Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 28.06.2000
Aktenzeichen: 9 U 182/99
Rechtsgebiete: BGB, WaffV


Vorschriften:

BGB § 823
BGB § 31
WaffV § 31 Abs. 1
Die Verkerhspflichten eines Betreibers einer Schießanlage in bezug auf bauliche Gestaltung und Erhaltung eines Schießstandes sind wegen der Art der bedrohten Rechtsgüter, der Art des Gefahrenpotentials und mangelnder eigener Schutzmöglichkeiten nicht auf den Stand der Richtlinien im Sinne von § 31 WaffV, Nr. 44 Abs. 2 WaffVwV zu begrenzen, sondern haben aktuelles Gefahrwissen zu berücksichtigen.
9 U 182/99

Verkündet am 28. Juni 2000

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ############## und die Richter am Oberlandesgericht ############## und ############## auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 2000 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 23. Juli 1999 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsrechtszuges.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung wegen der Kosten der Beklagten zu 1 und 2 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 26.000 DM sowie wegen der Kosten der Beklagten zu 3 und 4 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 800 DM abzuwenden, sofern die Beklagten nicht ihrerseits jeweils zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe geleistet haben. Die Sicherheitsleistungen können auch durch eine schriftliche, unbefristete, unwiderrufliche, unbedingte und selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank, öffentlichen Sparkasse oder Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört, erbracht werden.

4. Beschwer: mehr als 60.000 DM.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagten wegen vertraglicher und deliktischer Verkehrspflichtverletzung bei der Einrichtung eines Raumschießsportstandes in Anspruch, nachdem er bei einem Brandunglück schwerste Verletzungen erlitten hat.

Der Kläger war Mitglied der '#######', die regelmäßig entgelt-lich die von dem Beklagten zu 1 im Kellergeschoss des Schüt-zenhauses #######, ####### in Hannover betriebene Schießanlage nutzte. Die Beklagten zu 2 und 3 sind die ersten und zweiten Vorsitzenden des Beklagten zu 1. Der Beklagte zu 4 ist Sport-wart in der Organisation des Beklagten zu 1.

Am 5. Juli 1995 nahm der Kläger mit weiteren acht Mitgliedern der '#######' an Schießsportübungen in den Räumlichkeiten des Beklagten zu 1 teil. Währenddessen kam es im Schießstand im hinteren rechten Bereich, wo Teppichboden seitlich im Wand-bereich vor dort aufbewahrten Zielscheiben aufgehängt war, zunächst zu Rauchentwicklung, dann zu einem Brandausbruch mit einer anschließenden Verpuffung, bei der u. a. der Kläger schwer verletzt wurde; ein Mitglied der ####### verstarb auf Grund des Unfalls.

Der Kläger erlitt Verbrennungen zweiten bis dritten Grades an ca. 36 % der Körperoberfläche und ein Inhalationstrauma zweiten bis dritten Grades. Er kam nach dem Unfall sofort auf die Intensivstation des Oststadtkrankenhauses in ####### und schwebte 15 Tage lang in Lebensgefahr. Er blieb fast zwei Monate im #######krankenhaus, wobei er während der stationären Behandlung insgesamt neunmal operiert wurde und ihm sämtliche Finger amputiert werden mussten. Anschließend kam er für drei Monate in die neurologische Abteilung des Krankenhauses ####### in #######. Dann wurde er in eine Spezialklinik für neurochirurgische Rehabilitation in ####### verlegt, in der er wiederum ca. fünf Monate bleiben musste. Am 11. Januar 1996 wurde seine Ehefrau zu seiner Betreuerin bestellt. Seit dem 18. April 1996 lebt der Kläger in dem Pflegeheim '##############' in ####### bei Vollpflege.

Am 6. Juli 1995 sollte eine Überprüfung des Schießstandes durch die Landeshauptstadt ####### erfolgen, weshalb in der Zeit vom 29. Juni bis zum 4. Juli 1995 eine Vorbereitung des Schießstandes für die behördliche Überprüfung durchgeführt wurde. In diesem Zusammenhang wurde u. a. der später in Brand geratene Teppichboden im hinteren Teil des Schießstandes befestigt.

Die Parteien streiten um die Ursache des Brandes und der Verpuffung. Die Staatsanwaltschaft ####### hat im Zusammenhang mit dem Unglück vom 5. Juli 1995 u. a. gegen den Kläger sowie die Beklagten zu 2 und 3 ein Ermittlungsverfahren - 39 Js 45457/95 - eingeleitet. Das Verfahren wurde am 5. Mai 1997 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Den Antrag des Klägers auf gerichtliche Entscheidung in dem Verfahren gegen die Beklagten zu 2 und 3 hat das OLG Celle mit Beschluss vom 5. August 1998 verworfen.

Der Kläger hat behauptet, der in Brand geratene Teppichboden habe längere Zeit im Bereich der Schützentische gelegen, wo sich Pulverablagerungen gebildet hätten. Nach entsprechender Beanstandung durch die '####### #######' sei dieser Teppich zusammengerollt und im rechten Bereich des Schießstandes gelagert worden. Die Beklagten zu 2 und 4 hätten in der Zeit vom 29. Juni bis 4. Juli 1995 diesen Teppichboden, der zu-nächst unter den Schützentischen gelegen habe und der pulver-behaftet gewesen sei, an der hinteren rechten Seite des Schießstandes angebracht. Nur auf Grund der Anbringung dieses mit Pulverresten behafteten Teppichs habe es zu dem Unglück kommen können. Die Anbringung des Teppichs als Wandvorhang habe jeglichem gesicherten Wissensstand für den Betrieb derartigen Schießanlagen zum Vorfallszeitpunkt widersprochen. Den Beklagten sei die Gefahr bekannt gewesen, weil nach den Auflagen des Deutschen Schützenbundes e. V. vom 20. Februar 1993 Teppiche und Textilien im Bereich der Ablagetische unzulässig seien. Diese auch veröffentlichten Empfehlungen seien von der Polizeidirektion ####### im Jahr 1993 an den Beklagten zu 1 gesandt worden.

Die Pulveranhaftungen an dem in Brand geratenen Teppich hätten nicht durch zweitägigen Gebrauch des Schießstandes entstehen können; sie seien ursächlich für den Brand. Das von dem Kläger und den übrigen Mitgliedern der ####### vorgenom-mene Schießtraining sei auf eine Distanz von 25 Metern er-folgt. Dem Beklagten zu 4 sei vereinsintern die spezielle Sicherheitsüberwachung des Schießstandes übertragen worden.

Der Kläger verlangt die Erstattung von Verdienstausfall, Ausgleich auf seinen ehemaligen Arbeitgeber wegen Lohnfortzahlung übergegangener Zahlungsansprüche, Pflegeheimkosten, Besuchskosten seiner Ehefrau und sonstiger Familienangehöriger, Transportkosten, Kosten für eine Putzhilfe, Kinderbetreuungskosten, Kosten für technische Hilfsmittel, Verdienstausfallrente, Mehraufwandsrente, Schmerzensgeld und eine Schmerzensgeldrente (Einzelheiten GA Bl. 12 bis 24, 188, 189).

