Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 11.05.2005
Aktenzeichen: 9 U 218/04
Rechtsgebiete: GmbHG


Vorschriften:

GmbHG § 16 Abs. 3
GmbHG § 19
1. Den Erwerber des Geschäftsanteils trifft entsprechend § 16 Abs. 3 GmbHG die Pflicht zur Erbringung der Stammeinlage, sofern die Gesellschaft zuvor wirtschaftlich "neu gegründet" worden ist und das anlässlich der ursprünglichen Gründung eingezahlte Stammkapital mittlerweile aufgezehrt ist.

2. Die Verwertung eines GmbH-Mantels steht hinsichtlich der Geltung der Gründungsvorschriften der Errichtung einer GmbH gleich; dies gilt sowohl für die die registergerichtliche Kontrolle betreffenden Normen als auch für die der Gewährleistung der Kapitalausstattung dienenden Gründungsvorschriften des GmbHG, und zwar nicht nur im Fall der Verwendung des Mantels einer "auf Vorrat" gegründeten Gesellschaft (BGH ZIP 2003, 251), sondern auch für die Verwendung so genannter gebrauchter, leerer GmbH-Mäntel (vgl. auch OLG Düsseldorf, ZIP 2003, 1501, 1502 l. Sp.).

3. Für eine wirtschaftliche Neugründung spricht, dass die Gesellschaft bei der Veräußerung der Geschäftsanteile nicht mehr werbend tätig ist. In diesem Zusammenhang ist es von wenigstens indizieller Bedeutung, dass der Gesellschaftszweck im Anschluss an die Anteilsübertragung geändert wird, der Sitz der Gesellschaft verlegt und ein neuer Geschäftsführer bestellt wird. Der Umstand, dass ein Geschäftsanteil lediglich für einen "symbolischen" Betrag (hier: 1,00 EUR) veräußert wird, spricht ebenfalls dagegen, dass es sich um eine werbende Gesellschaft gehandelt hat.


Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil

9 U 218/04

Verkündet am 11. Mai 2005

In dem Rechtsstreit

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... sowie der Richter am Oberlandesgericht ... und ... auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2005 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 22. Oktober 2004 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Berufung des Beklagten ist im Ergebnis unbegründet, dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von 11.504,07 EUR entsprechend § 16 Abs. 3 GmbHG gegen den Beklagten zu.

1. Es bedarf keiner Klärung, ob der ursprüngliche Gesellschafter D. seiner Pflicht zur Erbringung der Stammeinlage bei Gründung der Gesellschaft nachgekommen ist. Diese Pflicht ist nämlich im Jahre 1999 neu entstanden, weil im Zuge der Anteilsübertragung seitens des Gesellschafters D. an Frau H. K., Frau C. V. und Herrn W. P. die Gesellschaft wirtschaftlich "neu gegründet" worden ist und damit auch die Vorschriften über die Aufbringung des Stammkapitals anzuwenden sind (a). Das Stammkapital war indessen zu diesem Zeitpunkt aufgezehrt (b), und eine Leistung durch die Gesellschafterinnen K. und V. oder den Gesellschafter P. wird vom Beklagten ebenso wenig behauptet wie eine Zahlung durch ihn selbst.

a) Bei Erwerb der Geschäftsanteile waren die Gesellschafter K., V. und P. zur Erbringung der Stammeinlage verpflichtet, da es sich beim Betrieb der Gesellschaft nach dem 28. Januar 1999 um die Verwertung eines GmbH-Mantels handelte. Die Gesellschaft war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr werbend tätig. Zwar hat der Beklagte geltend gemacht, der Gesellschafter D. habe "die Gesellschaft nach eigenen Angaben bis zum Übergang der Gesellschaftsanteile geführt"; die Gesellschaft habe "bis zum Übergang der Gesellschaftsanteile am Geschäftsleben teilgenommen", und dazu ergänzend vorgetragen, die Gewerbeabmeldung sei erst zum 1. März 1999 erfolgt. Diesem Vortrag mangelt es aber an Substanz angesichts des Umstandes, dass die Stadt N. mit Schreiben vom 26. August 2004 mitgeteilt hat, dass als Tag der Betriebsaufgabe der 30. September 1998 vermerkt ist, was im Übrigen der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten "Gewerbe-Abmeldung" entspricht, die vom Geschäftsführer D. unterschrieben ist. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Umstände der Anteilsübertragung gegen das Bestehen eines Betriebes zu Beginn des Jahres 1999 sprechen. Gegenstand der Gesellschaft war nämlich zunächst der Handel mit Waren für Heim und Hausausstattung sowie Möbel und Teppichen, insbesondere der Betrieb eines SB-Matratzenfachmarktes, während der Gesellschaftszweck im Anschluss an die Anteilsübertragung vom 28. Januar 1999 bei einer Gesellschafterversammlung geändert worden ist (nunmehr die Durchführung von Malerei und Anstreicherarbeiten aller Art sowie die Durchführung damit zusammenhängender Gewerke), was mit einer Änderung der Firma (nunmehr: "K. Ges. ... mbH") und insbesondere auch einer Sitzverlegung von N. nach L. einherging, wobei der bisherige Geschäftsführer D. abberufen und Herr P. zum neuen Geschäftsführer bestellt worden ist. Der Umstand, dass die Gesellschaft für insgesamt 3,00 EUR verkauft worden ist, spricht ebenfalls dagegen, dass es sich um eine werbende Gesellschaft gehandelt hat.

