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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 20.12.2000
Aktenzeichen: 9 W 122/00
Rechtsgebiete: ZPO, GG


Vorschriften:

ZPO § 890
ZPO § 891
GG Art. 103
Zu den formellen und materiellen Voraussetzungen der Festsetzung eines Ordnungsgeldes nach § 890 ZPO.
9 W 122/00

Beschluss

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### sowie die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### am 20. Dezember 2000 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Ordnungsgeldbeschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 23. Oktober 2000 aufgehoben und der Antrag der Gläubigerin vom 5. Oktober 2000 auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Gläubigerin auferlegt.

Gründe:

Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben und der Antrag der Gläubigerin ist zurückzuweisen.

1. Mit einstweiliger Verfügung vom 31. Juli 2000 hat das Landgericht Verden u. a. angeordnet, dass es dem Schuldner untersagt ist, 'Induktionsgeräte (Induktionswagen, Induktionsandockstation, Induktionsclochen und Induktionstabletts) zur Nacherwärmung von Speisen für den Großküchenbedarf sowie andere Tablettsysteme, Porzellanwaren, Gespirrspender und Ausschöpfwagen für Großküchen zu vertreiben'; zugleich hat es für den Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld angedroht. Diesen Teil der einstweiligen Verfügung hat das Landgericht mit Urteil vom 28. September 2000 bestätigt, im übrigen die einstweilige Verfügung auf den Widerspruch des Schuldners aufgehoben. Im vom Schuldner angestrengten Berufungsverfahren ist Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 14. Februar 2001 bestimmt.

Mit Antrag vom 5. Oktober 2000, ergänzt am 13. Oktober 2000, hat die Gläubigerin Festsetzung eines angemessenen Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft, begehrt und im Einzelnen näher bezeichnete Zuwiderhandlungen des Schuldners gegen die Unterlassungsverfügung vorgetragen. Hierzu nahm der Schuldner, dem der Antrag ohne weitere Verfügung zur Kenntnis übermittelt worden war, mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2000 Stellung. Dieser Schriftsatz wurde vom Landgericht nicht mehr berücksichtigt, weil zwischenzeitlich mit einem auf den 23. Oktober 2000 datierten Beschluss dem Antrag der Gläubigerin entsprochen worden war.

2. Der Ordnungsgeldbeschluss kann keinen Bestand haben.

a) Der Senat hat bereits Zweifel, ob der Beschluss in einem ordnungemäßen Verfahren zustande gekommen ist. Gemäß § 891 Satz 2 ZPO ist der Schuldner vor der Entscheidung über die Verhängung eines Ordnungsmittels gemäß § 890 ZPO zu hören. Zwar ist die Beschlussfassung nicht davon abhängig, dass sich der Schuldner äußert, so dass allein die Tatsache, dass das Landgericht den Schriftsatz des Schuldners vom 25. Oktober 2000 bei seiner Entscheidung nicht mehr berücksichtigt hat, das rechtliche Gehör nicht verletzt. Vorliegend kommt jedoch hinzu, dass dem Schuldner der Antrag der Gläubigerin vom 5. Oktober 2000 sowie die Ergänzung hierzu vom 13. Oktober 2000 jeweils ohne weiteren Hinweis, insbesondere ohne die Setzung einer Frist, innerhalb derer der Schuldner zum Antrag Stellung nehmen konnte, übermittelt worden waren. Der Schuldner durfte bei dieser Sachlage davon ausgehen, dass das Landgericht über den Antrag der Gläubigerin nicht entscheiden würde, bevor er sich hierzu geäußert hatte, sofern diese Äußerung innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen würde. Nimmt man einen Fristlauf, den die ZPO regelmäßig als Notfrist ansieht, als angemessen an, dann war der Schriftsatz des Schuldners vom 25. Oktober 2000 auf jeden Fall rechtzeitig, weil er innerhalb einer Frist von 2 Wochen ab Zugang des Gläubigerantrages verfasst worden ist.

Der Ordnungsgeldbeschluss dürfte daher bereits deshalb aufzuheben sein, weil er unter Verletzung des rechtlichen Gehörs des Schuldners ergangen ist, § 891 Satz 2 ZPO i. V. m. Art. 103 GG.

b) Der Ordnungsgeldbeschluss ist aber auch materiell fehlerhaft. Entgegen der Auffassung des Landgerichts in dem angefochtenen Beschluss reicht eine Glaubhaftmachung der von der Gläubigerin behaupteten Verstöße nicht aus. Vielmehr sind die behaupteten Tatsachen zu beweisen (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 22. Aufl., Rn 1 zu § 891 ZPO; Baumbach/Hartmann, ZPO, 57. Aufl., Rn 4 zu § 891; Münchner Kommentar zur ZPO, Schilken, Rn 19 zu § 890).

Das Landgericht hat seinen Beschluss allein auf die von der Gläubigerin vorgelegten Journale gestützt und in den dortigen Werbeanzeigen des Schuldners einen Verstoß gegen die Unterlassungsverfügung gesehen. Dabei hat es sich aber nicht mit der weiteren Frage auseinander gesetzt, ob der Schuldner einen etwa hierin zu sehenden Verstoß gegen die Unterlassungsverfügung schuldhaft begangen hat. Denn die Verhängung eines Ordnungsgeldes kommt nur in Betracht, wenn der Verstoß schuldhaft erfolgt ist (vgl. BVerfGE 84, 87; BGH JR 1991, 69; OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 211). Da der Schuldner vorgetragen und durch Vorlage der entsprechenden Schreiben auch belegt hat, dass er die Aufträge für die Werbeanzeigen in den von der Gläubigerin vorgelegten Journalen zu einem Zeitpunkt erteilt hatte, als die Gläubigerin noch nicht einmal die Unterlassungsverfügung beantragt hatte, und ihm eine spätere Stornierung der Anzeigen wegen des bestehenden Anzeigenschlusses auf Grund redaktionsinterner Fristen nicht mehr möglich war, käme hiernach ein schuldhafter Verstoß des Schuldners gegen die Unterlassungsverfügung nicht in Betracht.

Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass auch die weiteren von der Gläubigerin behaupteten Verstöße, mit denen sich das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung nicht mehr auseinander gesetzt hat, die Verhängung eines Ordnungsgeldes nicht rechtfertigen können. Hinsichtlich der am 10. August 2000 durchgeführten Reparatur einer Andockstation im ####### in ####### fehlt es bereits an einem objektiven Verstoß gegen die Unterlassungsverfügung, weil diese sich lediglich auf den Vertrieb, nicht aber auf die Durchführung von Reparatur- und Serviceleistungen bezieht. Die behauptete Vereinbarung eines Probelaufes eines neuen Induktionsystemes im ####### in ####### ist selbst mit der vorgelegten eidesstattlichen Versiherung nicht einmal glaubhaft gemacht (angesichts des Bestreitens des Schuldners ist der volle Beweis ohnehin nicht geführt), weil der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der Gläubigerin ####### weder zu entnehmen ist, wann der Schulder eine derartige Vereinbarung mit dem ####### in ####### geschlossen haben soll, noch wann dieser Probelauf durchgeführt werden sollte.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 891 Satz 3, 91 Abs. 1 ZPO.



Ende der Entscheidung

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