Der Kläger hat beantragt,

A. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

1. einen Betrag von 278.960,54 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit Klagzustellung zu zahlen, nämlich an den Kläger als verbliebenen Bruttoverdienstausfall 155.844,91 DM und als verbleibende Mehraufwendungen 92.637,79 DM jeweils mit Zinsen sowie an die Firma #######, Inhaber #######, #######, für erfolgte Lohnfortzahlung brutto 30.477,84 DM nebst Zinsen;

2. an den Kläger ab 1. Januar 1997 zwei angemessene Geldrenten zu zahlen für die Zeit am 1. Januar 1997, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mit einer Zahlungs-weise gemäß § 760 BGB bei sofortiger Fälligkeit der rückständigen Beträge und deren Verzinsung mit 4 % seit Klagzustellung, nämlich

2.1 eine Rente zum Ausgleich der Erwerbsbeeinträchtigungsnachteile lebenslang, längstens jedoch bis zum 4. November 2026, sowie

2.2 eine Rente zum Ausgleich der vermehrten Bedürfnisse auf Lebenszeit;

hilfsweise

zu 2.1 die Rente zum Ausgleich der Erwerbsbeeinträchtigungsnachteile auf 12.500 DM brutto monatlich festzusetzen,

zu 2.2 die Rente zum Ausgleich der vermehrten Bedürfnisse auf 6.000 DM monatlich;

3. an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld und eine angemessene Schmerzensgeldrente zu zahlen, deren Höhe jeweils in das Ermessen des Gerichtes gestellt wird, nämlich

3.1 ein angemessenes Schmerzensgeld für die entsprechenden immateriellen Beeinträchtigungen bis zur Klagzustellung zuzüglich 4 % Zinsen ab diesem Zeitpunkt sowie

3.2 eine angemessene Schmerzensgeldrente für die zu erwartenden entsprechenden immateriellen Beeinträchtigungen ab Klagzustellung,

hierzu hilfsweise ein angemessenes Gesamtschmerzensgeld,

weiter hilfsweise insgesamt eine angemessene Schmerzensgeldrente jeweils für die entsprechenden immateriellen Beeinträchtigungen ab dem 5. Juli 1995;

B. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger jeden materiellen und immateriellen Schaden aus dem Schadensfall vom 5. Juli 1995 zu ersetzen, der gegenwärtig noch nicht hinreichend sicher absehbar ist, sowie - lediglich hilfsweise zu dem Rentenantrag unter Ziffer 2. - alle ab dem 1. Januar 1997 entstandenen zukünftig noch entstehenden materiellen Schäden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise,

ihnen Vollstreckungsschutz zu gewähren.

Sie haben behauptet, der zunächst vor den Schützentischen gelagerte Teppichboden sei längere Zeit vor dem 5. Juli 1995 entfernt und Ende 1993/Anfang 1994 auf eine Nebenstelle der Deponie ####### gebracht worden. Der zur Wandverkleidung be-nutzte Teppich stamme aus dem Privathaushalt des Beklagten zu 4, sei drei Wochen vor dem Unglück in die Schießanlage ge-bracht und mit der Nutzschicht nach innen zusammengerollt an der rechten Seite des Schießstandes gelagert worden. Der Tep-pich sei vor der Aufhängung am 4. Juli 1995 mit einem Spezialstaubsauger gesaugt worden. Der Schießstand sei in der Zeit vom 29. Juni bis 4. Juli 1995 gefegt, feucht gewischt und gereinigt worden. Danach seien keine Geschosshülsen mehr vorhanden gewesen. Nach Beendigung der Reinigungsarbeiten hätten nur die Schützen der ####### den Schießstand benutzt.

Das Unglück sei nur auf drei denkbare Ursachen zurückzuführen, die alle nicht von dem Beklagten zu vertreten seien, nämlich eine ausgeworfene heiße Patronenhülse, glühende Pulverreste aus dem Bereich des Mündungsfeuers bzw. aus dem Verschlussbereich einer Waffe, oder Verwendung von nicht zugelassener Munition und damit verbundener glühender Splitterbildung beim Auftreffen auf die metallenen Haltevorrichtungen hinter dem aufgehängten Teppichboden. Die Schützen der ####### hätten verbotenes 'Kombatschießen' ca. fünf Meter vor den Zielscheiben und in Höhe des Teppichbodens veranstaltet, wofür spreche, dass im Nahbereich von ca. fünf Metern vor den Zielscheiben - unstreitig - insgesamt 174 leere Patronen-hülsen gefunden worden seien. Anderenfalls wäre es nicht zum Brand gekommen; auch das Vorhandensein von Pulverresten gemäß dem im Klageerzwingungsverfahren eingeholten Behördengut-achten vom 19. Juni 1998 sei hierauf zurückzuführen.

Die Beklagten haben die geltend gemachten Ansprüche dem Grun-de und der Höhe nach bestritten. Diese seien weder belegt noch der Höhe nach nachvollziehbar. Ferner haben die Beklagten die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung der Zeugen #######, #######, #######, #######, #######, #######, #######, #######, #######, ####### und des Beklagten zu 3 als Partei sowie nach Beiziehung der Akten der Staatsanwaltschaft Hannover (29 Js 45457/95) als unbegründet abgewiesen, weil ein Anspruch auf Ersatz materieller und immaterieller Schäden weder unter dem Gesichtspunkt positiver Vertragsverletzung noch unerlaubter Handlung gegeben sei.

Eine Haftung des Beklagten zu 4 sei zu verneinen, weil nicht bewiesen sei, dass diesem Beklagten vereinsintern die spezielle Sicherheitsüberwachung des Schießstandes übertragen worden sei. Der als Partei vernommene Beklagte zu 3 habe eine entsprechende Behauptung des Klägers bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht nicht bestätigt. Eine davon abweichende Einlassung in dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (Beiakten V/177) sei nicht als Bestätigung der klägerischen Behauptung zu verstehen.

Für Verkehrssicherungspflichtverletzungen der Beklagten zu 2 und 3 als verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten zu 1 sei dieser zwar gemäß § 31 BGB eine Verkehrssicherungspflichtverletzung zuzurechnen, jedoch sei eine Verletzung mietvertraglicher Pflichten nicht festzustellen. Das Aufhängen von Teppichboden auf der rechten und der linken Seite im Bereich der Schießscheiben sei nicht als Pflichtverletzung zu werten, da es im Zeitpunkt des Unglücksfalles keine verbindlichen Richtlinien gegeben habe, eine derartige Aufhängung in gehöriger Entfernung von den Schießtischen zu unterlassen. Sicherheitstechnische Anforderungen seien den 'Richtlinien für die Einrichtung und die Abnahme von Schießstandanlagen für sportliches und jagdliches Schießen', die vom Deutschen Schützenbund e. V. herausgegeben seien, zu entnehmen. Im Zeitpunkt des Unfalles sei nach der Fassung der Nr. 5.1 Abs. 4 der Richtlinien (Beiakten Bl. III/288 und IV/415) die Verwendung von Teppichboden in teilgedeckten oder geschlossenen Schießständen nicht verboten gewesen. Dabei habe es sich um verbindliche Richtlinien i. S. d. § 44 Abs. 2 WaffVwV gehandelt. Die Einhaltung der verbindlichen Richtlinien indiziere ein pflichtgemäßes Verhalten. Dem stehe nicht entgegen, dass eine Sachverständigengruppe des Deutschen Schützenbundes bereits am 20. Februar 1993 Auflagen beschlossen habe, nach deren Nr. 6 die Verwendung von Teppichboden und Textilien im Bereich der Schießbahn und der Brüstung (Ablagetische) unzulässig seien (Beiakten III/296 und 309). Derartige Auflagen stellten ihrerseits keine Richtlinie i. S. v. § 37 1. WaffV, Nr. 44 Abs. 2 WaffVwV dar, es habe sich nur um Ratschläge zur Steigerung der Sicherheit gehandelt, nicht aber um Umschreibungen des einzuhaltenden Mindeststandards. Schließlich sei der Auflage auch nicht zu entnehmen, dass Teppichböden als Wandverkleidung schlechthin verboten sein sollten.

Allerdings bestehe eine Verkehrssicherungspflicht mit dem Inhalt, im Bereich der Schießscheiben keine Teppiche aufzuhängen, die pulverbehaftet und damit leicht entzündlich seien, weil dadurch die Gefährlichkeit eines Raumschießens nicht hinnehmbar erhöht werde. Gegen eine derartige Verkehrssicherungspflicht sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedoch nicht verstoßen worden.

Das Landgericht war auf Grund der Beweisnahme nicht davon überzeugt, dass es sich bei den aufgehängten Teppichen um diejenigen gehandelt hat, die zuvor im Bereich der Schützentische gelegen hatten und die deshalb pulverbehaftet gewesen seien. Zwar sei entsprechend von den Zeugen #######, #######, ####### und ####### ausgesagt worden. An der Richtigkeit der Aussagen seien aber Zweifel verblieben. Der Zeuge ####### habe seine Überzeugung von der Identität des Teppichs daraus gewonnen, dass er den Teppich zuvor jahrelang gesehen habe. Gleichwohl habe er keine identifizierenden Merkmale erkannt. Der Zeuge ####### habe Unsicherheiten hinsichtlich der Farbe des Teppichbodens, der an den Schützentischen gelegen habe, gezeigt und ein identifizierendes Merkmal nicht angeben können. Der Zeuge ####### habe ebenfalls keine identifizierenden Merkmale beschreiben können. Bei dem aufgehängten Teppichboden habe es sich um Standard-Massenware ohne Besonderheiten gehandelt. Ein von den Zeugen ####### und ####### bekundeter Brandfleck auf Teppichboden im Bereich der Schüt-zentische sei an dem aufgehängten Teppich nicht erkannt wor-den. Maßgebend sei ferner, dass keiner der Zeugen eine exakte Farbbeschreibung, auch auf Vorhalt von Bildern, habe geben könen. Schließlich habe keiner der Zeugen detailreiche Erin-nerungen an Einzelheiten des Schießstandes gehabt.

Ein Indiz sei auch nicht, dass sich der tödlich Verunglückte, Herr #######, an dem aufgehängten Teppich beim Hervorholen der Schießscheiben beschmutzt habe. Daraus könne nicht der Schluss gezogen werden, dass es sich um Pulverstaub gehandelt habe. Selbst die Zeugen hätten diese Schlussfolgerung nur mit Vorsicht gezogen. Es sei nicht auszuschließen, dass es sich dabei um eine normale Verschmutzung gehandelt habe. Auch sei durch die Zeugenaussagen nicht bewiesen, dass der Verstorbene sich die Beschmutzung an der Oberseite des Teppichs zugezogen habe, da er nach Aussage des Zeugen ####### den Teppich zur Seite weggeklappt habe. Unstreitig habe der aufgehängte Teppich zuvor längere Zeit zusammengerollt mit der Unterseite nach außen am rechten Schießstandrand gelegen.

Den Aussagen der genannten Zeugen stehe die Aussage des Zeu-gen ####### entgegen, der glaubhaft bestätigt habe, Anfang 1994 eine Teppichrolle, die auf der rechten Seite des Schieß-standes gelegen habe, auf einer Müllkippe entsorgt zu haben. Der Zeuge ####### habe ausgesagt, dass im Bereich der Schüt-zentische nur in der Zeit von 1987 bis etwa 1994 Teppichboden gelegen habe. Danach sei der Teppichboden dort weggenommen worden, sodass sich nur noch Spanplatten im Bereich der Schützentische befunden haben. Erst ein paar Wochen vor dem Brand habe wieder Teppichboden in aufgerollter Form in dem Schießstand gelegen. Diese Aussage werde durch die Aussage ####### gestützt. Ein weiterer Anhaltspunkt gegen die Richtig-keit der Bekundungen der anfänglich genannten Zeugen sei die denkbare Alternative, dass der aufgehängte Teppichboden aus dem Haushalt des Beklagten zu 4 stamme. Der Zeuge ####### habe nämlich bekundet, dass der Beklagte zu 4 einen oder zwei Tep-piche mitgebracht habe, was er zwar nicht persönlich gesehen habe, was der Beklagte zu 4 ihm jedoch erzählt habe. Damit stimme eine entsprechende Aussage des Zeugen ####### überein, der das Verbringen der Teppichrollen in den Schießstand auf Mai 1995 datiert habe. Auch der Beklagte zu 2 habe in seiner Einlassung gegenüber der Staatsanwaltschaft (Beiakten V/164) vorgetragen, die aufgehängten Teppiche seien erst kurz vor den Renovierungsarbeiten aus dem Privathaushalt des Beklagten zu 4 angeliefert worden.

Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur etwaigen Anhaftung von Nitrozellulosetreibladungspulver an dem rechtsseitig im Schießstand aufgehängten Teppichboden, in dessen Bereich der Brand ausgebrochen sei, sei mangels sicherer Feststellungsmöglichkeiten unterblieben. Zwar sei ein Teppichrest, der laut Protokoll vom 6. Juli 1995 (Beiakten II/88) sichergestellt worden sei, nach dem Gutachten des LKA-Sachverständigen Dr. ####### (Beiakten V/294 bis 305) mit drei verschiedenen Typen Nitrozellulosetreibladungspulver behaftet gewesen. Jedoch sei nicht mehr festzustellen, aus welchem Bereich des Schießstandes der Teppichboden stamme. Das zweite Asservat sei wegen brandbedingter Oberflächenveränderung ohne Reste unverbrannter Treibladungspartikel gewesen. Aus dem kriminalpolizeilichen Bericht vom 6. Juli 1995 (Beiakten II/56 bis 63) ergebe sich, dass sich vor der rechten Wand ein Teppich der Marke ####### befunden habe, von dem offenbar das für sachverständige Feststellungen unbrauchbare Asservat stamme. Teppichreste aus dem Bereich der rechten und linken Schießstandseite sowie dem mittleren Bereich der rechten Schießstandseite seien mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft Hannover vernichtet worden (Beiakten V/356).

Selbst wenn der mit Treibladungspartikeln verschmutzte asservierte Teppichboden aus dem rechtsseitig aufgehängten Tep-pichboden stammen sollte, sei daraus nicht der Schluss zu ziehen, dass es sich um Teppichboden gehandelt habe, der ursprünglich im Bereich der Schützentische gelegen habe. Eine entsprechende Nitrozellulosekonzentration habe durch eine etwaige Benutzung des Schießstandes an lediglich zwei Tagen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht hervorgerufen werden können, wie der Sachverständige Dr. ####### ausgeführt habe. Hinzu komme, dass dann angenommen werden müsse, dass die Treibladungsanhaftungen durch verbotenes Nahdistanzschießen - von welchen Personen auch immer - verursacht worden seien. Dafür sprächen zusätzlich die unstreitig vorgefundenen 174 Geschosshülsen unterschiedlichen Kalibers, die an den Fundort nicht von den 25 Meter von den Scheiben entfernten Schießtischen geflogen oder gerollt sein könnten.

Ein Deliktsanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB sei nicht gegeben, weil der Inhalt der deliktischen Verkehrssicherungspflicht nicht anders als der der mietvertraglichen Pflicht zu bestimmen sei. Die Auflagen des Deutschen Schützenbundes vom 20. Februar 1993 und die Empfehlungen der Polizeidirektion ####### vom 23. Januar 1993 seien mangels Rechtsnormqualität keine Schutzgesetze i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB.

Hiergegen wendet sich der Kläger aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen, vorerst in den Berufungsanträgen in eingeschränktem Umfang. Der Kläger sei in den Schutzbereich des entgeltlichen Vertrages einbezogen, der zwischen der Beklagten zu 1 und der '###########' bestanden habe. Daher müsse der Kläger nur die objektive Pflichtverletzung des Beklagten zu 1 und deren Ursächlichkeit für den Schadensfall darlegen und beweisen, nicht aber ein individuelles Verschulden einer bestimmten Person oder überhaupt ein schadensursächliches Verschulden. Vielmehr sei § 282 BGB anzuwenden.

Zu den Verkehrssicherungspflichten gehöre in einem Schießstand, in dem mit Pistolen geschossen werden dürfe, die Erfüllung gesteigerter Brandschutzanforderungen. In einem Schießstand bestehe erhöhte Brandgefahr, für die als Zündquellen ausgeworfene heiße Patronenhülsen, glühende Pulverreste aus dem Bereich des Mündungsfeuers und aus dem Bereich des Waffenverschlusses, aber auch glühende Metallsplitter, die durch Auftreffen der Geschosse auf metallene Teile erzeugt würden, gehörten. Die drittgenannte Zündquelle könne den gesamten Schießraum erfassen, während die anderen Zündquellen im Wesentlichen nur im Bereich des Abschussortes wirksam werden könnten. Der Beklagte zu 1 habe durch den Beklagten zu 2 handelnd anderen Vereinen ausdrücklich ein Mehrdistanzschießen erlaubt.

Zu den Anforderungen an die Brandsicherheit habe es gehört, dass ein Schießstand schwer entflammbar sein müsse, sodass sich darin befindliche Menschen bei Ausbruch eines Feuers rechtzeitig in Sicherheit bringen könnten. Daher dürfe ein Schießstand nur mit nicht leicht entflammbaren Materialien verkleidet werden, was unabhängig von einer etwaigen Kontamination mit Rückständen von Treibladungspulver weder für die aufgehängten Teppichböden aus Kunststoffasern noch für die zur Wand- und Deckenverkleidung als Schalldämmisolierung verwendeten Polyurethanplatten zutreffe. Das Aufhängen der Teppiche bedeute zudem eine Veränderung der Baustoffe, auf die sich die behördliche Abnahme des Schießstandes bezogen habe. Die am Unfalltage zunächst beobachteten kleinen Flammenerscheinungen an der Wandverkleidung der rechten Schießstandseite hätten für sich genommen nicht zu einem Personenschaden führen können. Erst die gewaltige Verpuffung habe die schweren Verletzungen verursacht, weil sich das Feuer explosionsartig ausgebreitet habe und durch die Türverformung eine Flucht erschwert worden sei. Eine explosionsartige Verpuffung habe vermieden werden müssen.

Die Verpuffung sei durch Nitrozellulosetreibladungspartikel ausgelöst worden. Das Gutachten des Sachverständigen Dr. ####### habe ergeben, dass aufgehängte Teppiche in erheblichem Umgang mit Treibladungspartikeln behaftet gewesen seien. Unerheblich sei, worin die primäre Zündquelle zu sehen sei. Immerhin treffe es aber nicht zu, dass die Mitglieder der '####' von einer näheren Distanz als den Schützentischen aus geschossen hätten. Der Kläger habe sich im Zeitpunkt der ersten Entflammung nicht im Schießstand aufgehalten, sondern im Vorraum, sodass ein etwaiges Mitverschulden des Klägers ausscheide. Wegen der Einhaltung der Distanz von 25 Metern seien ausgeworfene heiße Patronenhülsen oder glühende Pulver-reste aus dem Bereich des Mündungsfeuers oder eines Waffen-verschlusses nicht als Ursache der Entflammung anzusehen. In Betracht zu ziehen sei die Erhitzung und Entflammung der Treibldungspartikel durch einen Streifschuss oder durch ein den Teppich durchschießendes Geschoss mit Aufprall auf hinter dem Teppich befindliche Metallteile. Schließlich sei an einen elektrischen Kurzschluss als Primärzündung zu denken.

Auf eine Vorhersehbarkeit des konkreten Entzündungsvorgangs komme es haftungsrechtlich nicht an. Ein subjektives Verschulden des Beklagten zu 2 stehe fest. Hätte das Landgericht das Ergebnis der Beweisaufnahme zutreffend gewürdigt, wäre es zu dem Ergebnis gekommen, dass der rechts vorn im Schießstand aufgehängte Teppich zuvor jahrelang im Bereich der Schützentische gelegen hatte. Der Kläger macht sich die Beweiswürdigungsausführungen GA Bl. 315 a ff. zu Eigen und hebt ergänzend hervor, dass der Beklagte zu 2 bei seiner polizeilichen Vernehmung am 5. Juli 1995 erklärt habe, den Teppich, der sonst im Bereich des Schützenstandortes gelegen habe, am 4. Juli 1995 mit einem explosionsgeschützten Staubsauger gesaugt und anschließend im Bereich rechts und links von den Zielscheiben aufgehängt zu haben. Ergänzend bezieht sich der Kläger auf Beiakten I/16 und III/229. Er hält ein Missverständnis in der Aufnahme der Aussage über den früheren Standort der aufgehängten Teppichböden für ausgeschlossen; am Unfalltage habe der Beklagte zu 2 auch noch nicht Opfer fehlerhafter eigener Erinnerungen über Tätigkeiten am Tage zuvor gewesen sein können. Die Brisanz seiner Aussage sei ihm erst in den Tagen danach bewusst geworden, sodass er daraufhin eine andere Darstellung konstruiert habe. Die zeugenschaftlichen Bekundungen der Mitglieder der '#############' über die frühere Lage des Teppichs seien zutreffend gewesen. Die Aussage des Sohnes des Beklagten zu 2 stehe bei richtiger Würdigung nicht in Widerspruch zu den Aussagen der Sportschützen. Ebenfalls sei die Aussage des Beklagten zu 4 über die Bereitstellung von Teppichen aus seinem Privatbestand nicht als gegenläufige Aussage zu würdigen. Ein Absaugen von Treibladungspartikeln mit einem Industriestaubsauger sei nicht möglich, weil die Partikel mit dem Teppichboden verschmelzen würden. Eine etwaige Unklarheit über die frühere Verwendung der aufgehängten Teppiche im Bereich der Schützentische gehe zu Lasten der Beklagten zu 1.

Maßgebend sei im Übrigen, dass die Kontaminierung der aufgehängten Teppiche mit Treibladungspartikeln festgestellt worden sei. Daraus ergebe sich, dass gefährliche Teppiche aufgehängt worden seien, ohne dass es auf die Herkunft der Pulverreste ankomme. Die im Teppich befindlichen Pulverreste seien beim Anfassen der Teppiche sofort erkennbar gewesen. Daraus ergebe sich das Verschulden des Beklagten zu 2.

Die deliktische Haftung der Beklagten zu 1 folge mindestens aus §§ 823 Abs. 1, 831 BGB. Der Beklagte zu 4 sei als Sicherheitsbeauftragter Verrichtungsgehilfe des Beklagten zu 1 gewesen.

Die deliktische Haftung des Beklagten zu 2 ergebe sich daraus, dass er die mit Treibladungspartikeln getränkten Teppiche im Schießstand aufgehängt habe. Die Beklagten zu 3 und 4 hafteten deliktisch, weil sie an dem Aufhängen entweder mitgewirkt oder die Schaffung der Gefahrenquelle nicht verhindert hätten.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil auf die Berufung des Klägers teilweise zu ändern,

I. die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner zu verurteilen,

1. einen Betrag von 278.960,54 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit Klagzustellung zu zahlen, nämlich an den Kläger als verbliebenen Bruttoverdienstausfall 155.844,91 DM und als verbleibende Mehraufwendungen 92.637,79 DM jeweils mit Zinsen sowie an die Firma #######, Inhaber #######, #######, #######, für erfolgte Lohnfortzahlung brutto 30.477,84 DM nebst Zinsen;

2. an den Kläger ab 1. Januar 1997 zwei angemessene Geldrenten zu zahlen für die Zeit am 1. Januar 1997, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mit einer Zahlungsweise gemäß § 760 BGB bei sofortiger Fälligkeit der rückständigen Beträge und deren Verzinsung mit 4 % seit Klagzustellung, nämlich

2.1 eine Rente zum Ausgleich der Erwerbsbeeinträchtigungsnachteile lebenslang, längstens jedoch bis zum 4. November 2026, sowie

2.2 eine Rente zum Ausgleich der vermehrten Bedürfnisse auf Lebenszeit;

hilfsweise

zu 2.1 die Rente zum Ausgleich der Erwerbsbeeinträchtigungsnachteile auf 12.500 DM brutto monatlich festzusetzen,

zu 2.2 die Rente zum Ausgleich der vermehrten Bedürfnisse auf 6.000 DM monatlich;

3. an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld und eine angemessene Schmerzensgeldrente zu zahlen, deren Höhe jeweils in das Ermessen des Gerichtes gestellt wird, nämlich

3.1 ein angemessenes Schmerzensgeld für die entsprechenden immateriellen Beeinträchtigungen bis zur Klagzustellung zuzüglich 4 % Zinsen ab diesem Zeitpunkt sowie

3.2 eine angemessene Schmerzensgeldrente für die zu erwartenden entsprechenden immateriellen Beeinträchtigungen ab Klagzustellung,

hierzu hilfsweise, ein angemessenes Gesamtschmerzensgeld,

weiter hilfsweise, insgesamt eine angemessene Schmerzensgeldrente jeweils für die entsprechenden immateriellen Beeinträchtigungen ab dem 5. Juli 1995;

II. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger jeden materiellen und immateriellen Schaden aus dem Schadensfall vom 5. Juli 1995 zu ersetzen, der gegenwärtig noch nicht hinreichend sicher absehbar ist, sowie - lediglich hilfsweise zu dem Rentenantrag unter Ziffer 2. - alle ab dem 1. Januar 1997 entstandenen zukünftig noch entstehenden materiellen Schäden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind;

III. die Beklagten zu 2) bis 4) als Gesamtschuldner zu verurteilen, dem Kläger 3.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 29. Juli 1998 zu zahlen,

IV. dem Kläger außerdem zu gestatten, eine etwa erforderliche Sicherheit durch Stellung einer selbstschuldnerischen, unbefristeten, unbedingten und unwiderruflichen Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse zu leisten.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen,

für den Fall der Anordnung einer Sicherheitsleistung den Beklagten zu gestatten, Sicherheit in Form der Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank, öffentlichen Sparkasse oder Spar- und Darlehenskasse leisten zu dürfen.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil. Unfallhergang und Unfallursache seien trotz umfangreicher und sorgfältiger Beweisaufnahme des Landgerichts ungeklärt geblieben. Ebenso sei der Strafsenat des OLG Celle im Klageerzwingungsverfahren davon ausgegangen, dass Mitglieder der '##############' aus zu naher, verbotener Distanz geschossen hätten. Die gegenteilige Aussage der vernommenen Sportschützen, es sei nur von den Schützentischen aus geschossen, stehe in unauflösbarem Widerspruch zu dem Fund von 174 leeren Patronenhülsen im Nahbereich von ca. fünf Metern vor den Zielscheiben. Das deute auf ein so genanntes Kombatschießen hin, das gemäß § 38 Abs. 1 der 1. WaffV verboten sei. Schließlich spreche der Untersuchungsbericht des Diplomchemikers Dr. ####### für eine Schussabgabe im Bereich des Aufhängungsortes des Teppichbodens. Eine von den Schützentischen aus wirkende Zündquelle habe nicht den gesamten Schießstand erfassen können.

Vor dem Schießen des Klägers und der weiteren Sportschützen hätten dem vom Beklagten zu 2 zusammen mit seinem Sohn ####### ####### angebrachten Teppichen keine Treibladungspartikel angehaftet; der im Bereich der Schützentische verwendete Teppich sei entsorgt worden.

Das Anbringen des Teppichbodens selbst sei nicht vorwerfbar. Es sei auch nach den neuesten Richtlinien des Deutschen Schützenbundes zulässig. Geboten sei es lediglich, die Schießbahnen im Bereich von fünf bis zehn Metern vor den Schützenständen so zu gestalten, dass sie leicht gereinigt werden könnten. Die frühere Auflage der Schießstand-Richtlinien habe Teppiche sogar uneingeschränkt als Wandverkleidung und sogar als Fußbodenbelag unter den Schießtischen angesehen.

Auch nach den unverbindlichen Empfehlungen des Deutschen Schützenbundes hätten Teppichböden als Wandverkleidung in einer Entfernung von mehr als fünf Metern vom Schießtisch aus benutzt werden dürfen.

Der Beklagte zu 2 habe entgegen der Behauptung des Klägers gegenüber der Polizei nicht geäußert, er habe am 4. Juli 1995 den im Bereich des Schützentisches verbrannten Teppich links und rechts von den Zielscheiben aufgehängt. Unrichtig sei die Behauptung, im Teppichboden befindliche Pulverreste seien beim Anfassen des Teppichs sofort erkennbar gewesen. Wenn es sich aber so verhielte, hätten die Schützen den Schießbetrieb gar nicht aufnehmen dürfen, weil der Schützenkollege ####### den Teppich angefasst und beiseite geschoben habe, um die dahinter lagernden Scheiben hervorzuholen.

Leichtsinnig sei das Verhalten des Klägers gewesen, sich vom Vorraum aus auf den brennenden Schießstand zu begeben. Die ausschließlich richtige Verhaltensweise hätte darin bestanden, die Feuerwehr zu rufen.

Vertragliche Ansprüche seien nicht gegeben, weil der Nutzungsvertrag einen Ausschluss jeglicher Haftung des Beklagten zu 1 enthalten habe. Der Beklagte zu 3 sei als 2. Vorsitzender des Vereins auf Grund der internen Aufgabenverteilung im Vorstand nicht für die Überwachung des Schießstandes zuständig gewesen. Er habe den mutmaßlich schadenstiftenden Teppichboden auch nicht aufgehängt.

Der Beklagte zu 4 sei an dem Aufhängen des Teppichs nicht beteiligt gewesen und sei auch kein Vorstandsmitglied gewesen.

Die Beklagten zu 3 und 4 verteidigen das angefochtene Urteil mit gesonderter zusätzlicher Begründung. In Bezug auf diese Beklagten sei die Berufung nur fragmentarisch begründet worden und daher unzulässig. Nicht einmal ansatzweise gebe es eine Grundlage für eine deliktische Haftung. Das Aufhängen des Teppichbodens sei nicht verboten gewesen. Nach den durchgeführten strafrechtlichen Ermittlungen hätten die Sportschützen durch Schießen aus zu naher verbotener Distanz den Unfall selbst verursacht. Von den fünf theoretisch denkbaren Entzündungsursachen sei ernsthaft nur in Betracht zu ziehen, dass eine ausgeworfene warme Hülse oder glimmende Pulverreste aus dem Pistolenlauf den Brand verursacht hätten. Bei einem Schießen aus zulässiger Entfernung kämen als Brandursache lediglich ein Streifschuss entlang des Teppichs oder ein Querschläger in Betracht, für die auf Grund der Zeugenaussagen nichts ersichtlich sei.

Der Beklagte zu 3 habe am Aufhängen der Teppiche nicht mitgewirkt. Vielmehr sei dies durch den Beklagten zu 2 und dessen Sohn allein erfolgt. Vor dem Unfalltag habe sich der Beklagte zu 3 längere Zeit nicht in den Räumen des Beklagten zu 1 aufgehalten und lediglich von der geplanten Abnahme des Schießstandes am 6. Juli 1995 durch die Landeshauptstadt ####### sowie die dafür notwendige gründliche Reinigung gewusst. Unbekannt sei ihm gewesen, dass der Beklagte zu 4 ca. drei Wochen vor dem Unfall aus seinem Privathaushalt Teppiche in den Schießstand verbracht habe und dass dieser oder ein anderer Teppich am 5. Juli 1995 links und rechts der Schießscheiben aufgehängt worden sei. Weder bekannt noch vorstellbar sei es für den Beklagten zu 3 gewesen, dass sich Treibladungspartikel in den eingerollten Teppichen befunden haben.

Der vermutlich schadensursächliche Teppich sei erstmals am Tage vor dem Unfall ausgerollt und von dem Zeugen ####### und dem Beklagten zu 4 abgesaugt worden; am Unglückstag selbst sei er noch einmal von dem Beklagten zu 2 und dessen Sohn abgesaugt worden. Erst einige Wochen vor dem Unfall sei von dem Beklagten zu 4, wie dieser dem Zeugen ####### mitgeteilt habe, ein Teppichboden in den Schießstand verbracht worden, nachdem zuvor bereits 1994 der im Bereich der Schützentische liegende Teppichboden entsorgt worden sei und in der Zwischenzeit sich überhaupt kein Teppichboden im Schießstand befunden habe. Dieser Vortrag zum Teppichboden sei vom Zeugen ####### und vom Zeugen ####### bestätigt worden.

Der Beklagte zu 3 hafte auch nicht wegen Verletzung einer Überwachungspflicht. Der Vorstandsbereich 'Sportpistolenstand' sei ausschließlich in die Zuständigkeit des Beklagten zu 2 gefallen, was der Kläger mit der Berufung auch nicht angreife. Die Bildung verschiedener Vorstandsressorts sei möglich und beschränke prinzipiell die Verantwortlichkeit des einzelnen Vorstandsmitglieds. Allenfalls habe der Beklagte zu 3 die Pflicht gehabt, über die interne Zuständigkeitsverteilung hinausgehend erkannte Gefahren abzuwehren. Von der Möglichkeit einer Verpuffung oder von sonstigen Gefahren habe der Beklagte zu 3 nichts gewusst und habe derartige Gefahren auch nicht erkennen können.