Die Verwertung eines GmbH-Mantels steht hinsichtlich der Geltung der Gründungsvorschriften der Errichtung einer GmbH gleich. Dies hat der BGH ausdrücklich für die Anwendung der die registergerichtliche Kontrolle betreffenden Vorschriften für die Verwendung des Mantels einer "auf Vorrat" gegründeten Gesellschaft entschieden (BGH ZIP 2003, 251), dabei aber deutlich gemacht, dass insgesamt die "der Gewährleistung der Kapitalausstattung dienenden Gründungsvorschriften des GmbHG" gemeint sind (BGH ZIP 2003, 251, 251 r. Sp.), und dies mit der auf den Vorlagebeschluss des OLG Brandenburg vom 28. Januar 2002 (NZG 2002, 641) ergangenen Entscheidung vom 7. Juli 2003 (II ZB 4/02) bestätigt. Diese Rechtsprechung ist also ausdrücklich im Hinblick auf die materielle Haftungsebene bestätigt und gleichzeitig bezogen worden nicht nur auf die "Vorrats-GmbH", sondern auf die "Verwendung so genannter gebrauchter, leerer GmbH-Mäntel" (vgl. auch OLG Düsseldorf, ZIP 2003, 1501, 1502 l. Sp.).

b) Zahlungen der Gesellschafter ab Beginn des Jahres 1999 waren zur "Auffüllung" des Stammkapitals erforderlich. Denn die Gesellschaft verfügte zur Zeit der Anteilsübertragung über kein freies Gesellschaftsvermögen in Höhe des Stammkapitals (mehr), wie der Kläger - unbestritten seitens des Beklagten - vorgetragen hat. Dies ergibt sich im Übrigen so gut wie zwingend auch aus dem Umstand, dass die Geschäftsanteile durchweg lediglich zu einem nur "symbolischen" Preis von je DM 1,00 (vgl. Nr. 3 des Vertrages vom 28. Januar 1999) veräußert worden sind, wobei die Festlegung des Kaufpreises "mit Rücksicht auf den derzeitigen inneren Wert" erfolgt ist. Auf gleiche Weise ist bei der Veräußerung durch Vertrag vom 6. Mai 2002 verfahren worden; auch hier ist "mit Rücksicht auf den derzeitigen inneren Wert" der Kaufpreis auf EUR 1,00 festgesetzt worden (I. 2. des Vertrages vom 6. Mai 2002).

c) Da der Beklagte als Erwerber i. S. der §§ 16 Abs. 3, 19 GmbHG zu qualifizieren ist, trifft ihn neben den Veräußerern die Pflicht zur Erbringung der im Zeitpunkt der "Neugründung" offenen Stammeinlage. Der Beklagte hat Ende 1999 einen Geschäftsanteil in Höhe von 5.000 DM von der ausscheidenden Gesellschafterin K. und im Jahr 2001 einen weiteren Geschäftsanteil von der Gesellschafterin V. in Höhe von 17.500 DM erworben, sodass er Anteile im Wert von 22.500 DM (= 11.504,07 EUR) hielt. Seine Haftung auf "rückständige Leistungen" in Bezug auf diese Anteile ist durch die Übertragung der Geschäftsanteile in Höhe von 3.700 DM an Herrn P. sowie in Höhe von 1.300 DM an Frau V. und 17.500 DM ebenfalls an Frau V. am 5. Mai 2002 nicht erloschen, weil sie ihn ausschließlich als Veräußerer traf.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück