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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 12.09.2000
Aktenzeichen: 9 W 97/00
Rechtsgebiete: ZPO, GmbHG
Vorschriften:
ZPO § 114 | |
GmbHG § 9a | |
GmbHG § 19 | |
GmbHG § 24 |
9 W 97/00
Beschluss
In dem Prozesskostenhilfeverfahren
pp.
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### sowie die Richter am Oberlandesgericht ####### und ####### am 12. September 2000 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers vom 6. Juni 2000 gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 9. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat dem Antragsteller die begehrte Prozesskostenhilfe aus im Wesentlichen zutreffenden Erwägungen versagt, weil die beabsichtigte Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht, § 114 ZPO, besitzt. Unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens ist Folgendes zu ergänzen:
1. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Antragsgegner zu 1 seine aus § 19 GmbHG bestehende Einlageverpflichtung erfüllt hat. Denn er hat nach Gründung der Gemeinschuldnerin seine Bareinlage in Höhe von 50.000 DM am 10. Dezember 1993 erbracht. Die Zahlung auf die Stammeinlage nimmt auch der Antragsteller nicht in Abrede. Er kann aber nicht geltend machen, dass der Antragsgegner zu 1 zum Ausgleich des mit der beabsichtigten Klage begehrten Betrages in Höhe von 10.068,98 DM verpflichtet ist, weil bei Eintragung der Gemeinschuldnerin in das Handelsregister am 2. Februar 1994 das Konto der Gemeinschuldnerin lediglich noch einen Betrag in Höhe von 39.931,11 DM ausgewiesen hat.
a) Allerdings ist es richtig, dass die Gesellschafter einer GmbH von dieser auf Ausgleich des Fehlbetrages in Anspruch genommen werden können, wenn nach Gründung der Gesellschaft, aber vor ihrer Eintragung in das Handelsregister das Stammkapital ganz oder teilweise verbraucht worden ist.
Mit der Eintragung der GmbH in das Handelsregister gehen nicht nur die Aktiva der nach der Gründung entstandenen Vor-GmbH, sondern auch deren mit Ermächtigung der Gesellschafter begründeten Passiva auf die GmbH über (BGHZ 80, 129 ff.). Ist das Stammkapital schon vor der Eintragung ganz oder teilweise verbraucht und ist die GmbH trotzdem eingetragen worden, so haben die Gesellschafter anteilig für die Differenz zwischen dem Stammkapital und dem Wert des Gesellschaftsvermögens im Zeitpunkt der Eintragung aufzukommen (BGHZ 80, 129/140; BGH GmbHR 1982, 235). Diese Haftung ist, falls die Verluste das Stammkapital übersteigen, nicht auf dessen Höhe und die der einzelnen Stammeinlagen beschränkt, sondern geht wie bei der verbotenen Einlagenrückgewähr und dem Ausgleich bei Sacheinlagen auf vollen Verlustausgleich. Denn nur durch eine in diesem Sinne unbeschränkte Haftung ist gewährleistet, dass der Gesellschaft im Zeitpunkt ihrer Entstehung das Stammkapital unversehrt zur Verfügung steht.
b) Entgegen der Auffassung des Antragstellers folgt die Haftung des Antragsgegners zu 1 nicht bereits daraus, dass von dem ursprünglich auf das Gesellschaftskonto gezahlten Betrag in Höhe von 50.000 DM bei Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister nur noch ein Betrag in Höhe von 39.931,11 DM auf dem Gesellschaftskonto verblieben war. Denn die Feststellung, ob das Stammkapital ganz oder teilweise verbraucht ist oder ob es den Gesellschaftsgläubigern in unverminderter Höhe zur Verfügung steht, ist anhand einer sog. Vorbelastungsbilanz zu treffen. Bei dieser handelt es sich nicht um eine (laufende) Jahresbilanz, sondern um eine Vermögensbilanz. Dies bedeutet, dass sie im Hinblick auf ihre besondere Zweckbestimmung außerhalb des Bilanzzusammenhanges steht, in dem das Gesellschaftsvermögen grundsätzlich nach Fortführungsgrundsätzen mit seinen wirklichen Werten so zu bewerten ist, als würde es im Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft (erstmals) als Einlage erbracht (Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., Rdn. 89 zu § 11; BGH NJW 1994, 724 f.). Die Vorbelastungsbilanz steht damit der Eröffnungsbilanz nahe, auf die nach ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung (§ 242 Abs. 1 Satz 2 HGB) die auf die Bilanz bezüglichen für den Jahresabschluss geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind. Dies rechtfertigt sich daraus, dass die Vorbelastungshaftung (auch Unterbilanzhaftung genannt) gewährleisten soll, dass der Gesellschaft das ihr von ihren Gesellschaftern versprochene, in ihrer Satzung verlautbarte Stammkapital wenigstens im Augenblick ihrer Eintragung tatsächlich seinem Werte nach unversehrt zur Verfügung steht. Dementsprechend ist der Anspruch aus der Unterbilanz grundsätzlich wie ein Anspruch auf Leistung fehlender Bareinlagen zu behandeln. Deshalb unterliegt er den selben strengen Regeln der Kapitalaufbringung wie die ursprüngliche Einlageschuld.
c) Mit Schriftsatz vom 9. November 1999 nebst Anlagen hat der Antragsgegner zu 1 dargelegt, dass sich per 2. Februar 1994 - also dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der Registereintragung - die Aktiva der Gesellschaft auf 55.257,87 DM beliefen, mithin den Gesellschaftsgläubigern eine die Stammeinlage übersteigende Haftungsmasse zur Verfügung stand. Der Richtigkeit der von dem Antragsgegner zu 1 belegten Bilanzansätze ist der Antragsteller nicht - auch nicht in der Beschwerdebegründung - entgegen getreten.
2. Eine Haftung des Antragsgegners zu 1 gemäß § 9 a GmbHG scheitert aus den vorstehenden Gründen bereits daran, dass der Antragsgegner zu 1 als Geschäftsführer zum Zweck der Errichtung der Gesellschaft keine falschen Angaben gemacht hat. Denn die Stammeinlage war entsprechend der abgegebenen Versicherung erbracht. Darauf, dass dieser Anspruch ohnehin gemäß § 9 b Abs. 2 GmbHG verjährt wäre, kommt es somit nicht mehr an.
3. Eine Haftung des Antragsgegners zu 2 aus § 24 GmbHG würde eine Haftung des Antragsgegners zu 1 voraussetzen. Da es an einer solchen Haftung aber fehlt, kann die beabsichtigte Klage auch gegen den Antragsgegner zu 2 keinen Erfolg haben.
Ende der Entscheidung
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