Der Beklagte zu 4 habe im Zusammenhang mit der Überwachung des Schießstandes keine besonderen Aufgaben übernommen, wie der Beklagte zu 3 bei seiner Parteivernehmung bestätigt habe. Der Beklagte zu 4 sei lediglich zuständiger Sportwart und im Übrigen nur einfaches Mitglied gewesen. Mit dem Aufhängen des Teppichs sei der Beklagte zu 4 nicht beschäftigt gewesen. Er habe ihn lediglich ca. drei Wochen vor dem Unfall von seinem Dachboden in für den Transport aufgerolltem Zustand zum Schießstand gebracht und dort im Vorraum abgestellt. Der grüne Teppich habe zuvor im Kinderzimmer gelegen, der braune Teppich im Schlafzimmer. Von der Möglichkeit einer Ablagerung von Treibladungspartikeln habe der Beklagte zu 4 nichts wissen können. Aufgehängt habe er die Teppiche nicht.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Es bestehen keine Ansprüche wegen Verletzung einer haftbar machenden Verkehrspflicht, die sich bei Identität des Pflichteninhalts aus Vertrag und Delikt gegen den Beklagten zu 1 und nur aus Delikt gegen die Beklagten zu 2 bis 4 ergeben könnten.

I. Verjährung

Verjährung kann den erhobenen Ansprüchen nicht entgegengehalten werden. In Betracht käme nur § 852 BGB hinsichtlich deliktischer Ansprüche. Zwar ist die Klage erst am 9. Juli 1998 erhoben worden, also mehr als drei Jahre nach dem Unglück, doch bestand im Juli 1995 noch keinerlei Klarheit über die Ursachen des Brandes und der Verpuffung. Außerdem befand sich der Kläger in einem Verletzungszustand, der keinerlei Wahrnehmung der Geschehensabläufe gestattete.

II. Haftungsausschluss

Vertragliche Ansprüche gegen den Beklagten zu 1 scheitern nicht an dem Haftungsausschluss, den der mit der Interessengemeinschaft geschlossene Vertrag enthält. Die dort in Nr. 5 getroffene umfassende Enthaftungsvereinbarung, die nicht zwischen Schuldformen differenziert und sämtliche Personenschäden einbezieht, ist - ohne Möglichkeit richterlicher Geltungsreduktion - sowohl gem. § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG in Verb. mit § 276 Abs. 2 BGB als auch gem. § 138 Abs. 1 BGB unwirksam. Das Deliktsrecht hat in Bezug auf den Schutz gegen Verletzungen von Leib und Leben grundsätzlich zwingenden Charakter (Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, 2. Aufl. 1996, Rz. 619 f. m. weit. Nachw.). Die Einhaltung dieses Grundsatzes ist insbesondere in Fällen unabweisbar, in denen - wie vorliegend - der Verkehrssicherungspflichtige allein imstande ist, die Gefahren abzuwehren, die bei Benutzung des räumlichen-gegenständlichen Bereiches, für den eine Sicherungspflicht besteht, durch wechselnde Personengruppen aus deren Zusammentreffen resultieren. Einen Überblick über etwaige Kontaminationen des Schießstandes durch unverbranntes Treibladungspulver in Abhängigkeit z. B. von der Häufigkeit der Schießstandbenutzung, der Art der verwendeten Waffen und der zugehörigen Munition sowie der Reinigungsfrequenz konnte nur der Beklagte zu 1 gewinnen.

III. Passivlegitimation

Eine Haftung der Beklagten zu 3 und 4, die nur deliktischer Natur sein könnte, ist schon unabhängig von der Beurteilung der etwaigen Verkehrspflichtverletzung nicht gegeben. Eine Grundlage für deren Verantwortung für die Verkehrssicherung des Schießstandes ist nicht einmal ansatzweise dargetan. Sie ergibt sich weder aus einem Vorstandsamt noch aus der Übernahme einer entsprechenden Zuständigkeit. Ressortverteilungen innerhalb eines Vorstandes, die die Geschäftsführung und die daraus resultierende Gefahrenabwehrzuständigkeit betreffen, sind zulässig; unberührt bleibt davon allerdings die Pflicht aller Vorstandsmitglieder, erkannte drohende Schäden unabhängig von der internen Zuständigkeit abzuwehren (vgl. MünchKomm/Reuter, 3. Aufl., Band 1, § 27 Rz. 22; RGRK/Steffen § 27 Rz. 7).

Welche Verantwortlichkeit den Beklagten zu 4 treffen soll, ist nicht ersichtlich. Erstinstanzlich hat der Kläger, nachdem zum vereinsrechtlichen Status des Beklagten zu 4 vorgetragen worden war, zur Aufrechterhaltung der Klage trotz Zweifeln an der Passivlegitimation im Anschluss an die Beweisaufnahme nur erklärt, die Klage bleibe 'aufrechterhalten im Hinblick auf die diesbezügliche Aktenlage nach der Ermittlungsakte und die persönliche Beteiligung des Beklagten zu 4 an den Arbeiten den aufgehängten Teppich betreffend gemäß den Angaben des Beklagten zu 2 (Band IV Blatt 346 der Ermittlungsakte)' (GA Bl. 318, Schriftsatz vom 7. Juli 1999 S. 4). Zweitinstanzlich ist kein neuer bzw. vertiefender Vortrag hinzugekommen. Hinsichtlich des Beklagten zu 3 sind die Darlegungen in dessen Schriftsatz vom 18. April 2000 unbestritten, dass ihm die Betreuung des Schießstandes nicht oblag, sondern er die Sportpistolenabteilung nur schießsportlich betreute; dass er von Vorgängen um das Aufhängen der Teppiche, aus denen die Verkehrspflichtverletzung hergeleitet wird, keine Kenntnisse hatte, ist ebenfalls unstreitig.

Die Passsivlegitimation des Beklagten zu 2 ergäbe sich demgegenüber bei Bejahung einer schuldhaften Verkehrspflichtverletzung entweder aus seiner Allzuständigkeit als 1. Vorsitzender oder aus einem Organisationsmangel wegen fehlender eindeutiger Zuweisung der Sicherungsverantwortung über den Schießstand an ein anderes Vorstandsmitglied. Der Beklagte zu 1 wäre für den Beklagten zu 2 deliktisch über § 31 BGB oder - im Falle eines Organisationsmangels - unmittelbar aus § 823 Abs. 1 BGB verantwortlich; vertragsrechtlich würde die Einstandspflicht aus § 278 BGB folgen. Indes ist eine schuldhafte Verkehrspflichtverletzung nicht festzustellen.

IV. Verkehrspflichtverletzung

1. Aufhängen kontaminierter Teppiche

a) Im Aufhängen von Teppichböden, die mit unverbrannten Nitrozellulosepulverresten behaftet waren, wäre eine objektive Verkehrspflichtverletzung zu sehen, weil diese Kontamination geeignet war, die Verpuffung als die unmittelbare Ursache der verheerenden Verletzungsfolgen auszulösen, deren Opfer der Kläger geworden ist. Die damit verbundene Gefahrenlage ergibt sich aus dem Wissensstand, der aus den Unglücksfällen der Jahre 1993 in ####### und in ####### resultiert und die Gefahrenabwehrbehörden zu vorbeugenden Warnungen veranlasst hat. Insoweit wird insbesondere auf die Empfehlungen des Regierungspräsidenten in ####### vom 5. Februar 1993 (BA III/185) und den Bericht des kriminaltechnischen Instituts des Landeskriminalamtes ####### vom 27. Juli 1993 (BA III/252 ff., 276) Bezug genommen.

