalb keinen Anlass zu haben, dass es zu Gefahren bei der Benutzung des Tauchringes kommen würde. Es kommt hinzu, dass sie - wie sie ebenfalls unwidersprochen vorgetragen hat - sämtliche Kinder bereits kannte, da sie ihnen früher das Schwimmen beigebracht hatte. Frau ##### hatte deshalb bestimmte Vorstellungen, welches Verhalten sie von den Kindern erwarten durfte.

Ein Anlass, die Herausgabe des Tauchringes zu verweigern, weil es möglicherweise zu Gefährdungen kommen könnte, hatte Frau ##### nicht.

2. Gerade im Hinblick auf den Umstand, dass Frau ##### einerseits die Kinder kannte und andererseits davon ausgehen durfte, dass diese mit dem Tauchring in ungefährlicher Art und Weise umgehen würden, war auch eine gesonderte Belehrung gegenüber den Kinder am 26. Juni 2002 nicht erforderlich, sodass es dahinstehen kann, ob sie - was die Beklagte behauptet hat - an diesem Tag die Kinder besonders auf die Gefahren hingewiesen und insbesondere die Schwester der Klägerin ##### aufgefordert hatte, auch die anderen Kinder auf diese Gefahren hinzuweisen.

3. Die Schwimm-Meisterin ##### hat auch ihre Pflicht zur angemessenen Beaufsichtigung der Kinder nicht verletzt. Zwar ist der Betreiber eines Schwimmbades gehalten, etwa der Aufsichtsperson einen geeigneten Standort zuzuweisen, von dem aus sie das gesamte Bad überblicken und in die Schwimmbecken haben kann; erforderlichenfalls muss die Aufsicht ihren Standort öfter wechseln, um das Geschehen aus verschiedenen Blickwinkeln verfolgen und nötigenfalls frühzeitig eingreifen zu können. Für den vorliegenden Fall bedeutet das jedoch nicht, dass Frau ##### die Gruppe spielender Kinder unablässig zu beobachten hatte. Es ist im Übrigen unstreitig, dass Frau ##### die Gruppe zunächst beaufsichtigte, dabei jedoch keine Auffälligkeiten feststellte.

Es kommt hinzu, dass der Unfall auch bei einer kontinuierlichen Beaufsichtigung der Gruppe - möglicherweise in unmittelbarer Anwesenheit von Frau ##### - nicht verhindert worden wäre. Dabei bedarf der im Einzelnen zwischen den Parteien streitige Geschehensablauf keiner weiteren Aufklärung. Selbst wenn man den erst in der Berufungsinstanz konkretisierten Vortrag der Klägerin zugrunde legt, dass die Kinder zunächst Tauchübungen durchgeführt hätten, und dass sodann die Schwester der Klägerin ###### den Tauchring der Klägerin zugeworfen habe, dabei habe der Ring den Beckenrand getroffen, sei von dort aus abgeprallt und habe die Klägerin im Gesicht verletzt, wäre dies kaum von Frau ##### zu verhindern gewesen. Die Schwester der Klägerin hatte den Tauchring - wie die Klägerin im Schriftsatz vom 25. März 2003 angegeben hat - gerade nicht vom Beckenrand in das Becken geworfen, sondern den Ring vom Beckenboden geholt und ihn sodann ins Becken selbst zurückgeworfen; dabei hat der Ring den Beckenrand getroffen. Dass bei einem solchen bloßen Zurückwerfen des Rings in das Wasser dieser am Beckenrand abprallen und sodann die plötzlich auftauchende Klägerin treffen würde, war nicht vorhersehbar. Es ist auch nicht ersichtlich, dass Frau ##### Anlass hatte, den Kindern die Benutzung des Tauchrings zu untersagen oder sich in unmittelbarer Nähe der Kinder aufzuhalten - und nötigenfalls einzugreifen , weil diese etwa zuvor den Ring schon unkontrolliert ins Schwimmbecken geworfen hätten.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung orientiert sich an der Höhe der Vorstellungen für das von der Klägerin begehrte Schmerzensgeld (5.000 EUR); mangels besonderer Anhaltspunkte für entsprechend höhere Schäden bewertet der Senat in ständiger Rechtsprechung einen auf Feststellung der Pflicht zum Ersatz zukünftiger materieller und immaterieller Schäden gerichteten Antrag mit jeweils 500 EUR.

Ende der Entscheidung

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