Umstritten ist, ob zur Unglückszeit auf der rechten Schießbahnseite, von der die Verpuffung auch nach Ansicht des Klägers ausgegangen sein muss, weil nur dort - durch den ursprünglichen kleinen Brand erzeugt - eine Zündquelle bestanden hat, Teppichböden gehangen haben, die bereits vor Beginn des Schießens der Interessengemeinschaft am 5. Juli 1995 mit Treibladungspulver kontaminiert waren. Das im Klageerzwingungsverfahren von Dr. ####### erstattete Behördengutachten hat ergeben, dass das 1998 noch existierende Asservat des auf der linken Seite aufgehängten Teppichbodens Nitrozellulosepulveranhaftungen aufwies, während der Teppichrest, der von der rechten Seite sichergestellt war, so weitgehend verschmort war, dass sich Feststellungen nicht mehr treffen ließen (BA V/296). Wäre bewiesen, dass der Beklagte zu 2 überhaupt Teppichböden aufgehängt hat, die zuvor unter den Schützentischen gelegen hatten, in deren Bereich regelmäßig unstreitig unverbrannte Treibladungspulverreste herabfielen, wäre damit möglicherweise ein Anscheinsbeweis geführt, dass ein derartiger kontaminierter Teppichboden auch rechtsseitig gehangen hat. Dies hat das Landgericht verneint, obwohl es erhebliche Anhaltspunkte für diese tatsächliche Version gibt. Es mag jedoch dahinstehen, ob der Beweiswürdigung des Landgerichts zu folgen ist, da auch bei Feststellung einer objektiven Verkehrspflichtverletzung jedenfalls ein Verschulden des Beklagten zu 2 zu verneinen ist (nachfolgend lit. b).

Das Landgericht hat sich wesentlich von Zweifeln leiten lassen, dass die vernommenen Mitglieder der Interessengemeinschaft, die die Herkunft der aufgehängten Teppiche aus dem Bereich der Schützentische bejaht haben, fähig gewesen seien, die Teppiche mit hinreichender Sicherheit zu identifizieren. Das könnte Bedenken begegnen, weil den Zeugen immerhin Farbfotos der Asservate (BA V/302 ff.) vorgehalten worden sind. Auch hat das Landgericht keine plausible Erklärung dafür gefunden, dass der Beklagte zu 2 bei seiner polizeilichen Anhörung vom 5. Juli 1995, also unmittelbar nach dem Unglück, mitgeteilt haben soll, es seien Teppiche abgesaugt und aufgehängt worden, die aus dem Bereich des Schützenstandortes stammten (BA I/16). Allerdings kommt diesem kriminalpolizeilichen Bericht nur eingeschränkte Bedeutung zu, da er sich nicht auf eine verantwortliche Vernehmung stützt. Ein Indiz für die Kontamination könnte auch sein, dass der Beklagte zu 2 überhaupt ein Saugen der Teppiche für notwendig hielt, als er die Teppiche zur Vorbereitung der Schießstandbesichtigung durch die Stadt ####### am Tage vor dem Unglück aufhängte. Die vom Landgericht genannten, als bewiesen angesehenen Gegenindizien der Entsorgung von Teppichen auf einer Mülldeponie unter Mithilfe des Zeugen ####### und des Verbringens ausrangierter Teppichen aus dem Hause des Beklagten zu 4 in den Schießstand haben nur geringes Gewicht, weil daraus noch nicht folgt, dass sämtliche Teppiche aus dem Bereich der Schützenstände entsorgt worden sind und dass am Vortage des Unglücks überhaupt und ausschließlich gerade die Teppiche des Beklagten zu 4 aufgehängt wurden. Die Brandursachenkommission des Landeskriminalamtes Niedersachsen hat nämlich in ihrem Bericht vom 19. Juli 1995 festgehalten, dass auf der rechten Wandseite vor diversen Holzbalken auch ein zusammengerollter Teppichboden festgestellt worden sei (BA III/229).

Das Auffinden einer Vielzahl von Patronenhülsen im Zielbereich des Schießstandes sieht der Senat als ungeeignet an, ein Gegenindiz zu liefern. Darauf hatte allerdings der Strafsenat im Klageerzwingungsverfahren wesentlich abgestellt (BA V/315) und daraus einen Hinweis auf ein verbotenes Kombatschießen von Mitgliedern der Interessengemeinschaft am Unglückstag entnommen, das die Möglichkeit des Auswurfs unverbrannter Treibladungsreste im Bereich der rechtsseitig frisch aufgehängten Teppiche begründet habe. Richtig ist zwar, dass die Reinigungskraft ####### als neutrale Zeugin ausgesagt hat, nach der Reinigung des Schießstandes zur Vorbereitung der Besichtigung durch die Gefahrenabwehrbehörde hätten keine Geschosshülsen herumgelegen (GA Bl. 272), was darauf hindeutet, dass die Hülsen von der Schießveranstaltung der Interessengemeinschaft am Unglückstag herrühren. Jedoch ist der Fundort der Patronenhülsen nicht geeignet, einen Schluss darauf zuzulassen, dass in der Nähe des Fundortes ein Nahschießen stattgefunden haben muss. Die durch die Verpuffung erzeugte ungeheure Druckwelle, die der Zeuge Stutz bei seiner polizeilichen Vernehmung vom 6. Juli 1995 mit einem 'Tornado' verglichen hat (BA II/109) und die die Metalltür zum Vorraum der Schießbahn verbogen hat, muss auch leicht rollende Teile wie die Geschosshülsen erfasst haben, sodass diese ohne weiteres in eine Ecke geweht worden sein können. Im Übrigen hat der Gutachter Dr. ####### des Landeskriminalamtes die Feststellung getroffen, dass durch Schießen über einen Zeitraum von zwei Tagen hinweg keine Kontamination des von ihm an dem Asservat festgestellten Umfangs eingetreten sein konnte (BA V/297). Tatsächlich aber ist nach der Reinigung des Schießstandes nur ein bis zwei Stunden geschossen worden.

b) Falls der Beklagte zu 2 kontaminierte Teppiche aufgehängt und damit objektiv eine Gefahrenquelle geschaffen hat, trifft ihn insoweit kein Verschulden. Er durfte darauf vertrauen, dass etwaige Treibladungsreste durch das Saugen mit dem für die Reinigung des Schießstandes angeschafften Industriestaubsauger entfernt werden konnten und diese Gefahrenquelle damit vollständig ausgeräumt war. Damit sind die Beklagten zu 1 und 2 auch im Sinne von § 282 BGB entlastet.

Der Senat sieht auf Grund der Aussagen der Zeugen ####### (GA Bl. 267) und ####### (GA Bl. 270) als bewiesen an, dass die unmittelbar vor dem Unglückstag aufgehängten Teppiche vom Beklagten zu 2 gesaugt worden sind. Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit dieser Zeugen sind vom Landgericht nicht festgestellt worden und sind auch zweitinstanzlich nicht ersichtlich.

Der Sachverständige Dr. ####### hat allerdings die Feststellung getroffen, dass objektiv ein Reinigungserfolg nicht eintreten konnte, soweit thermisch belastete Treibladungspartikel mit den Teppichfasern verschmolzen waren (BA V/296). Dies musste der Beklagte zu 2 indes nicht in Rechnung stellen. Vielmehr durfte er sich darauf verlassen, in Übereinstimmung mit dem Erkenntnisstand am Unglückstag zu handeln, wenn er die aufgehängten Teppichböden saugte. Das auf Grund der Unfälle des Jahres 1993 gewachsene Gefahrenbewusstsein führte zu Reaktionen der Gefahrenabwehrbehörden und schlug sich in Empfehlungen über den Umgang mit Wandverkleidungen nieder. Die Empfehlungen des Regierungspräsidenten ####### vom 5. Februar 1993 (BA III/185) sind in - teilweise neu formulierte - Empfehlungen der Polizeidirektion ####### vom 23. April 1993 eingegangen, die u. a. dem Beklagten zu 1 zugeleitet wurden (BA III/178). Danach war das Aufhängen von Teppichböden nicht schlechthin untersagt. Vielmehr gingen die Empfehlungen von der Notwendigkeit der Reinigung aus, was die Aussage einschloss, dass eine entsprechende Reinigung als zur Gefahrunterdrückung ausreichend angesehen wurde. In Nr. 1 der Empfehlungen der Polizeidirektion ####### ist davon die Rede, dass u. a. bei Teppichböden eine Überprüfung bzw. Beseitigung der Ablagerungen von Pulverrückständen zu erfolgen habe; das wurde offenbar nicht als Widerspruch zur im selben Text ausgesprochenen Empfehlung Nr. 5 angesehen, wonach Wandverkleidungsmaterial mit relativ glatter Oberfläche bei einem Einbau zu verwenden sei.

Angesichts der bedrohten Rechtsgüter, der Art des Gefahrenpotentials und mangelnder eigener Schutzmöglichkeiten der Schießstandbenutzer im Falle eines Brandunfalls ist ein strenger Maßstab an die Bildung der nach Verkehrskreisen zu differenzierenden Verkehrspflichten des Vorstandes der Beklagten zu 1 in Bezug auf die bauliche Gestaltung und Erhaltung des Schießstandes anzulegen. Sie sind nicht auf den möglicherweise veralteten Stand von Richtlinien im Sinne von § 31 Abs. 1 WaffV, Nr. 44 Abs. 2 WaffVwV zu begrenzen, sondern haben aktuelles Gefahrwissen zu berücksichtigen. Jedoch reicht dafür der Sorgfaltsstandard praxiserfahrener Schützen aus, der grundsätzlich keine strengeren Anforderungen enthält als die Beachtung des Gefahrwissens, das von den dafür zuständigen Gefahrenabwehrbehörden professionell gesammelt wird. Der Beklagte zu 2 hatte keine Anhaltspunkte dafür, dass das Wissen der Fachbehörden die durch die vorangegangenen Unglücke gesammelten Gefahrerkenntnisse unzureichend verarbeitete. Die strengeren Richtlinien des Deutschen Schützenbundes vom Frühjahr 1993, die anscheinend in der Deutschen Schützenzeitung 1993, 40 abgedruckt waren und daher dem Vorstand der Beklagten zu 1 selbst dann zugänglich sein mussten, wenn nach Behauptung der Beklagten (GA Bl. 516) der 'Nieders. Sportschütze' offizielle Verbandszeitung der Schützenvereine sein sollte, enthalten keine Formulierungen, die den Schluss nahe legten, dass das Reinigen von als Wandverkleidung aufgehängten Teppichböden wegen ungenügender Reinigungsergebnisse unzureichend sein könnte. Sie sind offenbar auch von den Gefahrenabwehrbehörden nicht als Hinweis auf weiterreichende Gefahrenquellen verstanden worden, da sie dort trotz des erkennbaren Bemühens um die Verbreitung von Warnhinweisen gemäß aktuellem Gefahrerkenntnisstand (vgl. dazu die Auszüge aus den Akten des Nieders. Innenministeriums, BA III/ 301 ff.) keinen Anlass zu nachgeschobenen Warnungen gegeben haben.

Der Beklagte zu 2 hatte keine Anhaltspunkte dafür, dass er die Reinigungswirkungen des Saugens mit besonderem Misstrauen kontrollieren musste. Auf den vom Sachverständigen Dr. ####### gefertigten Fotos der mikroskopischen Untersuchung (BA V/302 ff.) ist die Grundfarbe des Teppichbodens auch im Bereich der Nitrozellulosefäden unverändert. Die Partikel selbst waren nur bei mikroskopischer Untersuchung erkennbar.

2. Aufhängen unkontaminierter Teppichböden

Eine schuldhafte Verkehrspflichtverletzung ist nicht darin zu sehen, dass von Verantwortlichen des Beklagten zu 1 andere Gefahrenquellen infolge der baulichen Beschaffenheit des Schießstandes bestehen gelassen wurden, die bei vorhandener Primärzündquelle zur Erzeugung einer Verpuffung geeignet waren.

Das Aufhängen von Teppichboden stellte nicht schlechthin schon ein haftbar machendes Fehlverhalten dar. Abgesehen davon, dass es sich bei dem Teppichboden entgegen der Ansicht des Klägers (GA Bl. 485) nicht um 'Baustoffe' handelte, die eventuell Gegenstand der gefahrenbehördlichen Genehmigung bzw. der zugehörigen Prüfung durch einen Schießstandsachverständigen sein konnten und deren Veränderung Einfluss auf die Wirksamkeit der sicherheitsrechtlichen Genehmigung haben konnte, ließen die von der Polizeidirektion ####### an den Beklagten zu 1 geleiteten Empfehlungen (BA III/178) die Möglichkeit der Anbringung von Teppichboden als Wandverkleidung im Bereich der Zielscheiben zu. Die Empfehlungen gaben nur den Rat, eine glatte Wandverkleidung herzustellen, empfahlen aber ausdrücklich nicht, Teppichboden schlechthin zu entfernen (vgl. Nr. 3 der Empfehlungen). In der vom Deutschen Schützenbund im Frühjahr 1993 erarbeiteten Neufassung der Brandschutz-Richtlinien, die mit der Deutschen Schützenzeitung 1993, 40 verbreitet worden sind, heißt es unter Nr. 6 zwar strenger: 'Teppichboden und Textilien im Bereich der Schießbahn sind grundsätzlich nicht zulässig. Bei bestehenden Anlagen mit bereits verlegtem dichtem Nadelfilz in schwer entflammbarer Ausführung sind Ausnahmen zulässig, wenn eine regelmäßige Reinigung erfolgt.' Diese Aussagen konnten aber zwanglos so gedeutet werden, dass es nur um eine Erschwerung der Ablagerung von Treibladungspartikeln und deren leichte Entfernbarkeit gehen sollte; anderenfalls wäre nicht auf dichten Nadenfilz - im Unterschied zu schwer zu reinigendem Schlingenboden - Wert gelegt worden.

Der Senat hat deshalb davon abgesehen, durch ein chemisches Sachverständigengutachten aufklären zu lassen, ob alte Kunststoffaserböden wegen eingetretener Depolymerisation chemische Eigenschaften annehmen können, die bei ausreichender Zündtemperatur in geschlossenen Räumen eine Verpuffung auslösen, also deren Verwendung in einem Schießstand eine Gefahrerhöhung begründen. Eine dann darin zu sehende objektive Verkehrspflichtverletzung wäre jedenfalls nicht schuldhaft begangen, da der Beklagte zu 2 über entsprechendes chemisches Wissen nicht verfügen musste, dass - diese Gefahrenquelle unterstellt - nicht einmal bei den Gefahrenabwehrbehörden und der Fachkommission des Deutschen Schützenbundes vorhanden war.

3. Verwendung von PU-Schaumstoffmatten

Eine schuldhafte Verkehrspflichtverletzung ist schließlich nicht darin zu sehen, dass nach Behauptung des Klägers leicht entflammbares Polyurethan-Kunststoffmaterial verwendet worden sein soll. Zwar hat Dr. ####### in seinem für die Brandursachenkommission gefertigten Vermerk vom 7. Juli 1995 (BA III/237) mit diesem Material einen Streichholzzündversuch durchgeführt, bei dem das Material mehrere Sekunden lang unter Entwicklung einer rußenden Flamme selbstständig weiterbrannte, doch hat die Kommission diesen Brennbarkeitstest als 'negativ' verlaufen bezeichnet, weil die sich leicht ausbildende Flamme nach ca. 2 bis 3 Sekunden erlosch; daher war das betreffende Dämmaterial auch nur oberflächlich abgebrannt (BA III/227). Insofern war offenbar ein anderer Sachverhalt gegeben als bei dem Unglück in #######, bei denen nach dem Bericht des LKA ####### vom 27. Juli 1993 für die dort verwendeten Schaumstoffplatten mit pyramidalen Erhebungen in einem Brandversuch eine schnelle Brandausweitung über die Oberfläche festgestellt wurde (BA III/275).

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Bei der Festsetzung der Sicherheitsleistung in Abhängigkeit von den Kosten des Verfahrens war davon auszugehen, dass die Beklagten zu 3 und 4 sich wegen möglicher Interessengegensätze zu den Beklagten zu 1 und 2 zwar gesondert anwaltlich vertreten lassen durften, dass aber nur die Beauftragung eines Anwalts notwendig (vgl. § 91 ZPO, § 6 BRAGO) war.

Ende der Entscheidung

Zurück